OGH 1Ob1041/52 (1Ob1040/52)

OGH1Ob1041/52 (1Ob1040/52)8.1.1953

SZ 26/7

Normen

AußStrG §11
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §126
HGB §18 Abs2
Vierte Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch Art9 Abs3
Handelsregisterverordnung §23
Handelsregisterverordnung §37
AußStrG §11
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §126
HGB §18 Abs2
Vierte Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch Art9 Abs3
Handelsregisterverordnung §23
Handelsregisterverordnung §37

 

Spruch:

§ 11 AußstrG. ist im Handelsregisterverfahren anzuwenden.

Entscheidung vom 8. Jänner 1953, 1 Ob 1040, 1041/52.

I. Instanz: Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 5. März 1952 wurde die Firma "Vorarlberger Möbelerzeugung OHG. P. & St." ins Handelsregister eingetragen, wobei eine Äußerung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg, die sich auf einen einzutragenden Firmenwortlaut "D. - Gerätebau St. & Co." im Sinne der §§ 23 und 37 HRV. bezogen hat, zugrunde gelegt worden ist. Gegen diese Eintragung hat die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg unter Hinweis auf die obbezeichneten Gesetzesstellen im Zusammenhalt mit der Bestimmung des § 126 FGG. Einspruch erhoben, da eine Äußerung im Sinne der obbezeichneten gesetzlichen Bestimmung nicht abgegeben worden sei und imübrigen gegen den Firmenzusatz "Vorarlberger" Bedenken bestehen.

Dieser Einspruch wurde vom Erstgericht zurückgewiesen, da der nach § 19 FGG. als Beschwerde aufzufassende Einspruch gegen eine Eintragung unzulässig sei. Gegen diese Zurückweisung, die am 3. Mai 1952 der Kammer der gewerblichen Wirtschaft Vorarlberg zugestellt wurde, hat die obgenannte Kammer mit der am 22. Juli 1952 zur Post gegebenen Eingabe Rekurs erhoben.

Das Rekursgericht hat dem Rekurs Folge gegeben und unter Aufhebung der Eintragungsverfügung vom 5. März 1952 und des Beschlusses vom 30. April 1952 dem Erstgericht aufgetragen, nach Einholung eines Gutachtens der Kammer der gewerblichen Wirtschaft über den Antrag auf Eintragung der obgenannten Firma neuerlich zu entscheiden. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, daß § 19 FGG. nicht herangezogen werden könne, da diese Bestimmung in Österreich nicht in Wirksamkeit getreten sei. Das Beschwerderecht der Kammer der gewerblichen Wirtschaft ergebe sich aus den §§ 23, 37 HRV. und § 126 FGG., so daß die obgenannte Kammer berechtigt gewesen sei, auf einen etwaigen unzulässigen Firmenwortlaut hinzuweisen und Anträge zu stellen. Im übrigen sei dieses Vorbringen im Sinne des § 18 Abs. 2 HGB. auch begrundet. Wenn auch der gegenständliche Rekurs nach Ablauf der vierzehntägigen Rekursfrist überreicht worden sei, so sei dieser gemäß § 11 Abs. 2 AußstrG. zu berücksichtigen gewesen, weil die Registereintragung einer Firma ohne Nachteil eines Dritten abgeändert werden könne; überdies unterliege eine Firmeneintragung auch einer amtswegigen Überprüfung oder Berichtigung.

Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs der Vorarlberger Möbelerzeugung OHG. P. & St. zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Entscheidung des Rekursgerichtes wurde der Firma "Vorarlberger Möbelerzeugung OHG. P. & St." am 17. Oktober 1952 zugestellt.

Gegen diese Entscheidung hat die obgenannte Firma am 14. November 1952 Revisionsrekurs erhoben, der darauf gestützt wird, daß die Anwendung derBestimmung des § 11 Abs. 2 AußstrG. durch Art. 9 Abs. 3 der 4. Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften im Lande Österreich vom 24. Dezember 1938, DRGBl. I, S. 1999, ausgeschlossen worden sei; im übrigen sei die Aufhebung der Eintragungsverfügung mit Nachteilen für die obgenannte Firma verbunden und hätte diese Eintragung erst dann aufgehoben werden können, wenn rechtskräftig festgestellt worden wäre, daß eine unzulässige Firmeneintragung vorliege.

