OGH 2Ob269/52

OGH2Ob269/5211.6.1952

SZ 25/164

Normen

ABGB §986
ABGB §1284
Grundbuchsgesetz §14
ABGB §986
ABGB §1284
Grundbuchsgesetz §14

 

Spruch:

Wertsicherungsklausel, die auf den kollektivvertraglichen Lohn eines ledigen kinderlosen Schlossergehilfen mit einer Dienstzeit von fünf Jahren abgestellt ist, ist mangels Bestimmtheit nicht einverleibungsfähig.

Entscheidung vom 11. Juni 1952, 2 Ob 269/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Tulln; II. Instanz: Kreisgericht St. Pölten.

Text

Gisela H. hat die ihr gehörige Liegenschaft EZ. X auf Grund eines Leibrentenvertrages den Antragstellern übertragen; nach Punkt II des Vertrages sollte sich die mit 250 S monatlich vereinbarte Leibrente für den Fall der Kaufkraftänderung des Schillings oder sonstiger an seine Stelle tretenden Geldeinheiten sowie für den Fall der Währungsänderung in gleicher Weise entsprechend erhöhen oder vermindern, als sich der kollektivvertragliche Gesamtstundenlohn eines ledigen kinderlosen Schlossergehilfen mit einer Dienstzeit von fünf Jahren gegenüber dem heutigen Stand erhöhen oder vermindern sollte. Die Antragsteller begehrten auf Grund des Leibrentenvertrages einerseits die Einverleibung ihrer Eigentumsrechte und andererseits die Einverleibung des Pfandrechtes für die Sicherung der lebenslänglichen Leibrentenforderung nach Punkt II des Vertrages per monatlich 250 S für Gisela H.

Das Erstgericht gab den Anträgen statt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gisela H. Folge und wies die Anträge ab.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte den Beschluß des Rekursgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es kann dahingestellt bleiben, ob nach dem Inhalt des Leibrentenvertrages die bücherliche Einverleibung der Wertsicherungsklausel geradezu vereinbart wurde. Wohl aber ist die Wertsicherungsklausel ohne Zweifel in der Aufsandungsklausel bewilligt, denn es wird die Einwilligung erteilt, daß das Pfandrecht zur Sicherstellung der Leibrentenforderung nach Punkt II des Vertrages per monatlich 250 S einverleibt wird, und auch im Grundbuchsgesuch wird die Einverleibung des Pfandrechtes zur Sicherstellung der Leibrentenforderung nach Punkt II des obzitierten Vertrages per monatlich 250 S beantragt. Bei dieser Fassung der Aufsandungsklausel und des Verbücherungsantrages würde die Wertsicherungsklausel bei aufrechter Erledigung des Grundbuchsgesuches Eingang in das Grundbuch finden, weil die Eintragung im Hauptbuch eine Verweisung auf eine Stelle der Urkunde enthält, die dem Antrag zugrunde liegt, so daß nach § 5 Grundbuchsgesetz die bezogene Stelle, das ist der Punkt II des Leibrentenvertrages, als im Hauptbuch eingetragen anzusehen wäre. Damit wäre die auf den kollektivvertraglichen Lohn eines ledigen kinderlosen Schlossergehilfen mit einer Dienstzeit von fünf Jahren basierte Wertsicherungsklausel zum Bestandteil der bücherlichen Eintragung geworden. Dieses Ergebnis widerspricht jedoch ohne Zweifel der Vorschrift des § 14 Grundbuchsgesetz.

Die Behauptung des Revisionsrekurses, es sei in der Aufsandungsbewilligung nur die Einverleibung des Pfandrechtes für die lebenslängliche Leibrentenforderung im Betrage von 250 S bewilligt worden, steht mit dem Akteninhalt im Widerspruch, denn sie läßt den Passus "nach Punkt II des obzitierten Vertrages", der sowohl in der Aufsandungserklärung enthalten ist als auch in den Antrag des Grundbuchsgesuches aufgenommen wurde, einfach weg. Der Hinweis auf Punkt II des Leibrentenvertrages bedingt, daß die Höhe des Pfandrechtes keineswegs fixiert ist und daß der Betrag von 250 S nur bei gleichbleibender Kaufkraft des Schillings oder der sonstigen an seine Stelle tretenden Geldeinheit Geltung hat.

Nach dem Inhalt des Leibrentenvertrages und nach der Fassung des Verbücherungsantrages kann nicht gesagt werden, daß der Wertsicherungsvereinbarung lediglich obligatorische Wirkung zukommen soll. Hiezu wäre notwendig, daß die Wertsicherungsklausel und die zur Verbücherung notwendigen Einzelheiten der dinglichen Pfandhaftung in der Urkunde streng auseinandergehalten werden, und daß der Verbücherungsantrag sich auf die Eintragung des Pfandrechtes für eine ziffernmäßig bestimmte Summe beschränkt.

Das Rekursgericht hat ferner auch zutreffend auf die Verordnung über wertbeständige Rechte verwiesen, deren Vorschriften gleichfalls der grundbücherlichen Eintragung einer Leistungswertklausel im Wege stehen.

Bei dieser rechtlichen Beurteilung kommt es nicht darauf an, ob die gegenständliche Wertsicherungsvereinbarung eine präzise Fassung aufweist oder ob sie so unbestimmt gefaßt ist, daß die Feststellung ihrer Auswirkung Schwierigkeiten bereitet.

Zur Erörterung der Frage, ob die vorliegende Urkunde geeignet ist, die Eintragung des Pfandrechtes für die Leibrentenforderung der Gisela H. per monatlich 250 S zu rechtfertigen, besteht kein Anlaß, weil ein solcher Verbücherungsantrag nicht gestellt worden ist.

Die Legitimation der Verkäuferin Gisela H. zur Erhebung des Rekurses gegen die Entscheidung des Erstgerichtes ist ohne weiteres zu bejahen. Das Grundbuchsgesetz gewährt jedem, der sich durch eine grundbücherliche Erledigung beschwert erachtet, das Rechtsmittel des Rekurses. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Verbücherungsantrag der Vereinbarung entspricht oder ob mehr eingetragen werden soll als vereinbart wurde; es kann auch geltend gemacht werden, daß die beantragte Eintragung nach den gesetzlichen Vorschriften unzulässig ist. Die Verletzung der Vorschriften des Grundbuchsgesetzes durch eine bücherliche Eintragung kann jeder an der Eintragung Beteiligte geltend machen.

Der Oberste Gerichtshof pflichtet schließlich dem Rekursgericht auch darin bei, daß nach dem Vertrag anzunehmen ist es sei die Einverleibung des Eigentumsrechtes nur gleichzeitig mit der Einverleibung des Pfandrechtes vorzunehmen. Für diese Annahme spricht die in einer einheitlichen Urkunde gemeinsam erteilte Aufsandungserklärung. Der Auffassung des Rekursgerichtes, daß die Einverleibung des Eigentumsrechtes allein nicht vorgenommen werden könnte, haftet daher ein Rechtsirrtum nicht an.

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