OGH 1Ob137/52

OGH1Ob137/5212.3.1952

SZ 25/63

Normen

MarkSchG §1
MarkSchG §1

 

Spruch:

Kein Motivschutz nach österreichischem Markenrecht; doch darf das einem Konkurrenzunternehmen entlehnte Motiv nicht in einer Weise benützt werden, die geeignet ist, Verwechslungen herbeizuführen.

Keine Verwechslungsfähigkeit von farbigen Mehlspeisbildern, die auf weißem Grund den Firmenaufdruck "König" tragen, mit solchen, die in ein nicht zu übersehendes rotes Dreieck gestellt sind, auf dem sich ein weißer Hasenkopf und in weißer Schrift der Name "Haas" befindet.

Entscheidung vom 12. März 1952, 1 Ob 137/52.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Beide Streitteile erzeugen Backpulver und Vanillinzucker. Die beklagte Partei füllte ihre Waren in Säckchen, die auf der Vorderseite in einem verzierten Oval das Wort "Haas", darunter einen sitzenden Hasen, der auf einem Teller einen Gugelhupf serviert, zeigen. Am unteren Ende des Päckchens befindet sich bei dem Backpulver das Wort "Pulver", bei Vanillinzucker das Wort "Vanillinzucker". Von der beklagten Partei wurden der Vorderseite dieser Packung entsprechende Marken beim österreichischen Patentamt seit dem Jahre 1919 bzw. 1935 angemeldet und eingetragen, so daß sie die Priorität genießen.

Die klagende Partei, die ihren Betrieb erst im Jahre 1949 eingerichtet hat, versieht ihre Päckchen mit einer farbigen Wiedergabe einzelner Mehlspeisen, die unter Verwendung des Inhaltes des Säckchens hergestellt werden können; auf der Rückseite der Packung wird das Rezept jener Mehlspeise wiedergegeben, deren Abbildung die Vorderseite zeigt, wobei die einzelnen Rezepte numeriert sind.

Jede einzelne Packung der klagenden Partei wurde beim Patentamt als Marke angemeldet, eingetragen und im österreichischen Markenanzeiger, Heft 3, 6/1950, Heft 1/1951 unter den Nummern 15.276 bis 15.291, 16.997 bis 17.016 und 20.283 bis 20.310 veröffentlicht.

Seit dem Sommer 1951 verwendet die beklagte Partei zum Vertrieb ihres Backpulvers Päckchen, die ebenfalls auf der Vorderseite die farbige Darstellung einer Mehlspeise und das Wort "Bilderbackpulver" aufweisen und auf der Rückseite ein Rezept zur Herstellung der auf der Vorderseite abgebildeten Mehlspeise wiedergeben.

Die erste Instanz hat zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei wider die beklagte Partei auf Unterlassung der Verwendung von Packungen für Backpulver, die auf der Vorderseite die farbige Darstellung einer Mehlspeise und das Wort "Bilderbackpulver" und auf der Rückseite ein Rezept zur Herstellung der auf der Vorderseite abgebildeten Mehlspeise aufweisen, der beklagten Partei verboten, Backpulver in Packungen zu vertreiben, die auf der Vorderseite die farbige Darstellung einer Mehlspeise und das Wort "Bilderbackpulver" aufweisen und auf der Rückseite ein Rezept zur Herstellung der auf der Vorderseite abgebildeten Mehlspeise wiedergeben.

In einer weiteren einstweiligen Verfügung hat das Erstgericht der beklagten Partei verboten, Backpulver in Packungen zu vertreiben, die auf der Vorderseite die farbige Darstellung einer Mehlspeise aufweisen und auf der Rückseite ein numeriertes Rezept zur Herstellung der auf der Vorderseite abgebildeten Mehlspeise wiedergeben.

Das Erstgericht nahm als bescheinigt an, daß für die klagende Partei 64 Packungen Backpulver, die auf der Vorderseite eine farbige Darstellung einer Mehlspeise zeigen und auf der Rückseite mit dem Rezept der nämlichen Mehlspeise und einer fortlaufenden Nummer versehen sind, markenrechtlich geschützt seien. Da es sich um eine besondere Bezeichnung des Unternehmens handle, sei nur zu untersuchen, ob die beklagte Partei die registrierte Marke der klagenden Partei in einer Weise nachgeahmt habe, die geeignet sei, Verwechslungen mit der registrierten Marke der klagenden Partei hervorzurufen. Diese Verwechslungen seien aber gegeben, was sich schon aus der Gesamtaufmachung dieser Packung ergebe. Wenn auch die Packung der klagenden Partei mit dem Namen "König" und die der beklagten Partei mit der dreieckigen Marke "Haas" mit dem Hasenkopf sowie den Worten Backpulver versehen sei, so treten diese Kennzeichnungen in den Hintergrund, da die Darstellung der Mehlspeisen infolge ihrer Farbenwirkung auf den Käufer die größere Anziehungskraft ausübe. Werde berücksichtigt, daß die beklagte Partei für den Vertrieb ihres Backpulvers früher eine andere Ausstattung verwendet habe und jetzt eine solche in Verwendung nehme, die der von der klagenden Partei benützten ähnlich sei, müsse daraus auf die Absicht der beklagten Partei geschlossen werden, Verwechslungen herbeizuführen.

