OGH 1Ob835/52

OGH1Ob835/525.11.1952

SZ 25/290

Normen

KO §110
KO §110

 

Spruch:

Der Anmeldende hat auch bei vollstreckbaren Forderungen den beanspruchten Rang im Prozeßweg zu erweisen.

Masseverwalter ist nicht befugt, mit Klage nach § 110 KO. den von ihm bestrittenen Rang einer angemeldeten vollstreckbaren Forderung zu bekämpfen, gleichgültig, wer vom Konkursgericht zur Erhebung der Klage aufgefordert worden ist.

Entscheidung vom 5. November 1952, 1 Ob 835/52.

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Das Erstgericht wies die Klage des Masseverwalters, mit der festgestellt werden sollte, daß die von der Beklagten geltend gemachte Forderung an Sozialversicherungsbeiträgen in der Höhe von 10.101.98 S nicht in die erste, sondern die zweite Klasse der Konkursforderungen gehöre, ab. Es liege zwar ein vollstreckbarer Rückstandsausweis über die angemeldete Forderung der Beklagten vor. Diese habe die Forderung bei der Prüfungstagsatzung in der ersten Klasse angemeldet und der Masseverwalter habe nicht den Bestand, sondern nur die Rangordnung bestritten. Die Bestimmung des § 110 Abs. 2 KO., wonach bei vollstreckbaren Forderungen nicht so wie im Normalfall der Anmeldende, sondern der Bestreitende seinen Widerspruch mit Klage geltend zu machen habe, gelte nur dann, wenn die Richtigkeit der vollstreckbaren Forderung bestritten werde. Wenn hingegen bloß die Rangordnung bestritten werde, über die noch nicht rechtskräftig erkannt worden sei, habe es bei der Regel, daß der Anmeldende die Klage einzubringen habe, zu verbleiben. Im übrigen könne dem Masseverwalter auch kein rechtliches Interesse an der Feststellungsklage nach § 228 ZPO. zugebilligt werden.

Infolge Berufung des Klägers bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil. Es stellte sich auf denselben Rechtsstandpunkt wie das Erstgericht.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Wenn ein Gläubiger im Konkursverfahren eine Forderung anmeldet, kann deren Richtigkeit oder deren Rangordnung von einem der am Verfahren Beteiligten bestritten werden. Diese Bestreitung hat grundsätzlich die Wirkung, daß die angemeldete Forderung oder deren Rangordnung oder beide zunächst nicht zu berücksichtigen sind. Der Anmeldende hat aber das Recht, innerhalb der ihm vom Konkurskommissär nach § 110 Abs. 4 KO. gesetzten Frist die Klage auf Feststellung des Bestandes oder der begehrten Rangordnung der Forderung zu erheben. Erst das rechtskräftige Urteil rechtfertigt die bestrittene Anmeldung. Wenn der Klage nicht stattgegeben oder eine solche fristgemäß nicht eingebracht wird, hat es dabei zu bleiben, daß die angemeldete Forderung oder der angemeldete Rang nicht berücksichtigt wird. Grundsätzlich hat also derjenige am Konkursverfahren beteiligte die Prüfungsklage zu erheben, der einen Anspruch oder eine bestimmte Rangordnung behauptet hat.

Nach § 110 Abs. 2 KO. ist von diesem Grundsatz nur dann abzugehen und der Bestreitende auf die Klage gewiesen, wenn der Bestand der Forderung in einem früheren Verfahren bereits festgestellt worden und Vollstreckbarkeit eingetreten ist. Denn in einem solchen Fall wirkt diese Feststellung auch auf das Konkursverfahren und hat zur Folge, daß die Forderung grundsätzlich anerkannt werden muß und daß es dem Bestreitenden obliegt, die rechtskräftig als bestehend anzusehende Forderung mit Klage zu bekämpfen (vgl. OGH.-E. v. 4. Oktober 1950, JBl. 1951 S. 341). Freilich trifft diese Erwägung nur auf die Fälle vollstreckbarer Forderungen zu, in denen sich der Grund der Bestreitung auf die Richtigkeit des Anspruchs bezieht. Wenn die Bestreitung nur die Rangordnung im Konkurs betrifft, über die im früheren Verfahren, das bloß den Bestand der Forderung zum Gegenstand hatte, nicht entschieden werden konnte, ist es belanglos, ob es sich um eine gewöhnliche oder eine vollstreckbare Forderung handelt. Denn dann muß jedenfalls erst durch den, der einen bestimmten Rang in Anspruch nimmt, dessen Richtigkeit im Prozeß erwiesen werden. Das Revisionsgericht ist deshalb in Übereinstimmung mit Bartsch - Pollak, Konkursordnung I, S. 501, 510, der Meinung, daß § 110 Abs. 2 KO. in diesem Sinne einschränkend ausgelegt werden muß (so auch Schrutka, die Befristung der Liquidierungsklage nach § 110 KO. GZ. 1915, S. 243; Jaeger, Kommentar zur Deutschen Konkursordnung 6, 7 II, S. 565).

Damit erweist sich die Richtigkeit der Ansicht der Untergerichte, daß der Masseverwalter nicht befugt ist, mit Klage nach § 110 KO. den von ihm bestrittenen Rang der vollstreckbaren Forderung der Beklagten zu bekämpfen. Dabei ist es gleichgültig, wer von den Parteien zur Erhebung der Klage vom Konkursgericht aufgefordert worden ist. Denn eine solche Aufforderung bedeutet keine bindende Feststellung der Klägerrolle, über die nur im Prozeß entschieden werden kann (§ 110 Abs. 4 KO.; anders etwa kraft ausdrücklicher Vorschrift des § 125 AußstrG. die Bestimmung der Parteirollen im Erbrechtsstreit durch das Verlassenschaftsgericht). In richtiger rechtlicher Erwägung hat deshalb die Beklagte ihrerseits die Klage zu 1 Cg 330/52 des Landesgerichtes Salzburg eingebracht.

Es ist nicht nötig, auf die Frage einzugehen, ob dem Kläger etwa nach den allgemeinen Grundsätzen des § 228 ZPO. das Recht zusteht, die Feststellung der Rangordnung zu begehren. Denn es handelt sich hier um eine Prüfungsklage nach § 110 KO., die mit Rücksicht auf ihre besonderen Rechtswirkungen (§ 112 KO.) mit einer gewöhnlichen Feststellungsklage nicht verglichen werden kann. Da im Gesetz normiert ist, wer im Einzelfall als Kläger aufzutreten hat, steht einer anderen Person das Klagerecht nach § 110 KO. nicht zu und es muß beim Fehlen der Klagelegitimation die Klage abgewiesen werden.

Der geltend gemachte Revisionsgrund liegt nicht vor. Der Revision mußte der Erfolg versagt werden.

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