OGH 2Ob749/52

OGH2Ob749/5222.10.1952

SZ 25/272

Normen

ABGB §879 (1)
ABGB §1336
ABGB §879 (1)
ABGB §1336

 

Spruch:

Bezahlung der Konventionalstrafe vom Eintritt oder Nachweis eines Schadens nicht abhängig.

Entscheidung vom 22. Oktober 1952, 2 Ob 749/52.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Die Ehe der Streitteile ist auf Grund einer Klage des Mannes nach § 55 EheG. geschieden worden; die Ehefrau hatte weder Widerspruch gegen die Scheidung erhoben, noch einen Ausspruch im Sinne des § 61 Abs. 2 EheG. beantragt. Vor der Urteilsfällung hatten die Streitteile für den Fall der Scheidung der Ehe einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Ehemann u. a. einerseits zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 20% seines Nettoeinkommens und anderseits für den Fall seiner Wiederverehelichung, jedoch vor dieser zur Beibringung einer unwiderruflichen Erklärung seiner zweiten Gattin verpflichtet hat, in der diese es auf sich nehmen sollte, ihre allfällige Witwenpension nach ihm mit der ersten Gattin zu teilen oder, wenn diese selbst eine Witwenunterstützung nach ihm beziehen sollte, diese aus ihrem Ruhegenuß auf dessen Hälfte zu ergänzen. Mit der Behauptung, daß sich ihr Gatte außergerichtlich zur Zahlung einer dem richterlichen Mäßigungsrecht nicht unterliegenden Konventionalstrafe von 30.000 S verpflichtet habe, wenn er diese Erklärung nicht beibringe, und daß er sich im April 1949 neuerlich verehelicht habe, ohne daß der Klägerin die vereinbarte Erklärung ausgestellt worden sei, begehrte diese seine Verurteilung zur Zahlung des Betrages von 30.000 S.

Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab ihm statt.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte das Urteil des Berufungsgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es ist unbestritten, daß sich der Beklagte wieder verehelicht und daß seine zweite Gattin die im Vergleich vorgesehene Erklärung nicht abgegeben hat. Die Feststellung des Prozeßgerichtes, daß der Beklagte durch seinen Vertreter im Scheidungsverfahren der Klägerin die von ihr behauptete Konventionalstrafe zugesichert hat, ist unangefochten geblieben und vom Berufungsgericht übernommen worden. Das Prozeßgericht hat mit Rücksicht darauf, daß die Klägerin den Eintritt eines Schadens gar nicht behauptet hat, dem Klagebegehren die Berechtigung aberkannt. Das Berufungsgericht hat diese Ansicht des Prozeßgerichtes nicht geteilt und im übrigen sogar einen mindestens immateriellen Schaden auf Seite der Klägerin angenommen, der nunmehr die Sicherheit für ihr Alter fehlt und die daher einerseits durch die Sorge um die Zukunft belastet und andererseits vor die Notwendigkeit gestellt ist, für den Fall des Vorablebens des Beklagten für sich vorzusorgen; das Berufungsgericht hat aber auch nicht die Ansicht des Beklagten, daß die im gerichtlichen Vergleich von ihm übernommene Verpflichtung gesetz- oder gar sittenwidrig sei, geteilt und eine Ermäßigung des begehrten Betrages abgelehnt.

Der Revisionswerber erblickt eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens darin, daß keinerlei Umstände erhoben worden seien, die für eine Herabsetzung der begehrten Konventionalstrafe von Bedeutung gewesen wären. Da jedoch der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren in dieser Richtung weder konkrete Behauptungen aufgestellt noch Beweise beantragt hat, ist der Mängelrüge jedwede Stütze genommen. Aber auch die entscheidenden Rechtsfragen sind vom Berufungsgerichte zutreffend gelöst worden. Darüber, daß die Klägerin im Fall des Vorablebens des Beklagten einen gesetzlichen Versorgungsanspruch für sich aus seinem Dienstverhältnis nicht ableiten kann, besteht kein Streit; der Beklagte konnte auch nicht bei seiner Dienstbehörde Verfügungen treffen, um der Klägerin einen Ruhegenuß zu sichern. Hingegen sind Vereinbarungen der zweiten mit der geschiedenen ersten Ehefrau über deren Beteiligung an einer allfälligen Witwenpension zulässig und, sofern hiebei die erforderlichen Formvorschriften eingehalten sind, rechtswirksam und demzufolge auch die Vereinbarung des Mannes mit seiner ersten Frau anläßlich der Ehescheidung zwecks ihrer Versorgung im Fall seines Vorablebens zulässig gewesen, daß er im Fall seiner Wiederverehelichung ein Übereinkommen seiner zweiten Frau mit der ersten in Ansehung der Witwenpension zu erwirken habe. Es mag zugegeben werden, daß ihm unter diesen Umständen die Eingehung einer zweiten Ehe erschwert ist, von der Unmöglichkeit einer neuerlichen Eheschließung kann jedoch keine Rede sein. Der Beklagte muß aber auch, wenn er seine eigene Erklärung nunmehr als gesetz- und sittenwidrig zu bekämpfen versucht, in Erwägung ziehen, daß die Klägerin möglicherweise nur deshalb, weil sie ihre Zukunft sichergestellt sah, einen Widerspruch gegen die vom Beklagten angestrebte Scheidung unterlassen habe und daß ihm vielleicht nur deshalb der Abschluß einer zweiten Ehe möglich gewesen sei.

In Lehre und Rechtsprechung wird überwiegend die Ansicht vertreten, daß die Bezahlung der Konventionalstrafe von dem Eintritt und Nachweis eines Schadens nicht abhängig ist. Das Revisionsgericht hält an dieser im Spruchrepertorium 145 (Entsch. v. 24. Oktober 1889, GlU. 12690) dargelegten Rechtsmeinung fest und vermag den von Wolff (Klang, Komm., 2. Aufl., zu es ist gleich Ehrenzweig, Hasenöhrl, Winiwarter u. a. der Auffassung, daß die Höhe des Schadens keines Nachweises bedarf und daß die Konventionalstrafe sogar verfällt, wenn aus der Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung ein Schaden nicht erwachsen ist. Es ist daher entbehrlich, auf die Frage einzugehen, ob die Klägerin den vom Berufungsgericht angenommenen immateriellen Schaden erlitten hat und ob diese Annahme überhaupt durch die Beweisergebnisse gedeckt ist.

Da schließlich, wie schon bei der Erörterung des Revisionsgrundes des § 503 Z. 2 ZPO. erwähnt worden ist, der Beklagte in erster Instanz nichts vorgebracht hat, was die Anwendung des richterlichen Mäßigungsrechtes, auf die allerdings die Parteien nicht wirksam verzichten konnten, rechtfertigen würde, bestand für das Berufungsgericht zu einer Herabsetzung des Betrages kein Anlaß.

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