OGH 2Ob358/51

OGH2Ob358/5129.6.1951

SZ 24/174

Normen

ABGB §918
ABGB §1052
ABGB §918
ABGB §1052

 

Spruch:

Bei Sukzessivlieferungen darf der Verkäufer die Ware einstweilen zurückbehalten, bis der Käufer den rückständigen Preis der früheren Lieferungen bezahlt hat.

Entscheidung vom 29. Juni 1951, 2 Ob 358/51.

I. Instanz: Kreisgericht Leoben; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Die Klägerin kaufte vom Beklagten am 2. April 1947 1000 m3 Schnittholz Fichten und Tannen um den amtlichen Preis gegen Zahlung nach Einsendung der Abmaßliste, Lieferzeit bis Oktober 1947. Ende Oktober 1947 war das bestellte Quantum noch nicht ausgeliefert, weitere Lieferungen erfolgten (laut Kontoauszug) bis Ende März, Zahlungen bis 12. Juni 1948. Ein Saldo besteht seither zugunsten des Beklagten im Betrage von 1474.55 S. Nach dem Oktober 1947 hatte die Klägerin mehrmals weitere Lieferungen betrieben. Mit dem Schreiben vom 23. November 1948 teilt die Klägerin dem Beklagten mit, daß aus dem Kauf vom 2. April 1947 noch über 420 m3 nicht geliefert seien und daß sie sich die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches vorbehalte. Die Klägerin begehrte daraufhin in Ansehung der nicht gelieferten Holzmenge den Ersatz ihres Verdienstentganges von 60 S pro m3 abzüglich des von ihr dem Beklagten geschuldeten Betrages von 1474.55 S.

Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren ab, da die Klägerin niemals vom Vertrage zurückgetreten sei, daher keinen Anspruch auf Ersatz eines durch verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens habe.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil mit der Begründung, daß der Beklagte seine weiteren Lieferungen zurückhalten durfte, da die Klägerin in Zahlungsverzug geraten sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Zahlungsverzug der Klägerin in Ansehung des Betrages von 1474.55 S begann nach Erhalt der Abmaßlisten durch die Klägerin bezüglich der letzten Lieferung des Beklagten vom 31. März 1948. Damals war von einem Rücktritt der Klägerin bezüglich der noch ausstehenden Holzmenge noch keine Rede, und daher auch nicht von einem Schadenersatzanspruch wegen verschuldeter Nichterfüllung, der ja den Rücktritt voraussetzt. In der Folge war aber der Klägerin ein Rücktritt mangels eines Lieferungsverzuges des Beklagten nicht mehr möglich, da der Beklagte nach § 1052 ABGB. fortan weitere Lieferungen während der Dauer des Zahlungsverzuges der Klägerin in Ansehung der früheren Sukzessivlieferungen zurückbehalten durfte. Bei Sukzessivlieferungen darf der Verkäufer die Ware einstweilen zurückbehalten, bis der Käufer den rückständigen Preis der früheren Lieferungen bezahlt hat. Mag der säumige Käufer immerhin die Weiterlieferung betreiben, solange er seine Verpflichtung nicht erfüllt hat, steht ihm kein Schadenersatzanspruch wegen vorläufiger Einstellung der Lieferung durch den Verkäufer zu (ZBl. 1927, Nr. 258). Niemand kann gezwungen werden, Ware auf Borg weiter zu liefern, wenn ihm die auf eine Partie dieser Ware entfallende, bereits fällige Kaufpreisquote nicht bezahlt wird. Der Verkäufer ist berechtigt, jede weitere Lieferung bis zur Begleichung der bereits gelieferten Waren zu verweigern (GlUNF. 6895). Das erwähnte Zurückbehaltungsrecht des Verkäufers setzt durchaus nicht Rücktritt des Verkäufers vom Vertrage voraus. Aus dem Angeführten ergibt sich, daß die Klägerin gegen die Forderung des Beklagten keinesfalls eine Schadenersatzforderung wegen verschuldeter Nichterfüllung aufrechnen konnte.

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