OGH 1Ob916/51

OGH1Ob916/514.1.1952

SZ 25/2

Normen

Handelsagentengesetz §6
Handelsagentengesetz §29 Abs1
Handelsagentengesetz §6
Handelsagentengesetz §29 Abs1

 

Spruch:

Wer einen Agenten mit der Vermittlung des Kaufes einer Liegenschaft betraut, hat die Provision vom gesamten Kaufpreis zu bezahlen, auch wenn er schließlich die Liegenschaft nicht allein, sondern gemeinsam mit einem Dritten kauft.

Entscheidung vom 4. Jänner 1952, 1 Ob 916/51.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Das Erstgericht hat mit Urteil vom 31. März 1951 dem auf Zahlung einer Provision von 1200 S gegen die Beklagte gerichteten Klagebegehren mit der Begründung stattgegeben, daß die Beklagte, die schon wiederholt Kunde der klagenden Partei gewesen sei, am 8. Februar 1950 wegen Ankaufes eines Hauses oder Besitzes bei der klagenden Partei vorgesprochen habe und daß ihr von dieser bzw. deren Mitarbeiter Sch. auf einem Zettel insgesamt drei Anschriften verkäuflicher Häuser, darunter das Haus G., G.gasse 6, aufgeschrieben worden sei, daß die Beklagte sich mit dieser Vermittlung des Hauses einverstanden erklärt habe, das Haus von der Beklagten und deren Mutter Regina B. um 60.000 S gekauft worden sei, die 2%ige Vermittlungsprovision daher 1200 S betrage und dieser Kauf durch Vermittlung der klagenden Partei zustande gekommen sei.

Das Berufungsgericht hat dagegen mit dem angefochten Urteil in teilweiser Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung das Klagebegehren bezüglich 600 S s. A. abgewiesen und in den Entscheidungsgründen unter Billigung der erstrichterlichen Beweiswürdigung und Übernahme der Feststellungen des Erstrichters ausgeführt, die Vermittlungsprovision sei von dem Kaufpreis abhängig, den die betreffende Partei, der gegenüber die Vermittlung erfolgt sei, zu zahlen habe. Die Beklagte habe aber nur das halbe Haus um 30.000 S erworben und könne daher die klagende Partei von ihr nur eine Provision von 600 S begehren, zumal die Klägerin sonstige Rechtsgrunde für das darüber hinausgehende Begehren nicht geltend gemacht habe, sich insbesondere auch aus dem Zettel, Beilage 1 vom 8. Februar 1950, nicht ergebe, daß sich die Beklagte verpflichtet hätte, die bekanntgegebene Adresse nicht anderen Personen mitzuteilen, und sie deshalb auch nicht für die auf den Anteil ihrer Mutter entfallende Vermittlungsgebühr zu haften habe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge und stellte das erstgerichtliche Urteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Aus dem Revisionsgrunde des § 503 Z. 4 ZPO. bekämpft die klagende Partei die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß ihr nur die Provision vom Kaufpreis des von der Beklagten erworbenen Kaufanteiles gebühre.

Die Revision ist in dieser Hinsicht begrundet.

