OGH 1Ob903/51

OGH1Ob903/5128.12.1951

SZ 24/345

Normen

ABGB §986
Grundbuchsgesetz §14 Abs1
Grundbuchsgesetz §20 litb
Grundbuchsgesetz §73
ABGB §986
Grundbuchsgesetz §14 Abs1
Grundbuchsgesetz §20 litb
Grundbuchsgesetz §73

 

Spruch:

Pfandrechte können im Grundbuch nicht durch Wertsicherungsklauseln wertbeständig gesichert werden.

Entscheidung vom 28. Dezember 1951, 1 Ob 903/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Hopfgarten; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Auf Grund des vollstreckbaren Notariatsaktes vom 12. August 1949 wurde der betreibenden Partei wider den Verpflichteten zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von 15.450 S s. A. die Zwangsversteigerung der Liegenschaften EZ. 277 II Grundbuch W. bewilligt. Das Grundstück wurde um das Meistbot von 48.100 S versteigert. Zur Meistbotverteilung hat der betreibende Gläubiger an Kapital 21.330.40 S angemeldet, die unteren Instanzen haben aber nur 15.000 S zugewiesen und den Mehrbetrag von 6.330.40 S infolge Widerspruchs eines nachstehenden Gläubigers abgewiesen. Der Revisionswerber ficht diesen Beschluß an und begehrt Zuweisung auch des strittigen Betrages. Die Entscheidung hing von der Gültigkeit der im Punkt 4 der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 12. August 1949 beurkundeten Wertsicherungsklausel ab. Laut dieser vereinbarten die Vertragsparteien zur Sicherung eines Darlehens von 15.000 S und zur Erhaltung der tatsächlichen und inneren Kaufkraft, welche dem Darlehensbetrage heute (12. August 1949) tatsächlich innewohnt, vor allen Gefahren sowohl einer Inflation als einer Deflation oder einer Währungsänderung, daß im Falle der Kaufkraftänderung des österreichischen Schillings im Verhältnis zu heute sowohl der eine wie der andere Vertragsteil berechtigt sein solle, dem gegenständlichen Darlehensbetrag von 15.000 S angesichts des heutigen Tariflohnes einer Maurerarbeitsstunde in der Höhe von 3 S 20 g einem Gleichwert von insgesamt 4688 Maurerhilfsarbeiterstunden zugrunde zu legen und sämtliche Zahlungen sowohl an Kapital wie an Zinsen auf dieser Wertbeständigkeitsgrundlage zu regeln.

Das Exekutionsgericht hat die Abweisung der Zuweisung der aus dem Titel der Wertsicherung verlangten 6330.40 S wie folgt begrundet:

"§ 14 Abs. 1 GBG. laute dahin, daß nur ziffernmäßig bestimmte Geldsummen Gegenstand eines Pfandrechtes sein können. Daraus folge, daß bei einer wertgesicherten Forderung eben nur der Nennbetrag der gesicherten Forderung hypothekarisch sichergestellt werden könne und nicht der auf Grund der Wertsicherung allenfalls eintretende Wert. Das Pfandrecht für eine wertgesicherte Forderung sei eine Art Höchstbetragshypothek, die freilich nur nach unten Veränderungen ausgesetzt sein könne. Die Forderung könne im Rahmen der Veränderung des inneren Geldwertes höher oder niedriger werden. Ihr Nennbetrag sei aber der grundbücherlich sichergestellte Höchstbetrag. Die über den Nennbetrag hinausgehende Mehrforderung betreffe lediglich das Schuldverhältnis zwischen den Vertragsteilen, nicht aber das dingliche Recht. Dieses habe vielmehr lediglich eine ziffernmäßig bestimmte Geldsumme, nämlich den Betrag der eingetragenen Hypothek im Sinne des § 14 Abs. 1 GBG. zum Gegenstand, die sich auf Grund obligatorischer Vereinbarungen nicht ändere. § 14 Abs. 1 GBG. lasse eine andere Auslegung überhaupt nicht zu. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß im Grundbuch die Wertbeständigkeit gemäß Abs. 4 des Notariatsaktes angemerkt sei. Anmerkungen dienen nur dazu, Tatsachen, die gewisse rechtliche Folgen nach sich ziehen, festzustellen. Sie können aber nie dingliche Rechte begrunden, umändern, erweitern oder aufheben. Abgesehen davon sei die Anmerkung der Wertbeständigkeit an sich unzulässig. Anmerkungen beträfen nämlich entweder persönliche Verhältnisse des Eigentümers der Liegenschaft oder eines Hypothekargläubigers oder solche Umstände, die nach den Bestimmungen des Grundbuchsgesetzes oder der Zivilprozeßordnung oder Exekutionsordnung bestimmte Rechtsfolgen nach sich ziehen (§§ 20, 73 GBG.). Wenn auch nach Lehre und Rechtsprechung die zulässigen Anmerkungen im § 20 GBG. nicht erschöpfend aufgezählt seien, so herrsche bei den Grundbuchsgerichten derzeit doch Einhelligkeit darüber, daß die Anmerkung der Vereinbarung der Wertbeständigkeit nicht zulässig sei, da sie den Voraussetzungen einer nach dem Grundbuchsgesetze zulässigen Anmerkung nicht entspräche."

