Normen
ABGB §1090
ABGB §1120
AußStrG §16
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §5
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §14
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §18
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §23
ABGB §1090
ABGB §1120
AußStrG §16
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §5
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §14
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §18
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §23
Spruch:
Zulässigkeit der Rechtsmittel nach dem Außerstreitgesetz, wenn in einer Ehewohnungsregelungssache der bisherige Untermieter eines Ehegatten zur Räumung verpflichtet worden ist.
Wird der Teil der Wohnung, der bisher von dem einen Eheteil an einen Untermieter vermietet war, dem anderen Eheteil im Ehewohnungsregelungsverfahren zugewiesen, so tritt der andere Eheteil in den Bestandvertrag als Afterbestandgeber ein.
Entscheidung vom 13. Oktober 1950, 1 Ob 475/50.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Gericht hat mit Beschluß vom 24. November 1948 die Teilung der vormals ehelichen Wohnung der nunmehr geschiedenen Ehegatten Karl und Vlastimila J. in Wien VIII., K-Gasse 16, Tür Nr. 9, in der Weise angeordnet, daß die beiden gassenseitigen Zimmer, das anschließende Kabinett, die Küche, das Badezimmer und das halbe Vorzimmer der Vlastimila J. und der aus zwei Zimmern und der anderen Hälfte des Vorzimmers bestehende restliche Teil der Wohnung dem Karl J. zugesprochen wurden. Gleichzeitig wurde verfügt, daß der dem Karl J. zugesprochene Wohnungsteil (nunmehr Tür Nr. 9 a) durch eine im Vorzimmer zu errichtende Trennungswand von dem der Vlastimila J. zugewiesenen Wohnungsteil auch räumlich getrennt wird und eine eigene Einganstür erhält. Schließlich wurde ausgesprochen, daß dem Karl J. bezüglich des ihm zugesprochenen Wohnungsteiles die Rechtsstellung eines Hauptmieters zukomme.
Der erwähnte Beschluß des Erstgerichtes ist in Rechtskraft erwachsen. Da in diesem Beschlusse aber keine Räumungsfrist bestimmt wurde, verpflichtete das Erstgericht mit dem ergänzenden Beschlusse vom 7. März 1950 einerseits die Vlastimila J., den dem Karl J. zugesprochenen Wohnungsteil Tür Nr. 9 a letzterem binnen vier Wochen, anderseits den Karl J., der Vlastimila J. das Kabinett des ihr zugesprochenen Wohnungsteiles Tür Nr. 9 Zug um Zug mit der Räumung des ihm zugesprochenen Wohnungsteiles durch seine geschiedene Gattin und die übrigen ihr zugesprochenen Räume 14 Tage nach Rechtskraft dieses Beschlusses geräumt zu übergeben. Vor der Wohnungsteilung war Vlastimila J. Hauptmieterin der gesamten ehelichen Wohnung; die zwei Zimmer, die dem Karl J. mit dem eingangs erwähnten Beschluß des Erstgerichtes zugesprochen wurden, werden von dem Ehepaar Theophan und Clementine H. in Untermiete bewohnt. Das Erstgericht stellte sich nun auf den Standpunkt, daß die Eheleute H. als Untermieter der Vlastimila J. dem Karl J. zu weichen hätten, da ihre Untermietrechte an den dem Karl J. zugesprochenen Räumen, die nunmehr die neue Wohnung Tür Nr. 9 a bilden, mit dem Erlöschen der Hauptmietrechte der Vlastimila J. an diesen Räumen gleichfalls ihr Ende gefunden hätten. Anderseits könne das Gericht zufolge der Bestimmung der 6. Durchführungsverordnung zum Ehegesetze im Zuge der Regelung der Rechtsverhältnisse an der ehelichen Wohnung geschiedener Ehegatten gegen den Willen eines Ehegatten als Hauptmieter Untermietrechte zugunsten anderer Personen als des anderen Gattenteiles nicht begrunden.
Dem gegen diesen Beschluß gerichteten Rekurs der beiden Untermieter Theophan und Clementine H. gab das Rekursgericht keine Folge.
Daraufhin haben die Ehegatten Theophan und Clementine H. den auf § 16 AußstrG. gestützten außerordentlichen Revisionsrekurs eingebracht.
Der Oberste Gerichtshof verwarf den Revisionsrekurs der Eheleute H., soweit er sich gegen die Aufteilung der Wohnung zwischen den geschiedenen Eheleuten J. richtet, im übrigen gab er ihm Folge und hob die Beschlüsse der Untergerichte auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Soweit der Revisionsrekurs die gemäß der 6. Durchführungsverordnung zum Ehegesetz getroffene Aufteilung der Wohnung zwischen den Ehegatten J. bekämpft, ist er unzulässig, weil Anordnungen nach der
6. DVzEheG. nicht mit Revisionsrekurs bekämpft werden können (SZ. XXI/31).
Insoweit aber der Revisionsrekurs die vom Rekursgericht bestätigte Verweisung der Entscheidung über die Anträge gegen Theophan und Clementine H. auf die zwischen den Ehegatten J. getroffene Regelung der Ehewohnung verweist, ist er zulässig und begrundet.
