OGH 1Ob588/51

OGH1Ob588/5112.9.1951

SZ 24/218

Normen

ZPO §84
ZPO §471
ZPO §473
ZPO §84
ZPO §471
ZPO §473

 

Spruch:

Wird die zur Verbesserung zurückgestellte Berufung nicht neben der von einem Rechtsanwalt verfaßten neuen Berufungsschrift vorgelegt, so kann das Gericht die Partei nur dann zur (neuerlichen) Verbesserung durch Anschluß des zurückgestellten Schriftsatzes auffordern, wenn der Mangel innerhalb der ursprünglich bestimmten Verbesserungsfrist behoben werden kann. Andernfalls ist die Berufung als verspätet zurückzuweisen.

Entscheidung vom 12. September 1951, 1 Ob 588/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Landeck; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Mit Urteiles Bezirksgerichtes Landck vom 30. April 1951, C ./51-9, wurde die beklagte Partei zur Zahlung eines Betrages von 840 S s. A. verurteilt; diese Entscheidung wurde der beklagten Partei am 17. Mai 1951 zugestellt.

Mit Note vom 30. Mai 1951 wurde vom Erstgericht der beklagten Partei die von ihr erhobene Berufung gemäß §§ 84 und 85 ZPO. zur Verbesserung zur Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes gegen Wiedervorlage binnen acht Tagen rückgestellt. Dieser Verbesserungsauftrag wurde der beklagten Partei am 8. Juni 1951 zugestellt, so daß die verbesserte Berufung spätestens am 16. Juni 1951 wieder vorzulegen war. Am 16. Juni 1951 hat die beklagte Partei eine zweite Berufungsschrift, die am 18. Juni 1951 beim Erstgericht einlangte, zur Post gegeben, der aber die früher überreichte und rückgestellte Berufungsschrift nicht angeschlossen war.

Das Berufungsgericht hat diese zweite Berufung unter Hinweis auf den Umstand, daß die zur Verbesserung rückgestellte Berufung nicht wieder vorgelegt worden war, als verspätet zurückgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach dem Inhalt der in das Judikatenbuch unter Nr. 217 aufgenommenen oberstgerichtlichen Entscheidung vom 23. März 1915, Slg. 7359, kann ein gemäß §§ 84, 85 ZPO. wegen mangelnder rechtsfreundlicher Fertigung zurückgestellter befristeter Schriftsatz, dessen sachlicher Inhalt nach dem Gesetze bei sonstigem Ausschluß innerhalb der festgesetzten Frist vorzubringen ist, innerhalb der Wiedervorlagefrist nach Behebung des gerügten Formgebrechens auch mit inhaltlichen Änderungen wieder vorgelegt werden oder durch einen neuen inhaltlich verschiedenen Schriftsatz, sofern die vorgenommenen Änderungen bzw. Abweichungen des neuen Schriftsatzes nur eine an sich gesetzlich zulässige Beseitigung weiterer Formgebrechen des ursprünglichen Schriftsatzes oder unbefristetes Vorbringen betreffen, ersetzt werden. Jedoch muß in diesem letzteren Falle der zurückgestellte Schriftsatz beigeschlossen werden, damit das Gericht in die Lage kommt, die Zulässigkeit der vorgenommenen Änderungen und die Einhaltung ihrer gesetzlichen Schranken zu prüfen.

Die beklagte Partei hat den letzteren Weg gewählt und eine zweite Berufungsschrift innerhalb, und zwar am letzten Tage der Wiedervorlagefrist überreicht. Die zurückgestellte Berufung war aber dieser zweiten Berufungsschrift nicht angeschlossen. Damit hat aber die beklagte Partei den ihr erteilten Verbesserungsauftrag nicht erfüllt, und es hat daher mit Recht das Berufungsgericht die zweite Berufungsschrift als verspätet überreicht zurückgewiesen (Rsp. 1927, Nr. 5).

Wenn die Rekurswerberin ausführt, daß es sich bei dem Nichtanschluß der zurückgestellten Berufung nur um ein Formgebrechen handle, zu dessen Behebung das Gericht eine Frist zu erteilen gehabt hätte, so kann dieser Ansicht in der Form, wie der Rekurs es vermeint, nicht beigepflichtet werden.

Hat eine Partei einen befristeten Schriftsatz zur Nachholung der Unterschrift durch einen Rechtsanwalt zurückgestellt erhalten, so ist sie im Sinne der obigen Ausführungen verpflichtet, den zurückgestellten Schriftsatz neben dem verfaßten neuen Schriftsatz vorzulegen. Wird der zurückgestellte Schriftsatz in einem solchen Falle nicht beigeschlossen, so kann das Gericht die Partei nur dann zur Verbesserung durch Anschluß des zurückgestellten Schriftsatzes auffordern, wenn die einmal erteilte Verbesserungsfrist noch nicht abgelaufen ist und innerhalb der noch restlichen Verbesserungsfrist der Mangel behoben werden kann.

Ist aber die einmal erteilte Verbesserungsfrist bereits abgelaufen wie im gegenständlichen Falle, wo die zweite Berufungsschrift erst am letzten Tag der Wiedervorlagefrist zur Post gegeben wurde, so ist es den unteren Instanzen verwehrt, eine neuerliche Verbesserungsfrist zu erteilen, da diese neuerliche Fristerteilung einer Verlängerung der ursprünglichen Verbesserungsfrist gleichkäme, was aber im Sinne des § 85 Abs. 2 ZPO. unstatthaft wäre.

Der von der Rekurswerberin herangezogenen Entscheidung SZ. XIII/227 liegt ein anderer Sachverhalt zugrunde, so daß es sich erübrigt, hiezu weiter Stellung zu nehmen.

Wenn es auch richtig ist, daß die beklagte Partei bei Überreichung des gegenständlichen Rekurses die zurückgestellte Berufung nach Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt angeschlossen hat, so kann der Oberste Gerichtshof auf diesen Umstand keine Rücksicht nehmen und ist es den unteren Instanzen überlassen, hiezu Stellung zu nehmen.

Abgesehen von diesen Erwägungen, die zur Zurückweisung der Berufung führten, wäre auch der zweiten Berufung kein Erfolg beschieden, da die zurückgestellte Berufung weder Berufungsgrunde noch Berufungsanträge (§§ 471, 473 ZPO.) enthalten hat und die diesbezügliche Verbesserung in der zweiten Berufung daher unstatthaft ist.

Aus diesen Erwägungen war daher dem Rekurse der Erfolg zu versagen.

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