Nach dem gemäß § 29 Abs. 1 HAG. auf den vorliegenden Fall anzuwendenden § 6 Abs. 1 dieses Gesetzes gebührt dem Handelsagenten bzw. Vermittler für jedes durch seine Tätigkeit zustande gekommene Geschäft eine Provision. In der Regel wird es sich hiebei um ein vom Auftraggeber abzuschließendes Geschäft handeln. Daß dies aber immer der Fall sein wird, geht aus § 6 HAG. im Gegensatz zu §§ 7 f. keineswegs hervor. Maßgebend ist nach § 6 Abs. 1 vielmehr, daß das in der mit dem Vermittler getroffenen Vereinbarung in Aussicht genommene Geschäft auf Grund der fördernden Tätigkeit des Vermittlers zustande gekommen ist. Es ist daher auch denkbar, daß in dem mit dem Vermittler abgeschlossenen Vertrag vorgesehen wird, daß das Geschäft überhaupt nicht von dem Auftraggeber, sondern von einem Dritten abgeschlossen wird. Gleichgültig ist es dabei für das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Vermittler, ob und welches Rechtsverhältnis zwischen Auftraggeber und dem Dritten besteht. War aber im Vermittlungsvertrag der Abschluß des in Aussicht genommenen Geschäftes durch den Auftraggeber allein vorgesehen und hat dieser dann z. B. lediglich einen Teil der ursprünglich beabsichtigten Menge vertretbarer Sachen oder z. B. bloß einen Liegenschaftsanteil erworben, so hat er auch nur den entsprechenden Teil der Provision zu bezahlen. In einem solchen Falle käme eine Haftung des Auftraggebers für die ganze Provision bzw. für Schadenersatz nur in Frage, wenn nachgewiesen würde, daß von vornherein der Erwerb des ganzen Quantums oder der ganzen Realität durch den Auftraggeber und andere zusammen in Aussicht genommen war und der Auftraggeber nur deshalb allein den Auftrag erteilt hat, um den Vermittler um einen Teil seiner Provision zu verkürzen. Anders ist aber der Fall zu beurteilen, wenn der Vermittler auf Grund der Vereinbarung mit dem Auftraggeber diesem als ganze zum Kauf angebotenen Gegenstände z. B. Liegenschaften bekanntgeben soll und der Auftraggeber eine solche Realität schließlich mit einem einheitlichen Kaufvertrag zusammen mit einem anderen anteilsweise erwirbt. Hier liegt ein Anbot zum Ankauf einer ganzen Liegenschaft vor und wurde dieses einheitliche Anbot vom Auftraggeber des Vermittlers zusammen mit einem anderen durch Abschluß eines einheitlichen Kaufvertrages angenommen, wenn auch der Auftraggeber und dessen Mitkontrahent nur je einen ideellen Anteil auf diese Weise erwerben. Der Auftraggeber ist in einem solchen Fall am Abschluß des gesamten einheitlichen Vertrages offensichtlich interessiert, wenn auch nur deshalb, um so den Erwerb eines Anteils für sich zu ermöglichen und hat durch den Abschluß eines einheitlichen Kaufvertrages zusammen mit seinem Mitkontrahenten zum Ausdruck gebracht, daß er diesen Vertragsabschluß angestrebt und seinerseits die Beiziehung des Mitkontrahenten veranlaßt hat, sofern er nicht darzutun vermag, daß er die Beiziehung des Mitkontrahenten lediglich dadurch ermöglicht hat, daß er sich nur zum Kauf eines Liegenschaftsanteils statt der ganzen Realität entschlossen hat.

Daß die Beklagte das von der klagenden Partei namhaft gemachte Haus um einen Kaufpreis von insgesamt 60.000 S zusammen mit ihrer Mutter mit einem einzigen Kaufvertrag erworben hat, ergibt sich nun aus ihrem eigenen Vorbringen im erstgerichtlichen Verfahren, zumal sie sich dort selbst nur auf einen einzigen Kaufvertrag als Beweismittel für ihr Vorbringen, das Haus zusammen mit ihrer Mutter um einen Kaufpreis von 60.000 S gekauft zu haben und lediglich Mitbesitzerin zur Hälfte zu sein, berufen hat. Der Erstrichter hat auch auf Grund des von der Beklagten vorgelegten Kaufvertrages bei der Verhandlung vom 4. Jänner 1951 festgestellt, daß das Haus G.straße 6 von Regina B. und Rosa H. zusammen um den Preis von 60.000 S gekauft worden ist. Da somit von der Beklagten zusammen mit ihrer Mutter ein einheitlicher Kaufvertrag geschlossen wurde, der die ganze Liegenschaft zum Gegenstand hat, ohne daß die Beklagte auch nur behauptet, geschweige denn einen Beweis dafür angetreten hat, daß ihre Mutter als Mitkontrahentin ohne weiteres Zutun der Beklagten beigezogen wurde, genügt Einwendung und Beweis des Erwerbes eines bloßen Hälfteanteils nicht, um darzutun, daß in der Vereinbarung mit der klagenden Partei ursprünglich der Erwerb der ganzen Liegenschaft durch die Beklagte vorgesehen war und die Beklagte sich nachträglich erst zum Erwerb der bloßen Hälfte entschlossen hat. Daher steht der klagenden Partei gegen die beklagte Partei der Anspruch auf die volle Provision vom gesamten Kaufpreis der Liegenschaft zu.

Demnach war der Revision der klagenden Partei Folge zu geben und wie im Spruche zu erkennen.

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