Bei Entscheidung über den Revisionsrekurs ist davon auszugehen, daß der Revisionsrekurs nach Ablauf der vierzehntägigen Frist des § 11 Abs. 1 AußstrG. überreicht wurde. Mit Rücksicht auf das Vorbringen im Rekurs war zur Frage Stellung zu nehmen, ob die Bestimmung des § 11 Abs. 2 AußstrG. im Handelsregisterverfahren Anwendung zu finden hat.

Der siebente Abschnitt "Handelssachen" des Gesetzes über die Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG.) wurde mit einigen Ausnahmen durch die 4. Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften im Lande Österreich in Kraft gesetzt (Gesetzblatt für das Land Österreich Nr. 86/39). Nach Art. 9 dieser Verordnung sind in solchen Angelegenheiten in Österreich die Vorschriften der §§ 1 bis 19 AußstrG. anzuwenden, soweit sich aus den Vorschriften des erwähnten siebten Abschnittes und den folgenden Vorschriften der 4. Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften nichts anderes ergibt.

Wenn der Rekurswerber aus der Bestimmung des Abs. 3 des bezogenen Art. 9schließt, daß die Anwendung des § 11 Abs. 2 AußstrG. ausgeschlossen sei, so kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden.

Das Institut der sofortigen Beschwerde entstammt dem deutschen Verfahrensrecht. Bei Einführung der 4. Verordnung, betreffend handelsrechtliche Vorschriften, wurde dieses Institut in das österreichische Recht nicht übernommen, so daß der dem österreichischen Recht eigene einheitliche Rekursbegriff gewahrt blieb. Dies geht ausdrücklich aus dem Abs. 1 des obbezogenen Art. 9 hervor und ist somit der Begriff einer sofortigen Beschwerde dem österreichischen Recht fremd(Beschwerde nach österreichischem Recht, Novak, ÖJZ. 1952, S. 424 ff.). Nur um zu verhindern, daß in den Fällen, wo eine sofortige Beschwerde nach den neuen Vorschriften der obgenannten 4. Verordnung vorgesehen ist, der Rekurs nach § 11 AußstrG. auch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist angenommen und vorgelegt wird, bestimmt Art. 9, daß dieses Rechtsmittel schon von der ersten Instanz zurückzuweisen ist (Deutsche Justiz 1939, S. 161). Dieser Fall liegt aber hier nicht vor, so daß auf den gegenständlichen Fall die Bestimmungen des § 11 Abs. 2 AußstrG. Anwendung zu finden haben.

Im Sinne dieser Gesetzesstelle kann ein verspäteter Rekurs berücksichtigt werden, wenn sich die angefochtene Verfügung noch ohne Nachteil für einen Dritten abändern läßt. Diese Voraussetzungen sind aber nicht gegeben. Gemäß §§ 23, 37 HRV. und § 126 FGG. sind die Kammern der gewerblichen Wirtschaft verpflichtet, die Registergerichte bei der Verhütung unrichtiger Eintragungen, bei der Berichtigung und Vervollständigung des Registers sowie beim Einschreiten gegen unzulässigen Firmengebrauch zu unterstützen; den Kammern kommt aus diesen Gründen das Recht zu, Anträge zu stellen und gegen Verfügungen des Registergerichtes Rechtsmittel zu ergreifen. Sie haben somit die Stellung einer beteiligten Person im Sinne des § 11 AußstrG. Da auf Grund eines Rechtsmittels der obgenannten Kammer die erstrichterliche Verfügung aufgehoben wurde, kann nicht der Standpunkt eingenommen werden, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes ohne Nachteil eines Dritten abgeändert werden kann, so daß der überreichte Revisionsrekurs als verspätet zurückzuweisen gewesen wäre.

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