OGH 1Ob21/52

OGH1Ob21/5216.1.1952

SZ 25/12

Normen

EO §10
EO §35
EO §36 (1)
EO §10
EO §35
EO §36 (1)

 

Spruch:

Aus Anlaß einer Klage nach § 10 EO. ist der dem Exekutionstitel zugrunde liegende materielle Anspruch nicht neuerlich zu prüfen.

Einwendungen gemäß § 35 EO. können auch dann erhoben werden, wenn sie sich auf Umstände stützen, die vor Schluß der Verhandlung erster Instanz im Verfahren über die Klage nach § 10 EO. eingetreten sind.

Einwendungen nach § 36 Abs. 1 Z. 1 EO. sind im Rechtsstreite nach § 10 EO. beachtlich.

Entscheidung vom 16. Jänner 1952, 1 Ob 21/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Schwechat; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Schwechat vom 18. Juli 1938 wurde der Klage der Hauseigentümerin Rosa Sch. gegen ihren Mieter Josef Sch. Folge gegeben und dieser schuldig erkannt, die Benützung eines im Hofe des Wohnhauses befindlichen "Holzschuppens als Garage und zur Einlagerung von leicht brennbaren und feuergefährlichen Materialien, insbesondere auch die Einstellung irgendeines Kraftwagens in diesem Holzschuppen oder auf dem Hofgrundstücke selbst zu unterlassen".

Mit der vorliegenden Klage beantragen die Rechtsnachfolger der früheren Klägerin gegen die Rechtsnachfolgerin des früheren Beklagten die Fällung eines Feststellungsurteiles gemäß § 10 EO. folgenden Inhaltes: "Der den Rechtsnachfolgerinnen der klagenden Partei mit Urteil des Bezirksgerichtes Schwechat vom 18. Juli 1938 zuerkannte Anspruch steht ihnen nunmehr gegen die beklagte Partei zu." In der Klagsdarstellung wurde vorgebracht, das Eigentum an der Liegenschaft sei von der Mutter auf die beiden Töchter, d. s. die heutigen Klägerinnen, übergegangen, die Beklagte aber sei die Rechtsnachfolgerin des früheren beklagten Mieters, weil sie in den Mietvertrag ihres 1947 verstorbenen Gatten eingetreten sei. Bis dahin sei dieser der Mieter der Wohnung und des Holzschuppens gewesen. Die Beklagte sei nicht nur Rechtsnachfolgerin des Beklagten in Bezug auf die Wohnräume, sie benütze - wenn auch zu Unrecht - noch den Holzschuppen und den Hof für Zwecke der von ihr schon zur Zeit des erwähnten Urteiles als Alleininhaberin betriebenen Autofahrschule. Es sei den Klägerinnen nicht möglich, ohne Feststellung der Rechtsnachfolge auf der Passivseite die Bewilligung der Exekution zu erlangen, weshalb das bereits genannte Klagebegehren erhoben wurde. Die Beklagte hat die Rechtsnachfolge unter Hinweis darauf bestritten, daß sie gesetzliche Erbin nach ihrem Ehegatten - neben ihren drei schon 1947 volljährigen Kindern - geworden sei, die sich aber ebensowenig wie die Beklagte erbserklärt haben, weshalb die anhängig gewesene Verlassenschaft gemäß § 72 Abs. 1 AußStrG. erledigt wurde. Meritorisch brachte die Beklagte vor, daß der Anspruch, den die frühere Klägerin, Rosa Sch., gegen den Gatten der Beklagten behauptet habe, nicht mehr derselbe sei, weil der im Zeitpunkt der Urteilsfällung fehlende Baukonsens für die Garage, welcher Umstand ausschlaggebend für die Stattgebung der Klage war, im Jahre 1944 erteilt worden sei.

Das Erstgericht faßte einen der Klage stattgebenden Urteilsspruch, dem es - von Amts wegen - folgenden Inhalt gab: "Es wird festgestellt, daß den Klägerinnen als Rechtsnachfolger der Frau Rosa Sch. deren Anspruch aus dem hg. Urteil vom 18. Juli 1938 nunmehr auch gegen die Beklagte zusteht."

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das angefochtene Urteil auf und wies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht mit dem Auftrage zurück, das Verfahren erst nach eingetretener Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses fortzusetzen.

