OGH 1Ob167/49

OGH1Ob167/4910.5.1950

SZ 23/143

 

 

Spruch:

Spruchrepertorium Nr. 28.

1. Ausländische Staaten sind nach Völkerrecht nur insoweit von der Gerichtsbarkeit der inländischen Gerichte eximiert, als es sich um Akte handelt, die sie in Ausübung der ihnen zustehenden Hoheitsgewalt vorgenommen haben.

2. Auch nach innerstaatlichem Recht sind ausländische Staaten in allen Rechtsstreitigkeiten aus Privatrechtsverhältnissen der inländischen Gerichtsbarkeit unterworfen.

3. (Rechtssatz 3 wurde nicht ins Spruchrepertorium aufgenommen, da er keine wiederholt in der Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht einheitlich entschiedene Frage betrifft.) Keine Anerkennung der Enteignung deutscher Markenrechte durch Kriegsmaßnahmen der Tschechoslowakei.

Entscheidung vom 10. Mai 1950, 1 Ob 167/49 und 1 Ob 171/50.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

 

Begründung:

Das Erstgericht hat als bescheinigt angesehen, daß der Vater der gefährdeten Partei, Emil H., seit 1899 die Generalvertretung der Firma Georg D. in Hamburg für Österreich innehatte und daß diese Generalvertretung im Jahre 1938 auf die gefährdete Partei übergegangen ist. Die mit den strittigen Marken der Firma Georg D. versehenen Erzeugnisse wurden vom Vater der gefährdeten Partei und später von seinem Sohn seit 1919 ununterbrochen im Inland erzeugt, wobei sie die Zutaten zu diesen Fabrikaten von der Firma in Hamburg bezogen haben. Die Waren wurden in den von der Firma Georg D., Hamburg, genehmigten Packungen vertrieben. Die von der Firma Georg D., Hamburg, herausgebrachten Parfümerie- und Kosmetikartikel, bzw. deren Wort- und Bildmarken wurden im Wiener Markenregister eingetragen und beim Internationalen Büro in Bern für die Firma D., Hamburg, registriert. Insbesondere sind von der gefährdeten Partei und seinem Vater Dr. D.s Birkenwasser mit Marke "Colibri", D.s Haarwasser, Dr. D.s Birkenbrillantin (Schüttelbrillantin) und "Malattine" Hautcreme erzeugt worden, deren Wort-, bzw. Bildmarken in der erwähnten Art für D., Hamburg, registriert sind.

Im Jahre 1910 wurde in Bodenbach, Böhmen, eine Zweigniederlassung der Hamburger Firma unter dem Namen "Georg D., Bodenbach" gegrundet. Dieses Unternehmen wurde 1945 als reichsdeutsches Eigentum enteignet und verstaatlicht. Der tschechoslowakische Staat führt es unter der Firma "Jiri D., narodni sprava, Podmokly" weiter. Unbestritten ist, daß seinerzeit zufolge Auftrages der Firma Georg D., Hamburg, die obenerwähnten Bild- und Wortmarken im Wiener Markenregister auch für die Firma "Georg D., Bodenbach" eingetragen wurden.

Am 31. Mai 1948 hat das Österreichische Patentamt ein Amtszeugnis ausgestellt, daß die beim Internationalen Büro in Bern am 29. Dezember 1947 unter Nr. 133.940 (Wortbildmarke "Colibri"), Nr. 133.941 (Wortbildmarke "Malattine"), Nr. 133.942 (Wortbildmarke "Dr. D., Barva na vlasy Neril"), Nr. 133.943 (Wortmarke "D."), Nr. 133.944 (Wortmarke "Nerilin"), Nr. 133.945 (Wortmarke "Illusion"), Nr. 133.946 (Bildmarke), Nr. 133.947 (Wortbildmarke "Cista hlava"), Nr. 133.948 (Wortmarke "Colibri"), Nr. 133.949 (Wortbildmarke "D."), Nr. 3.950 (Wortbildmarke "Dr. D."), Nr. 133.951 (Wortmarke "Tula-D."), Nr. 133.952 (Wortbildmarke "Dr. D. Brezova voda"), Nr. 133.953 (Wortbildmarke "Malatina") registrierten Marken der Firma Jiri D., narodni sprava in Podmokly, Cechoslovakei, auf Grund des Madrider Abkommens vom 14. April 1891, betreffend die internationale Registrierung von Fabriks- oder Handelsmarken, den Schutz in Österreich genießen.

Ende Juli 1948 hat Dr. Walter M. als Beauftragter und in Vertretung der Firma Jiri D., narodni sprava, Podmokly, ein mit der Stampiglie Dr. M. gefertigtes Rundschreiben verbreitet, in dem er im Auftrag der Firma Georg D., Bodenbach, mitteilt, daß der Name "D." seit 1913, die Marke "Colibri" seit 1918 im Wiener Markenregister für das Unternehmen der Firma Georg D. in Bodenbach eingetragen und auch beim Internationalen Büro in Bern zugunsten dieser Firma international registriert und so auch für das Gebiet der Republik Österreich geschützt sei. Das Rundschreiben fordert daher auf, alle etwa von Hans H. (der gefährdeten Partei) den Adressaten abgegebenen D.-Erzeugnisse aus dem Verkehr zu ziehen und nicht weiter anzubieten oder abzusetzen.

Auf Grund dieses Sachverhaltes hat die gefährdete Partei unter anderem (das weitere Begehren ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens) die Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt, der Antragsgegnerin zu verbieten, die Wort- und Bildmarken "D.", "Colibri", "Dr. D.s Birkenhaarwasser" und "Malatine" im Bereich der Republik Österreich zu gebrauchen.

Das Erstgericht hat diesem Antrag mit nachstehender Begründung stattgegeben: Die Antragsgegnerin habe in Auswirkung der Nationalisierung ihren Firmennamen auf Jiri D., marodni sprava, Podmokly, geändert und könne daher nur unter dem neugewählten Namen auch in Österreich handeln. Ihre Benennung in einem von ihrem Vertreter Ende Juli 1948 versendeten Rundschreiben und im Ausstellungsraum der Wiener Herbstmesse 1948 mit Georg D., Bodenbach, sei daher bewußt unrichtig, greife in die Wettbewerbsrechte der gefährdeten Partei ein und setze den Tatbestand nach § 9 UnlWG. Die gefährdete Partei habe daher ein Recht, die Geltendmachung des Verbotes des unrichtig gewählten Namens zu begehren. Durch die unter dem unrichtigen Namen geschehene Ausstellung von Waren und Rundschreiben, das auf Waren Bezug nimmt, deren Marken, Erzeugung, Verpackungsart und Vertrieb in Österreich seit vielen Jahren der gefährdeten Partei zustehen und so Verkehrsgeltung haben, bezüglich deren die Antragsgegnerin ausschließlich Rechte vorgab, deren Beachtung sie von einem Käuferkreis fordert, sei ein Tatbestand nach § 2 UnlWG. geschaffen worden. Für Österreich seien diese Rechte im Besitze der gefährdeten Partei als Gewerbevertreter der Hamburger Firma Georg D. Seinem Antrag auf Erlassung des beantragten Verbotes sei daher stattzugeben.

Das Rekursgericht hat dagegen die beantragte einstweilige Verfügung in diesem Punkte abgewiesen, weil ein Verbot erst möglich wäre, wenn aus den vorgelegten Auszügen aus den Markenregistern tatsächlich das alleinige Gebrauchsrecht der gefährdeten Partei auf dem Gebiet der Republik Österreich zu ersehen wäre. Solche Auszüge wurden aber dem Erstgericht nicht vorgelegt; von den vernommenen Auskunftspersonen sei auch nicht erklärt worden, daß für die Antragsgegner, bzw. für die Zweigniederlassung in Bodenbach nicht auch Marken im Register eingetragen seien.

