Normen
Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §11
Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §11
Spruch:
Ist zunächst nur Vorstellung erhoben worden, so kann noch binnen 14 Tagen ab Zustellung der Entscheidung über die Vorstellung Rekurs erhoben werden.
Entscheidung vom 8. Jänner 1953, 1 Ob 1054/52.
I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Erstgericht regelt im Punkt 1 seines Beschlusses vom 13. Juni 1952 die Unterbringung der beiden Minderjährigen, im Punkt 2 den persönlichen Verkehr des ehelichen Vaters mit den Kindern und im Punkt 3 wurde dem Vater eine monatliche Unterhaltsleistung von je 1000 S für beide Kinder ab 10. März 1952 auferlegt.
Gegen den am 23. Juni 1952 dem Vertreter des Vaters zugestellten Beschluß erhob dieser am 23. September 1952 Rekurs, jedoch nur soweit die erstgerichtliche Entscheidung die Unterhaltsbemessung betraf.
Das Rekursgericht wies den Rekurs als verspätet zurück, weil die Rechtsmittelfrist von der Zustellung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 13. Juni 1952 und nicht erst von der des Beschlusses vom 15. September 1952 an zu rechnen sei, mit dem die Vorstellung des Rekurswerbers gegen den Beschluß vom 13. Juni 1952 wegen des Rechtserwerbes Dritter abgewiesen worden war.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Vaters Folge, hob den Beschluß der zweiten Instanz auf und trug dem Rekursgerichte die Entscheidung über den Rekurs auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Rechtsmittel ist trotz der Bestimmung des § 14 Abs. 2 erster Satz AußstrG. als zulässig anzusehen. Denn sein Gegenstand ist zum Unterschied von dem der erstgerichtlichen Entscheidung nicht die Bemessung eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs, sondern die prozessuale Frage der Berechnung der Rechtsmittelfrist.
Der Rekurs ist auch berechtigt.
Gemäß § 9 Abs. 1 AußstrG. steht dem Rechtsmittelwerber die Wahl offen, beim Erstrichter eine bloße an diesen gerichtete Vorstellung oder den Rekurs anzubringen oder mit der Vorstellung den Rekurs zu verbinden. Entschließt sich die Partei, vorläufig nur Vorstellung zu erheben, so wird ihr damit die Möglichkeit des Rekurses nicht genommen. Denn nach § 11 Abs. 1 AußstrG. kann der Rekurs dann, wenn eine Vorstellung erhoben worden ist, noch binnen 14 Tagen vom Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses über die Vorstellung erhoben werden (vgl. E. v. 8. November 1928, SZ. X/318). Der Oberste Gerichtshof hat schon in seiner Entscheidung vom 21. Juni 1932, SZ. XIV/130, NotZ. 1933, S. 137; E. v. 30. Juni 1932, JBl. 1932, S. 500, darauf verwiesen, daß der Wortlaut des Gesetzes dabei keinen Unterschied macht, ob sich die Vorstellung mit Rücksicht auf den Rechtserwerb dritter Personen (§ 9 Abs. 3 AußstrG.) als unzulässig herausgestellt hat und deshalb abgewiesen worden ist, oder ob die Abweisung sachlich begrundet worden ist. Es kann auf den Inhalt des Beschlusses, mit dem die Partei auf die frühere Verfügung des Erstrichters verwiesen wurde, nicht ankommen. Der Zweck der Vorschrift des § 11 Abs. 1 AußstrG. liegt vielmehr darin, dem Rechtsmittelwerber durch die Verlängerung der Rekursfrist die Möglichkeit zu geben, auch den abweisenden Beschluß über die Vorstellung, in dem neue formelle und sachliche Gründe enthalten sein können, zu bekämpfen. Dieses Bedürfnis besteht bei meritorischer Erledigung der Vorstellung nicht minder als bei deren Abweisung wegen des Rechtserwerbes Dritter. Darauf verweist auch F. Schuster - Bonnot, Kommentar[4], S. 44, obwohl er im übrigen im Gegensatz zu Rintelen, Grundriß, S. 33, und Ott, Rechtsfürsorgeverfahren, S. 238, der eingeschränkten Auslegung des § 11 Abs. 1 AußstrG. das Wort redet. Das Argument der Entscheidung vom 30. April 1924, SZ. VI/170, und der ihr folgenden Entscheidung vom 17. Juli 1936, SZ. XVIII/121, es sei nicht angängig, daß nach dem Belieben der Partei und durch eine unzulässige Vorstellung die Rekursfrist hinausgeschoben werden könne, scheint dem Obersten Gerichtshof bei nochmaliger Prüfung der Rechtslage nicht so durchschlagend zu sein, daß vom klaren Wortlaut des § 11 Abs. 1 AußstrG., in dem jeder Vorstellung die Wirkung einer Verlängerung der Rekursfrist zugebilligt wird, abgegangen werden müßte. Die beiden Rechtsmittel können nach dem Gesetz eben nacheinander geltend gemacht werden.
Im vorliegenden Fall wurde die Entscheidung des Erstgerichtes über die Vorstellung des ehelichen Vaters gegen den Beschluß vom 13. Juni 1952 diesem am 23. September 1952 zugestellt. Der sodann am gleichen Tag erhobene Rekurs war rechtzeitig. Das Rekursgericht wies das Rechtsmittel zu Unrecht als verspätet zurück. Dem Rekurs des ehelichen Vaters gegen die Entscheidung zweiter Instanz mußte daher Folge gegeben, die Rekursentscheidung aufgehoben und dem Rekursgericht aufgetragen werden, über den Rekurs zu erkennen.
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