Während das Erstgericht aussprach, daß es den Klägern darum zu tun sei, auf der Aktiv- und auf der Passivseite die Rechtsnachfolge im Sinne des § 10 EO. durch ein ergänzendes Urteil zu erlangen, weshalb die sonstigen Einwendungen der Beklagten, daß der Anspruch, der früher der Klägerin gegen den Gatten der Beklagten zustand, heute nicht mehr den Erben der damaligen Klägerin gegen die heutige beklagte Partei zusteht, unbeachtet zu bleiben haben, vertrat das Berufungsgericht die gegenteilige Meinung. Es bezeichnete die Klage "nicht als eine reine Klage nach § 10 EO.", sondern als eine, die eine Entscheidung darüber herbeiführen solle, ob - abgesehen von der Frage der Rechtsnachfolge der Parteien - der Anspruch aus dem Urteile vom Jahre 1938 noch gegen die heutige beklagte Partei bestehe. Diese Klage sei eine Feststellungsklage nach § 228 ZPO., für die das alsbaldige rechtliche Interesse gegeben sei. Das Erstgericht meinte ferner, daß Einwendungen gegen den Anspruch erst nach erfolgter Exekutionsführung von der verpflichteten Partei mittels der Klage gemäß § 35 EO. geltend zu machen seien, das Berufungsgericht hingegen war der Ansicht, daß im Verfahren erster Instanz die Tatsache zu erörtern sei, daß das Mietverhältnis - seit dem Urteile - durch mehr als zehn Jahre auch hinsichtlich des als Garage verwendeten Objektes fortgesetzt worden sei, und welche Bedeutung der behaupteten angeblich 1944 erteilten Genehmigung der Baubehörde zukomme. Hierüber seien nach Meinung des Berufungsgerichtes Feststellungen zu treffen, damit daraus der Schluß gezogen werden könne, ob den Klägerinnen der Anspruch aus dem erwähnten Urteil auch gegen die heutige Beklagte zustehe.

Das Berufungsgericht schnitt auch die Frage an, wie das Klagebegehren der Klage gemäß § 10 EO. richtig zu lauten habe, ob es als Feststellungsbegehren (Neumann - Lichtblau, 3. Auflg. S. 82/84) oder als Leistungsbegehren (Walker, 4. Auflg. S. 97) anzusehen sei, ohne sich für die eine oder die andere Art endgültig zu entscheiden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse der Klägerinnen Folge, hob den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und trug diesem die Sachentscheidung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rekurs der Klägerinnen ist begrundet. Es kann dahingestellt

bleiben, zu welcher Art von Klage die Klage nach § 10 EO. zu zählen

sei. Der zitierten Ansicht von Neumann - Lichtblau hat sich auch die

Rechtsprechung angeschlossen. In SZ. XX/87 wird ausgeführt, daß die

Klage nach § 10 EO. der Ergänzung des Exekutionstitels, nicht aber

der Erwirkung eines neuen Leistungsurteiles dient; desgleichen

Oberstes Gericht, Brünn, E. v. 3. Mai 1929 = Slg. OG. 9002, unter

Berufung auf die Materialien. Auch in der Entscheidung 2 Ob 258/38 =

EvBl. 1938 II, Nr. 173, wird ausgesprochen, daß die Klage gemäß § 10

EO. eine Feststellungsklage sei. Bemerkungswert in dieser

Entscheidung ist folgender Beisatz: Wenn im Hinblick auf die von der

Rechtswissenschaft manchmal vertretene Ansicht eine Leistungsklage

eingebracht wird (s. die oben zitierte Meinung Walkers), dürfe dies

dem Kläger nicht schaden. Pollak, System, 3. Auflg., S. 24, 187,

793, hingegen hält die Klage gemäß § 10 EO. ohne nähere Begründung

für eine Rechtsgestaltungsklage; ebenso Petschek, ZBl. 1927 S. 881,

welche Meinung er noch in ZBl. 1929 S. 693 und in der Festschrift

"Zivilprozeßrechtliche Streitfragen" (1933), S. 164/167, Kapitel

"Titelergänzung", ausdrücklich aufrechthält. Heller - Trenkwalder,

3. Auflg. (1934), schließt sich ausdrücklich der Ansicht Petscheks

an. Die "Schriftsätze im Exekutions- und Sicherungsverfahren" von

Vittorelli - Bloch - Fischböck, 3. Auflg., S. 28, unterscheiden in

diesem Fall zwischen einer Leistungsklage und einer

Feststellungsklage. In den Fällen des § 9 EO. wird nach Meinung

Fischböcks das Klagebegehren auf Feststellung der Rechtsnachfolge zu

richten sein u. zw. der Rechtsnachfolge in den Anspruch, z. B. "die

der beklagten Partei mit Urteil des ... wider ... zuerkannten

Forderung von ... steht nunmehr der klagenden Partei zu". Bei einer

Rechtsnachfolge in die Verpflichtung wird nach Meinung des

Formularienbuches die Klage zu lauten haben: "Die der klagenden

Partei mit Urteil ... zuerkannte Forderung wider ... steht ihr

nunmehr gegen die beklagte Partei zu."

