OGH 1Ob192/51

OGH1Ob192/5121.3.1951

SZ 24/80

Normen

ZPO §6
ZPO §7
ZPO §84
ZPO §6
ZPO §7
ZPO §84

 

Spruch:

Keine Zurückweisung der Klage, wenn in einer Klage gegen eine nicht eingeantwortete Verlassenschaft nur Zustellung an einen der Miterben beantragt worden ist.

Entscheidung vom 21. März 1951, 1 Ob 192/51.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die beiden Klägerinnen begehren von der beklagten Verlassenschaft 19.826.45 S bzw. 6736.45 S. Das Erstgericht hat die Klage der Erstklägerin mit einem Teilbetrag von 5336.45 S zurückgewiesen. Gleichzeitig hat es mit Beschluß den Antrag der Beklagten, die Klage der Erstklägerin zur Gänze zurückzuweisen, weil die erbserklärte Miterbin Gertrude H. verehelichte R., zu deren Handen die Klage zugestellt worden sei, nicht allein zur Vertretung des Nachlasses berufen sei, abgewiesen.

Das Rekursgericht hat den erstgerichtlichen Beschluß, soweit der Zurückweisungsantrag abgewiesen wurde, aufgehoben und die Sache an die erste Instanz mit dem Auftrag zurückgewiesen, neuerlich darüber nach Verfahrensergänzung zu entscheiden. Es sei zu erheben, ob Gertrude R. von den Miterben zur alleinigen Vertretung des Nachlasses als ermächtigt anzusehen sei, sei es, daß ihr die allgemeine Nachlaßverwaltung eingeräumt wurde, sei es, daß die übrigen Miterben im besonderen der allgemeinen Vertretung des Nachlasses durch Gertrude R. für diesen Prozeß zugestimmt haben, andernfalls sei nach § 6 ZPO. vorzugehen.

Der Oberste Gerichtshof stellte den erstgerichtlichen Beschluß auf Abweisung des Zurückweisungsantrages wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Beklagte sind nicht die Erben, sondern der Nachlaß, da eine Einantwortung bis jetzt nicht erfolgt ist. Das ist mit der Entscheidung SZ. XXII/5 im Einklang. Das Rekursgericht hält sich auch insoweit an die oberstgerichtliche Judikatur, als es von der Auffassung ausgeht, daß, wenn mehrere Erben vorhanden sind, diese zur Vertretung des Nachlasses nur gemeinsam befugt sind, freilich mit der vom Obersten Gerichtshof in der vorzitierten Entscheidung SZ. XXII/5 gemachten Ausnahme, daß, wenn ein oder mehrere Miterben den Klagsanspruch anerkannt haben, Vertretung durch die übrigen Miterben genügt.

Ob das diesmal der Fall ist, kann dahingestellt bleiben, weil jedenfalls, auch wenn nur alle Miterben zusammen den Nachlaß vertreten konnten, dieser Umstand nicht bewirken kann, daß die Klage deshalb zurückzuweisen ist, weil sie nur zu Handen eines der Miterben gerichtet ist.

Es ist nicht Sache der Kläger, für die gesetzliche Vertretung der Beklagten Sorge zu tragen. Der Kläger hat seinen, ihm in § 6 ZPO. auferlegten Verpflichtungen Genüge geleistet, wenn er ein parteifähiges Gebilde geklagt hat. Durch die Einbringung der Klage wird die Gerichtshängigkeit begrundet und die Verjährung auch dann unterbrochen, wenn in der Klage der gesetzliche Vertreter des geklagten Gebildes überhaupt nicht oder falsch bezeichnet worden ist. Die Klage kann nicht deshalb, weil der Kläger eine Person als Vormund des minderjährigen Beklagten angeführt hat, die nicht mehr Vormund ist, nach § 6 ZPO. zurückgewiesen werden, weil die Klagserhebung an sich ordnungsgemäß erfolgt ist. Nur das weiter Verfahren kann gehemmt werden, wenn der Kläger nicht in der Lage oder willens ist, trotz gerichtlicher Aufforderung den richtigen Vertreter zu bezeichnen. Hat das Gericht in Unkenntnis der Tatsache, daß der namhaft gemachte Vertreter, zu dessen Handen die Klage gerichtet war, nicht der richtige Vertreter ist, die Klagszustellung an die in der Klage angeführte Person verfügt, so kann das Verfahren nur von der Klagszustellung an, wenn nicht eine Sanierung nach § 6 ZPO. erfolgt, nach § 7 ZPO. für nichtig erklärt werden. Wenn dagegen die Klage an einen von mehreren Vertretern zugestellt worden ist, so ist die Zustellung an einen von ihnen nicht nichtig, sondern nur wirkungslos; in diesem Fall muß daher die Nichtigerklärung sich auf diejenigen Prozeßhandlungen beschränken, die nach der Zustellung an nur einen der Kollektivvertreter vorgenommen worden sind.

Nimmt das Prozeßgericht bereits bei Überprüfung der Klage vor Anordnung der ersten Tagsatzung wahr, daß die Klage an mehrere Vertreter zuzustellen ist, so hat es im Sinne des § 84 ZPO. die erforderlichen Aufträge zu erteilen und im Falle der Nichtbefolgung den Schriftsatz (Klage) zurückzuweisen. Letzteres darf aber das Prozeßgericht nach der Entscheidung vom 18. Jänner 1950, 1 Ob 67/50, nur so lange, als der Schriftsatz nicht der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugeführt worden ist. Da das Prozeßgericht die Zustellung der Klage angeordnet hat, so wäre das Prozeßgericht in diesem Stadium auch dann, wenn es sich im Zuge des Verfahrens herausstellen sollte, daß die Klage an mehrere Vertreter der Beklagten zuzustellen ist und die Klägerinnen einem solchen Auftrag nicht nachkommen, nicht berechtigt, die Klage zurückzuweisen, wie dies der angefochtene Beschluß im Anschluß an die vereinzelt gebliebene Entscheidung vom 29. Juli 1913, GlUNF. 6536, für zulässig erachtet.

Das Prozeßgericht hat daher mit Recht den Antrag des Beklagten auf Zurückweisung der Klage abgewiesen. Der erstrichterliche Beschluß war deshalb wiederherzustellen, wobei es sich erübrig, derzeit zur Frage Stellung zu nehmen, was zu geschehen haben wird, wenn es sich im Zuge des Verfahrens herausstellen sollte, daß auch die anderen Miterben zu dem Verfahren beizuziehen sind und die Klägerinnen sich weigern sollten, weitere Ausfertigungen zur Zustellung an die anderen Miterben vorzulegen.

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