OGH 2Ob90/50

OGH2Ob90/5029.12.1950

SZ 23/395

Normen

ABGB §354
ABGB §523
ABGB §354
ABGB §523

 

Spruch:

Die mündliche Anmaßung eines Rechtes kann nicht den Anlaß zur Erhebung einer Negatorienklage bilden, wohl aber eine Anmaßung durch Worte im Zusammenhang mit den Störungshandlungen Dritter.

Entscheidung vom 29. Dezember 1950, 2 Ob 90/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Feldbach; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Das Klagebegehren ging gegen vier beklagte Parteien auf Feststellung, daß die Beklagten durch Gehen über den Hof des Klägers sich eine Dienstbarkeit zugunsten des Ackers der erstbeklagten Partei anmaßten und dadurch in das Eigentum des Klägers eingriffen; sie seien schuldig, solche Anmaßungen und Eingriffe zu unterlassen. Das Erstgericht hatte dem Begehren stattgegeben, das Berufungsgericht in Abänderung der Erstentscheidung das Begehren abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof hat der Revision des Klägers Folge gegeben, das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es ist allerdings richtig, daß die Feststellungen des Erstgerichtes hinsichtlich irgendwelcher Störungshandlungen seitens der Erstbeklagten manchen Bedenken begegnen könnten und daß das Erstgericht festgestellt hat, sie habe nicht nur den übrigen Beklagten, sondern auch anderen für sie arbeitenden Personen die Benützung des Hofweges verboten. Dennoch erscheint die Unterlassungsklage ihr gegenüber gerechtfertigt, wenn die übrigen Beklagten tatsächlich die vom Erstgericht festgestellten Störungshandlungen vorgenommen haben. Denn die Erstbeklagte hat ja wohl zunächst zugegeben, kein Recht auf die Benützung des Hofweges zu haben und sie hat sich auf das von ihr erteilte Verbot berufen. Sie hat aber im Laufe des Rechtsstreites ihren Standpunkt geändert und zunächst unter Berufung darauf, daß der Weg seit unvordenklichen Zeiten in allgemeiner Benützung steht, später aber unter Berufung auf die mehr als 30jährige Ausübung und Ersitzung eines eigenen Rechtes durch sie und ihre Besitzvorgänger doch wieder auf ein Recht berufen, den Hofweg zu benützen. Sie maßt sich also zumindestens im Rechtsstreite eine Dienstbarkeit an. Es ist nun wohl richtig, daß in der Regel die bloße mündliche Anmaßung eines Rechtes nicht den Anlaß zur Erhebung einer Negatorienklage bilden kann (GlUNF. 5395; Klang,

2. Aufl., II, S. 602; Ehrenzweig, I/2, S. 332). Wenn diese Anmaßung durch Worte aber im Zusammenhang mit Störungshandlungen Dritter geschieht, die dem angemaßten Rechte entsprechen, und wenn eben diese von anderen begangenen Störungshandlungen nun dem Kläger gegenüber unter Berufung auf das angemaßte Recht gerechtfertigt werden sollen, dann muß schon dieses Verhalten im Rechtsstreite die Klage nicht nur gegen den Zweit-, Dritt- und Viertbeklagten, welche die Störungshandlungen gesetzt haben sollen, sondern auch gegen die Erstbeklagte gerechtfertigt erscheinen lassen, wenn die Erstbeklagte kein Recht besitzt.

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