Dieser Beschluß ist von der gefährdeten Partei mit Revisionsrekurs angefochten worden.

Während des Revisionsrekursverfahrens hat die gefährdete Partei um Verlängerung der mit Beschluß vom 22. Jänner 1945 bewilligten einstweiligen Verfügung bis 31. Dezember 1950 angesucht; das Erstgericht hat die beantragte Verlängerung bewilligt, das Rekursgericht in dem vom Obersten Gerichtshof allein zu entscheidenden Punkte aus den oben ausgeführten Gründen abgewiesen. Auch dieser Beschluß ist mit Revisionsrekurs angefochten worden.

Der Oberste Gerichtshof stellte den erstrichterlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Vor Eingehen in die sachliche Erledigung des Revisionsrekurses mußte der Oberste Gerichtshof zu der Frage Stellung nehmen, ob überhaupt der Rechtsweg zulässig ist.

Antragsgegner ist der tschechoslowakische Staat; daran ändert auch die Tatsache nichts, daß dieser unter einer angenommenen Firma Geschäfte betreibt, weil die Firma nur ein Name ist, und nicht zur Folge hat, daß dadurch ein neues, vom Firmeninhaber zu unterscheidendes Rechtssubjekt begründet wird.

Die Frage, ob ein ausländischer Staat vor den inländischen Gerichten geklagt werden kann, ist in der österreichischen Judikatur nicht einhellig gelöst worden. Die ältere Praxis aller Länder ging dahin, daß ausländische Staaten von der inländischen Judikatur eximiert sind, höchstens Realklagen und freiwillige Unterwerfung ausgenommen. Das war bis zur Jahrhundertwende auch der Standpunkt der österreichischen Gerichte, z. B. GlU. 2694, 2698, 6549, 6771, 7559, 11709, GlUNF. 1804. Von diesem Standpunkt ist erstmalig die Entscheidung vom 17. 12. 1907 (Röll, Eisenbahnrechtliche Entscheidungen, XXI (1907), Nr. 122) abgegangen. "Der Staat als Unternehmen", führt die Begründung dieser Entscheidung aus, "sei eine privatrechtliche Persönlichkeit und könne daher ebenso wie andere physische oder juristische Personen in bürgerlichen Rechtssachen vor den ordentlichen Gerichten belangt werden, nachdem das Gesetz in dieser Beziehung keine Ausnahme mache. Das treffe zweifellos beim inländischen Staat zu, aber auch beim ausländischen Staat liege kein Grund vor, von dieser Regel abzugehen. Eine Verletzung der Territorialhoheit könne darin ebensowenig erblickt werden, wie wenn sonst ein Ausländer vor einem inländischen Gericht belangt werde, sobald nur ein Kompetenzgrund hiefür nach der Jurisdiktionsnorm gegeben sei."

An den in dieser grundlegenden Entscheidung ausgesprochenen Grundsätzen hat die Judikatur in den nächsten zwanzig Jahren festgehalten. So macht der Oberste Gerichtshof auch in der Entscheidung vom 5. Februar 1918, GZ. 1918, S. 111, den Unterschied, "ob sich der Anspruch auf einen privatrechtlichen Titel stützt oder einem Akt der Staatsgewalt seine Entstehung verdankt. In einem solchen Fall unterliege auch ein ausländischer Staat als privatrechtlich Verpflichteter der inländischen Gerichtsbarkeit, wenn ein inländischer Gerichtsstand begrundet sei. Eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift, derzufolge Klagen gegen einen ausländischen Fiskus der inländischen Gerichtsbarkeit entzogen wären, bestehe nicht; es sei eine irrtümliche Auffassung der Bestimmung des Art. IX EGzJN., wenn das Rekursgericht darin eine ausdrückliche Verweisung auf völkerrechtliche Grundsätze und demnach eine Stütze für seine Ansicht erblicke. Aus Abs. 1 dieser Gesetzesstelle ergebe sich nämlich der wichtige Grundsatz, daß die Grenzen der inländischen Gerichtsbarkeit sich nicht lediglich aus den Bestimmungen des positiven österreichischen Rechtes ergeben, sondern durch Staatsverträge oder durch völkerrechtliche Grundsätze eine Erweiterung erfahren können."

Der Oberste Gerichtshof ist also damals geradezu der Auffassung gewesen, daß ein völkerrechtlicher Grundsatz bestehe, daß ausländische Staaten als Träger von Vermögensrechten, die sich auf einen zivilrechtlichen Titel stützen, der inländischen Gerichtsbarkeit unterstehen, und bestellte daher zum Zwecke der Prozeßführung gegen den rumänischen Staat auf Rückzahlung von Vorschüssen, die der rumänischen Regierung für vertragsmäßig zu effektuierende Getreidelieferungen gegeben worden sind, einen Kurator für den Beklagten.

Diese Rechtsauffassung wird in einer die Entscheidung freilich nicht tragenden Bemerkung in der Entscheidung vom 27. August 1919, GZ. 1919, S. 380, wiederholt. Hier machte die Österreichischungarische Bank Schadenersatzansprüche gegen die ungarische Räteregierung geltend, weil sie Maßnahmen erlassen hatte, die in ihr Bankprivileg eingegriffen hätten, und begehrte zur Sicherung dieses behaupteten Schadenersatzanspruches eine einstweilige Verfügung auf Banknoten, die der Wiener ungarischen Gesandtschaft gestohlen, aber von der Polizei sichergestellt worden waren. Der Oberste Gerichtshof verneinte die österreichische Gerichtsbarkeit, weil "die den Anspruch begrundenden Sozialisierungsmaßregeln der ungarischen Räteregierung Akte der Regierungshoheit eines fremden Staates seien, der hier nicht als privatrechtlich Verpflichteter in Betracht komme. Eine einstweilige Verfügung zugunsten des geltend gemachten Schadenersatzanspruches wäre daher mit dem Grundsatz des Völkerrechtes unvereinbar, daß der Regel nach kein Staat einen anderen vor sein Gericht ziehen könne." Der Oberste Gerichtshof fügte damals hinzu: "Allerdings sind auch Ausnahmen von dieser Regel zuzugeben. Eine solche tritt - abgesehen von der freiwilligen Unterwerfung - anerkanntermaßen ein, sofern es sich um Rechte an hierländischen unbeweglichen Sachen handelt. Es mag ferner behauptet werden, daß die inländische Gerichtsbarkeit gegen einen fremden Staat zur Durchsetzung - also auch zur Sicherung - solcher hierlands zu verwirklichender Ansprüche angerufen werden kann, bezüglich welcher der fremde Staat als Verpflichteter aus einem rein privatrechtlichen Titel erscheint."

Eine weitere Entscheidung erging am 5. Jänner 1920, SZ. II/1. Hier war der ottomanische Staat auf Zahlung verschiedener Bauarbeiten am Botschafterpalais in Wien geklagt worden, die der ottomanische Botschafter in Wien bestellt, aber nicht bezahlt hatte. Hier bejaht der Oberste Gerichtshof die inländische Gerichtsbarkeit mit nachstehender Begründung: "Die Ansicht, daß der Begriff der Souveränität eines Staates auch die absolute Unverantwortlichkeit dieses Staates vor dem Forum eines jeden ausländischen Gerichtes in sich schließe, sei nicht richtig. Wenn es sich um eine Angelegenheit handle, bei der die Souveränität des fremden Staates in Frage komme, welche eben die Voraussetzungen für die Anwendung der Grundsätze des Völkerrechtes bilde, werde allerdings die inländische Gerichtsbarkeit nicht eintreten dürfen; wenn jedoch der fremde Staat im Inland als Träger von Privatrechten auftrete und Verträge eingehe, welche im Inland abgewickelt werden sollen, so trete er in die Rechtsordnung des inländischen Staates ein und könne daher von derselben nicht völlig unabhängig bleiben; in diesen Fällen müsse auch der fremde Staat den Gerichten des Staates, in denen das Geschäft seinen Sitz habe, unterworfen sein. Im gegebenen Fall handle es sich um einen solchen privatrechtlichen Anspruch, welcher die Souveränität des beklagten Staates in keiner Weise berühre. Die Verweisung auf die hinsichtlich der Gesandtenexterritorialität geltenden Grundsätze sei nicht am Platze, da der Zweck derselben darin bestehe, alles auszuschließen, was den Gesandten an der Ausübung seiner Mission behindern könnte, während dieses Moment hier nicht in Betracht komme." Im übrigen verwies der Oberste Gerichtshof auf die zutreffende Begründung des rekursgerichtlichen Beschlusses, der im wesentlichen die Gründe der Entscheidung vom 5. Februar 1918 wiederholt hatte.

