OGH 2Ob493/51

OGH2Ob493/5112.9.1951

SZ 24/221

Normen

AußStrG §183
Deutsches bürgerliches Gesetzbuch §1910
Deutsches bürgerliches Gesetzbuch §1911
Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §14
Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §25
JN §28
JN §109
PStG §31
AußStrG §183
Deutsches bürgerliches Gesetzbuch §1910
Deutsches bürgerliches Gesetzbuch §1911
Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §14
Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §25
JN §28
JN §109
PStG §31

 

Spruch:

Der Ausdruck "Vormundschaftsgericht" im § 31 Abs. 1 PersonenstandsG. bezeichnet nicht notwendig ein Gericht, bei dem eine Vormundschaft geführt wird, sondern auch ein Pflegschaftsgericht. Da die Berichtigung der inländischen Standesregister stets Sache eines österreichischen Gerichtes ist, ist nach § 28 JN. vorzugehen, wenn ein Kind, dessen Geburt in einem inländischen Geburtenbuch eingetragen wurde, seinen Wohnsitz in das Ausland verlegt.

Entscheidung vom 12. September 1951, 2 Ob 493/51.

I. Instanz: Waidhofen a. d. Thaya; II. Instanz: Kreisgericht Krems.

Text

Die am 13. Dezember 1942 in NÖ. geborene Eva K. war zuerst als eheliches Kind des Franz und der Theresia S. in das Geburtenbuch des Standesamtes W. eingetragen worden; nachdem Franz S. mit Erfolg die eheliche Geburt des Kindes bestritten hatte, wurde die Eintragung in der Matrik berichtigt. In der Folge wurde die Ehe der Kindesmutter mit Franz S. geschieden und von ihr eine neue Ehe mit Anton K. geschlossen. K., der ebenso wie Franz S. tschechoslowakischer Staatsbürger ist und mit der Kindesmutter sowie dem Kind in der Tschechoslowakei lebt, hat dort die Vaterschaft zu der Minderjährigen anerkannt und bei seiner zuständigen Bezirksbehörde eine Legitimierungserklärung abgegeben, deren Übereinstimmung mit dem Inhalte des Aktes des Vormundschaftsgerichtes von diesem bestätigt worden ist. Nunmehr beantragte das Land Niederösterreich, das Erstgericht wolle gemäß § 31 Abs. 1 PersStG. feststellen, daß die uneheliche Eva K. durch die Heirat ihrer Eltern die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangt habe, und wolle die Beischreibung am Rande des Geburteneintrags im Geburtenbuche anordnen.

Das Erstgericht wies den Antrag mangels Zuständigkeit und mangels der inländischen Gerichtsbarkeit zurück.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß.

Der Oberste Gerichtshof hob die Beschlüsse der Untergerichte auf, bestimmte gemäß § 28 JN. das Erstgericht als das örtlich zuständige Gericht und trug ihm eine neuerliche Entscheidung über den Antrag auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Den Untergerichten ist beizupflichten, daß die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes im allgemeinen und des Bezirksgerichtes Waidhofen a. d. Thaya im besonderen fehlen. Folgt das uneheliche Kind seiner Mutter ins Ausland, so daß beide ihren Wohnsitz im Inland aufgeben, besteht kein allgemeiner inländischer Gerichtsstand des unehelichen Kindes mehr. Dafür, daß sich der allgemeine Gerichtsstand des außerehelichen Kindes nach dem allgemeinen Gerichtsstand seiner Mutter zur Zeit seiner Geburt richtet und daß das uneheliche Kind diesen Gerichtsstand oder den davon abweichenden letzten inländischen Gerichtsstand seiner Mutter behält, auch wenn Mutter und Kind ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, findet sich im Gesetz kein Anhaltspunkt. Da sich im gegenständlichen Fall die Minderjährige, die Ausländerin ist, auch nicht im Inlande befindet, kann die Zuständigkeit eines inländischen Pflegschaftsgerichtes nicht auf § 109 JN. gegrundet werden.

Trotzdem durften die Untergerichte den Antrag nicht wegen Unzuständigkeit zurückweisen. Sie hätten vielmehr, da es sich um eine zur Verwaltung der Gerichtsbarkeit außer Streitsachen gehörige Sache handelt, von Amts wegen die Bestimmung eines Gerichtes, welches als örtlich zuständig zu gelten habe, gemäß § 28 JN. in die Wege leiten müssen, da zwar die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes im Sinne der Jurisdiktionsnorm fehlen, aber, wie gleich zu erörtern sein wird, doch die inländische Gerichtsbarkeit begrundet ist.