In den Fällen des § 7 EO. wird dagegen Leistungsbegehren zu stellen sein, z. B. dahingehend, daß der Beklagte schuldig sei, die im Exekutionstitel bezeichnete Leistung je nach der Lage des Falles oder sofort binnen einer bestimmten Frist zu erfüllen. In der derzeit im Erscheinen begriffenen Neuausgabe der erwähnten Schriftsätze schließt sich Stagel der Ansicht, daß es sich um eine Rechtsgestaltungsklage handelt, an.

Obwohl es im vorliegenden Falle, wie bereits ausgeführt, eine Frage von sekundärer Bedeutung ist, welcher Art der Klagen die Klage gemäß § 10 EO. zugehört, so ist im Hinblick darauf, daß ein Teil des Schrifttums der Ansicht zuneigt, daß es sich um eine Leistungsklage handle, das Berufungsgericht jedoch von einer Feststellungsklage allgemeiner Art (§ 228 ZPO.) ausgeht und auf diese Weise zur meritorischen Überprüfung des Exekutionstitels gelangt, die spezielle Rechtsfrage doch zu prüfen: Was die klagenden Parteien wollen, ist der Nachweis der Rechtsnachfolge auf der Passivseite. Allerdings hat die Fassung des Urteilsbegehrens den Erstrichter offenbar zur Annahme veranlaßt, daß auch der Ausspruch der Rechtsnachfolge auf der Aktivseite verlangt werde. Daß der Erstrichter dieser Auffassung war, ergibt sich aus der Fassung, die er dem Urteilssatze gab. Die Klägerinnen berufen sich aber hinsichtlich der Rechtsnachfolge auf der Aktivseite gemäß § 9 EO. auf die Einantwortungsurkunde nach der früheren Klägerin und auch auf den vorgelegten Grundbuchsauszug, laut welchem auf Grund der erwähnten Einantwortungsurkunde als Eigentümer die Klägerinnen einverleibt sind. Solange es sich nur um die Feststellung der Rechtsnachfolge handelt, könnte aus dem Klagsinhalte entnommen werden, daß nur der Nachweis des publizistischen Vollstreckungsanspruches verlangt werde und es dem Richter überlassen bleibe, das Klagebegehren entsprechend dem Gesetze der Sachverhaltsdarstellung zu fassen.

Das Berufungsgericht ist aber insoweit im Rechte, als es darauf hinweist, daß es den Klägerinnen um mehr als die formelle Feststellung der Rechtsnachfolge geht. Denn der Rekurs der Klägerinnen gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes gibt eindeutig Auskunft, daß es den Klägerinnen um den Fortbestand des im Urteilsentwurfe der Klage genannten "Anspruches" in meritorischer Beziehung geht. Denn der Rekurs der Klägerinnen führt ausdrücklich aus: "Nicht derjenige, der abstrakt Rechtsnachfolger des aus einem Urteil Berechtigten ist, kann aus diesem Gründe schon Exekution gegen den Verpflichteten mit Erfolg beantragen, es muß vielmehr feststehen, daß die Rechtsnachfolge hinsichtlich des Urteilsanspruches eingetreten ist. Aus diesem Gründe ist es notwendig, daß das Klagebegehren im Falle der Feststellungsklage gemäß § 10 EO. so gefaßt wird, wie es von uns, bzw. vom Erstrichter in den Urteilen vom 20. Juni 1951 formuliert worden ist. Es muß nämlich die Feststellung begehrt werden, daß durch die eingetretene Rechtsnachfolge der aus dem Urteil erfließende Anspruch nunmehr dem Rechtsnachfolger zusteht. Eine andere Möglichkeit der richtigen Formulierung besteht nicht, da, wie bereits erwähnt, nicht jede Art von Rechtsnachfolge einen solchen Urteilsanspruch darstellen muß. Würde lediglich die Feststellung der Rechtsnachfolge begehrt, so wäre dieses Begehren nicht ausreichend konkretisiert." Die Klägerinnen sind daher offenkundig der Meinung, daß der Anspruch selbst ein zweites Mal überprüft werden soll. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß der Rekurs ausführt: "Es versteht sich von selbst, daß der Urteilsanspruch durch die festgestellte Rechtsnachfolge keine materiellrechtlichen Veränderungen erfahren kann, daß somit die Rechtsnachfolger sämtliche Einwendungen gegen sich gelten lassen müssen, die mit Erfolg gegen die Rechtsvorgänger gemacht werden können. Die Möglichkeit der Einwendung nach § 35 EO. bleibt der Beklagten unter allen Umständen voll gewahrt. Anderseits kann der vorliegende, bloß die formellen Voraussetzungen für die Exekutionsführung schaffende Prozeß, nicht der Erörterung materiellrechtlicher Fragen dienen." Der Rekurs der Klägerinnen bringt jedenfalls zum Ausdruck, daß es ihm darum geht, festgestellt zu wissen, ob auch im konkreten Anspruch eine Rechtsnachfolge eingetreten ist. Deshalb spricht der Rekurs davon, daß es nicht eine allgemeine Rechtsnachfolge gebe; er unterscheidet somit zwischen Universal- und Singularsukzession.

Während das Erstgericht den Prozeß über die Einwendungen gegen den Exekutionstitel unter allen Umständen in das Zwischenverfahren nach § 35 oder § 36 EO. nach erfolgter Exekutionsführung verlegen will, hat das Berufungsgericht im Hinblick auf die Fassung des Klagebegehrens die gegenteilige Meinung vertreten und verlangt, daß sich der vorliegende Rechtsstreit mit dem Weiterbestehen des Anspruches - in der bereits aufgezeigten Richtung - befasse. Es geht somit hier um das Kernproblem der Klage nach § 10 EO. Man könnte immerhin der Meinung sein, daß nach den Feststellungen der Rechtsnachfolge, sei es gemäß § 9 EO. oder im Prozeßwege nach § 10 EO., es dem betreibenden Gläubiger nicht verwehrt sein dürfte, eine derartige Klage, wie die vorliegende, zu erheben, weil er nicht gezwungen werden kann, Exekution zu führen, um dann gegenüber einer Klage nach § 36 Abs. 1 EO. bzw. § 35 EO. zu unterliegen, wenn die verpflichtete Partei nachzuweisen imstande ist, daß seit dem ersten Urteil grundlegende tatsächliche Veränderungen vor sich gegangen sind, wodurch der Anspruch des Rechtsnachfolgers auf der Aktivseite oder die Verpflichtung des Rechtsnachfolgers auf der Passivseite erloschen ist. Im vorliegenden Falle hat das Berufungsgericht ein derartiges Erlöschen des Anspruches oder der Verpflichtung dahin angedeutet, daß im Jahre 1944 der Beklagtenseite der Baukonsens erteilt wurde, so daß nicht mehr - wie im Urteil von 1938 - gesagt werden könne, daß die Untersagung der Garageführung aufrecht bestehe. Allerdings würde, wenn man die Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes billigen wollte, ein Oppositionsprozeß erst über Tatsachen möglich sein, die nach dem in der vorliegenden Rechtssache gefällten Urteile eingetreten sind. Dann wäre auch die Zulassung der Prüfung des konkreten Anspruches in einem zweiten Rechtsgang, somit jetzt unter der Flagge eines § 10 EO.-Rechtsstreites, keine Benachteiligung der verpflichteten Partei, weil es dieser gleichfalls nicht verwehrt werden könnte, vor der Exekutionsführung (also gleichsam an Stelle eines § 35 EO.-Rechtsstreites) eine negative Feststellungsklage zu erheben. In diesem Falle wäre allerdings noch zu prüfen, ob für eine derartige klage nach § 10 EO. (oder wie das Berufungsgericht meint, für eine Klage nach § 228 ZPO., welchem Gegensatz man im vorliegenden Falle nicht auf den Grund zu gehen braucht), der Nachweis eines Feststellungsinteresses gegeben sei. Neumann - Lichtblau, der Vertreter der Feststellungsklage, verlangt nämlich den Nachweis eines derartigen Interesses.