In späteren Entscheidungen ist der Oberste Gerichtshof anscheinend unter dem Einfluß des inzwischen erschienenen Werkes von Walker, Internationales Privatrecht, von dieser Praxis wieder abgegangen und zur älteren Judikatur zurückgekehrt. Er verlangte jetzt wieder eine ausdrückliche Unterwerfung unter die inländische Gerichtsbarkeit. In dem der Entscheidung vom 20. Jänner 1926, ZBl. 1926, Nr. 134, zugrunde liegenden Falle hatte die tschechoslowakische Staatsbahn bei einer Wiener Firma Maschinen bestellt; in dem Offert war die Bestimmung enthalten, daß der Gerichtsstand der Lieferantin zuständig sei. Der Oberste Gerichtshof verneinte die Zuständigkeit des angerufenen inländischen Gerichtes mit der Begründung, daß diese Vereinbarung die inländische Entscheidungs- und Zwangsgewalt nicht klar zum Ausdruck bringe. Das sei um so notwendiger, als ja die Unterwerfung eines fremden Staates unter die inländische Gerichtsbarkeit einen Verzicht auf die Exterritorialität enthalte und daher ein derartiger, dem Wesen eines souveränen Staates widersprechender Verzicht nur aus solchen Handlungen dieses Staates geschlossen werden dürfe, die den Verzichtswillen mit Sicherheit ergeben.

Die Entscheidung vom 11. September 1928, SZ. X/177, läßt die Frage offen, ob ein ausländischer Staat der inländischen Gerichtsbarkeit nie unterliegen könne, ohne Rücksicht darauf, ob er in das streitige Rechtsverhältnis in Ausübung seiner staatlichen Hoheitsrechte eintrat oder als Privatrechtssubjekt. In allen Fällen verlangt sie aber - die Fälle der Realgerichtsbarkeit ausgenommen - eine ausdrückliche Unterwerfung, weil dadurch seine Souveränität verletzt ... würde, die eine unteilbare sei. Sie verneinte daher die Zulässigkeit einer Klage gegen den tschechoslowakischen Staat wegen Schadenersatzes durch einen Unfall im Gesandtschaftsgebäude. "Das Eigentum des ausländischen Staates an diesem Gebäude unterwerfe ihn nur so weit der österreichischen Gerichtsbarkeit, als der Rechtsstreit dieses unbewegliche Gut selbst oder hinsichtlich desselben geschlossene obligatorische Verträge zum Gegenstand gehabt habe. Ersatzansprüche wie die in Frage kommenden - in welchen Fällen nicht wie in den anderen erwähnten gesagt werden könne, daß der fremde Staat in die Rechtsordnung des inländischen Staates eintrat und sich ihr dadurch im vorhinein unterworfen habe - vermögen die inländische Gerichtsbarkeit nicht zu begrunden."

In der Entscheidung vom 4. Juli 1930, Rspr. 1930, Nr. 481, wird die Zulässigkeit der Bestellung eines Prioritätenkurators zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den ungarischen Staat abgelehnt, weil der ungarische Staat erklärt habe, daß er sich in dieser Sache der österreichischen Gerichtsbarkeit nicht unterwerfen werde. Im gleichen Sinne auch die Entscheidung vom 9. September 1930, Rspr. 1930, Nr. 444, die überdies noch auf den österreichisch-ungarischen Vollstreckungsvertrag, RGBl. Nr. 299/1914, verweist.

Mit dieser Entscheidung steht die Entscheidung vom 22. Mai 1928, Rspr. 1928, Nr. 381, betreffend die Bestellung eines Prioritätenkurators gegen die bulgarische Nationalbank, nicht in Widerspruch, weil die bulgarische Nationalbank, obwohl alle ihre Aktien im Besitz des bulgarischen Staates waren, eine besondere juristische Person bildete und weil es sich um die Zurückweisung eines außerordentlichen Revisionsrekurses nach § 16 AußStrG. handelte, wobei der Oberste Gerichtshof die Frage, ob ein fremder Staat in Privatrechtssachen der inländischen Gerichtsbarkeit unterworfen sein könne, als in der Rechtslehre strittig bezeichnet.

In der Entscheidung vom 22. Jänner 1935, AnwZtg. 1935, S. 426, billigt der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf SZ. X/177, auf die nichtveröffentlichte Entscheidung 1 Ob 885/29 und auf die Entscheidung Rspr. 1930, Nr. 444, die untergerichtliche Auffassung, daß eine spezielle Unterwerfung unter die Inlandsgerichtsbarkeit erforderlich sei.

Auch die einzige bisher erlassene Entscheidung seit 1945 teilt diesen Standpunkt. Diese Entscheidung (vom 17. September 1947, 1 Ob 621/47, JBl. 1947, S. 491) weist eine auf das Reichshaftpflichtgesetz gestützte Schadenersatzklage gegen die Deutsche Reichsbahn wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Die Deutsche Reichsbahn sei Eigentum des Deutschen Reiches. Gegen ausländische Staaten aber sei der inländische Rechtsweg nicht zulässig. Das sei anerkannte Lehre und Rechtsprechung. Zu den vorangeführten Entscheidungen, die den entgegengesetzten Standpunkt vertreten haben, nimmt diese Entscheidung nicht Stellung.

Zusammenfassend kann daher nicht gesagt werden, daß sich bisher eine einheitliche Judikatur über die Frage, inwieweit ausländische Staaten der österreichischen Gerichtsbarkeit unterworfen sind, durchgesetzt hat. Da es sich hier um eine Frage des Völkerrechtes handelt, so mußte daher der Oberste Gerichtshof untersuchen, ob sich aus der Rechtspraxis der Gerichte der Kulturstaaten eine einheitliche Auffassung ergibt, da nur auf diese Weise festgestellt werden kann, ob heute noch der Grundsatz als Völkerrechtsnorm gilt, daß ausländische Staaten, auch wenn es sich um privatrechtliche Ansprüche handelt, vor den Gerichten eines inländischen Staates nicht geklagt werden können.

