OGH 1Ob211/50 (1Ob210/50)

OGH1Ob211/50 (1Ob210/50)12.7.1950

SZ 23/223

Normen

EO §39 Abs1 Z5
EO §382 Z6
EO §390
EO §393
EO §402
ZPO §40
EO §39 Abs1 Z5
EO §382 Z6
EO §390
EO §393
EO §402
ZPO §40

 

Spruch:

Bewilligt das Gericht erster Instanz eine einstweilige Verfügung nach § 382 Z. 6 EO., macht jedoch das Rekursgericht die Bewilligung vom Erlage einer Sicherheitsleistung abhängig, so besteht kein Anstand, daß das Verbot bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Grundbuche verbleibt.

Entscheidung vom 12. Juli 1950, 1 Ob 210, 211/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Bruck an der Mur; II. Instanz:

Kreisgericht Leoben.

Text

Das Erstgericht erließ antragsgemäß das Verbot der Veräußerung und Belastung einer Liegenschaft durch einstweilige Verfügung. Es bewilligte und verfügte die "Einverleibung" des Verbotes.

Die Gegnerin der gefährdeten Partei erhob gegen die Bewilligung zulässigerweise Widerspruch.

Das Erstgericht hob in Stattgebung des Widerspruches die einstweilige Verfügung auf und sprach aus, daß "nach Rechtskraft dieses Aufhebungsbeschlusses das Grundbuchsgericht die Löschung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes durchzuführen habe". Das Erstgericht fand den Anspruch der Antragstellerin nicht bescheinigt, wohl aber die Gefährdung.

Das Rekursgericht gab dem Rekurse der gefährdeten Partei Folge und erkannte "auf Wiederherstellung der erstgerichtlichen einstweiligen Verfügung, mit der Abweichung daß die einstweilige Verfügung mit Wirksamkeit bis zu jenem Zeitpunkte erlassen werde, in welchem es der antragstellenden Partei möglich sein wird, mittels Zwangsvollstreckung ihre Ansprüche geltend zu machen, längstens aber für die Zeit bis 31. März 1951". Außerdem wurde die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung vom Erlage einer Sicherheitsleistung seitens der gefährdeten Partei in der Höhe von 10.000 S abhängig gemacht; schließlich wurde verfügt, daß nach Erlag der Sicherheitsleistung, die ohne Erteilung einer Frist erfolgte, das Veräußerungs- und Belastungsverbot im Grundbuche "anzumerken" sei.

