OGH 2Ob429/52

OGH2Ob429/5224.9.1952

SZ 25/248

Normen

Handelsagentengesetz §6
Handelsagentengesetz §6

 

Spruch:

Nicht jeder Umstand, der sich in der Person des Geschäftspartners ereignet, berechtigt den Geschäftsherrn, die Bezahlung der Provision abzulehnen. Das sich entgegenstellende Hindernis muß vielmehr nach Treu und Glauben die Ausführung des Geschäftes unzumutbar machen, damit von einem wichtigen Grund auf Seite des Dritten gesprochen werden kann.

Entscheidung vom 24. September 1952, 2 Ob 429/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Das Erstgericht hat dem Begehren des Wohnungsvermittlers auf Bezahlung einer Provision stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat das Begehren abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof hat das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Was die rechtliche Beurteilung anlangt, kann es für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob Abs. 3 des § 6 HAG. allgemein gilt oder ob er sich bloß auf die im Absatz 2 Satz 2 behandelten Verkaufsgeschäfte bezieht, dies deshalb, weil nach dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt für das Verhalten der beklagten Partei gegenüber den Hauseigentümern, das ist für die Stornierung des Mietvertrages, "wichtige Gründe auf Seite des Dritten" nicht vorgelegen sind.

Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, daß nach den Feststellungen des Erstgerichtes die Zeugen Dr. Alfons und Hermine G., die die gegenständliche Wohnung schon vor der Beklagten gemietet hatten und sich zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrages durch die Beklagte in der Wohnung befanden, nicht nur berechtigt waren, die Parterrewohnung gegen eine andere im zweiten Stock zu tauschen, daß sie vielmehr den Hauseigentümer dahin benachrichtigt hatten, daß sie unbedingt in die Wohnung im zweiten Stock zu ziehen wünschten. Die Beklagte hat selbst bei ihrer Vernehmung als Partei angegeben, daß sie den Betrag von 20.000 S erst erlegt hat, nachdem ihr Herr G. mitgeteilt hatte, daß er in den zweiten Stock ziehen wird. Ohne diese Zusage des Zeugen Dr. G. wäre der Abschluß des Mietvertrages durch die Beklagte ja sinnlos gewesen.

Die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß im Falle der Weigerung des Dr. G., die gegenständliche Wohnung mit der im zweiten Stock gelegenen zu tauschen, dem Hauseigentümer keine Möglichkeit zustand, mit Aussicht auf Erfolg gegen Dr. G. vorzugehen, ist verfehlt. Dr. G. hatte das Optionsrecht auf die Wohnung im zweiten Stock bereits ausgeübt und war daher dem Hauseigentümer gegenüber verpflichtet, die Parterrewohnung zu räumen. Es ist nicht einzusehen, warum diese Verpflichtung nicht hätte erzwungen werden können. Im übrigen hat Dr. G. nach den tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes die Parterrewohnung tatsächlich am 16. Jänner 1950 geräumt und ist in die Wohnung im zweiten Stock eingezogen. Nach dem festgestellten Sachverhalt mußte die Möglichkeit eines Vorgehens des Hauseigentümers gegen Dr. G. für den Fall ernstlicher Weigerung auch der Beklagten bekannt sein.

Die Beklagte hat jedoch gar keinen Versuch gemacht, die sich ergebende Verzögerung in der Übergabe der Wohnung an sie zu überwinden. Mit einer Verschiebung des Termins vom 1. August 1949 mußte sie wohl schon nach dem Wortlaut des Mietvertrages rechnen. Sie hat dem Hauseigentümer keine Nachfrist gesetzt, sondern mit Schreiben vom 28. Oktober 1949 sogleich die geleistete Anzahlung zurückgefordert und Schadenersatz verlangt.

Nicht jeder Umstand, der sich in der Person des Geschäftspartners ereignet, berechtigt den Geschäftsherrn, die Bezahlung der Provision abzulehnen; das sich entgegenstellende Hindernis muß vielmehr nach Treu und Glauben die Ausführung des Geschäftes unzumutbar machen, damit von einem wichtigen Grund auf Seite des Dritten gesprochen werden kann. Die beklagte Partei hat aber ein energisches Vorgehen gegen die Hauseigentümer gar nicht versucht, sondern sogleich die Anzahlung zurückgefordert.

Der der Beklagten obliegende Nachweis "wichtiger Gründe auf Seite des Dritten" ist nicht erbracht, die Provisionspflicht der Beklagten ist daher zu bejahen.

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