Der Grundsatz, daß ausländische Staaten in rein zivilrechtlichen Angelegenheiten die Immunität nicht in Anspruch nehmen können, ist erstmalig in einer Entscheidung des damals noch selbständigen Kassationshofes von Neapel, in der Entscheidung vom 27. März 1886 (Giurisprudenza Italiana 1886, I. 1, 228) ausgesprochen worden; der Kassationshof von Florenz hat sich ihr wenige Monate später angeschlossen (E. v. 16. Juli 1886, Giurisprudenza Italiana 1886, I, 1, 486). Der Kassationshof von Rom ist ihr am 1. Juli/12. Oktober 1893 (Giurisprudenza Italiana 1893, I, 1, 1213) gefolgt. Dieser Entscheidung lag nachstehender Sachverhalt zugrunde: Die österreichische Regierung schloß am 17. Mai 1866 mit einer gewissen Fisola einen Werkvertrag ab, in dem sich diese verpflichtete, Befestigungsanlagen längs der venetianischen Grenze zu errichten. Nach der Abtrennung Venetiens weigerte sich der österreichische Staat, das bestellte Werk zu bezahlen. Der römische Kassationshof bejahte die inländische Gerichtsbarkeit im wesentlichen mit der Begründung, daß unterschieden werden müsse, ob eine Regierung als "ente politico" oder als "ente civile" tätig werde. In ersterem Falle könnten ihre Akte einer Beurteilung durch fremde Gerichte nicht unterliegen, in letzterem Falle hingegen sei die Regierung privatrechtliche Persönlichkeit und den Normen des Privatrechtes unterworfen; sie unterläge daher auch der inländischen Gerichtsbarkeit. Im vorliegenden Fall handle es sich um einen rein privatrechtlichen Vertrag zwischen der österreichischen Regierung und Fisola. Der - damals noch selbständige - Kassationshof Florenz schloß sich in der Entscheidung vom 25. Mai 1896 (Giurisprudenza Italiana 1896, I, 1, 664) gleichfalls dieser Auffassung an. Seither halten die italienischen Gerichte an dieser Rechtsanschauung fest (aus neuester Zeit die Plenarentscheidungen vom 12. Juni 1925 (Corte di Cassazione 1925, Nr. 1456) und 11. Februar/13. März 1926 (Corte 1926, Nr. 1661); ferner die Entscheidung vom 3. August 1935 (Giurisprudenza Italiana 1935, I, 1, 109) u. a. m.).

Dieser Praxis hat sich im Jahre 1903 der belgische Kassationshof in der Sache der Societe Anon. des Chemins de Fer Liegeois-Luxembourgeois gegen den niederländischen Staat (E. v. 11. Juni 1903, Clunet 1904, 417) angeschlossen. Die klägerische Eisenbahngesellschaft hatte mit der niederländischen Eisenbahnverwaltung die gemeinsame Erweiterung eines Stationsgebäudes, das von beiden Streitteilen benützt wurde, vereinbart und begehrte vom niederländischen Staat Zahlung des angeblich auf die Beklagte entfallenden Betrages, den die Klägerin vorgeschossen hatte. Der Kassationshof verwarf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, weil "die Immunität ausländischer Staaten von der ausländischen Gerichtsbarkeit nur dann in Frage komme, wenn ihre Souveränität dadurch berührt werde; das treffe nur zu bei Akten des politischen Lebens eines Staates. Wenn sich aber der Staat mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der Gemeinschaft auf seine politische Rolle nicht beschränke, Güter erwerbe und besitze, Verträge abschließe, Gläubiger und Schuldner werde oder gar Handel betreibe, so setze er nicht die öffentliche Gewalt ins Werk, sondern mache, was die einzelnen machen können; er handle dann wie eine Zivil- oder Privatperson. Wenn diese Qualität in einer Differenz engagiert sei, sei es, daß der Staat auf gleichem Fuß mit seinem Gegenkontrahenten einen Vertrag abgeschlossen habe oder daß ihn die Verantwortlichkeit für ein Verschulden treffe, das mit der politischen Ordnung nichts zu tun habe, so liegt ein Streitfall vor, der eine ausschließlich der Gerichtskompetenz unterliegende Zivilsache zum Gegenstand habe. In diesem Fall seien die ausländischen Staaten wie Zivilpersonen und ebenso wie andere Ausländer den belgischen Gerichten unterworfen. Es sei nicht einzusehen, wieso der ausländische Staat auf seine Souveränität verzichten würde, wenn er sich der Gerichtsbarkeit ausländischer Gerichte hinsichtlich der Beurteilung von Verträgen unterwirft, die er frei abgeschlossen hat, wenn er seine Souveränität unberührt erhält, wenn er in den Fällen einer Realklage oder einer Widerklage einer ausländischen Gerichtsbarkeit unterworfen ist, wie dies die Lehre und eine fast einhellige Rechtsprechung zugebe". Der Kassationshof fügt noch hinzu, daß in allen diesen Fällen die inländische Gerichtsbarkeit nicht von der Zustimmung des beklagten Staates (justiciable) abzuleiten sei, sondern aus der Natur des Aktes und der Qualität, in der der Staat interveniert hat.

In der gleichen Richtung bewegt sich die neuere schweizerische Rechtsprechung. Im Urteil des Bundesgerichtes vom 13. März 1918 (BG. E 44, I, 54) wurde ein Arrestbefehl gegen das österreichische Finanzministerium auf Antrag eines Inhabers einer österreichischen Schuldverschreibung aufrechterhalten, im wesentlichen mit nachstehender Begründung: "Der Grundsatz der Exterritorialität oder Exemtion des auswärtigen Staates gegenüber der inländischen Gerichtsbarkeit könne keineswegs als allgemein und vorbehaltlos anerkannt gelten. Wohl folgere eine weitverbreitete Lehre aus der völkerrechtlich vorausgesetzten Souveränität und gegenseitigen Unabhängigkeit der Staaten, daß ein Staat nicht nur, soweit er in Ausübung seiner Hoheitsgewalt (jure imperii) handle, sondern der Regel nach, soweit er als Subjekt von Privatrechtsverhältnissen (jure gestionis) auftrete, keiner fremden Gerichtsbarkeit unterstehe. Dieser Auffassung huldigen insbesondere die deutsche und österreichische" - die Entscheidung vom 17. Dezember 1907 war dem Bundesgericht offenbar entgangen, und die Entscheidung vom 5. Februar 1918 wurde erst in der der Schweizer Entscheidung vom 13. März 1918 zeitlich nachfolgenden Nr. 2 der Allgemeinen Österreichischen Gerichtszeitung vom 30. März 1918 veröffentlicht - "sowie auch die französische, englische und nordamerikanische Gerichtspraxis. Ihr stehe jedoch schon seit 1886 die italienische und seit 1903 auch die belgische Gerichtspraxis gegenüber, wonach ein fremder Staat in seiner Eigenschaft als Träger privater Rechte allgemein gleich einer Privatperson vor dem inländischen Rechte belangt werden kann (vgl. van Praag, Jurisdiction et droit international public, S. 406 f., und die Erwägungen des für Belgien grundlegenden Urteiles des Brüssler Kassationshofes in Neumeyer s Zeitschrift für Internationales Privat- und öffentliches Recht XVI (1906), S. 243 ff.); und im gleichen Sinne treten den in ihren Ländern herrschenden Meinungen entgegen, z. B. für Frankreich: Andre Weiss, Droit international prive, V, S. 96 - 115; für Deutschland:

Friedrich Stein, ZPO., 10. Aufl., S. 16 - jetzt Jonas - Pohle, 16. Aufl., V, A 3 vor § 1 ZPO. - "Überdies lasse diese Meinung selbst Ausnahmen zu, unter anderem für die Fälle, in denen der fremde Staat die inländische Gerichtsbarkeit ausdrücklich oder stillschweigend anerkannt habe (vgl. v. Bar, Theorie und Praxis des internationalen Privatrechtes, II, S. 660 ff.; A. Weiss, a. a. O., S. 109). Entsprechend sehe auch der vom "Institut de droit international" anläßlich seiner Tagung in Hamburg vom Jahre 1891 festgestellte Entwurf eine internationale Regelung der Zuständigkeit des Gerichtes gegenüber fremden Staaten und Staatsoberhäuptern als zulässig vor (Art. II § 1 Z. 5) "les actions fondees sur les contrats conclus par l Etat etranger dans le territoire, si l execution complete dans ce meme territoire en peut etre demandee d apres une clause expresse ou d apres la nature meme de l action (Annuaire de l Institut XI, S. 437; A. Weiss, a. a. O., S. 115, Fußnote). Angesichts dieser Rechtslage dürfe die schweizerische Gerichtsbarkeit für den hier gegebenen Tatbestand unbedenklich bejaht werden. Das durch die Ausgabe der fraglichen Staatsschatz-Anweisungen begrundete Rechtsverhältnis des österreichischen Staates zu den Anweisungsinhabern gehöre dem Privatrechte an. Und zwar habe der Staat diese Anweisungen direkt in der Schweiz ausgeben lassen und sich ausdrücklich verpflichtet, die betreffenden ("in der Schweiz gestempelten") Stücke - zu denen die vom Rekursbeklagten geltend gemachten gehören - auch in der Schweiz und in dortiger Währung zurückzubezahlen. Bezüglich solcher Stücke sei somit in der Tat die Abwicklung des ganzen Geschäftes in der Schweiz vorgesehen und deshalb für die Belangung des Staates, mit Einschluß hierauf abzielender Sicherungsmaßnahmen, wie ein Arrestbeschlag, die schweizerische Gerichtsbarkeit elektiv neben der österreichischen gegeben."

