OGH 3Ob251/51

OGH3Ob251/5123.5.1951

SZ 24/145

Normen

ABGB §367
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII
ABGB §367
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII

 

Spruch:

Der Begriff "Verheimlichung" im Art. XLII EGzZPO. erfordert kein deliktisches Verhalten, es genügt vielmehr jedes Verhalten, durch das Vermögensstücke aus der Kontrolle des Eigentümers kommen.

Entscheidung vom 23. Mai 1951, 3 Ob 251/51.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin war Mieterin der Wohnung Nr. 8 im Hause Wien XXI, B.gasse 27. Die Einrichtung dieser Wohnung ist ihr Eigentum. Die gesamte Wohnungseinrichtung wurde mit Ausnahme eines Diwans und eines Gasgeräts im Beisein des Beklagten im Jahre 1945 weggeschafft.

Das Bundesministerium für soziale Verwaltung hat mit einem Verwaltungsakt vom 16. März 1950 den Bescheid der Magistratsabteilung VIII/50 vom 23. Juli 1948, mit welchem ein Antrag auf Freigabe der Möbel der Klägerin abgewiesen wurde, behoben. Das Bundesministerium für soziale Verwaltung ging dabei davon aus, daß die Möbel der Klägerin niemals angefordert wurden und daß für sie auch eine vorläufige Benützungsbewilligung niemals ausgestellt wurde. Mit ihren Ansprüchen auf Rückgabe der Möbel wurde die Klägerin auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Mit einer am 25. Oktober 1949 eingebrachten, auf Artikel XLII EGzZPO. gestützten Manifestationsklage stellte die Klägerin das Begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, anzugeben, wo sich das gesamte, der Klägerin gehörige Inventar ihrer Wohnung derzeit befindet, was ihm von dessen Verschweigung und Verheimlichung bekannt ist, und einen Eid dahin zu leisten, daß seine Angaben richtig und vollständig sind.

Das Erstgericht hat im Sinn des Klagebegehrens erkannt. Es hat festgestellt, daß der Beklagte vor der Verwaltungsbehörde und vor dem Gericht über den Verbleib eines der Klägerin gehörigen Klaviers verschiedene Angaben gemacht hat, und hat weiters festgestellt, daß die vom Beklagten darüber abgegebenen Erklärungen, was er aus der Wohnung der Klägerin übernommen habe, unvollständig seien. Daraus schloß das Erstgericht, daß der Beklagte Vermögensgegenstände der Klägerin verheimliche.

Auf die Berufung der beklagten Partei hat das Berufungsgericht das Ersturteil im Sinn der Abweisung des Klagebegehrens geändert. Es hat diese Entscheidung damit begrundet, daß die Klägerin nur den Verwahrungsort der einzelnen Stücke ihres Vermögens in Erfahrung bringen möchte, daß hiezu aber die Klage auf Leistung eines Offenbarungseides nach Artikel XLII EGzZPO. nicht zu Gebote stände.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin zum Teil Folge, erkannte den Beklagten schuldig, anzugeben, was ihm von der Verschweigung und Verheimlichung des der Klägerin gehörigen Einrichtungsinventars bekannt ist, und einen Eid dahin zu leisten, daß seine Angaben richtig und vollständig sind, und wies das Mehrbegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es ist dem Berufungsgericht zuzugeben und entspricht ständiger Praxis des Obersten Gerichtshofes, daß die Manifestationsklage nach Artikel XLII EGzZPO. nicht angestellt werden kann, nur um den Aufbewahrungsort eines Vermögens zu erforschen. Der Sachverhalt im vorliegenden Fall rechtfertigt es aber nicht, das gesamte Klagebegehren im Hinblick auf diese Judikatur abzuweisen. Die Klägerin hat behauptet, nicht zu wissen, was von ihrer Habe der Beklagte im Besitz habe, weil er verschiedenes vertauscht, verbraucht oder sonstwie weitergegeben habe. Da durch ein derartiges Verhalten des Beklagten nicht nur der Aufbewahrungsort der der Klägerin gehörigen Fahrnisse, sondern auch der Umfang ihres Vermögens durch Eigentumswechsel, beispielsweise in den Fällen des § 367 ABGB., geändert werden konnte, liegt in den Behauptungen der Klägerin eingeschlossen auch die Behauptung, daß sie über den Umfang ihres Vermögens im ungewissen sei.

Ob der Beklagte Vermögen der Klägerin verheimlicht, ist eine Frage, die in erster Linie in das Gebiet der Beweiswürdigung gehört. Das Erstgericht hat nun festgestellt, und diese Feststellung wurde vom Berufungsgericht nicht geändert, daß der Beklagte über den Aufbewahrungsort von Sachen der Klägerin vor der Verwaltungsbehörde und vor dem Gericht verschiedenes angegeben hat und weiter festgestellt, daß seine Angaben unvollständig seien. Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, genügt es für den Begriff des Verheimlichens, daß jemand mit dem Vermögen des anderen etwas tut oder daß er etwas unterläßt, wodurch Vermögensstücke außer Kontrolle kommen, ohne daß gerade deliktisches Verhalten des Beklagten gefordert würde. Der Beklagte hat selbst zugestanden, verschiedenes aus dem Besitz der Klägerin übernommen zu haben, konnte aber für diese Übernahme keinerlei Rechtsgrund angeben, weil ihm nach den Feststellungen des Bundesministeriums für soziale Verwaltung niemals eine auf die Möbel der Klägerin lautende Benützungsbewilligung ausgestellt wurde. Damit ist aber dargetan, daß sich der Beklagte eigenmächtig und daher rechtswidrig den Besitz der Möbel der Klägerin angemaßt hat.

Aus diesen Erwägungen war dem Klagebegehren, soweit es dahin geht, den Beklagten zur Angabe zu verhalten, was ihm von einer Verheimlichung oder Verschweigung des Vermögens der Klägerin bekannt ist, stattzugeben. Dagegen findet das weitere Begehren auf Angabe, wo sich die einzelnen Vermögensstücke der Klägerin befinden, in den Bestimmungen über die Manifestationsklage keine Stütze.

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