OGH 2Ob409/52

OGH2Ob409/524.6.1952

SZ 25/154

Normen

EO §105 (1)
EO §111 (1)
EO §105 (1)
EO §111 (1)

 

Spruch:

Räumung einer zwangsverwalteten Liegenschaft von der Lebensgefährtin des Verpflichteten durch den Zwangsverwalter nur durch Erwirkung eines Räumungsauftrages nach § 105 Abs. 1 EO. gegen den Verpflichteten.

Räumungsklage gegen die Lebensgefährtin kann nur vom Verpflichteten erhoben werden.

Entscheidung vom 4. Juni 1952, 2 Ob 409/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Gurk; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Der Kläger hat in der von ihm zu gerichtlichem Protokoll gegebenen Klage, die er als der in der Exekutionssache E .... bestellte Zwangsverwalter erhoben hat, behauptet, daß sich die Beklagte, die nach ihrer Angabe die Lebensgefährtin und Geliebte des Verpflichteten sei, auf der in Zwangsverwaltung gezogenen Liegenschaft aufhalte, ohne Dienste oder Arbeiten zu leisten, daß sie selbst der Verwaltung die größten Schwierigkeiten bereite und daß sie in der gleichen Richtung auch den Verpflichteten, der wegen Geisteskrankheit voll entmundigt sei, beeinflusse, und die Räumung der von ihr ohne jeden Rechtstitel benützten Wohnung begehrt; erst in der (dritten) Streitverhandlung am 4. September 1951 (S. 17) hat der Kläger noch vorgebracht, daß er auch als Kurator des Verpflichteten seines Bruders, zur Klagserhebung berechtigt sei.

Das Prozeßgericht hat im Sinne des Klagebegehrens erkannt.

Das Berufungsgericht hat das erstgerichtliche Urteil und das vorausgegangene Verfahren (als nichtig) aufgehoben und die Klage zurückgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof hat auf Grund des Rekurses der Beklagten den Beschluß des Berufungsgerichtes aufgehoben und die Rechtssache an dieses zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung zurückverwiesen; der Rekurs des Klägers ist auf diese Entscheidung gewiesen worden.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wenn auch das Berufungsgericht - entgegen der Vorschrift des § 473 Abs. 1 ZPO. - die Berufung in Urteilsform erledigt hat, kann seine Entscheidung doch nur als ein Beschluß behandelt werden, gegen den gemäß § 519 Z. 2 ZPO. der Rekurs statthaft ist. Es ist daher auch das Rechtsmittel des Klägers, der die Abänderung des "Berufungsurteils" und die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils beantragt, ebenso als Rekurs zu behandeln wie das richtig bezeichnete Rechtsmittel der Beklagten, die in erster Linie eine sachliche Entscheidung durch das Berufungsgericht in der Richtung, daß das Klagebegehren abgewiesen werde, anstrebt. Wenn auch die Klage zurückgewiesen worden ist, kann ein Rekursinteresse der Beklagten nicht in Abrede gestellt werden, zumal nach der Entscheidung des Berufungsgerichtes die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gegenseitig aufgehoben worden sind; ihr Rekurs ist demnach zulässig.

Der Oberste Gerichtshof teilt zunächst die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der Kläger nur als der Zwangsverwalter, nicht aber auch als der Kurator des Verpflichteten die Räumungsklage eingebracht hat. Abgesehen davon, daß er im letzteren Fall nicht persönlich als Kläger hätte auftreten können, sondern die Klage nur im Namen des Kuranden und unter Vorlage der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung zur Prozeßführung hätte einbringen dürfen, läßt der oben wiedergegebene Inhalt der Klage keinen Zweifel offen, daß die Einbringung einer Klage im Sinne des § 111 Abs. 1 EO. beabsichtigt gewesen ist. Da jedoch eine solche Klage Miet- und Pachtverträge, die während der Zwangsverwaltung aufgelöst werden, zur Voraussetzung hat, der Kläger jedoch gar nicht behauptet hat, daß sich die Beklagte auf Grund eines solchen Vertrages auf der Liegenschaft aufhält, ist eine Klageführung nach § 111 Abs. 1 EO. ausgeschlossen. In Wirklichkeit bezweckt die Klage lediglich die Entfernung der Beklagten, die nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Prozeßgerichtes die dem Verpflichteten zugewiesenen Räume als dessen Lebensgefährtin und Wirtschafterin bewohnt, von der Liegenschaft. Sie lebt demnach nicht eigenmächtig auf der Liegenschaft, sondern zählt zum Hausstand des Verpflichteten, dessen rechtliches Schicksal sie in Ansehung der Liegenschaft teilt. Eine Klageführung gegen sie allein ist daher bloß durch den Verpflichteten möglich; strebt aber der Zwangsverwalter ihre Entfernung an, dann kann er diese nur dadurch erreichen, daß er einen Räumungsauftrag gegen den Verpflichteten aus den im § 105 Abs. 1 EO. angeführten Gründen erwirkt. Ein derartiger Auftrag darf allerdings, wie das Berufungsgericht mit Recht hervorgehoben hat, ausschließlich vom Exekutionsgerichte erteilt werden. Da aber der Kläger nicht die Entfernung des Verpflichteten begehrt hat und, wie seinen Rechtsmittelschriften zu entnehmen ist, auch gar nicht anstrebt, und die Klage mit Vorbedacht nur gegen die Beklagte erhoben hat, ist zu ihrer Erledigung nicht das Exekutionsgericht, sondern das "ordentliche Gericht" zuständig; mit Rücksicht darauf, daß die Beklagte nach dem Inhalt und Sinn ihrer Einwendungen sowohl die Aktiv- als auch die Passivlegitimation - und zwar mit Recht - bestritten hat, wird die meritorische Erledigung des Klagebegehrens freilich nur in seiner Abweisung bestehen können.

Aus diesen Erwägungen war dem Rekurs der Beklagten Folge zu geben, der Beschluß des Berufungsgerichtes aufzuheben und ihm die sachliche Erledigung der Berufung aufzutragen; der Rekurs des Klägers war auf diese Entscheidung zu verweisen.

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