Das Rekursgericht bestätigte. Es sei bereits ständige Rechtsprechung, daß wegen der Bestimmung des § 14 Abs. 1 GBG. ein Pfandrecht nur für eine ziffernmäßig bestimmte Geldsumme eingetragen werden könne, bei wertgesicherten Forderungen nur der Nennbetrag durch das Pfandrecht gesichert sei, d. h. daß das Pfand nur mit dem Nennbetrag zur Deckung der Forderung herangezogen werden könne. Mit anderen Worten: "Die dingliche Haftung des Pfandes könne nicht größer sein als der eingetragene Betrag in Schillingwährung. Daraus folge, daß dem betreibenden Gläubiger im Range des Pfandrechtes nur dieser Betrag samt den nach dem Gesetz gleichen Rang genießenden Zinsen und der im Range der Nebengebührensicherstellung zum Zuge gelangenden Nebenforderungen zugewiesen werden könne."

Der Revisionsrekurs des betreibenden Gläubigers verweist gegenüber diesen Ausführungen der Untergerichte auf ältere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, insbesondere auf SZ. I/1, welche die Eintragung von Wertbeständigkeitshypotheken zugelassen habe. Der Revisionsrekurs meint weiter, daß selbst dann, wenn man der Meinung sei, daß die Anmerkung der Wertbeständigkeit nicht habe eingetragen werden dürfen, so müsse sie doch berücksichtigt werden, da sie tatsächlich bewilligt und eingetragen worden sei. Auch Pfandrechte, die unter Außerachtlassung der Vorschriften des § 14 GBG. einverleibt seien, seien nicht ohne weiteres unwirksam, sondern müßten berücksichtigt werden (Entscheidung vom 11. November 1879, GlU. 7645).

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es mag dem Revisionsrekurs zugegeben werden, daß die Praxis des Obersten Gerichtshofes vor der Okkupation Wertbeständigkeitsklauseln bei Hypothekarschulden dingliche Wirksamkeit zuerkannt hat.

Der Revisionsrekurs übersieht aber, daß durch die Verordnung über wertbeständige Rechte vom 16. November 1940, DRGBl. I S. 1521, die bis dahin bestandene Möglichkeit, Hypotheken auf wertbeständiger Grundlage einzutragen, ausdrücklich beseitigt worden ist. Nach § 3 der genannten Verordnung kann seit dem Inkrafttreten dieser Verordnung ein Grundpfandrecht außer in Reichsmarkwährung (nunmehr Schillingwährung) nur mehr in der Weise bestellt werden, daß der aus dem Grundstück zu zahlende Geldbetrag durch Bezugnahme auf den Preis des Feingoldes (gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung) bestimmt wird (vgl. SZ. XXI/165). Daß diese Bestimmung die Wertsicherungsklauseln aller Art, nicht bloß Edelmetall- und Valutaklauseln ausschließt, ergibt sich aus der Übergangsvorschrift des § 3 Abs. 2, welche alle Hypotheken als grundsätzlich unzulässig ansieht, bei denen der aus dem Grundstück zu zahlende Geldbetrag durch Bezugnahme auf den Preis anderer Edelmetalle als Gold oder auf den Preis von Waren, Wertpapieren oder ausländischen Zahlungsmitteln bestimmt wird. Wenn auch nur Sachwertmaßstäbe angeführt sind, so kann doch mit Rücksicht auf die ratio dieser Verordnung nicht daran gezweifelt werden, daß auch Arbeitsleistungsmaßstäbe unter die Verordnung fallen, weil nach der Tendenz der Verordnung jeder wertbeständige Maßstab ausgeschlossen werden sollte.

Da die gegenständliche Hypothek 1949, also lange nach dem Inkrafttreten der erwähnten Verordnung, bestellt worden ist, so entbehrt die im Widerspruch mit dieser Verordnung eingetragene Wertsicherungsklausel der dinglichen Wirkung.

Zu Unrecht beruft sich endlich der Revisionsrekurswerber auf die Entscheidung GlU. 7645 zum Nachweis dafür, daß auch ungültige Pfandbestellungen, wenn sie bücherlich eingetragen seien, dingliche Wirksamkeit besäßen. Einen solchen Rechtssatz hat der Oberste Gerichtshof niemals aufgestellt. In der bezogenen Entscheidung wird nur gesagt - ob dies richtig ist, bleibe dahingestellt - daß der Umstand, daß eine Eintragung eine ziffernmäßige Summe nicht enthalte, die Pfandrechtseinverleibung ungültig mache, es wird aber nicht gesagt, daß eine materiell ungültige Pfandbestellung durch die Eintragung dingliche Wirkung erlangt. Und nur darauf kommt es diesmal an, weil nach der Verordnung über wertbeständige Rechte Wertsicherungsklauseln grundbuchrechtlich ungültig sind.

Die unteren Instanzen haben daher mit Recht der Wertsicherungsklausel die dingliche Wirkung aberkannt.

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