OGH 3Ns22/51

OGH3Ns22/5111.10.1951

SZ 24/272

Normen

ABGB §276
TEG §4
ZPO §116
ZPO §117
ABGB §276
TEG §4
ZPO §116
ZPO §117

 

Spruch:

Die Handlungen, die ein für einen Kriegsvermißten bestellter Kurator vorgenommen hat, sind nicht deshalb unwirksam, weil der Kurand unter Zugrundelegung eines vor der Kuratorbestellung liegenden vermutlichen Todestages für tot erklärt wurde.

Entscheidung vom 11. Oktober 1951, 3 N 22/51.

Text

Die Kläger haben in der Klage die Fällung des Urteiles begehrt, daß der Beklagte aus der Firma E. C. & Co., Kommanditgesellschaft, als Gesellschafter ausgeschlossen werde. Auf ihren Antrag wurde am 6. Juni 1946 vom Prozeßgerichte der Rechtsanwalt Dr. Josef L. gemäß § 116 ZPO. zum Abwesenheitskurator des Beklagten bestellt. Der Prozeß endete damit, daß der Oberste Gerichtshof das stattgebende Urteil des Berufungsgerichtes bestätigte. Im ganzen Verfahren wurde der Beklagte vom Abwesenheitskurator vertreten.

Am 4. September 1951 brachte Maria V. als Gattin des Beklagten beim Handelsgerichte Wien den im Spruche bezeichneten Antrag mit der Begründung ein, daß der Beklagte am 28. Juni 1951 vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien für tot erklärt worden ist, wobei der 31. Dezember 1944 als der Tag bestimmt wurde, den der Verschollene, der als Angehöriger der Deutschen Wehrmacht in den Kämpfen in Rumänien im Jahre 1944 vermißt wurde, nicht erlebt hat.

Die Antragstellerin führte, ohne ihre Legitimation zu begrunden, aus, daß der Beklagte zur Zeit der Klagseinbringung bereits tot war und daher als Prozeßpartei nicht mehr existierte. Es fehle die Prozeßvoraussetzung des Zweiparteienverhältnisses, daher sei das durchgeführte Verfahren trotz Bestellung des Kurators nichtig.

Der Oberste Gerichtshof wies den Antrag ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es ist davon auszugehen, daß der Beklagte zur Zeit der Kuratorbestellung nicht bloß abwesend und unbekannten Aufenthaltes, sondern als Kriegsvermißter gemäß § 4 des Todeserklärungsgesetzes 1950 verschollen war, wie aus der Begründung der Todeserklärung erhellt.

Der Oberste Gerichtshof kann daher die Frage auf sich beruhen lassen, welche Folge es hat, wenn hervorkommt, daß ein Abwesender, der bekannten oder unbekannten Aufenthaltes, aber nicht verschollen war, zur Zeit der Kuratorbestellung nicht mehr gelebt hat.

Wenn für einen im Kriege vermißten Verschollenen ein Abwesenheitskurator bestellt wird, geschieht dies in der Erkenntnis, daß überhaupt nicht feststeht, ob der Vermißte noch am Leben ist; denn diese Feststellung kann nur in Ansehung eines Abwesenden getroffen werden, dessen Aufenthalt eruierbar ist. Die Bestellung des Abwesenheitskurators kann auch nicht mit der Beschränkung erfolgen, daß sie nur gültig sein solle, wenn der Vermißte noch lebt; denn es handelt sich um einen Verfahrensakt, der nur unbedingt gesetzt werden kann. Wollte man also an dem Erfordernis festhalten, daß der Vermißte noch am Leben sein muß, dann könnte für ihn ein Kurator nach § 276 ABGB. oder nach § 116 ZPO. überhaupt nicht bestellt werden. Daraus folgt, daß erst die Todeserklärung das Erlöschen der Kuratel zur Folge hat, gleichgültig, welchen Zeitpunkt das Gericht gemäß § 9 VerschollenheitsG. als den wahrscheinlichen Zeitpunkt des Todes angenommen hat.

Durch den Tod des Vermißten oder durch die Vermutung eines vor der Todeserklärung liegenden Todestages wird daher weder die Kuratorbestellung automatisch behoben, noch wird hiedurch die Gültigkeit der vom Kurator gesetzten Rechtshandlungen berührt, weil ja, wie oben dargelegt wurde, bei der Bestellung des Kurators gar nicht vorausgesetzt wird, daß der Vermißte noch am Leben sei. Die von der Antragstellerin vertretene Rechtsansicht würde auch zu untragbaren Folgen führen; so wären die vom Kurator allenfalls geschlossenen Mietverträge nichtig und die Erben des Vermißten könnten gegen die Mieter mit der Räumungsklage vorgehen. Aus diesen Erwägungen gelangt der Oberste Gerichtshof zu dem Schlusse, daß der Beklagte im Prozesse vom Kurator gesetzmäßig vertreten gewesen ist, weshalb von einem Fehlen der Parteifähigkeit oder des Zweiparteienverhältnisses keine Rede sein kann. Es war daher der Antrag abzuweisen, ohne daß es einer Prüfung der Frage bedurfte, ob die Legitimation der Antragstellerin gegeben wäre.

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