OGH 3Ob721/51

OGH3Ob721/5119.12.1951

SZ 24/341

Normen

ZPO §19
ZPO §20
ZPO §472
ZPO §19
ZPO §20
ZPO §472

 

Spruch:

Auch wenn eine Partei erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist) die Erklärung abgegeben hat, auf ein Rechtsmittel zu verzichten, ist das von ihrem streitgenössischen Nebenintervenienten eingebrachte Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidung vom 19. Dezember 1951, 3 Ob 721/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt - Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Gegen das Räumungsurteil des Erstgerichtes ergriffen lediglich die Nebenintervenienten, nämlich die sechs Untermieter der Geklagten, die Berufung. Vor Durchführung der Berufungsverhandlung teilte die Geklagte selbst dem Berufungsgerichte schriftlich mit, daß sie auf jedes Rechtsmittel verzichte und mit der Berufung der Nebenintervenienten nicht einverstanden sei. Hierauf wies das Berufungsgericht die Berufung der Nebenintervenienten kostenpflichtig zurück. Die Untermieter hätten zwar die Stellung streitgenössischer Nebenintervenienten, die materiellrechtliche Verfügung über das Bestandrecht stehe aber ausschließlich der Hauptpartei zu; da diese erklärt habe, auf Rechtsmittel zu verzichten, seien die Nebenintervenienten zur Berufung nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat dem Rekurs der Nebenintervenienten gegen diesen Beschluß des Berufungsgerichtes nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Rekurswerber haben sich dem Streitverfahren als Nebenintervenienten mit der Behauptung angeschlossen, daß sie Untermieter der Geklagten seien. Ein anderes Rechtsverhältnis haben sie nie behauptet. Als Untermieter kommt ihnen tatsächlich die prozessuale Stellung streitgenössischer Nebenintervenienten zu. Damit sind die Untermieter aber nicht Streitgenossen (Prozeßparteien), die materiellrechtliche Verfügung über das Bestandrecht bleibt weiterhin dem Hauptmieter. Die Nebenintervenienten können zwar für ihren säumigen Hauptmieter handeln, aber nicht gegen dessen erklärten Willen; denn sie können nicht eigene Rechte geltend machen, sondern immer nur Rechte der Hauptpartei. Wenn die Hauptpartei auf ihre Rechte dadurch verzichtet, daß sie gegen das zu ihren Ungunsten lautende Urteil auf Rechtsmittel verzichtet, somit die durch das Urteil geschaffene materielle Rechtslage anerkennt, sind die Untermieter als Nebenintervenienten nicht berechtigt, Rechtshandlungen zu setzen, die diesem erklärten Willen der Hauptpartei widersprechen.

Im vorliegenden Fall hat die Geklagte ausdrücklich erklärt, auf Rechtsmittel zu verzichten, und hat sich auch gegen die Berufung der Nebenintervenienten, deren Zulassung sie bereits bekämpfte, ausgesprochen. Damit gehen die Nebenintervenienten ihres Rechtes verlustig, Rechtsmittel gegen dieses Urteil zu ergreifen. Verfehlt ist die Meinung der Rekurswerber, weil die Geklagte innerhalb der Berufungsfrist eine solche Erklärung nicht abgegeben hätte, sei sie nun nicht mehr berechtigt, auf ein Rechtsmittel zu verzichten. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Geklagte innerhalb der Rechtsmittelfrist von einer Berufung der Nebenintervenienten keine Kenntnis hatte. Die Geklagte konnte diese Erklärung, solange über die Berufung der Nebenintervenienten noch nicht entschieden wurde, abgeben, da für eine solche Erklärung eine prozessuale Frist nicht besteht. Mit Rücksicht auf diese Erklärung verlieren aber die Nebenintervenienten die Berechtigung, zugunsten der Geklagten eine Berufung zu erheben. Die Berufung wurde daher mit Recht gemäß § 472 ZPO., als von einer hiezu nicht berechtigten Partei erhoben, zurückgewiesen. Die Gründe für die Anerkennung des Räumungsbegehrens, die in dem Verzichte auf Rechtsmittel gelegen ist, sind belanglos; es ist daher auch unerheblich, welche Einwendungen die Geklagte im Prozesse erhoben hat und ob die Geklagte rechtsgültig ihre Mietrechte an Dritte abgetreten hat oder nicht.

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