Dem Rekurs der beklagten Partei hat das Rekursgericht Folge gegeben und den angefochtenen Beschluß dahin abgeändert, daß der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen wurde. Hiezu führte das Rekursgericht folgendes aus:

Im österreichischen Markenanzeiger seien für die klagende Partei nur die farbigen Mehlspeisbilder in Verbindung mit dem deutlichen Aufdruck "König-Backpulver" oder "König-Vanillinzucker" registriert. Das farbige Mehlspeisenbild könne für sich allein nicht entscheidend sein, weil ein solches Bild überhaupt nicht registrierungsfähig sei, da Mehlspeisen der abgebildeten Art nicht nur mit dem Backpulver der klagenden Partei, sondern mit dem Backpulver anderer Firmen erzeugt werden können. Jede Hausfrau wisse, daß das farbige Mehlspeisenbild nur eine Mehlspeise darstellt, die mit dem in der Packung befindlichen Pulver gemacht werden könne. Von welcher Firma dieses Backpulver sei, ersehe die Kundschaft aus dem Firmenaufdruck, da es allgemein bekannt ist, daß mehrere Firmen Backpulver erzeugen und vertreiben. Es komme daher einzig und allein darauf an, ob die Backpulverpackung der beklagten Partei mit den markenrechtlich geschützten Packungen der klagenden Partei leicht verwechselt werden können.

Diese Frage sei aber zu verneinen. Die Abbildungen auf den Packungen der beklagten Partei stellen zwar auch Mehlspeisen dar; es handle sich aber dabei um ganz andere Bilder als die, welche die klagende Partei verwendet, mit diesen Mehlspeisenbildern sei ihnen nur das Motiv und die Farbigkeit gemeinsam; überdies zeigen sie ein nicht zu übersehendes rotes Dreieck mit einem weißen Hasenkopf und dem Firmennamen "Haas". Auch die ganz anderen Bilder der klagenden Partei weisen in deutlicher Form die Firmenbezeichnung "König" auf. Diese beiden Firmenbezeichnungen seien aber bei den verschiedenen Packungen der beiden Firmen derartig auffallend, daß diese Päckchen von Backpulver auch von jemandem, der nicht besonders darauf achtet, nicht verwechselt werden können.

Der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei blieb ohne Erfolg.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wenn im Revisionsrekurs zunächst die Ansicht des Rekursgerichtes bekämpft wird, daß den farbigen Mehlspeisendarstellungen, wie sie auf den Packungen der klagenden Partei auf der Vorderseite verwendet werden, die Eintragungsfähigkeit als Marke fehlt, so kann den Ausführungen der klagenden Partei nicht gefolgt werden.

In Lehre und Rechtsprechung (Abel, System des österreichischen Markenrechtes, S. 32 und 198; Adler, österreichisches Markenrecht, S. 77 ff; Verwaltungsgerichtshof vom 25. November 1898, Zl. 6286; Verwaltungsgerichtshof vom 29. Feber 1908, Zl. 1219) ist es einheitliche Auffassung, daß ein Zeichen im Sinne des Markenrechtes nur dann als Marke gelten kann, wenn sie für die Ware eine unterscheidende, nicht aber wenn sie nur eine technische funktionelle Bedeutung hat. Alle Zeichen, die bloß eine Funktion der Ware angeben, die Ware nach irgend einer Richtung beschreiben, sind, weil sie ihrer Natur nach nicht dem Unterscheidungszweck dienen, von dem Markenrecht ausgeschlossen. In diesem Sinne wurde schon im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Feber 1908, Zl. 1219, ausgesprochen, daß ein Zeichen auf einer Ware, das vom Verkehr nur als Ergebnis des Erzeugungsprozesses angesehen wird, keine Marke sein kann. Es kommt hier auch in Betracht, daß ein Alleinrecht an Merkmalen einer Ware, die durch die Natur der Ware oder als Folge eines bestimmten Erzeugungsprozesses notwendig gegeben sind, mit Hilfe des Markenrechtes nicht erworben werden kann.

