Normen
ABGB §918
ABGB §1063
ABGB §1393
HGB §369
Vierte Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch Art8 Nr. 21
ABGB §918
ABGB §1063
ABGB §1393
HGB §369
Vierte Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch Art8 Nr. 21
Spruch:
Die Übertragung des vorbehaltenen Eigentums ist zulässig. Bei Eigentumsvorbehalt kann der Verkäufer trotz Art. 8 Nr. 21 der 4. EVzHGB. auch nach der Übergabe der Ware nach § 918 ABGB, vom Vertrag zurücktreten. Auch steht § 369 Abs. 3 HGB. einem auf den Eigentumsvorbehalt gestützten Rückforderungsanspruch nicht entgegen.
Entscheidung vom 12. März 1952, 1 Ob 865/51.
I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
Das Erstgericht gab der Klage statt und erkannte den Beklagten schuldig, zwei Omnibusse, Mercedes und Fiat Trambus, der Klägerin, die deren Eigentümerin sei, herauszugeben und zu gestatten, daß sie durch den Zwangsverwalter in der gegen den Beklagten beim Bezirksgericht V. anhängigen Exekutionssache der Klägerin ausgefolgt werden. Die Klägerin habe dem Beklagten zum Ankauf der beiden Omnibusse bei Max V. und der Ö. A. F. A. G. Darlehen von 88.622.20 S und 199.948 S gegen Rückzahlung in monatlichen Raten von 4150 S und 9367 S bei Terminverlust gewährt. Die Klägerin habe sich im Einvernehmen mit den beiden Verkäufern und dem Beklagten das Eigentum an den Omnibussen vorbehalten. Bei Nichteinhaltung der Verpflichtungen des Beklagten sollte die Klägerin berechtigt sein, die Kaufgegenstände ohne gerichtliche oder behördliche Entscheidung in Gewahrsam zu nehmen, zu verwerten und sich aus dem Erlös zu befriedigen, was der Bestimmung des Art. 8 Z. 21 der Vierten handelsrechtlichen Einführungsverordnung nicht widerspreche. Durch Exekutionsführung habe die Klägerin auf ihren Eigentumsvorbehalt nicht verzichtet, da sie nicht Fahrnisexekution auf die Omnibusse, sondern nur die Zwangsverwaltung des Kraftfahrlinienunternehmens des Beklagten eingeleitet habe. Die Vereinbarung der Rücknahme und Verwertung der Omnibusse sei weder sittenwidrig noch verstoße sie gegen § 1371 ABGB. Auf die angebliche Sittenwidrigkeit der Zinsenabmachung komme es nicht an, weil der Beklagte unbestrittenermaßen auch mit Kapitalszahlungen rückständig sei. Der Beklagte könne die Herausgabe der Omnibusse, zu der er infolge Terminverlust verpflichtet sei, nicht gemäß § 921 ABGB. von der Rückzahlung der bisher geleisteten Raten abhängig machen, da dies in den Vereinbarungen der Streitteile zulässigerweise ausgeschlossen worden sei. Das Ratengesetz sei nach dessen § 10 auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil die Anschaffung der Omnibusse auf Seite des Beklagten ein Handelsgeschäft sei.