Diese Grundsätze wurden im Entscheid des Bundesgerichtes vom 28. März 1930 in Sachen Hellenische Republik contra Obergericht Zürich, BG. E 56, I, 247 ff., wiederholt. Damals war gegen die Hellenische Republik als Übernehmerin einer Anleihenschuld der Societe de Chemin de fer Ottoman Salonique - Monastir von einigen Obligationären ein Arrest erwirkt worden. Das Bundesgericht bejahte die Zulässigkeit des Rechtsweges, hob aber den Arrest wegen örtlicher Unzuständigkeit auf.

In den Gründen wird ausgeführt: "Wenn im Urteil in Sachen Dreyfuß (BG. E 44, I, 54) ausgeführt worden sei, daß die Exemtion ausländischer Staaten von der inländischen Gerichtsbarkeit zwar insofern allgemein anerkannt sei, als Ansprüche im Streite liegen, die aus einem vom ausländischen Staate in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt ("jure imperii") vorgenommenen Akt hergeleitet werden, daß diese Einigkeit dagegen da keineswegs mehr bestehe, wo der Streit ein vom fremden Staat eingegangenes privatrechtliches Verhältnis betrifft, so habe diese Feststellung auch heute von ihrer Gültigkeit nichts verloren. Nicht bloß die belgischen und italienischen Gerichte hätten seither an ihrer damals erwähnten Rechtsprechung neuerdings festgehalten, in Italien allein in den Jahren 1924 - 1926 in vier Urteilen, wovon zwei solcher der Corte di Cassazione, des Obersten Gerichtshofes des Königreiches (vgl. die Zitate bei Spruth, Gerichtsbarkeit über fremde Staaten, S. 47, 42), und für Italien noch Siotto - Pintor in J. W. 1926, 2407), sondern auch der österreichische Oberste Gerichtshof habe in einem Urteile vom 5. Jänner 1920 sich auf den gleichen Boden gestellt, und in zwei weiteren Entscheidungen, wo es sich im übrigen unzweifelhaft um Hoheitsakte der fremden Regierungen handelte, wenigstens auf diese Unterscheidung hingewiesen (Spruth, a. a. O., S. 33 mit Zitaten). Selbst in Frankreich, dessen Gerichte bisher neben Deutschland, England und Nordamerika am strengsten an dem Grundsatz der absoluten, lediglich durch einzelne, auch eng umschriebene Ausnahmen durchbrochenen Exemtion festhielten, sei die Rechtsprechung ins Wanken geraten, wenn schon, weil es sich im wesentlichen nur um Entscheidungen unterer Instanzen handle, von einer Preisgabe des bisherigen Standpunktes nicht gesprochen werden könne (Spruth, a. a. O., S. 41 und 42, 44 - 46, Secreta in im Journal des Tribunaux, 1925, S. 258 ff., insbesondere 262 - 264; s. auch das Urteil des deutschen Reichsgerichtes vom 10. Dezember 1921, RGZ. 103, 274 ff., das die Möglichkeit einer eventuellen späteren Änderung der Rechtsprechung sichtlich offenzuhalten bestrebt sei). Mit der Entwicklung der Gerichtspraxis gehe diejenige der völkerrechtlichen Literatur parallel, in der auch hier die Zahl der Schriftsteller, die sich für die Auffassung der belgischen und italienischen Gerichte aussprechen, sichtlich im Wachsen begriffen sei (s. die Nachweise bei Spruth, a. a. O., S. 21 - 69; de Visscher in der Revue de droit international et de legislation comparee, 1922, S. 300 ff.; Siotto - Pintor, a. a. O.) ... Doch mache das schweizerische Bundesgericht hinsichtlich der Zulassung von Klagen gegen ausländische Staaten hinsichtlich der sogenannten acta gestionis eine wesentliche Einschränkung (S. 249 ff.). Sogar die italienische Praxis, die in der Anerkennung der inländischen Gerichtsbarkeit gegen fremde Staaten am weitesten gehe, begnüge sich nicht mit der Tatsache allein, daß der strittige Anspruch aus einem dem Privatrecht angehörenden (vom fremden Staate "jure gestions" und nicht "imperii" begrundeten) Rechtsverhältnis hergeleitet werde. Die oben erwähnten neueren Entscheidungen, in denen die italienischen Gerichte die inländische Gerichtsbarkeit für gegeben erachteten, bezögen sich vielmehr durchwegs auf Tatbestände, in denen über jenes Erfordernis hinaus noch das weitere vorlag, daß die rechtlichen Beziehungen, um die es sich handelte, vom fremden Staat im Inland begrundet, eingegangen worden oder zur Durchführung hier bestimmt waren, wo also das Rechtsverhältnis, aus dem geklagt wurde, nach Entstehung und Inhalt zum Inland in einer Beziehung stand, die es als der Rechtsordnung des letzteren unterstellt erscheinen ließ.

Es handelte sich daher um Fälle, in denen der ausländische Staat entweder auf italienischem Gebiet eine gewerbliche Niederlassung besaß, aus deren Betrieb die Forderung hergeleitet wurde, oder doch auf diesem Gebiete durch Abschluß von Verträgen, die hier zu erfüllen waren, eine kaufmännische Tätigkeit entwickelt hatte. Der Gedanke sei dabei nicht so sehr der einer hierin liegenden stillschweigenden freiwilligen Unterwerfung des fremden Staates unter die inländische Gerichtsbarkeit für das betreffende Rechtsverhältnis als der andere, daß ein Staat auf dem Gebiet eines anderen Staates nur unter dessen Rechtsordnung handeln könne und somit durch ein solches Handeln dieser Ordnung zwangsläufig, nicht bloß auf Grund einer aus seinem Verhalten abzuleitenden stillschweigenden Willensäußerung unterstellt sei. Auch die Mehrzahl der Schriftsteller, welche sich für die Möglichkeit der Gerichtsbarkeit (und Zwangsvollstreckung) gegen ausländische Staaten bei privatrechtlichen Forderungsverhältnissen aussprechen, hatten nur solche Tatbestände im Auge. So bezogen sich die ganzen Ausführungen bei Siotto - Pintor, a. a. O., wie der Zusammenhang zeige, nur auf diesen Fall. Und auch die von den Rekursbeklagten weiter angerufenen Auseinandersetzungen bei Pillet - Niboyet, Manuel de droit international prive, S. 671, beschränkten sich auf das forum rei sitae bei dinglichen Klagen hinsichtlich im Inland gelegener, einem fremden Staate gehörender Sachen, das forum hereditatis und den Fall, wo der fremde Staat "passe des contrats en France". Wenn sich der belgischen Gerichtspraxis eine entsprechende Einschränkung wenigstens nicht mit Sicherheit entnehmen ließe, so könne dies schon deshalb nicht maßgebend sein, weil die belgischen Gerichte die Möglichkeit, den ausländischen Staat in Belgien zubelangen, nur für die gerichtliche Feststellung des Klagsanspruches, nicht dagegen für die Zwangsvollstreckung anerkennen. Auch das Bundesgericht sei in dem früheren Urteil Dreyfuß nicht weiter gegangen. Es habe allerdings festgestellt, daß ein anerkannter Völkerrechtssatz, der den ausländischen Staat auch für dem Privatrecht angehörende, jure gestionis begrundete Rechtsverhältnisse von der inländischen Gerichtsbarkeit eximiert erklären würde, nicht bestehe. Doch habe es den damals gegen den österreichischen Staat erwirkten Arrest nicht schon deshalb allein geschützt. Maßgebend sei vielmehr die Erwägung gewesen, daß es sich um ein von Österreich durch Auflegung der streitigen Anleihe zur Zeichnung in der Schweiz auf schweizerischem Gebiet begrundetes Schuldverhältnis handle, hinsichtlich dessen überdies die Abwicklung in der Schweiz, mit Einschluß der Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtungen des Schuldners, in den Anleihebedingungen und Titeln ausdrücklich vorgesehen gewesen sei, so daß die inländische Gerichtsbarkeit, wenn nicht geradezu vereinbarungsgemäß, so doch jedenfalls nach dem forum contractus als gegeben erscheine.

