Normen
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §37
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §38
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §40
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §41
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §123
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §37
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §38
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §40
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §41
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §123
Spruch:
Die Frist des § 41 Abs. 4 GesmbHG. beginnt nicht bereits mit der notariellen Beurkundung des Widerspruches, sondern erst mit der Eintragung in das Protokollbuch. Dieses ist nicht mit den Versammlungsprotokollen der §§ 41 Abs. 2 und 123 GesmbHG. wesensgleich.
Entscheidung vom 24. Mai 1950, 3 Ob 161/50.
I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
Der Kläger, der Geschäftsführer und Gesellschafter der beklagten Ges. m. b. H., der außer ihm noch Dr. Paul G. als Gesellschafter angehört, begehrt gemäß § 41 GesmbHG. die Nichtigerklärung der bei der Generalversammlung der beklagten Partei am 4. Februar 1949 gefaßten Beschlüsse mit der Begründung, der Gesellschafter Dr. Paul G. habe mit Schreiben vom 18. Jänner 1949 den Antrag auf Einberufung einer Generalversammlung gestellt und gleichzeitig ohne Einhaltung der Bestimmungen des § 37 Abs. 2 GesmbHG. bereits die Generalversammlung für den 4. Februar 1949 einberufen, ohne den Sachverhalt bei der Einberufung mitzuteilen. Zu Beginn der Generalversammlung habe der Kläger erklärt, daß die Generalversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen worden sei, weshalb er an dieser nicht teilnehme und sich entferne. Dessenungeachtet habe Dr. Paul G. die Generalversammlung abgehalten und bei dieser eine Reihe von Beschlüssen gefaßt, die unter anderem gegen die Bestimmung des § 38 Abs. 4 GesmbHG. verstoßen.
Das Prozeßgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß der Kläger zur Generalversammlung erschienen war, vor deren Eröffnung erklärte, daß die Generalversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen wurde und er sich deshalb entferne, daß die Versammlung daraufhin unterbrochen und ein notarielles Protokoll über diesen Vorgang aufgenommen wurde, daß der Kläger aber keinen Widerspruch gegen die Durchführung der Generalversammlung zu Protokoll gegeben habe. Da nur solche Gesellschafter, die in der Versammlung erschienen seien und gegen den Beschluß Widerspruch zu Protokoll gegeben haben, zur Erhebung einer Klage nach § 41 GesmbHG. berechtigt seien, fehle dem Kläger die Klagslegitimation.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und erklärte sämtliche bei der Generalversammlung vom 4. Februar 1949 gefaßten Beschlüsse mit Ausnahme der lediglich die Absetzung der Punkte 1, 3, 4 a und 7 von der Tagesordnung enthaltenden für nichtig. Hinsichtlich der Klagslegitimation vertrat das Berufungsgericht die Rechtsmeinung, daß der Kläger nach Eröffnung der Generalversammlung die Nichteinhaltung der 14tägigen Frist nach § 37 GesmbHG. gerügt und damit Widerspruch gegen alle bei dieser nicht ordnungsgemäß einberufenen Generalversammlung zu fassenden Beschlüsse erhoben habe, weshalb schon aus diesem Gründe das Klagsrecht des Klägers gegeben sei. Der Gesellschafter Dr. Paul G. habe entgegen der Bestimmung des § 37 GesmbHG. gleichzeitig mit der an den Kläger gerichteten Aufforderung, eine Generalversammlung einzuberufen, diese selbst für den 4. Februar 1949 einberufen, somit die von der Aufforderung an zu berechnende Frist von 14 Tagen im Sinne des § 37 Abs. 2 GesmbHG. nicht eingehalten. Hinsichtlich der vorangegangenen Aufforderungen des Dr. Paul G., eine Generalversammlung einzuberufen, war das Berufungsgericht der Meinung, daß diese konsumiert seien, weil die bezüglichen Generalversammlungen einberufen, wenn auch nicht abgehalten wurden. Es sei daher eine neuerliche Aufforderung vor der Ersatzeinberufung unerläßlich. In seiner Eigenschaft als Geschäftsführer sei Doktor Paul G. zur Einberufung nicht berechtigt gewesen, da seine Geschäftsführertätigkeit nur auf die Zweigniederlassung beschränkt war und er überdies die Einberufung in seiner Eigenschaft als Gesellschafter und nicht als Geschäftsführer vornahm. Schließlich habe die Ersatzeinberufung nicht den wesentlichen Teil der beabsichtigten Änderung des Gesellschaftsvertrages und die im § 37 Abs. 2 GesmbHG. vorgeschriebene Mitteilung des Sachverhaltes, nämlich den Hinweis auf eine Ablehnung der Einberufung durch den Kläger, enthalten. Es seien daher alle bei der Generalversammlung vom 4. Februar 1949 gegen den Widerspruch des Klägers gefaßten Beschlüsse, soweit sie nicht in bloßen Absetzungen von der Tagesordnung bestanden, nichtig.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Streitentscheidend ist die Frage, ob der Kläger gemäß § 41 Abs. 2 GesmbHG. zur Erhebung der Klage berechtigt ist und ob bei der Ersatzeinberufung die Bestimmungen des § 37 Abs. 2 GesmbHG. verletzt wurden, die bei der Generalversammlung gefaßten Beschlüsse daher gemäß § 41 Abs. 1 Z. 1 GesmbHG. als nichtig anzusehen sind.