Infolge Berufung des Beklagten bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil. Entgegen der Meinung des Beklagten ergebe sich aus den vorgelegten Urkunden, daß auch zwischen den Verkäufern Max V. und Ö. A. F. A. G. einerseits und dem Beklagten anderseits der Eigentumsvorbehalt an den Omnibussen vereinbart worden sei. Dies sei bei Abschluß der Kaufverträge geschehen, und die Verkäufer seien befugt gewesen, durch Anweisung an den Beklagten, die Omnibusse künftig im Namen der Klägerin innezuhaben, ihre Rechte an diese zu übertragen. Die körperliche Übergabe sei dazu nicht nötig gewesen. § 1371 ABGB. könne nicht angewendet werden, da durch die vereinbarte Rücknahme und Verwertung der Omnibusse keine Interessen verletzt würden. Der Beklagte könne auch ein Zurückbehaltungsrecht nicht mit Erfolg in Anspruch nehmen, weil nach der Vereinbarung der Parteien mit den Omnibussen in bestimmter Weise verfahren werden sollte und nach § 369 Abs. 3 HGB. die Zurückbehaltung daher nicht zulässig sei. Die Klage werde ja nicht nur auf den Eigentumsvorbehalt, sondern auch auf die Vereinbarung der Parteien (Punkt 10 der Beilagen 4 und 1) gestützt. Was die bisher von der Klägerin eingeleiteten Exekutionsmaßnahmen betreffe, hätten sie keinem anderen Zweck als dem mit der vorliegenden Klage verfolgten gedient, nämlich die Kaufpreisrestforderungen, für die die Klägerin dem Beklagten die Darlehen gewährt habe, einzubringen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Revisionsgericht hat von der Feststellung des Berufungsgerichtes auszugehen, daß zwischen den Verkäufern und dem Beklagten bei den Kaufabschlüssen - also keineswegs nach der Übergabe der Omnibusse an den Beklagten - der Vorbehalt des Eigentums der Verkäufer bis zur Bezahlung des Kaufpreises gültig zustande gekommen ist. Die Behauptung des Beklagten, er habe in erster Instanz vorgebracht, der Verkäufer Max V. habe am Omnibus nie Eigentum besessen, ist ohne Belang, da dieses angebliche Vorbringen nicht protokolliert worden ist (§ 215 Abs. 1 ZPO.).
Die Zulässigkeit und Wirksamkeit eines vereinbarten Eigentumsvorbehaltes ist im Judikat 246 anerkannt. Auch ist es in der Praxis des Obersten Gerichtshofes seit der Entscheidung vom 23. September 1915, GlUNF. 7682, unbestritten, daß der Eigentumsvorbehalt zugleich mit der Kaufpreisforderung wirksam abgetreten werden kann. Da die Zession und die Übertragung des vorbehaltenen Eigentums vom Beklagten zustimmend zur Kenntnis genommen worden ist, ist der Übergang des vorbehaltenen Eigentums an die Klägerin wirksam geworden.
Da demnach der Klägerin nicht Pfandrechte, sondern ein vorbehaltenes Eigentumsrecht zusteht, so kommt § 1371 ABGB. überhaupt nicht zur Anwendung; desgleichen nicht die im Art. 8 Nr. 14 der Vierten Einführungsverordnung angeführten Bestimmungen des Deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches, die einen Pfandverkauf voraussetzen.
Ebensowenig kann sich der Beklagte auf Art. 8 Nr. 21 der zitierten Verordnung berufen, der ein Rücktrittsrecht nach § 918 ABGB. ausschließt, sobald die Ware übergeben worden ist, weil nach dem Judikat 246 ein vertragliches Rücktrittsrecht auf Grund des Eigentumsvorbehaltes nicht unter § 918 ABGB. fällt und neben dieser Gesetzesstelle, ohne Einhaltung der daselbst vorgesehenen Bedingungen, geltend gemacht werden kann.
Es ist auch nicht richtig, daß die Klägerin das Rücknahmerecht verloren hat, da sie in die unter Eigentumsvorbehalt verkaufte Sache Exekution geführt hat, weil sie nach den untergerichtlichen Feststellungen nicht auf die verkauften Omnibusse Exekution geführt hat, sondern Exekution durch Zwangsverwaltung des Autounternehmens, dessen wesentlichen Bestandteil allerdings die beiden Autobusse bilden. Auf diesen Fall ist aber Judikat 246 nicht anwendbar.
Endlich steht auch § 369 (3) HGB. nicht dem Klagebegehren entgegen, weil ein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden ist (SZ. X/331).
Die Revision mußte infolgedessen ohne Erfolg bleiben.
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