Die Klage des Karl J. gegen das Ehepaar H. auf Räumung wurde von der ersten Instanz meritorisch erledigt. Die zweite Instanz hat diese Entscheidung aufgehoben und dem Erstrichter aufgetragen, die Rechtssache an den Außerstreitrichter abzugeben, der im Sinne des § 23 der 6. DVzEheG. auf die bisherigen Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen haben werde. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft. Das Außerstreitgericht war daher daran gebunden, über den von Karl J. geltend gemachten Anspruch auf Räumung im Außerstreitverfahren zu entscheiden. Dagegen konnte dieser Beschluß nicht bewirken, daß die auf den Rechtsweg gehörige Räumungssache in dem in der 6. DVzEheG. vorgeschriebenen Verfahren zu verhandeln und zu entscheiden sei. Das kann auch nicht aus § 18 der 6. DVzEheG. erschlossen werden, weil diese Gesetzesstelle nur die Abgabe einer Sache im Auge hat, in der ein Beteiligter Ansprüche hinsichtlich der Ehewohnung in einem Rechtsstreit geltend macht, nicht aber den umgekehrten Fall, daß die Eheleute gegen ihn Anspruch geltend machen. Eine Abgabe der Sache an das Außerstreitgericht fällt daher gar nicht unter § 18, sondern muß als eine gemeinrechtliche Unzuständigkeitserklärung und Verweisung ins Außerstreitverfahren gewertet werden. Die dem Beschlusse angeschlossene Begründung, daß es sich um eine Abgabe nach § 18 handle, ist unbeachtlich; das ergibt schon die Erwägung, daß es jeder rationellen Gesetzesauslegung widersprechen würde, es dem Prozeßgericht in die Hand zu geben, Ansprüche gegen Dritte, die mit dem Ehewohnungsregelungsverfahren auch schon gar nichts zu tun haben, mit Bindung rücksichtlich des einzuhaltenden Verfahrens an den Außerstreitrichter abzugeben. Es mag hingenommen werden, daß das Außerstreitgericht statt das Prozeßgericht entscheidet; es geht aber nicht an, eine Verfahrensbindung auch dort anzuordnen, wo eine Abgabe an das Ehewohnungsregelungsgericht schon deshalb nicht erfolgen konnte und durfte, weil nicht der Beteiligte Ansprüche im Prozeß geltend gemacht hat, sondern gegen ihn Ansprüche erhoben worden sind.
Der Oberste Gerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, daß die "Abgabe" an den Außerstreitrichter nicht die Wirkung hatte, daß die Räumungssache im Ehewohnungsregelungsverfahren durchzuführen war, sondern im allgemeinen Außerstreitverfahren. Die im P. 3 des erstrichterlichen Beschlusses ergangene Entscheidung ist demnach nicht nach den Rechtsmittelvorschriften der 6. DVzEheG. anfechtbar, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen des Außerstreitverfahrens, da sie nicht im Ehewohnungsregelungsverfahren ergangen ist.
Es ist infolgedessen der Revisionskurs nicht schlechthin ausgeschlossen, sondern im Rahmen des § 16 AußstrG. zulässig.
Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nicht nur dann vor, wenn eine im Gesetz ausdrücklich entschiedene Frage falsch gelöst wurde, sondern auch dann, wenn sich eine Entscheidung mit den Grundprinzipien des Rechtes in Widerspruch setzt. Das hat aber die vorliegende Entscheidung getan. Es gehört zu den unbestrittenen und unbestreitbaren Grundlagen unserer Rechtsordnung, daß jede Rechtsnachfolge die auf dem übernommenen Recht lastenden Rechte mit übernehmen muß. Werden Bestandrechte vererbt, vermacht oder zediert, so rückt der Rechtsnehmer auch in die Rechtsstellung des Bestandnehmers als Afterbestandgeber ein. Die Wohnungsregelung nach der 6. DVzEheG. kann rechtlich nicht anders gewertet werden, als daß durch die gerichtliche Entscheidung die bisher dem einen Ehegatten zustehenden Bestandrechte samt allen Lasten auf den anderen übertragen werden. Der Ehegatte, dem die bisherige Ehewohnung zugewiesen wird, tritt deshalb auch in die Unterbestandverträge ein. Der Wechsel der Bestandnahme gibt daher keinen Rechtstitel auf Räumung gegen den bisherigen Untermieter, weil dessen Rechte nicht erloschen sind. Der Unterbestandnehmer muß sich einen anderen Unterbestandgeber gefallen lassen, ebenso wie der Hauptbestandgeber einen anderen Bestandnehmer, im übrigen bleiben seine Rechte unberührt. Er kann infolgedessen sich als Beteiligter im Ehewohnungsregelungsverfahren gegen die getroffene Regelung wehren, weil dadurch sein Vertragspartner geändert wird. Er hat aber in diesem Verfahren keine darüber hinausgehenden Rechte, weil seine Rechtsstellung im übrigen durch den Wechsel seines Vertragsgegners nicht tangiert wird.
Die Auffassung der Unterinstanzen, daß das Unterbestandrecht des Ehepaares H. erloschen sei, ist daher rechtsirrig. Die Untergerichte wären deshalb verpflichtet gewesen, über den Anspruch des Karl J. auf Räumung zu entscheiden. Sie durften sich aber nicht darauf beschränken, auf die getroffene Ehewohnungsregelung zu verweisen, weil dadurch bereits das Bestandverhältnis erloschen sei.
Da über den Räumungsanspruch nicht weiter verhandelt worden ist, mußte daher in diesem Punkte die Entscheidung, und zwar auch die der ersten Instanz, aufgehoben und die Sache neuerlich an das Erstgericht zurückverwiesen werden.
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