Das Bundesgericht führt dann zu dem nunmehr seiner Judikatur vorliegenden Fall übergehend aus, daß das Schuldverhältnis, aus dem die strittigen Arrestforderungen hergeleitet werden, nur dann dem schweizerischen Gebiete angehörend zu betrachten sei, wenn die Forderungen entweder vom Schuldner hier begründet, eingegangen oder durchzuführen gewesen seien oder wenn zumindest Handlungen des Schuldners vorlagen, wodurch er in der Schweiz einen Erfüllungsort begründet hätte. Keines von beiden treffe indessen zu. Insbesondere sei, wie das Bundesgericht näher ausführt, keine Zahlstelle in der Schweiz begründet worden. Das Berufungsgericht hob daher den Arrest auf.

Die gleiche Unterscheidung wie die italienische, belgische, schweizerische Judikatur und die obenzitierten österreichischen Entscheidungen zwischen acta jure imperii und acta jure gestionis trifft auch die Gerichtsbarkeit der gemischten Gerichte in Ägypten. Das gemischte Appellationsgericht von Alexandrien hat in der Entscheidung vom 24. November 1920 (Clunet 1921, 271), betreffend eine Schiffskollisionssache gegen die englische Krone, ausgeführt, daß Handlungen, die in Ausübung der Souveränität eines ausländischen Staates vorgenommen wurden, der Jurisdiktion eines ausländischen Gerichtes nicht unterlägen, ganz anders sei es aber, wenn eine Handlung, z. B. ein Quasidelikt im klagsgegenständlichen Falle, von den Angestellten eines ausländischen Staates in der Gestion seiner privaten Interessen und vollkommen ohne Zusammenhang mit seiner politischen Betätigung vorgenommen worden sei. Die Zuerkennung der Immunität von der Jurisdiktion in einem solchen Fall wäre eine Rechtsverweigerung (negation de la justice), weil sie diejenigen Individuen des Rechtsschutzes berauben würde, deren Interesse sich mit den Privatinteressen des genannten Staates in Konflikt befänden. Das Appellationsgericht verweist auf seine Präjudikatur, insbesondere auf eine dem Obersten Gerichtshof nicht zugängliche Entscheidung vom 9. Mai 1921, und fügt hinzu, daß der Mangel der Jurisdiktion des Gerichtes eines Staates über einen anderen Staat nur relativ sei, da es allgemein anerkannt sei, daß eine ausländische Regierung als Klägerin vor den Gerichten eines anderen Staates gegen die der Gerichtsbarkeit dieses Staates unterworfenen Personen auftreten könne und verpflichtet sei, sich vor dem Gerichte des Staates, wo er Immobilien besitze, hinsichtlich dieser Klagen in das Verfahren einzulassen. Das Appellationsgericht schließt daraus, daß dieser Mangel der Gerichtsbarkeit dann nicht vom ausländischen Staat eingewendet werden kann, wenn er nur als einfacher Privater oder als Zivilperson gehandelt habe.

Ähnlich wird in einer Entscheidung des gemischten Gerichtes in Cairo vom 14. Februar 1927 (Harvard Research 616) die Zuständigkeit für eine Mietzinsklage, betreffend eine von einer Regierung gemietete möblierte Villa, mit der Begründung bejaht, daß es sich hier nicht um einen Akt der öffentlichen Gewalt (acte de puissance public) handle, sondern um einen Vertrag des Privatrechtes, hinsichtlich dessen die Regierung der Jurisdiktion der ausländischen Gerichte unterworfen ist.

Diese Judikatur wird in einer Entscheidung des gemischten Appellationsgerichtes von 1930 (Harvard Research 616), wo es sich um die Ansprüche des Generalrepräsentanten der türkischen Tabakregie handelte, der angeblich grundlos entlassen worden sei, wie folgt zusammengefaßt:

"Da aber die gemischte Gerichtsbarkeit (wie die italienische und belgische) in dem Sinne konstant ist, daß sich die Immunität nur auf die Akte der Souveränität und nicht auf die actes de gestion bezieht, hinsichtlich der der ausländische Staat nach den Grundsätzen des Privatrechtes gehandelt hat (9. Mai 1912, Bull. 24, 330; 24. November 1920, Bull. 30, 25; Gericht von Alexandrien, Gaz. XVI, 123, Nr. 125, Gericht Cairo 14. Februar 1927, Gaz. XVII, 104, Nr. 151) Zu den Staaten, die grundsätzlich die Immunität anerkennen, auch dann, wenn es sich um acta gestionis des Privatrechtes handelt, gehören neben Deutschland (RGZ. 62, 165; 103, 274), England (grundlegend eine Entscheidung von 1880) und die Vereinigten Staaten (grundlegend eine Entscheidung von 1812 - vgl. die Zusammenstellung der USA-Judikatur in Revue generale de droit international public 1936, 603 ff.), die Tschechoslowakei (Slg. OG. 343, 2162), Polen (E.d. OGH. Warschau vom 2. März 1926, Annuario di diritto comparato II/III, S. 768) und Portugal (E. v. 1923, zit. von Irizarry y Puente in Revue generale de droit international public 1934, 545), auch Frankreich (grundlegend eine Entscheidung vom 24. Jänner 1849, DP. 49, 1, 9). Doch sind die französischen Gerichte von dieser Judikatur abgegangen, soweit ein ausländischer Staat regulär Handelsgeschäfte in Frankreich betreibt. Erstmalig hat das Appellationsgericht Paris in der Entscheidung vom 19. November 1926 (Revue de droit international prive 1927, 251) in einem Prozeß gegen die Handelsvertretung der UdSSR ausgesprochen, daß diese aus den in Frankreich abgeschlossenen Handelsgeschäften geklagt werden könne. Im Zuge des Kassationsverfahrens hat die Klägerin ein Gutachten des Generalsekretärs d. Min. d. Äuß. eingeholt, in dem das Generalsekretariat mitteilt, daß derzeit Unterhandlungen mit der Sowjetunion über diese Frage im Gange sind. Das Generalsekretariat fügt hinzu: "Nichtsdestoweniger hat mein Departement vorläufig die Doktrin akzeptiert, daß dieser Organismus (die russische Handelsvertretung) auf dieselbe Weise zu behandeln ist wie ausländische, in Frankreich wohnhafte Kaufleute und daß ihnen kein Privileg unter dem Vorwand zukommt, daß sie eine Emanation des sowjetischen Staates sind" (abgedruckt bei Stoupnitzky, Statut international de l URSS, Paris 1936, S. 283, Anm. 1). Der Kassationshof hat diese Entscheidung am 19. Februar 1929 (Clunet 1929, 1042) mit der Begründung bestätigt, daß sich die Handelsbetätigung der Handelsvertretung auf alle Gebiete erstrecke und daß diese Manifestationen nur als Handelssachen (actes de commerce) angesehen werden können, die dem Prinzip der Souveränität der Staaten vollkommen fremd sind (im gleichen Sinne die Entscheidung des französischen Kassationshofes vom 15. Dezember 1936 (Revue critique de droit international 1937, 710)).