Wenn daher das Rekursgericht ausführt, daß an dem farbigen Mehlspeisenbild der klagenden Partei an sich ein Markenschutz überhaupt nicht besteht, wird diese Ansicht vom Obersten Gerichtshof geteilt. Denn dem österreichischen Markenrecht ist auch ein Motivschutz fremd, d. h., das Markenrecht verleiht nicht Rechte an einem Bildzeichen in abstracto, sondern nur Rechte an besondern, das ist konkreten Zeichen (Langer - Saxl, § 9, Nr. 213). Durch die Registrierung einer Marke wird daher nicht deren Bildmotiv geschützt, so daß der durch dieses Zeichen dargestellte Gegenstand von niemandem anderen mehr verwendet werden könnte (Dr. Albert Sachs Markenschutz, zu § 1, Nr. 36 - 40). Die Entlehnung eines Motivs aus einer geschäftlichen Bezeichnung eines anderen Unternehmens ist daher grundsätzlich gestattet (Langer - Saxl, § 9, Nr. 211).

Wird von diesem Sachverhalt ausgegangen, so erübrigt sich ein Eingehen auf die behauptete Verkehrsgeltung, da nichtschutzfähige Zeichen niemals Verkehrsgeltung erwerben können (1 Ob 73/50).

Mag auch, wie oben erwähnt, die Entlehnung eines Motivs aus einer geschäftlichen Bezeichnung eines anderen Unternehmens grundsätzlich gestattet sein (Langer - Saxl, § 9, Nr. 211), so ist diese aber dann gemäß § 9 UnlWG. untersagt, wenn das Motiv in einer Weise benützt wird, die geeignet ist, Verwechslungen mit dem Unternehmen der klagenden Partei herbeizuführen.

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 2. Feber 1927, 1 Ob 76/27, Rsp. 1927, Nr. 97 Langer - Saxl, § 9, Nr. 173, ausgesprochen hat, liegt eine Verwechslungsfähigkeit nicht vor, wenn die Unterschiede bei gewöhnlichem Maße von Sorgfalt dem beteiligten Publikum auffallen müssen, wobei es bei der Beurteilung der Verwechslungsfähigkeit auch darauf ankommt, ob der Anschein erweckt wird, daß die Ware aus demselben Betriebe herrührt (Langer - Saxl, § 9, Nr. 218 a). In der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. Oktober 1929, 4 Ob 491/29 (Langer - Saxl, § 9, Nr. 186) wurde weiters ausgeführt, daß es zum Ausschluß der Verwechslungsfähigkeit nicht genügt, augenfällige Unterscheidungsmerkmale anzubringen, sondern daß es darauf ankommt, ob durch diese augenscheinlichen Unterscheidungsmerkmale der Gesamteindruck der beiden Ausstattungen voneinander derart abweicht, daß eine Verwechslung vollkommen ausgeschlossen ist.

Wird von diesen Grundsätzen ausgegangen, so hat das Rekursgericht mit Recht die Verwechslungsfähigkeit der beiden Backpulverpackungen verneint.

Wenn auch die beklagte Partei ebenfalls Mehlspeisenbilder, die aber ganz andere Speisen darstellen, auf ihren Packungen verwendet, so haben diese Bilder mit den von der klagenden Partei in Verkehr gesetzten Packungen lediglich außer dem Motiv nur die Farbigkeit gemeinsam. Zum Unterschied von den Mehlspeisenbildern der Packungen der klagenden Partei, die auf einem weißen Grund den Firmenaufdruck "König" tragen, sind die Bilder der beklagten Partei mit einem nicht zu übersehenden roten Dreieck, auf dem sich ein "weißer Hasenkopf" und in weißer Schrift der Firmenname "Haas" befindet, versehen.

Dieses Unterscheidungsmerkmal ist aber im konkreten Falle derartig, daß hiedurch nicht nur der Gesamteindruck der beiden Ausstattungen voneinander abweicht, sondern auch bei gewöhnlichem Maße von Sorgfalt des beteiligten Publikums nicht übersehen werden kann.

Denn das von der beklagten Partei auf der Bildfläche der Mehlspeise verwendete rote Dreieck mit dem weißen Hasen und dem Firmennamen "Haas" wirkt zum Unterschied von dem Firmennamen "König" nicht nur in die Augen springend, sondern geradezu störend auf das Auge des Käufers, da sich dieses Dreieck innerhalb der eine Mehlspeise darstellenden Bildfläche befindet.

Hiedurch fällt die Herkunft der Ware von einem bestimmten Unternehmen derartig auf, daß das interessierte Publikum dieses Unterscheidungsmerkmal bei gewöhnlichem Maße der Sorgfalt unbedingt sehen muß und der Gesamteindruck beider Ausstattungen voneinander abweicht, sodaß eine Verwechslungsfähigkeit vollkommen ausgeschlossen ist.

Bei diesem Sachverhalt wurde daher mit Recht vom Rekursgericht die Verwechslungsfähigkeit der beiden Mehlspeisenbilder verneint, weshalb dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen war.

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