OGH 2Ob137/51

OGH2Ob137/517.3.1951

SZ 24/65

Normen

AktG §70
AktG §103
AktG §197
AktG §201
AußStrG §9
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §142
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §144
AktG §70
AktG §103
AktG §197
AktG §201
AußStrG §9
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §142
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §144

 

Spruch:

Kein Rechtsmittel des Aktionärs gegen Beschlüsse des Registergerichtes auf amtswegige Löschung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses, auf Grund dessen ihm junge Aktien zugeteilt wurden.

Entscheidung vom 7. März 1951, 2 Ob 137/51.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Mit Beschluß der Hauptversammlung der P. vom 30. Mai 1943 wurden den P. Altaktionären Gratisaktien im Gesamtnennbetrag von 490.000 RM zugeteilt.

Über Anregung wurde mit Beschluß des Registergerichtes vom 18. August 1949 der ins Handelsregister eingetragene Beschluß der Hauptversammlung vom 30. August 1943 betreffend Erhöhung des Grundkapitals von 6.750.000 RM um 490.000 RM auf 7.240.000 RM als nichtig gelöscht, wobei die Ansicht vertreten wurde, daß die Gratiszuteilung der für den Betrag von 490.000 RM ausgegebenen Aktien auf einen beschränkten Kreis von Aktionären unter Ausschluß des gesetzlichen Bezugsrechtes mit dem Wesen einer Aktiengesellschaft unvereinbar ist und gegen zwingende Vorschriften des Gesetzes verstößt. Mit der weiteren Voraussetzung des § 144 Abs. 2 FGG., ob die Beseitigung des Beschlusses im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint, hat sich das Erstgericht nicht befaßt.

Gegen diese Verfügung des Registergerichtes hat Dr. Hans H. als Kurator zur gemeinsamen Vertretung jener physischen Personen (Aktionäre), die Aktien der P. in der Zeit zwischen dem 3. Juni 1933 und 30. August 1943 ununterbrochen innehatten, Rekurs erhoben.

Das Rekursgericht hat die Eigenschaft dieser P.-Aktionäre als "Beteiligte" im Sinne der §§ 144 und 142/2 FGG. bejaht und über den eingebrachten Rekurs sachlich entschieden.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes wird von der Aktiengesellschaft mit dem Antrag angefochten, die rekursgerichtliche Entscheidung aufzuheben und die Beschlüsse des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Registergericht vom 18. August und 9. November 1949 wiederherzustellen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs Folge und wies den Rekurs des Kurators zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Als Anfechtungsgrund wird in erster Linie geltend gemacht, daß die Aktionäre nicht befugt sind, sich an einem Registerverfahren durch Bekämpfung gerichtlicher Entscheidungen unmittelbar zu beteiligen. Die Möglichkeit selbständiger und direkter Rechtsausübung gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber Dritten sei nur in den im Aktiengesetz angeführten Fällen gegeben. Im übrigen könne der Aktionär nur in der Hauptversammlung seine Rechte ausüben. Diesen Ausführungen des Revisionsrekurses muß zugestimmt werden. Die Geschäftsführung der Aktiengesellschaft liegt nach § 70 des Aktiengesetzes beim Vorstand. Die Aktionäre haben auf die Geschäftsführung keinen Einfluß und selbst die Hauptversammlung kann über Fragen der Geschäftsführung nur dann entscheiden, wenn der Vorstand es verlangt (§ 103 Abs. 2 AktienG.). Unter diesem Gesichtspunkt muß auch die Möglichkeit der Anfechtung einer Verfügung des Registergerichtes beurteilt werden. Gegen eine solche Verfügung in Angelegenheiten der Gesellschaft steht dem einzelnen Gesellschafter oder Aktionär grundsätzlich kein Beschwerderecht zu; mögen die Aktionäre auch durch die Verfügung wirtschaftlich getroffen werden, so sind sie doch nicht als Beteiligte im Sinne des FGG. anzusehen.

Die Beschlüsse der Hauptversammlung können von den Aktionären nach § 197 AktienG. angefochten werden; der Aktionär kann ferner Nichtigkeitsklage nach § 201 AktienG. erheben. Zur Antragstellung oder zum Ergreifen von Rechtsmitteln im Namen der Aktiengesellschaft oder im eigenen Namen ist der Aktionär jedoch in Angelegenheiten der Gesellschaft nicht berechtigt. Es genügt, in diesem Zusammenhang auf die Begründung der im Beschluß des Rekursgerichtes angeführten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 31. August 1950, 2 Ob 549/50, zu verweisen. Auch die Lehre vertritt den Standpunkt, daß ein anfechtungsberechtigter Aktionär kein Recht zur Beschwerde gegen die Eintragung oder gegen die Ablehnung der Löschung hat (vgl. Schlegelberger - Quassowski zu § 197, Anm. 8 und Gadow zu § 197, Anm. 21).

Dieselben Grundsätze müssen auch gelten, wenn es sich um die Möglichkeit der Anfechtung einer vom Registergericht verfügten Löschung einer Eintragung handelt. Die Meinung des Rekursgerichtes, daß es sich bei dem im Hauptversammlungsbeschluß vom 30. August 1943 den Alt-Aktionären eingeräumten Anspruch auf Entschädigung durch Zuteilung von Gratisaktien nicht um einen gesellschafts-, sondern um einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Aktiengesellschaft handelt, vermag die Berechtigung der Alt-Aktionäre zur Erhebung von Rechtsmitteln in Angelegenheiten der Gesellschaft nicht zu begrunden. Steht dieses Recht den Aktionären nicht zu, dann steht es umso weniger einer Person zu, die nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Aktiengesellschaft geltend zu machen vermag.

Es muß den durch den Kurator vertretenen Alt-Aktionären überlassen bleiben, den Weg zu suchen, auf dem sie ihre Rechte aus dem Hauptversammlungsbeschluß vom 30. August 1943, der indessen vom öffentlichen Verwalter widerrufen worden sein soll, geltend machen wollen. Zur Anbringung eines Rechtsmittels in einer Registersache der Aktiengesellschaft sind sie jedenfalls nicht legitimiert und daher nicht "Beteiligte" im Sinne des FGG.

Verneint man das Recht der durch den Kurator vertretenen Alt-Aktionäre zur Einbringung eines Rechtsmittels, dann ist es entbehrlich, sich mit den weiteren Ausführungen des Revisionsrekurses zu befassen. Der gegen die Entscheidung des Erstgerichtes erhobene Rekurs der Alt-Aktionäre ist vielmehr unzulässig, weshalb in Abänderung des Beschlusses des Rekursgerichtes der Rekurs gegen die Entscheidungen der ersten Instanz als unzulässig zurückzuweisen war.

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