OGH 3Ob720/52

OGH3Ob720/5226.11.1952

SZ 25/314

Normen

ABGB §1010
ABGB §1313a
ABGB §1010
ABGB §1313a

 

Spruch:

Unterschied zwischen Erfüllungsgehilfen und Substituten.

Entscheidung vom 26. November 1952, 3 Ob 720/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Mattighofen; II. Instanz: Kreisgericht Ried im Innkreis.

Text

Der Kläger begehrt die Verurteilung der beklagten Gemeinde zur Bezahlung eines Restbetrages von 2612.56 S s. A. für die Herstellung eines Mannschaftsraumaufbaues auf dem Auto der Feuerwehr Sch. Die beklagte Partei wendete unter anderem eine Schadenersatzforderung in der Höhe von 2500 S aus dem Titel des Schadenersatzes aufrechnungsweise ein, weil durch Verschulden des Klägers an dem Motor des Wagens ein Schaden in dieser Höhe entstanden sei.

Das Prozeßgericht gab dem Klagebegehren in der Hauptsache statt, ohne im Urteilsspruch über die Gegenforderung zu entscheiden. Es stellte fest, daß dem Kläger von der Feuerwehr Sch., deren Vermögensträgerin die Beklagte ist, der Auftrag erteilt wurde, auf ein Auto der Feuerwehr einen Mannschaftsraumaufbau aufzubauen, und ihm die Erlaubnis erteilt wurde, den Wagen fahrbereit zu machen, um das Hinausschieben des Wagens aus der Werkstätte und das neuerliche Einstellen durch menschliche Kraft überflüssig zu machen. Im Zeitpunkt der Übergabe des Wagens befand sich kein Öl in der Wanne, hingegen am Ölkontrollstab ein Zettel, auf welchem stand, daß sich kein Öl in der Wanne befinde. Der Kläger gab dem Mechanikermeister M. den Auftrag, den Wagen fahrbereit zu machen, und machte dann mit dem Wagen eine Ausfahrt, bei der sich herausstellte, daß infolge Mangels von einwandfreiem Schmieröl mehrere Lager ausgelaufen gewesen seien. Der Schaden ist nach Ansicht des Prozeßgerichtes nicht durch die vom Kläger mit dem Wagen unternommene Fahrt, sondern dadurch entstanden, daß ungeeignetes Öl in die Wanne eingefüllt wurde. Wenn auch alle Anzeichen dafür sprächen, daß der Kläger oder einer seiner Leute das untaugliche Öl eingefüllt hätten, so habe sich der Kläger dennoch dadurch "außer obligo gesetzt", daß er einen Fachmann beigezogen habe, der den Wagen hätte fahrbereit machen sollen und hätte erkennen müssen, daß kein geeignetes Öl eingefüllt war. Das Verschulden an der Beschädigung des Wagens treffe daher nur den beigezogenen Mechanikermeister bzw. dessen Gehilfen, weshalb die Gegenforderung nicht zu berücksichtigen sei.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht unter Rechtskraftvorbehalt zurück. Es vertrat die Meinung, daß der Kläger, der nur die Erlaubnis, nicht aber den Auftrag gehabt habe, für die Fahrbereitmachung des Wagens zu sorgen, für das Verschulden des zur Fahrbereitmachung herangezogenen Mechanikers als seines Erfüllungsgehilfen gemäß § 1313a ABGB. hafte. Er sei daher der Gemeinde schon aus diesem Gründe und auch deshalb schadenersatzpflichtig, weil er den Wagen in seiner Verwahrung gehabt und nicht bewiesen habe, daß der Wagen ohne sein Verschulden während der Verwahrung einen Schaden erlitten habe. Da das Erstgericht über die Höhe der Gegenforderung keine Feststellungen vorgenommen habe, sei das Verfahren ergänzungsbedürftig geblieben.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Klägers Folge und trug dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es kann dem Berufungsgericht nicht beigepflichtet werden, daß der Kläger für das Verschulden des Mechanikermeisters M. oder dessen Gehilfen gemäß § 1313a ABGB. und auch deshalb hafte, weil er nicht nachgewiesen habe, daß er ohne sein Verschulden seinen Verpflichtungen aus dem Vertrage nicht nachzukommen vermochte.

