OGH 2Ob429/50

OGH2Ob429/503.10.1950

SZ 23/274

Normen

Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897. DRGBl. S. 219 §377
Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897. DRGBl. S. 219 §378
Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897. DRGBl. S. 219 §377
Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897. DRGBl. S. 219 §378

 

Spruch:

Die Verpflichtung zur Beanstandung der Qualität der Ware besteht bei beiderseitigen Handelsgeschäften auch, wenn dem Käufer die Rechnung noch nicht zugekommen ist.

Entscheidung vom 3. Oktober 1950, 2 Ob 429/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Klagenfurt; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Das Erstgericht hat das auf Bezahlung eines Betrages von 2125.80 S für gelieferte 38.60 m Popelin-Stoff gerichtete Klagebegehren abgewiesen. Es sei zwischen den Parteien ein Kaufvertrag nicht zustande gekommen, weil Ware und Preis nicht bestimmt gewesen seien. "Bestickter Popelin" konnte aus verschiedenem Material hergestellt sein, so daß in dieser Bezeichnung eine eindeutige Bezeichnung der Warenart nicht liege. Ein bestimmter Preis sei nicht bedungen worden; der stille Hinweis auf den behördlich zulässigen Preis genüge nicht. Zur Rüge der vereinbarungswidrig gelieferten Ware sei die Empfängerin erst nach dem Einlangen der Faktura imstande gewesen, weil sie erst in diesem Zeitpunkt die Höhe des fakturierten Preises erfahren habe.

Infolge Berufung der Klägerin änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil im Sinne der Klage ab. In der Auftragsbestätigung der klagenden Partei vom 15. Jänner 1948 sei deren Offert an die Beklagte zur Lieferung von 38.60 m Popelin, besticktes Dessin, gegen Einsendung des Punkteschecks durch die Beklagte zu erblicken. Die Beklagte habe das Offert durch die Übersendung des Punkteschecks angenommen und den bei der Klägerin kundenüblichen Preis, somit einen bestimmbaren Preis, ausgemacht. Die Ware sei durch die Bezeichnung in der Auftragsbestätigung genügend bestimmt worden und die Beklagte habe sie durch die unbeanstandete Annahme genehmigt. Sie müsse den entfallenden Preis in der eingeklagten Höhe bezahlen.

Der Oberste Gerichtshof hat der Revision der beklagten Partei nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es ist der Revisionswerberin zuzugeben, daß nach dem Gutachten des Sachverständigen bestickter Popelin aus Baumwolle, Zellwolle, Kunstseide oder Wolle hergestellt sein kann, so daß die Bezeichnung "Popelin bestickt" die Warenart nicht eindeutig festlegt. Allein dieser Umstand ist rechtlich deshalb nicht von Bedeutung, weil die Beklagte die Ware nach ihrem Einlangen durch mehr als einen Monat nicht bemängelt hat, wozu sie auch ohne Rechnung nach § 377 Abs. 1 (§ 378) HGB. verpflichtet war. Zur Beanstandung bedurfte sie der Rechnung deshalb nicht, weil sie jedenfalls beurteilen konnte, ob die Sendung in der Art und Qualität ihren Intentionen entsprach. Die Höhe des bei der Klägerin damals kundenüblichen Preises zu wissen, war für die Beanstandung der Qualität der Ware nicht notwendig. Gemäß § 377 Abs. 2 HGB. gilt die Ware als genehmigt und damit ist die Willensübereinstimmung hergestellt.

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