Auch die französische Judikatur muß daher, wenn auch unter Beschränkung auf den Fall, daß es sich um Geschäfte der Handelsmonopolverwaltung eines ausländischen Staates handelt, der Rechtsprechung der Staaten zugerechnet werden, die die Immunität der Staaten in Privatrechtsachen nicht mehr ausnahmslos anerkennen, obwohl sie im übrigen an der klassischen Immunitätslehre festhält (z. B. E. des Kassationshofes vom 23. Jänner 1933, Clunet 1934, 96).

Im gleichen Sinne haben die griechischen Gerichte in einem in Harvard Research 622 mitgeteilten Falle entschieden, wo die griechische Gerichtsbarkeit über die Sowjetrepublik wegen Schlechtlieferung von Vieh mit nachstehender Begründung bejaht worden ist: "Wenn die UdSSR als Verkäufer von Gütern zu handeln unternimmt, so nimmt sie damit den Charakter eines Entrepreneurs an, sie nimmt ein gewöhnliches Stück eines zivilen Geschäftes vor und tritt in einen Vertrag nach innerstaatlichem Recht. Ihre Beziehungen können dann von den griechischen Gerichten jurisdiktionell überprüft werden, weil der Kläger griechischer Staatsbürger ist, der die Gerichtsbarkeit anruft, um diese Frage entscheiden zu lassen. Auch muß bemerkt werden, daß durch den Abschluß des Vertrages die Union sich freiwillig der griechischen Jurisdiktion unterworfen hat".

Auch das Handelsgericht Ilfov (Name des Bukarester Handelsgerichtes) hat diesen Standpunkt in der Entscheidung vom 18. Oktober 1920 (Revue de droit international prive 1924, 581) in einer Sache, in der die polnische Tabakmonopolverwaltung geklagt worden ist, eingenommen. Jeder Staat müsse hinsichtlich seiner Bedürfnisse und Verpflichtungen unter zwei Aspekten betrachtet werden: "a) der Staat nimmt öffentliche Akte, Akte der Souveränität, der Verwaltung, jure imperii in Konsequenz seiner politischen Bedürfnisse vor, b) der Staat nimmt Zivilakte vor, sogenannte actes de gestion, er kauft, verkauft, nimmt jede Art von Transaktionen jure privato vor in Konsequenz der großen Erweiterung der Betätigungssphäre (attributions) und Bedürfnisse des modernen Staates. Diese Aktivität bewirkt, daß sich der Staat von einem Privaten nicht unterscheidet. Das Kriterium der Unterscheidung dieser Akte ist nach ihrer Natur vorzunehmen und nicht nach dem Zweck, den sie verfolgen".

Im gleichen Sinne hat ferner der Oberste Gerichtshof von Brasilien im Jahre 1917 (mitgeteilt von Irizarry y Puente, Principes fondamentaux de droit international public, in Revue generale de droit international public 1934, 547) entschieden, daß ein Staat, der in der Verwaltung seines Vermögens Verträge abschließt, die Rechte und Verpflichtungen übernimmt, die mit vertraglichen Verpflichtungen nach dem Zivilrecht verbunden sind, und sich daher auf die Immunität nicht berufen kann. Ebenso der Oberste Gerichtshof von Chile 1921 (mitgeteilt von Irizarry y Puente, a. a. O., S. 548) in einem gegen Bolivien ergangenen Urteil. Nach dem dem Obersten Gerichtshof allein vorliegenden Entscheidungsexzerpt ist es freilich unklar, ob die letztangeführte Entscheidung sich nicht auf einen Fall der Realgerichtsbarkeit bezieht. In diesem Fall würde Chile aus der Reihe der Staaten auszuscheiden sein, in denen sich die sogenannte Differenzierungstheorie durchgesetzt hat.

Auch die zaristische Judikatur des russischen Kaiserreiches (Senatsentscheidung vom 30. September 1909, mitgeteilt von Büchler in Zeitschrift für Ostrecht 1927, S. 291) hat die inländische Gerichtsbarkeit bejaht, soweit ein ausländischer Staat in Rußland Vermögensstücke erwirbt oder auf russischem Territorium privatrechtliche Rechtshandlungen vornimmt.

Ferner unterscheidet der sogenannte Codex Bustamente: Grundsätzlich ist die Immunität die Regel, wenn der Staat als Staat und kraft seines politischen Charakters handelt (Art. 334), dagegen ist die Zuständigkeit der Gerichte gegen ausländische Staaten anerkannt, wenn sie als Individuum oder Privatperson handeln (Art. 335).

Es kann daher heute, wie diese Übersicht beweist, nicht mehr gesagt werden, daß in der Judikatur der Grundsatz der Exemtion ausländischer Staaten allgemein anerkannt sei, wenn es sich um privatrechtliche Ansprüche handelt, weil ein Großteil der Gerichte verschiedenster Kulturstaaten in diesen Fällen die Immunität des ausländischen Staates verneint, zumal da auch in denjenigen Staaten, die heute noch den traditionellen Grundsatz, daß kein Staat über den anderen eine Jurisdiktion auszuüben berechtigt sei, vertreten, Ausnahmen gemacht werden, so hat z. B. das Oberste Gericht von Tennessee (laut Harvard Research 584) im Jahre 1923 die Jurisdiktion über eine Liegenschaft des Staates Georgia in Anspruch genommen, die dieser seinerzeit zum Zwecke des Baues einer Eisenbahn erworben hat. Auch die amerikanischen Gerichte lassen also, zumindest dort, wo es sich um die Ausübung der Realgerichtsbarkeit handelt, Ausnahmen von der klassischen Immunitätslehre zu (im angeführten Falle handelte es sich um die Frage, ob Eisenbahngrundstücke, die einem fremden Staat gehören, zum Zwecke der Verbreiterung einer Straße enteignet werden können).

Daß diese Bewegung auch sonst vor den angelsächsischen Staaten nicht haltgemacht hat, beweist die Resolution, die 1923 von einer Imperial Economic Conference des britischen Empire ausdrücklich beschlossen wurde, daß ein Dominion, das in einem anderen Handel betreibt, aus diesem Grund keine Steuerfreiheit für sich beanspruchen kann (Harvard Research 608) (shall not in its character as such be treated as entitled to any sovereign immunity from taxation either directly or through the claims of superiority to the jurisdiction of municipal courts).

Eine ähnliche Empfehlung enthält der Report der World Economic Conference von Genf 1927 (Harvard Research 607).

Auch in internationalen Verträgen ist mehrfach anerkannt worden, daß acta jure gestionis nicht von der Gerichtsbarkeit ausgenommen sind. So bestimmt z. B. Art. 233 des "Staatsvertrages" von St. Germain (und entsprechend die anderen Pariser Vororteverträge), daß die österreichische Regierung, wenn sie sich in internationalen Handel einläßt, deshalb hinsichtlich desselben keine Rechte, Privilegien und Immunitäten der Souveränität haben und zu haben angesehen werden soll.

Die Bedeutung dieser Klausel ist strittig, die einen sehen darin ein Privilegium odiosum der Mittelmächte, die anderen den Ausdruck eines neuen internationalen Rechtes. Welche dieser beiden Auffassungen richtig ist, kann dahingestellt bleiben. Da aber die ehemaligen Mittelmächte durch den Vertrag nicht nur gegenüber den ehemaligen Feindmächten, sondern ganz allgemein die Verpflichtung auf sich genommen haben, in Handelssachen vor ausländischen Gerichten Recht zu nehmen, so kann jedenfalls gesagt werden, daß eine solche Unterwerfung souveräner Staaten in Privatrechtssachen als völkerrechtsmäßig durchaus zulässig angesehen wird.