Der Oberste Gerichtshof billigt jedoch nicht die Meinung des Berufungsgerichtes in bezug auf die Verpflichtung zur Überprüfung des materiellen Anspruches aus Anlaß einer Klage gemäß § 10 EO., weil der materielle Anspruch nicht selbst Prozeßgegenstand ist. Das Urteil nach § 10 EO. tritt nicht an die Stelle des für die Forderung erwirkten Exekutionstitels, wozu es nämlich dann käme, wenn in diesem geschilderten zweiten Rechtsgang der materielle Anspruch selbst zum Prozeßgegenstand geworden wäre und ausgesprochen würde, daß der vorliegende Unterlassungsanspruch oder die Verpflichtung zur Unterlassung gegenüber der neuen beklagten Partei nicht mehr aufrecht bestunde. Es würde somit eine Sachabweisung im Prozeß nach § 10 EO. erfolgen, die den Exekutionstitel vom Jahre 1938 um seine Bedeutung bringen würde. Nach Ansicht Petscheks im ZBl. 1927, S. 881, desgleichen auch in der Festschrift a. a. O. "ist im § 10 EO. verneint, daß der materielle Anspruch Streitgegenstand sei". Der § 10 EO. hat ferner zur Voraussetzung, daß gar nicht auf Grund des neuen Urteiles die Exekutionsbewilligung vor sich geht, sondern auf Grund des ursprünglichen Urteiles, dem nur hinsichtlich der Rechtsnachfolge das neue Urteil ergänzend hinzutritt. Petschek geht auch davon aus, daß das Bedürfnis nach dem Urteil des § 10 EO. auch bei schon schwebender Exekution sich einstellen kann, also dort, wo die Verwendung des Urteiles nicht den Irrtum veranlassen kann, als ob sich die dann fortgeführte Exekution nicht auf den Grundlagen des alten Exekutionstitels fortbewegte. Folglich bleibt der alte Exekutionstitel auch dort, wo der Prozeß nach § 10 der Exekutionsbewilligung vorauseilt; die Zäsur für die Statthaftigkeit von Einwendungen nach § 35 EO. wird nicht durch den Verhandlungsschluß erster Instanz im Prozeß nach § 10 EO. herbeigeführt. Die Rechtslage des materiellen Anspruches und des darüber ergangenen Titels hat sich nach Petschek eben nicht verschoben. Das Urteil im Prozeß gemäß § 10 EO. soll im Verhältnis zwischen den Titelparteien oder gegenüber einem Rechtsnachfolger dasjenige bewerkstelligen, was eine qualifizierte Urkunde zustände brächte. Nur der Vollstreckungsanspruch, nicht das materielle Recht steht dabei in Frage. Der Oberste Gerichtshof hält diese Ansicht Petscheks aus der einfachen Erwägung heraus für richtig, daß dann, wenn im vorliegenden Falle den Parteien - so wie es auf der Klagsseite der Fall ist - auch auf der Beklagtenseite eine Einantwortungsurkunde zur Verfügung stunde, nach der die heutige beklagte Partei Alleinerbin oder Miterbin nach dem im Exekutionstitel genannten Beklagten wäre, eine Klage nach § 10 EO. überhaupt abzuweisen wäre, da sie dort nicht Platz greift, wodurch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde im Sinne des § 9 EO. bewiesen wird, daß der im Exekutionstitel anerkannte Anspruch oder die darin festgestellte Verpflichtung von den daselbst genannten Personen auf diejenige Person übergegangen ist, von welcher oder wider welche die Exekution beantragt wird. Es käme in diesem Falle unzweifelhaft zu keiner Überprüfung des materiellen Anspruches des Exekutionstitels. Es ist nicht einzusehen, warum dann eine derartige qualifizierte Urkunde nicht vorhanden ist, der materielle Anspruch des Exekutionstitels überprüft werden muß. Die materielle Prüfung des Anspruches erfolgt erst im Zwischenstreite gemäß § 35 EO. Die Voraussetzungen einer Klage gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 EO. jedoch sind, weil es sich dort um die §§ 7 und 9 EO. - somit also um den § 10 EO. - handelt, in letzterem Verfahren zu prüfen.

Im Sinne dieser Rechtsansicht, die - von der Art des Klagebegehrens abgesehen - mit der von Petschek vertretenen Ansicht übereinstimmt, war der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die Sachentscheidung unter Bindung gemäß § 511 ZPO. aufzutragen, wobei es dem Berufungsgericht überlassen bleibt, ob es bei der gegebenen Sach- und Rechtslage die Anordnung einer mündlichen Berufungsverhandlung für entbehrlich hält, da die Überprüfung des materiellen Anspruches zu unterbleiben hat und die Frage der Rechtsnachfolge auf der Passivseite nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes von den Unterinstanzen richtig gelöst worden ist, wenn auch diese zwar nicht nach § 19 Abs. 2 Z. 11 MietG., welche Gesetzesstelle nur den Kündigungsschutz zum Gegenstand hat, aber nach § 1116a ABGB. eingetreten ist.

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