OGH 3Ob532/52 (3Ob531/52)

OGH3Ob532/52 (3Ob531/52)3.9.1952

SZ 25/230

Normen

Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §13 (4)
EO §78
ZPO §528
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §13 (4)
EO §78
ZPO §528

 

Spruch:

Spruchrepertorium Nr. 36.

Besondere Beschränkungen des Rechtszuges in einem der Schaffung eines Exekutionstitels dienenden Verfahren gelten nicht für das auf Grund dieses Exekutionstitels eingeleitete Exekutionsverfahren.

Entscheidung vom 3. September 1952, 3 Ob 531, 532/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Mödling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Mit der einstweiligen Anordnung vom 8. 11. 1951, hat das Bezirksgericht Mödling der betreibenden Partei gemäß § 13 Abs 4 der

6. Durchführungsverordnung zum Ehegesetz bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Teilung der Ehewohnung im Hause Mödling, S-Gasse, ein Kabinett samt Mobiliar als Wohnung zugewiesen. Auf den Rekurs der verpflichteten Partei hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht die einstweilige Anordnung mit der Maßgabe bestätigt, daß sich die verpflichtete Partei von der Aufnahme der betreibenden Partei in das Haus Mödling, S-gasse 4 dadurch "lösen" könne, daß sie ihr die im Hause Wien, VI., G-Straße gelegene Ersatzwohnung im Ausmaß von einem Zimmer, Kabinett und Vorzimmer auf ihre eigenen Kosten zur Verfügung stelle.

Auf Grund der einstweiligen Anordnung hat die betreibende Partei Exekution gemäß § 355 EO. beantragt. Das Erstgericht hat diese Exekution bewilligt. Der Rekurs der verpflichteten Partei gegen die Exekutionsbewilligung hatte keinen Erfolg. Darauf hat die verpflichtete Partei die Einstellung der Exekution beantragt, weil sie von der Alternativermächtigung des Beschlusses des Rekursgerichtes Gebrauch gemacht und sich von ihrer Verpflichtung zur Aufnahme der betreibenden Partei in der Wohnung Mödling S-Gasse dadurch befreit habe, daß sie ihr die oben erwähnte Wohnung in der G-Straße zur Verfügung gestellt habe. Das Erstgericht hat nach Einvernahme des betreibenden Gläubigers und zweier Auskunftspersonen den Antrag auf Einstellung der Exekution abgewiesen und auf Antrag des betreibenden Gläubigers die im Exekutionsbewilligungsbeschluß der verpflichteten Partei angedrohte Geldstrafe im Betrage von 2000 S für verfallen erklärt.

Das Rekursgericht hat auf den gegen diese Beschlüsse gerichteten Rekurs der verpflichteten Partei die Exekution eingestellt und den Antrag der betreibenden Partei auf Verhängung einer Geldstrafe abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei Folge und stellte die Entscheidungen des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst hatte der Oberste Gerichtshof im Hinblick auf die unten angeführten Entscheidungen des 2. Senates aus jüngster Zeit die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zu prüfen.

Die Exekution wird im vorliegenden Fall auf Grund einer auf § 13 Abs. 4 der 6. Durchführungsverordnung zum Ehegesetz beruhenden einstweiligen Anordnung geführt. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist gegen Entscheidungen in Angelegenheiten der 6. Durchführungsverordnung zum Ehegesetz der Revisionsrekurs unzulässig (vgl. SZ. XXI/31, 1 Ob 497/47, 3 Ob 223/52, 1 Ob 580/51, 2 Ob 537/51). Gegen einen die einstweilige Anordnung selbst anordnenden Beschluß des Rekursgerichtes wäre daher der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof ausgeschlossen gewesen. Es taucht die Frage auf, ob deshalb auch der ordentliche Revisionsrekurs in einem auf Grund der einstweiligen Anordnung eingeleiteten Exekutionsverfahren unzulässig ist. Diese Frage muß deshalb gestellt werden, weil der Senat 2 des Obersten Gerichtshofes in einigen Entscheidungen (2 Ob 386/51 und 2 Ob 451-455/51) aus der Bestimmung des § 502 Abs. 2 ZPO., die nach der auf der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 8. Oktober 1929, 1 Ob 945/29, beruhenden Rechtsprechung (zitiert in EvBl. 1949 Nr. 648; im übrigen vgl. Stagel - Michelmayr, Manz'sche Ausgabe der ZPO., § 502, C, Nr. 23) auch für das Rekursverfahren gilt, den Schluß abgeleitet hat, daß sich Beschränkungen des Rechtszuges bei Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes auch auf die im Exekutionsverfahren ergangenen Beschlüsse (Aufschiebung der Exekution) bezögen. Der Senat 2 hat hiefür nur logische Erwägungen angeführt, indem er mit einer conclusio a majori ad minus von der wichtigeren Sachentscheidung auf die weniger wichtige Entscheidung über die Aufschiebung der Exekution geschlossen hat.