Der Kläger hat es lediglich übernommen, an dem Wagen der Feuerwehr einen Mannschaftsraumaufbau anzubringen. Eine Haftung nach § 1313a ABGB. für den der beklagten Partei entstandenen Schaden würde ihn daher nur dann treffen, wenn ein Verschulden eines seiner Gehilfen bei der Herstellung dieses Aufbaues oder aus Anlaß der Vertragserfüllung vorliegen würde. Das Prozeßgericht hat aber festgestellt, daß dem Kläger vom Feuerwehrkommandanten H. die Erlaubnis erteilt wurde, den Wagen durch einen Mechanikermeister fahrbereit zu machen, was nicht Inhalt des zwischen dem Kläger und der Feuerwehr Sch. abgeschlossenen Werkvertrages war, der sich, wie erwähnt, nur auf die Herstellung und Anbringung eines Mannschaftsraumaufbaues an dem Wagen bezog. Die Fahrbereitmachung des Wagens lag nicht nur im Interesse des Klägers, damit sich dieser die Anwendung menschlicher Kraft beim Hinausführen des Wagens aus der Werkstätte erspare, sondern diente vor allem den Interessen der Feuerwehr und somit der beklagten Gemeinde selbst, da der Wagen ja dazu bestimmt war, für Zwecke der Feuerwehr verwendet zu werden.

Die vom Erstgericht angenommene Erlaubnis stellt sich daher rechtlich als Bevollmächtigung des Klägers dar, den Wagen für Zwecke der Feuerwehr durch einen Mechanikermeister fahrbereit zu machen. Der Mechanikermeister war daher nicht Erfüllungsgehilfe des Klägers, sondern nur dessen Substitut, weshalb den Kläger hinsichtlich des Verschuldens des Mechanikers oder dessen Gehilfen nur eine Haftung für culpa in eligendo im Sinne des § 1010, 2. Satz ABGB. treffen könnte (Ehrenzweig, Obligationenrecht 1928, S. 295 ff.; Wilburg, Haftung für den Gehilfen, S. 12 f.; Schey, Obligationsverhältnisse des Österreichischen Allgemeinen Privatrechtes, Band 1, § 81 S. 604 ff.; Herrenhausbericht zur 3. Teilnovelle u. a. m.). Daß aber der Kläger bei der Auswahl des Mechanikermeisters schuldhaft gehandelt habe, hat die beklagte Partei gar nicht behauptet. Da, wie erörtert, die Feuerwehr dem Kläger die Vollmacht erteilt hatte, den Wagen durch einen Mechaniker fahrbereit zu machen, träfe den Kläger, wenn der Schaden nur aus dem Verschulden des Mechanikers oder dessen Gehilfen entstanden wäre, auch aus einem Verwahrungsvertrag kein Verschulden.

Nun hat aber das Prozeßgericht festgestellt, daß der an dem Wagen entstandene Schaden auf ein ungeeignetes Öl zurückzuführen ist, das "höchstwahrscheinlich" vom Kläger oder einem seiner Gehilfen in die Wanne des Motors eingefüllt wurde. Diese Feststellung sowie die Annahme, daß der Schaden nur auf dieses untaugliche Öl und nicht auf die vom Kläger unternommene Probefahrt zurückzuführen ist, haben beide Streitteile in der Berufung, bzw. Berufungsmitteilung bekämpft. Das Berufungsgericht hat aber, von seiner Rechtsansicht ausgehend, daß die Haftung des Klägers sich auf ein Verschulden des Mechanikers oder dessen Gehilfen erstrecke und sich auch aus dem Verwahrungsvertrag ergebe, sich mit diesen angefochtenen Feststellungen nicht auseinandergesetzt, sodaß eine Entscheidung darüber, ob die Gegenforderung dem Gründe nach zu Recht besteht, nicht möglich ist. Sollte das Berufungsgericht die Beweiswürdigung und die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichtes auch im bekämpften Umfang übernehmen, so wäre, da der Schaden durch das Einfüllen von ungeeignetem Öl seitens des Klägers oder seiner Gehilfen zumindest mitverursacht wurde, das Einfüllen des Öls ein Verschulden darstellt und sich die Anteile des Klägers und die des Mechanikers an dem eingetretenen Schaden nicht bestimmen lassen, die Haftung des Klägers nach § 1295 ABGB. bzw. § 1313a ABGB. für den ganzen Schaden gemäß § 1302 ABGB. gegeben. Daß die Gegenforderung der beklagten Partei gegen die Klagsforderung aufrechenbar ist, bedarf keiner weiteren Erörterung, da die beklagte Partei sowohl nach § 1041, als auch nach § 1042 ABGB. für den dem Kläger zustehenden Werklohn haftet und daher auch berechtigt ist, alle Schadenersatzansprüche, die sich aus Anlaß der Herstellung des Mannschaftsraumaufbaues, dessen Bezahlung der Kläger fordert, ergeben haben, aufrechnungsweise geltend zu machen.

Da somit die Entscheidung über die Gegenforderung der beklagten Partei zur Voraussetzung hat, daß das Berufungsgericht Feststellungen darüber vornimmt, ob der Kläger oder dessen Gehilfen untaugliches Öl in die Wanne eingefüllt haben, welches den der Beklagten entstandenen Schaden verursacht hat, das Berufungsgericht aber zu den in der Berufung und Berufungsmitteilung bekämpften Feststellungen nicht Stellung genommen hat, war dem Rekurs Folge zu geben, der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung aufzutragen.

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