Zur Frage der Klagslegitimation macht die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend, es sei die Frist des § 41 Abs. 4 GesmbHG. nicht gewahrt, da binnen dieser Frist, die von dem Tage an laufe, an dem das notarielle Protokoll aufgenommen wurde, alle Anfechtungsgrunde vorgebracht werden müssen; der Kläger habe aber in der innerhalb der erwähnten Frist eingebrachten Klage nur als Anfechtungsgrund angeführt, daß die Generalversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen worden sei; das weitere Vorbringen bezüglich der einzelnen Beschlüsse, das erst im Zuge des Prozesses und nach Ablauf der erwähnten Frist erstattet wurde, sei daher verspätet.
Die Rechtsansicht der Revision, die Frist des § 41 Abs. 4 GesmbHG. beginne bereits mit der notariellen Beurkundung des Widerspruches, ist rechtsirrig und steht mit dem klaren Wortlaut des Gesetzes in Widerspruch, nach welchem die Frist erst mit der Eintragung des Widerspruches in das Protokollbuch beginnt. Das Protokollbuch ist nicht mit den Versammlungsprotokollen der §§ 41 Abs. 2 und 123 GesmbHG. zu verwechseln, welch letztere die üblichen Protokolle über die Generalversammlung sind; in das Protokollbuch sind die Ergebnisse der Verhandlung, die Beschlüsse einzutragen (Skerlj, GesmbHG., Anm. 2 zu § 40, S. 48; Kommissionsbericht des Herrenhauses, 272 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Herrenhauses, XVII. Session, 1905). Daß aber die Eintragung in das Protokollbuch früher als ein Monat vor der Ergänzung, richtig Präzisierung des Klagebegehrens erfolgte, behauptet die Revision selbst nicht. Im übrigen genügt es, wenn der Sachverhalt in der Klage wiedergegeben wird; gegen welche Gesetzesstellen die bei der nicht ordnungsgemäß einberufenen Generalversammlung gefaßten Beschlüsse, hinsichtlich deren die Anfechtung geltend gemacht wird, verstoßen oder ob die Beschlüsse den Gesellschaftsvertrag verletzen, brauchte die Klage gar nicht anzuführen; das Gericht hat vielmehr zu prüfen, welche Rechtsfolgen sich in Ansehung der angefochtenen Beschlüsse unter der Voraussetzung der Richtigkeit der behaupteten Umstände ergeben. Auch die von der Revision bezogene Stelle in Quandt - Grundberg, S. 142, und die dort angeführte Entscheidung Rv III 108/16 besagen lediglich, daß binnen der Frist des § 41 Abs. 4 GesmbHG. alle Anfechtungsgrunde vorgebracht werden müssen; Anfechtungsgrund ist aber im vorliegenden Fall lediglich die nicht ordnungsgemäße Einberufung der Generalversammlung; diesen Anfechtungsgrund hat der Kläger sogleich in der Klage geltend gemacht. Da die nicht ordnungsgemäße Einberufung der Generalversammlung die Nichtigkeit aller bei dieser Versammlung gegen den Widerspruch des klagenden Gesellschafters gefaßten Beschlüsse zur Folge hat, ist es, falls diese Voraussetzung zutrifft, ohne Bedeutung, ob die erwähnten Beschlüsse selbst auch gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen den Gesellschaftsvertrag verstoßen, da die Nichtigkeit bereits nach § 41 Abs. 1 Z. 1 gegeben wäre. Die Feststellung des Berufungsgerichtes, daß der Kläger gegen die Beschlüsse Widerspruch erhoben hat und daher die Klageberechtigung nach § 41 Abs. 2 GesmbHG. vorliegt, bestreitet die Revision selbst nicht mehr. Im übrigen ist zu dieser Frage auf die zutreffenden Gründe des Berufungsgerichtes zu verweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)