Das Rekursgericht billigte den Standpunkt des Erstgerichtes, daß die Gefährdung bescheinigt sei, es fand aber im Gegensatz zum Erstgerichte auch den Anspruch auf Grund der von beiden Teilen vorgelegten Korrespondenz für gegeben; es erachtete - lediglich im Hinblick auf den Wohnsitz der gefährdeten Partei im Auslande - die Auferlegung einer Sicherheitsleistung für notwendig.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die einzige Rechtsfrage von einiger Bedeutung ist die, ob die Anmerkung des Verbotes nach § 382 Z. 6 EO., die zufolge des die einstweilige Verfügung bewilligenden Beschlusses des Erstgerichtes verfügt wurde, sofort mit Erlassung der Rekursentscheidung über den Widerspruch zu löschen war und ob das Verbot erst wieder mit dem Erlage der Sicherheitsleistung ins Grundbuch gelangen sollte. Diesbezüglich gibt aber weder § 390 Abs. 3 EO. noch das Schrifttum Aufschluß; lediglich Neumann - Lichtblau erwähnt in seiner 3. Aufl., S. 1242 f., die von Hermann (8. Aufl.) zu § 390 wiedergegebene Anregung, daß dann, wenn die zweite Instanz die vom Erstrichter bewilligte Verfügung ablehnt, "es sich in der Regel empfehlen werde, mit der Aufhebung bis zur Rechtskraft zuzuwarten". Nur die Entscheidung SZ. VIII/286 behandelt einen ähnlichen Fall, jedoch im Rahmen einer Fahrnisexekution. Hier verfügte das die einstweilige Verfügung bewilligende Gericht die Verwahrung und Verwaltung der der Antragsgegnerin gehörigen beweglichen Sachen. Die Verwahrung wurde durchgeführt. Infolge Rekurses der Antragsgegnerin entschied das Rekursgericht, die bewilligte einstweilige Verfügung habe erst dann in Wirksamkeit zu treten, wenn die gefährdete Partei eine Sicherheit von ... erlegt habe und die Gegnerin davon benachrichtigt worden sei. Gegen diesen Beschluß brachte die Antragstellerin den Revisionsrekurs ein; nach dessen Einlangen stellte die Antragsgegnerin den Antrag, das Protokoll über den Vollzug der einstweiligen Verfügung im Sinne der Rekursentscheidung zu vernichten. Das Erstgericht wies den Antrag unter Hinweis auf den eingebrachten Revisionsrekurs ab; das Rekursgericht gab dem Rekurse der Antragsgegnerin Folge, setzte die eingeleitete einstweilige Verfügung außer Kraft und trug der ersten Instanz die Aufhebung der Verwahrung und Verwaltung der Mobilien auf, welchem Auftrage das Gericht erster Instanz auch entsprach. Dem dagegen von der gefährdeten Partei eingebrachten Revisionsrekurs gab der Oberste Gerichtshof Folge und stellte den erstinstanzlichen Beschluß wieder her, dies in der Erwägung, "daß es sich um eine bereits eingeleitete Verfügung handelt, weshalb die erste Instanz berechtigt war, mit ihrer Aufhebung zuzuwarten, bis der die Sicherheitsleistung auftragende Beschluß der zweiten Instanz, der zu dieser Zeit bereits angefochten war, in Rechtskraft erwachse. Ein solches Vorgehen war zweckmäßig, um eine allfällige Wiederholung der Verwahrung und damit vielleicht unnütze Kosten zu vermeiden. Gegen die rekursgerichtliche Auffassung in der genannten Sache spreche nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes der § 402 EO., der auch für das Sicherungsverfahren die Bestimmung des § 39 Abs. 1 Z. 5 EO. kenne, wonach die Exekution mit gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogener Exekutionsakte einzustellen sei, wenn die Exekution durch rechtskräftige Entscheidung für unzulässig erklärt werde".

Der in dieser Entscheidung ausgesprochene Grundsatz, daß die die Aufhebung bereits vollzogener Sicherungsakte anordnende Entscheidung erst nach Rechtskraft durchzuführen sei, gilt auch für den vorliegenden Fall. Die Gegnerin der gefährdeten Partei vermag sich dagegen nicht zu beschweren, daß (möglicherweise) die gefährdete Partei zufolge des bereits im Grundbuche befindlichen Veräußerungs- und Belastungsverbotes die Sicherheitsleistung nicht erbringen werde. Denn mit der vorliegenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ist über den Antrag auf Erlassung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes rechtskräftig entschieden und es ist vom Erstgericht, wie dies - wenn auch aus anderen Gründen - vorgesehen war, die Löschung des Verbotes zu verfügen, wenn bis dahin der Erlag nicht erfolgt ist.

Zur Auszeichnung des Verbotes im Grundbuche hat es erst wieder auf Grund des Erlages zu kommen, wobei es Sache des Erstgerichtes sein werde, den Wirksamkeitsbeginn der einstweiligen Verfügung mit dem Erlagstage festzuhalten. Die Gegnerin der gefährdeten Partei will schließlich dem Hinausziehen des Erlages (durch die gefährdete Partei) mit der Erteilung einer angemessenen Frist begegnen, wobei sie aber übersieht, daß die Erteilung der Frist Ermessenssache ist; im vorliegenden Fall war schon deshalb diese Frist mit dem 31. März 1951 zu begrenzen, weil es der gefährdeten Partei möglich gemacht werden muß, auch von ihrem Wohnsitze im Ausland aus den Erlag der Sicherheitsleistung durchzuführen. Es war deshalb dem Rekurse der gefährdeten Partei wie auch dem ihrer Gegnerin nicht Folge zu geben.

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