Der Ausdruck "Vormundschaftsgericht" in § 31 Abs. 1 PersStG. entstammt, als in einem reichsdeutschen Gesetze befindlich, der reichsdeutschen Gesetzessprache und bezeichnet nicht wie in der österreichischen Gesetzessprache notwendig ein Gericht, bei dem eine Vormundschaft geführt wird, sondern auch ein Pflegschaftsgericht (vgl. z. B. Palandt, BGB. 1944, Anm. 6 b zu § 1910, Anm. 4 zu § 1911). So bestimmt z. B. der ebenfalls einem reichsdeutschen Gesetze zugehörige § 14 Abs. 2 der 4. DVzEheG., daß das Vormundschaftsgericht vorläufige Maßregeln treffen kann, solange eine Vormundschaft oder Pflegschaft noch nicht angeordnet ist. Daß im gegenständlichen Fall ein Vormundschaftsgericht im engeren Sinne nicht besteht, schließt demnach die inländische Gerichtsbarkeit für die Beschlußfassung nach § 31 Abs. 1 PersStG. durchaus nicht aus, vielmehr muß eben ein Pflegschaftsgericht sich dieser Beschlußfassung unterziehen. Denn aus § 31 Abs. 1 PersStG. geht hervor, daß die Eintragung eines Randvermerkes im Sinne dieser Gesetzesstelle in jedem Falle der gerichtlichen Beschlußfassung (Anordnung) vorbehalten sein soll (vgl. Pfundtner - Neubert, Das neue deutsche Reichsrecht, Ausgabe Österreich, II b 8, Anm. 2 zu § 31 PersStG.). Der vom Rekursgericht bezogene § 139 Abs. 1 der Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden spricht durchaus nicht gegen diese Gesetzesauslegung, da er nur das Verfahren beim Einlangen von Anträgen auf Beischreibung von Randvermerken zum Zweck der Ergänzung inländischer Personenstandsurkunden im allgemeinen zum Gegenstand hat. Hingewiesen sei darauf, daß auch die Mitteilung des Bundesministeriums für Justiz JABl. 1946, S. 45 in Z. 4 die Zuständigkeit des zur Besorgung der die legitimierende Person betreffenden außerstreitigen Geschäfte zuständigen Gerichtes zum Verfahren gemäß § 31 Abs. 1 PersStG. auch dann bejaht, wenn die Entscheidung darüber, ob die Legitimation eingetreten ist, von einer ausländischen Behörde getroffen wurde, also auch nicht das Vorhandensein eines inländischen Vormundschaftsgerichtes im engeren Sinne voraussetzt.

Aus dem Fehlen einer Zuständigkeitsregelung in der Jurisdiktionsnorm im gegenständlichen Fall folgt auch nicht, daß die österreichische Gerichtsbarkeit nicht gegeben sei. Daß die Jurisdiktionsnorm eine Zuständigkeitsregelung für die Vormundschaft und Pflegschaft über nicht im Inlande lebende Ausländer vermissen läßt, ist damit zu erklären, daß der durch § 25 der 4. DVzEheG. aufgehobene § 183 AußstrG. für die Vormundschaft über einen Ausländer den inländischen Aufenthalt des Mundels verlangt. Nunmehr gilt aber § 14 der 4. DVzEheG., der den inländischen Aufenthalt des ausländischen Kuranden nicht fordert. Es genügt zur Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit auch ein anderer Anknüpfungspunkt an die inländische Rechtsordnung, das Bestehen eines Fürsorgebedürfnisses nach den inländischen Gesetzen, wenn der Heimatstaat die Fürsorge nicht übernimmt, bzw. nicht übernehmen kann, wie bei einer dem Territorialstatut unterliegenden Matrikenberichtigung. Der Mangel einer Zuständigkeitsregelung in der Jurisdiktionsnorm ist nach § 28 JN. zu überbrücken (vgl. Chlanda, Vormundschaft und Pflegschaft über Ausländer, ÖJZ. 1950, S. 415). Der erwähnte Anknüpfungspunkt an die inländische Rechtsordnung liegt eben darin, daß die Veranlassung der Berichtigung der inländischen Standesregister stets Sache eines österreichischen Gerichtes ist (vgl. JABl. 1946, S. 45, Z. 4 und Hoyer, Die Abgrenzung der inländischen Gerichtsbarkeit in Personenstandssachen, ÖJZ. 1948, S. 3).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte