Normen
ABGB §1090
ABGB §1098
Mietengesetz §19 Abs2 Z12
Wohnungsanforderungsgesetz §17
ABGB §1090
ABGB §1098
Mietengesetz §19 Abs2 Z12
Wohnungsanforderungsgesetz §17
Spruch:
Überläßt der, dem eine Wohnung nach dem Wohnungsanforderungsgesetz zugewiesen wurde, einen Teil derselben gegen Entgelt einem anderen zur Benützung, so liegt zwar kein Untermietverhältnis, aber ein privatrechtliches Verhältnis vor, auf welches die Bestimmungen über die Untermiete analog anzuwenden sind.
Entscheidung vom 17. Mai 1950, 1 Ob 266/50.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Kläger, der seine Wohnung in Wien, IV., O.gasse, durch Beschlagnahme seitens einer Besatzungsmacht verloren hat, wurde im März 1947 in die gegenständliche, aus drei Zimmern und einem Dienstbotenzimmer samt Nebenräumen bestehenden Wohnung Nr. 32 im Hause in Wien, IV., St.gasse eingewiesen. Diese Wohnung hatte früher Valerie St. inne. Mit der Hausinhabung wurde vom Kläger ein Bestandvertrag nicht abgeschlossen und weigert sich im übrigen der Hauseigentümer, vom Kläger einen Bestandzins anzunehmen.
Das links vom Eingang der Wohnung gelegene Zimmer und das Mittelzimmer hat der Kläger im November 1948 an den Beklagten vermietet, nachdem er kurz vorher das dritte Zimmer einem Adolf S. in Bestand gegeben hatte, wofür Adolf S. und der Beklagte an den Kläger ein Entgelt von 200 S monatlich bezahlten.
In dieser Zeit benötigte der Kläger diese Räume nicht, da er seit 1. Jänner 1948 als Geschäftsführer und seit 1. Oktober 1948 als Pächter eines Betriebes in B. beschäftigt war.
Der Kläger hat sowohl die an den Beklagten wie auch die an Adolf S. vermieteten Räume unter Anrufung des Kündigungsgrundes nach § 19 Abs. 2 Z. 12 MietG. aufgekundigt und vorgebracht, daß er die Wohnung infolge Beendigung des Pachtverhältnisses dringend für sich und seine aus Gattin, einem Kinde und einer Hausgehilfin bestehenden Familie benötige.
Der Beklagte hat die aktive Klagslegitimation und die Voraussetzungen des geltend gemachten Kündigungsgrundes bestritten.
Das Erstgericht hat die Aufkündigung hinsichtlich des Beklagten für rechtswirksam erklärt, hingegen die Aufkündigung hinsichtlich des Adolf S. aufgehoben, welch letztere Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist.
In rechtlicher Beziehung führt das Erstgericht aus, daß der Kläger zur Kündigung legitimiert sei, da er tatsächlich zwei Räume der Wohnung gegen Bezahlung eines Zinses an den Beklagten überlassen habe. Wenn auch der Kläger durch die Zuweisung der Wohnung mangels Abschlusses eines Bestandvertrages mit dem Hauseigentümer nicht Hauptmieter geworden sei, so liege zwar kein Untermietverhältnis im eigentlichen Sinne vor, aber doch ein Benützungsverhältnis, das analog den Bestimmungen über die Untermiete zu behandeln sei. Im übrigen wurden die Voraussetzungen des geltend gemachten Kündigungsgrundes nach Z. 12 des § 19 Abs. 2 MietG. als gegeben angesehen.
Das Berufungsgericht hat der Berufung des Beklagten nicht Folge gegeben und die Revision für zulässig erklärt, indem es sich der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes angeschlossen hat.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach den Feststellungen der Unterinstanzen erfolgte die Zuweisung der Wohnung an den Kläger im März 1947 und wurde ein Bestandvertrag zwischen dem Kläger und dem Hauseigentümer nicht abgeschlossen. Der Kläger hat zwei Zimmer dieser Wohnung dem Beklagten gegen Entgelt überlassen.
Aus diesem Umstand ergibt sich, daß die Zuweisung der Wohnung an den Kläger nach dem Wohnungsanforderungsgesetz erfolgte. Im Sinne der Bestimmungen des § 17 WAG. steht somit, da ein Bestandvertrag mit dem Hauseigentümer nicht abgeschlossen wurde, dem Kläger auf Grund der rechtskräftigen Zuweisung ein öffentlich-rechtliches Benützungsrecht an der Wohnung zu.
Wenn auch nach dem Wohnungsanforderungsgesetz der Kläger als Eingewiesener nicht als Hauptmieter angesprochen werden kann und gemäß § 1098 ABGB. ein Unterbestandverhältnis ein Hauptbestandverhältnis zur Voraussetzung hat, so ändert dies nichts daran, daß auch der Kläger als ein kraft öffentlichen Rechtes Benützungsberechtigter der Wohnung die Ausübung seines Rechtes auf Benützung der Wohnung einem Dritten gegen Entgelt überlassen kann. Hiedurch wird ein privatrechtliches Rechtsverhältnis zwischen dem nach dem Wohnungsanforderungsgesetz Eingewiesenen und dem Dritten begrundet, das alle Merkmale eines Untermietvertrages in sich trägt.
Mit Recht haben daher die unteren Instanzen ausgesprochen, daß durch den zwischen dem Kläger und dem Beklagten abgegeschlossenen Vertrag über die in Streit verfangenen Räume in rechtlicher Hinsicht ein zumindest einem Untermietvertrag ähnliches Rechtsverhältnis begrundet wurde, welches nach den Bestimmungen über den Untermietvertrag zu behandeln ist. Der Kläger ist daher auch zur Auflösung dieses Untermietverhältnisses berechtigt.
Aus diesen Erwägungen war daher der Revision, die im übrigen die Voraussetzungen des Kündigungsgrundes nach § 19 Abs. 2 Z. 12 MietG. überhaupt nicht bekämpft hat, der Erfolg zu versagen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)