OGH 4Ob36/53

OGH4Ob36/533.3.1953

SZ 26/54

Normen

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1438
EO §35
ZPO §405
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1438
EO §35
ZPO §405

 

Spruch:

Nur solche anspruchsaufhebende Umstände müssen mit Oppositionsklage geltend gemacht werden, die den exekutiven Anspruch selbst betreffen. Dazu gehört nicht die Kompensation mit einer Gegenforderung; diese kann unabhängig von der Exekution Gegenstand einer gewöhnlichen Klage sein.

Zur Frage der Formulierung des Spruches, wenn für die eingewendete Gegenforderung bereits ein Exekutionstitel besteht.

Entscheidung vom 3. März 1953, 4 Ob 36/53.

I. Instanz: Arbeitsgericht Vöcklabruck; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Die Klägerin macht geltend, daß sie vom 8. Mai 1948 bis 15. Oktober 1950 beim Beklagten als Bedienerin beschäftigt gewesen sei und weniger als den kollektivvertraglich festgesetzten Mindestlohn erhalten habe. Ihr stehe für die Arbeiten, wie sie von einer Bedienerin geleistet werden, ein Entgelt von 6114.56 S und für zusätzliche Leistungen ein solches von 1450 S, zusammen 7564.56 S zu. Wenn von diesem Betrag der bezahlte Lohn von 2120 S und der dem Beklagten auf Grund des gerichtlichen Vergleichs des Bezirksgerichtes Sch. vom 21. November 1950, zustehende Betrag von 3550 S abgezogen werde, ergebe sich eine Restforderung der Klägerin von 1784.76.

Das Erstgericht sprach der Klägerin einen Teilbetrag von 66 S (50 S rückständiger Lohn und 16 S Frühstücksgeld) zu und wies das Mehrbegehren ab.

Infolge Berufung beider Teile hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil insoweit als nichtig auf, als es der Klägerin ein Frühstücksgeld von 16 S zugesprochen hatte. Im übrigen änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es der Klägerin für rückständigen Bedienungslohn einen Betrag von 490 S zuerkannte, gleichzeitig aber aussprach, daß durch diese Forderung die früher erwähnte Forderung des Beklagten aus dem gerichtlichen Vergleich vom 21. November 1950 bis zur Höhe von 490 S samt Anhang getilgt sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge und bestätigte das Urteil des Berufungsgerichtes mit der Maßgabe, daß der dritte Absatz seines Spruches zu lauten hat: "Durch Aufrechnung mit dem Gegenanspruch des Beklagten aus dem Vergleich des Bezirksgerichtes Sch. vom 21. November 1950 im Betrage von 3200 S samt Nebengebühren ist die Klagsforderung in der zuerkannten Höhe von 490 S samt 4% Zinsen seit 14. Juni 1951 getilgt."

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Zu Unrecht macht der Revisionswerber geltend, daß das Berufungsgericht der Klägerin etwas zugesprochen habe, was sie nicht geltend gemacht habe. Denn der Rechtsgrund für die Zuerkennung der 490 S wurde vom Berufungsgericht darin gesehen, daß die Klägerin für ihre Tätigkeit als Bedienerin des Beklagten weniger erhalten habe, als ihr nach den kollektivvertraglichen Bestimmungen gebührt hätte. Denselben Rechtsgrund hat die Klägerin in der Klage ausgeführt. Der Umstand, daß diese von dem von ihr errechneten Forderungsbetrag von zusammen 7564.56 S die Leistung und eine Gegenforderung des Beklagten abgezogen und den nach Vergleichung der Forderung und der Gegenforderung sich ergebenden Saldo von 1784.76 S im Klagebegehren genannt hat, bewirkte nicht, daß sich die Prüfung des Klagsanspruchs nur auf das Bestehen eines solchen Saldos zu beschränken gehabt hätte. Denn bevor von einer geltend gemachten Forderung eine Gegenforderung abgezogen werden kann, muß jene in ihrem Bestand und ihrer Höhe festgestellt werden. Nichts anderes bezweckte die Klägerin mit der Gegenüberstellung ihrer Forderung und der Gegenforderung des Beklagten. Keineswegs wollte sie damit zum Ausdruck bringen, daß sie nur einen Anspruch geltend machen wolle, der über die Gegenforderung des Beklagten hinausgeht. Das Berufungsgericht hat mit Recht den Klagsanspruch unabhängig von der Gegenforderung geprüft und ist - vom Beklagten nicht bekämpft - zur Überzeugung gekommen, daß der Klägerin der Anspruch auf Bezahlung eines restlichen Lohnbetrages von 490 S zusteht. Es ist auch unrichtig, wie der Revisionswerber meint, daß die Klägerin ihren Anspruch nur mit einer Oppositionsklage gegen die vom Beklagten zur Hereinbringung seiner Gegenforderung eingeleitete Exekution hätte geltend machen dürfen. Nur solche anspruchsaufhebende Umstände müssen mit der Oppositionsklage geltend gemacht werden, die den exekutiven Anspruch selbst betreffen. Dazu gehört nicht die Kompensation mit einer Gegenforderung. Diese kann unabhängig von der Exekution Gegenstand einer gewöhnlichen Klage sein.

Der Revision mußte der Erfolg versagt und die angefochtene Entscheidung bestätigt werden. Lediglich der Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Aufrechnung bedurfte einer Verdeutlichung der Fassung. Denn in diesem Verfahren handelt es sich nicht darum, inwieweit die Gegenforderung getilgt ist, sondern bis zu welchem Betrag die zugesprochene Klagsforderung als befriedigt anzusehen ist. Da für die Gegenforderung ein Exekutionstitel schon besteht, kam ein Ausspruch über den Bestand der Gegenforderung nicht in Frage (SZ. XVII/58).

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