OGH 2Ob751/51

OGH2Ob751/5121.11.1951

SZ 24/319

Normen

ZPO §472
ZPO §472

 

Spruch:

Ein vor Urteilsfällung ausgesprochener Rechtsmittelverzicht ist unverbindlich.

Entscheidung vom 21. November 1951, 2 Ob 751/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Leoben; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.

Text

Bei der Entscheidung über eine Revision spielt die Frage eine Rolle, ob der vom Beklagten hinsichtlich des Ersturteiles noch vor dessen Fällung abgegebene Rechtsmittelverzicht verbindlich sei.

Der Oberste Gerichtshof hat die Verbindlichkeit eines solchen Verzichtes verneint.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Dem Berufungsgericht ist in rechtlicher Beziehung zuzustimmen, wenn es eine vor Fällung des Urteiles im Voraus abgegebene Verzichtserklärung als rechtsunverbindlich bezeichnet.

Während die ältere Rechtsprechung (vgl. GlUNF. 6170, u. a. m.) und die Fragenbeantwortung zu § 472 ZPO. einem einseitigen Vorausverzicht, sogar vor Beginn des Prozesses und jedenfalls vor Urteilsfällung, bindende Wirkung zuerkannte, mit der der Verlust des Rechtsmittels verbunden sei, hat die Lehre (Sperl. S. 285, 597) mit eingehender und zutreffender Begründung den Rechtsmittelverzicht nur für wirksam erklärt, wenn er nach Fällung bzw. Zustellung des Urteiles ausdrücklich und schriftlich abgegeben wird. Auf eine solche Verzichtserklärung sind nicht die Grundsätze des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden, weil die prozessualen Handlungsbefugnisse keine subjektiven Rechte oder Verfahrensansprüche wider die Gegenpartei darstellen. Sie sind keine privatrechtlichen Beziehungen, über welche durch Vertrag verfügt werden kann. Verzicht auf ein Rechtsmittel kann nicht als privatrechtliche Auflassung eines wider den Obligationsgegner zustehenden Anspruches stattfinden, sondern nur an Hand des Prozeßrechtes. Sofern dieses bestimmt, daß auf die öffentlichrechtlichen Befugnisse einer Prozeßhandlung mit bindender Wirkung verzichtet werden kann, muß dies in der Form einer Prozeßhandlung, demnach ausdrücklich geschehen. Der Vorausverzicht vor Prozeßbeginn oder Urteilsfällung ist darum ungiltig. Er kann allerdings privatrechtliche Wirkungen, wie z. B. Konventionalstrafe, u. dgl., nach sich ziehen.

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