Der Senat 3 vermag sich dieser Rechtsauffassung, die im vorliegenden Fall zur Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gegen den die Einstellung der Exekution anordnenden Beschluß des Rekursgerichtes führen würde, nicht anzuschließen. Wie der Oberste Gerichtshof in dem Judikat 146 alt, amtl. Slg. Nr. 192, für Bagatellsachen ausgesprochen hat, hören die besonderen für das Erkenntnisverfahren vorgesehenen Beschränkungen des Rechtszuges mit der Rechtskraft des Erkenntnisses auf. Es kann auch nicht aus der im § 78 EO. angeordneten sinngemäßen Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung und speziell des § 528 ZPO. gefolgert werden, daß die für bestimmte Rechtsgebiete (gesetzliche Unterhaltsansprüche, Besitzstörungen u. dgl.) bestehenden Einschränkungen des Instanzenzuges auch für das Exekutionsverfahren Geltung haben. Eine solche Annahme stunde mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Widerspruch, die beispielsweise in Exekutionssachen auf Grund von Endbeschlüssen in Besitzstörungsstreitigkeiten die Anrufung des Obersten Gerichtshofes ohneweiteres zuläßt (vgl. beispielsweise Rsp. 1936 Nr. 203).

Was Kostenentscheidungen betrifft, so folgt allerdings aus § 78 EO in Verbindung mit § 528 ZPO., daß Kostenbeschlüsse im Exekutionsverfahren nicht vom Obersten Gerichtshof überprüft werden können. Keineswegs ist aber aus den vorangeführten Gesetzesstellen abzuleiten, daß ein ordentlicher Revisionsrekurs in einem zur Hereinbringung von Kosten geführten Exekutionsverfahren, mag es sich um die Exekutionsbewilligung, um die Aufschiebung oder Einstellung der Exekution oder ähnliches mehr handeln, ausgeschlossen ist.

Der Revisionsrekurs ist somit zulässig, er ist aber auch begrundet.

Die in dem Beschluß des Rekursgerichtes vom 29. November 1951 ausgesprochene Alternativermächtigung kann ihrem Zwecke nach nur die Bedeutung haben, daß die verpflichtete Partei dann von der ihr durch die einstweilige Verfügung auferlegten Verpflichtung befreit wird, wenn sie der betreibenden Partei die Ersatzwohnung in einer Weise verschafft, daß diese die rechtliche Möglichkeit hat darin zu wohnen.

Nun hat die verpflichtete Partei nicht einmal behauptet, an der Ersatzwohnung irgend ein Recht zu haben, das sie auf die betreibende Partei übertragen könnte. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hat nur die - nach den Angaben der vernommenen Auskunftspersonen - inzwischen nach Südamerika ausgewanderte Tochter der Verpflichteten, sei es als Untermieterin, sei es auf Grund eines prekaristischen Verhältnisses, die Wohnung Nr. 9 im Hause G.straße 88 benützt und es hat der Hauptmieter der Wohnung erklärt, das Einziehen des betreibenden Gläubigers in die Wohnung nicht dulden zu wollen. Ganz abgesehen davon, daß nicht einmal ein Untermieter den Gebrauch der untergemieteten Wohnung ohne Zustimmung des Hauptmieters rechtlich weiterzugeben vermöchte (vgl. SZ. XXI/79) hat die verpflichtete Partei nicht einmal behauptet, Rechte aus einem Benützungsrecht ihrer Tochter ableiten zu können. Darin, daß die verpflichtete Partei durch Übergabe der Schlüssel dem betreibenden Gläubiger tatsächlich die Möglichkeit verschafft hat, in die Wohnung einzudringen, liegt keine Zurverfügungstellung im Sinne der Alternativermächtigung. Wird jemandem eine Wohnung ohne Rechtstitel verschafft, so daß er sowohl eine Räumungsklage des Hauptmieters als auch des Hauseigentümers zu gewärtigen hat, so wird ihm damit die Wohnung nicht zur Verfügung gestellt.

Aus diesen Erwägungen waren die Beschlüsse der ersten Instanz wieder herzustellen.

Der Ausspruch über die Rekurskosten beruht auf §§ 41, 50 ZPO. und § 78 EO.

Unter einem hat der 3. Senat des Obersten Gerichtshofes die Eintragung des nachstehenden Rechtssatzes unter Nr. 36 in das Spruchrepertorium beschlossen:

Besondere Beschränkungen des Rechtszuges in einem der Schaffung eines Exekutionstitels dienenden Verfahren gelten nicht für das auf Grund dieses Exekutionstitels eingeleitete Exekutionsverfahren.

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