Normen
AngG §10 Abs4
Handelsagentengesetz §14
Handelsagentengesetz §15
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung
AngG §10 Abs4
Handelsagentengesetz §14
Handelsagentengesetz §15
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung
Spruch:
Unter der Abrechnungspflicht im Sinn des § 14 HAG, ist nicht die Verpflichtung zu einer förmlichen Rechnungslegung, sondern nur die Verpflichtung, periodisch, bzw. beim Ende des Geschäftsverhältnisses abzurechnen, zu verstehen.
Entscheidung vom 28. Jänner 1953, 3 Ob 805/52.
I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.
Text
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen unter Vorlage eines Verzeichnisses Rechnung zu legen über die durch Vermittlung des Klägers zustandegekommenen Geschäftsabschlüsse vom Feber bis August 1946 und die Höhe der Ausgangsfakturen, betreffend S.-Haarkur, S.-Latschenkieferextrakt, S.-Zahnpasta und Shampoon, sowie einen Eid dahin zu leisten, daß ihre Angaben richtig und vollständig sind. Es nahm den Abschluß eines Provisionsvertretungsvertrages zwischen den Streitparteien als erwiesen an und stellte fest daß der Kläger auf Grund dieses Vertrages auch noch in der Zeit vom Feber bis August 1946 für die beklagte Partei tätig gewesen ist. Auf Grund dieser Tatsachen, aber auch auf Grund des § 14 HAG. sei der Anspruch des Klägers auf Abrechnung der von ihm vermittelten Geschäfte grundsätzlich ohne weiteres gegeben und damit auch der weitere Anspruch auf Beeidigung der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Abrechnung, wobei es belanglos sei, ob diese Geschäfte teilweise nicht ausgeführt wurden, da sich die Auskunftspflicht des Geschäftsherrn naturgemäß auf nicht ausgeführte Geschäfte und die Begründung für die Nichtausführung erstrecke.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und bemerkte zu den Berufungsausführungen der beklagten Partei, daß die im § 14 HAG. nunmehr positiv festgelegten Rechtsansprüche des Handelsagenten, so insbesondere jener auf Rechnungslegung, materielles Privatrecht seien, wogegen der Tatbestand des Art. XLII EGzZPO. seinem Wesen nach Verfahrensrecht darstelle und dem hiedurch begünstigten Gläubiger einen Rechtsschutzanspruch eigener Art einräume.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und wies das Klagebegehren ab.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach §§ 14 ff. HAG. ist über die Provisionsansprüche des Handelsagenten mit Ende eines jeden Kalendervierteljahres, wenn aber das Vertragsverhältnis vor Ablauf eines Kalendervierteljahres gelöst wird, innerhalb eines Monates, nachdem der Anspruch unbedingt erworben worden ist, abzurechnen. Diese Bestimmung stammt aus § 10 Abs. 4 AngG. bzw. der analogen Vorschrift des HGG., die wiederum aus § 88 Abs. 4 des deutschen HGG. 1897 übernommen ist. Wie sich aus der Denkschrift zum Entwurf eines Handelsgesetzbuches S. 73 (abgedruckt bei Hahn - Mugden, Materialien zum Handelsgesetzbuch 250) ergibt, sollte mit der Abrechnungspflicht nicht die Verpflichtung zu einer förmlichen Rechnungsablegung im Sinne des § 259 BGB. statuiert werden, sondern nur die Verpflichtung, periodisch bzw. beim Ende des Geschäftsverhältnisses abzurechnen. In diesem Sinne ist diese Bestimmung immer verstanden worden, auch von der einzigen österreichischen Entscheidung (LG. Wien vom 8. Juni 1928, 44 Cg 155/28, auszugsweise abgedruckt bei Wilms, Gerichtsentscheidungen aus dem Angestelltengesetz, S. 179 unter E. 50, betreffend einen Fall des Angestelltengesetzes). Die Verpflichtung des § 14 Abs. 1 HAG. erschöpft sich daher darin, mündlich oder schriftlich abzurechnen. Das hat die Beklagte spätestens während des Prozesses unbestritten getan, indem sie am 12. April 1950 dem Kläger eine Aufstellung über die eingebrachten Aufträge für die Zeit von Feber bis August 1946 übermittelt hat; daß diese Aufstellung lediglich die Anmerkungen "nicht ausgeführt" oder "alte Kunden" enthalten hat, ist belanglos, weil sich die Verpflichtung der Beklagten nach § 14 Abs. 1 HAG. darauf beschränkt, die nach ihrer Auffassung dem Kläger gebührenden Provisionen abzurechnen, und eine förmliche Rechnungslegung nur im Falle des § 16 statthat. Wenn die Beklagte behauptet, daß keine solchen Ansprüche bestehen, weil die in dieser Abrechnung angeführten Geschäfte überhaupt nicht provisionspflichtig seien, da sie sich auf alte Kunden bezogen oder nicht effektuiert worden seien, so hat sie damit ihrer Abrechnungspflicht Folge geleistet und kann daher nicht mehr auf Verurteilung zur Abrechnung geklagt werden.
Sollte aber mit dem Klagebegehren auf Abrechnung gemeint sein, daß Beklagte dem Kläger im Sinne des § 15 Abs. 1 HAG. einen Buchauszug über die provisionspflichtigen Geschäfte erteilen soll, so ist das Klagebegehren ebenfalls abzuweisen, weil Beklagte bestreitet, daß die sich auf diese Zeitperiode Feber bis August 1946 beziehenden Geschäfte provisionspflichtig seien; in diesem Fall kann Kläger nur nach § 15 Abs. 2 HAG. vorgehen oder, was er mit dem Eventualbegehren tatsächlich getan hat, sofort auf Zahlung der ihm zustehenden Provisionen klagen (Fuchs 150). Die Klage auf Abrechnung ist daher auch dann, wenn man sie als unkorrekt formulierte Klage auf Mitteilung eines Buchauszuges auffaßt, abzuweisen.
Die Revision ist aber auch begrundet, soweit sie sich dagegen wendet, daß dem Beklagten die Beschwörung der Richtigkeit und Vollständigkeit der im Verzeichnis zu machenden Angaben auferlegt wurde. Behufs Ermittlung seiner Provisionsansprüche steht dem Handelsagenten der aus den §§ 219, 220 der AllgGO. in den Art. XLII EGzZPO. übernommene Manifestationseid nicht zur Verfügung. Art. XLII EGzZPO. ist nicht eine bloße Verfahrensvorschrift, die überall dort zur Anwendung kommen kann, wo eine Rechnungslegungspflicht nach bürgerlichem Recht besteht. Sie enthält auch Bestimmungen des materiellen Rechts (vgl. RG. vom 2. April 1941, EvBl. 1941, Nr. 185). Er ist ein positivrechtlich eingeführter Rechtsbehelf, der nur in den gesetzlich bestimmten Fällen und unter den besonderen Voraussetzungen des Gesetzes Anwendung finden kann. Eine ausdehnende Auslegung der Bestimmung des Art. XLII EGzZPO. ist abzulehnen (vgl. SZ. XXIII/190, GH. 1913, S. 381).
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