OGH 2Ob582/50

OGH2Ob582/5013.9.1950

SZ 23/250

Normen

ABGB §916
ABGB §1078
ABGB §916
ABGB §1078

 

Spruch:

Der Vorkaufsberechtigte kann eine durch Tausch bewirkte Eigentumsübertragung nicht bekämpfen.

Entscheidung vom 13. September 1950, 2 Ob 582/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Schärding; II. Instanz: Kreisgericht Ried im Innkreis.

Text

Auf der im Eigentum der Theresia H. gestandenen Liegenschaft EZ. X (Sägemühle) ist das Vorkaufsrecht zugunsten des Leopold L. einverleibt. Mit dem Tauschvertrage vom 3. Mai 1949 übertrug Theresie H. das Eigentum an ihrer Liegenschaft den Brautleuten Josef G. und Marie M., während diese ihr eine andere, am gleichen Tage um 85.000 S gekaufte Liegenschaft (Haus- und Gastwirtschaft) überließen, sich außerdem zu einer "Tauschdraufgabe" von 55.000 S verpflichteten und der Theresia H. auch Ausnahmsrechte einräumten. Therese H. beantragte unter Vorlage der beiden Verträge vom 3. Mai 1949 auf der Liegenschaft EZ. X die Einverleibung des gleichteiligen Eigentumsrechtes für Josef G. und Marie M., der ihr eingeräumten Ausnahmsrechte sowie des Pfandrechtes für ihre Forderung auf den Tauschdraufgabebetrag in der restlichen Höhe von 30.000 S. Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, daß in Wirklichkeit kein Tausch-, sondern ein Kaufvertrag vorliege und daß der Eigentumsübertragung das Vorkaufsrecht des Leopold L. entgegenstehe.

Das Rekursgericht bewilligte sämtliche begehrten Eintragungen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Leopold L. keine Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst fehlt dem Einschreiter das Rekursinteresse. Denn nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (Klang, II/2, S. 1030, GlU. 7645, ZBl. 1930, Nr. 85; a. M. Ehrenzweig, II/1, S. 420) wird das verbücherte Vorkaufsrecht durch andere Veräußerungsarten als den Kauf nicht vereitelt, sondern besteht fort. Eine solche Veräußerung, wie z. B. Schenkung oder Tausch, bildet keinen Fall der Ausübung des Vorkaufsrechtes und der Berechtigte kann erst dann die Sache dem Erwerber abfordern, wem dieser sie weiterzuverkaufen beabsichtigt (vgl. insbesondere die Begründung der E. v. 6. November 1929, ZBl. 1930, Nr. 85).

Da das Vorkaufsrecht des Rechtsmittelwerbers durch den Tausch unberührt bleibt und lediglich bei einer durch Tausch vorgenommenen Veräußerung gemäß § 1078 ABGB. keine Anwendung findet, fehlt ihm ein Interesse an der Bekämpfung der angefochtenen Entscheidung.

Diese ist aber auch sachlich richtig.

Der Grundbuchsrichter hat lediglich auf Grund der Aktenlage, des Grundbuchsstandes und der vorgelegten Urkunden seine Entscheidung zu treffen. Es ist ihm verwehrt, den Parteiwillen zu erforschen oder sich auf eine meritorische Prüfung einzulassen.

Diese Urkunden ergeben aber eindeutig, daß die Liegenschaft EZ. X., wie sie in Punkt I des Tauschvertrages dargestellt wird, gegen eine Gegenleistung, bestehend aus der Hingabe der Liegenschaft EZ. Y, die zufolge Kaufvertrages d. d. 3. Mai 1949 von den Brautleuten Josef G. und Marie M. um 85.000 S gekauft worden war, und weiters eine Tauschdraufgabe von 55.000 S, zuzüglich der Gewährung eines Ausgedinges und der Einräumung der Dienstbarkeit des Wohnungsrechtes an Therese H. in einem Jahreswert von 1200 S laut Punkt VIII des Tauschvertrages d. d. 3. Mai 1949 vertauscht worden ist. Vergebens unternimmt der Revisionsrekurs den Versuch darzutun, es handle sich um einen Scheinvertrag, geschlossen zum Zweck der Vereitlung des Vorkaufsrechtes des Leopold L. Abgesehen davon, daß nach den früheren Darlegungen dieses Vorkaufsrecht nicht vereitelt, sondern höchstens seine Ausübung verzögert wird, ergeben sich Umstände, welche ein Scheingeschäft wahrscheinlich machen würden, nicht zwingend aus den vorgelegten Urkunden. Weder der Umstand, daß beide Verträge am selben Tag errichtet wurden, daß die Erwerber Josef G. und Marie M. das gekaufte Haus sogleich mittels des Tauschvertrages weiterveräußerten, noch das Verhältnis des Hauswertes per 85.000 S zu dem Geldbetrag von 55.000 S, zu dem der Rekurswerber auch noch den Wert des der H. eingeräumten Wohnung- und Ausgedingsrechtes kapitalisiert mit 12.000 S in Anschlag bringt, noch der Inhalt des Vertrages selbst berechtigen zur Annahme eines Scheingeschäftes. Die Erwägungen, welche der Rekurs hinsichtlich der mutmaßlichen Absicht der H. anstellt, das von ihr im Tauschwege erworbene Haus und Gastwirtschaft zu verpachten, nicht aber selbst zu betreiben und für sich zu verwenden, sind im Rahmen des Grundbuchsverfahrens unbeachtlich, überdies auch nicht zwingend.

Die Anfechtung läuft darauf hinaus, daß trotz Vorliegens einer formell richtigen und einverleibungsfähigen Grundbuchsurkunde Willensmängel bestehen, weil die Parteien nicht das in der Urkunde enthaltene, sondern ein anderes, dissimuliertes Rechtsgeschäft (§ 916 ABGB.) gewollt haben. Solche Willensmängel vermag aber der Grundbuchsrichter nicht zu überprüfen. Zu ihrer Geltendmachung ist nicht das Rekursverfahren, sondern die Löschungsklage der zuständige Rechtsbehelf (Bartsch, 4. Aufl., S. 140).

Stichworte