Ähnliche, nicht auf einzelne Staaten beschränkte Bestimmungen enthalten übrigens auch andere Verträge, so Art. 30 des Luftschiffahrtsabkommens von Paris vom 13. Oktober 1919 und Art. 2 des Warschauer Lufttransportabkommens vom 12. Oktober 1929.

Auch die verschiedenen Entwürfe internationaler Vereinigungen enthalten Vorschläge, die sich in der gleichen Richtung bewegen. Der diesbezügliche Vorschlag des Institut de droit international 1891 ist schon in der oben mitgeteilten Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichtes Bd. 56, I, 247, angeführt. Auf der 34. Conference der International Law Association (Wien 1926) wurde die Frage neuerlich diskutiert, ohne daß ein abschließender Beschluß gefaßt wurde. Dasselbe gilt von dem Subkomitee der League of Nations, das sich darauf beschränkte, am 11. Oktober 1926 einen Bericht über den Status causae zu erstatten.

Dagegen ist 1932 von der Harvard Law School ein eingehender Entwurf samt Begründung verfaßt worden, der im Art. 11 nachstehende Bestimmung enthält:

"A State may be made a respondent in a proceeding in a court of another State, when in the territory of such other State, it engages in an industrial, commercial, financial or other business enterprise in which private persons may there engage, or does an act in connection with such an enterprise wherever conducted, and the proceeding is based upon the conduct of such enterprise or upon such act.

The foregoing provision shall not be construed to allow a State to be made a respondent in a proceeding relating to its public debt."

Die Verfasser des Entwurfes berufen sich insbesondere auf die Judikatur von Italien, Belgien und auf die gemischten ägyptischen Gerichte und bemerken, wenn die Unterscheidung zwischen acta jure gestionis und acta jure imperii auch bisher nicht allgemein angenommen sei, so sei es doch an der Zeit, diese Unterscheidung in einer internationalen Kodifikation festzulegen (Harvard Research 606). Bemerkenswert ist noch, daß in der Einleitung (S. 473) eine Äußerung des Chief Justice Marshall, des Verfassers der in der USA noch immer Richtung gebenden Entscheidung von 1812, angeführt wird, in der er sagte, wenn ein Staatsoberhaupt in den Marktplatz herabsteigt, so sollte es mit jedem privaten Händler gleichbehandelt werden.

Die verschiedenen Vorschläge internationaler Vereinigungen zeigen, daß die klassische Doktrin der unbeschränkten Immunität heute nicht mehr der Rechtsauffassung der juristischen Praktiken entspricht.

Aber auch die Wissenschaft bietet kein einheitliches Bild. Auch zu dieser muß der Oberste Gerichtshof kurz Stellung nehmen, weil die communis opinio doctorum ebenfalls als Quelle des Völkerrechtes angesehen wird.

Die österreichische Rechtslehre ist gespalten. Die klassische Lehre vertreten nur Walker, Internationales Privatrecht, 5. Aufl., S. 175, und Pollak, Zivilprozeßrecht, 2. Aufl., S. 251; alle anderen Schriftsteller verneinen - im einzelnen nicht immer übereinstimmend -, daß in rein privatrechtlichen Streitigkeiten ein Völkerrechtsgrundsatz anzuerkennen sei, nach dem ein Staat ausnahmslos - etwa Realangelegenheiten und den Fall ausdrücklicher Unterwerfung ausgenommen - im Inland nicht geklagt werden dürfe; so bereits Jettel, Handbuch des internationalen Privat- und Strafrechtes (1893), S. 145; Strisower, Österreichisches Staatswörterbuch, 2. Aufl. s. v. Exterritorialität I 916; Verdroß, Völkerrecht, S. 200; Sperl, Lehrbuch, S. 32 ff; Wolff, Zivilprozeßrecht, 2. Aufl.; bloß referierend Verdroß in Klang, Kommentar, 2. Aufl. (1949), I, S. 208. Am weitesten geht Hold - Ferneck, Lehrbuch des Völkerrechts, I, S. 171, der eine völkerrechtliche Norm überhaupt nicht anerkennt und ausländische Staaten von der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nur so weit eximiert erachtet, als dies besondere Vorschriften - innerstaatliche (?) - verfügen. Auch in den übrigen Staaten hat sich keine einheitliche Auffassung der Gelehrtenwelt durchgerungen, wie die Zusammenstellungen der literarischen Meinungen bei Spruth, Gerichtsbarkeit über fremde Staaten (Frankfurt 1929), Edwin Gmür, Gerichtsbarkeit über fremde Staaten (Zürich 1948), S. 140 ff., und Riezler, Internationales Prozeßrecht (Berlin 1949), S. 395 ff., beweisen.

Auch in den angelsächsischen Ländern, wo bisher die Judikatur, man kann sagen ausnahmslos, an der klassischen Immunitätslehre festhält, mehren sich die literarischen Stimmen, die einer Unterscheidung zwischen acta juris imperii und juris gestionis das Wort sprechen, z. B. Watkins, The state as party litigant, 189 f. (Baltimore 1927); George Granville Chillimore in Recueil des Cours de la Haye, VII, 417 und 480; Irizarry y Puente in Revue generale de droit international public 1934, 548; auch das neueste Lehrbuch des Völkerrechtes in englischer Sprache von Starke, An introduction to international law (London 1947) stellt die Frage als durchaus offen hin.

Zum Abschluß seien zwei anerkannte Schweizer Internationalisten der allerneuesten Zeit angeführt, die den entgegengesetzten Standpunkt für das geltende Recht vertreten, Guggenheim, Lehrbuch des Völkerrechtes, I, S. 174 ff., der die klassische Immunitätslehre verteidigt, einerseits und Schnitzer, Internationales Privatrecht, 2. Aufl., II, S. 368 f., anderseits; im Sinne der letztangeführten Auffassung auch das soeben erschienene Werk von Riezler, Internationales Prozeßrecht (1949), S. 400.

Es kann daher von einer communis opinio doctorum keine Rede sein.

Bei dieser Sachlage kommt der Oberste Gerichtshof zu dem Ergebnis, daß heute nicht mehr gesagt werden kann, daß nach anerkanntem Völkerrecht die sogenannten acta gestionis von der inländischen Gerichtsbarkeit ausgenommen sind. Diese Freigabe der acta gestionis an die Jurisdiktion der einzelnen Staaten ist in der Entwicklung, die die wirtschaftliche Betätigung der Staaten genommen hat, begrundet. Die klassische Immunitätslehre ist in einer Zeit entstanden, da eine jede wirtschaftliche Betätigung eines Staates im Auslande mit seiner politischen zusammenhing, sei es, daß er Anschaffungen für seine Vertretungen im Auslande machte, sei es, daß er für Kriegszwecke im Ausland Kriegsmaterial und dergleichen anschaffte. Einen Unterschied zwischen privaten Rechtsgeschäften und Souveränitätsakten zu machen war daher nicht gerechtfertigt; ganz anders heute, da die Staaten sich selbst kommerziell betätigen und mit In- und Ausländern, wie der vorliegende Streitfall zeigt, im Wettbewerb stehen. Die klassische Immunitätslehre hat deshalb heute ihren Sinn verloren und kann daher auch ratione cessante nicht mehr als geltendes Völkerrecht anerkannt werden.

Ist aber eine völkerrechtliche Beschränkung bei den acta gestionis nicht mehr anzuerkennen, so gelten nur die inländischen Rechtsnormen allein, da diese nach Art. IX EGzJN. nur insoweit zurückzutreten haben, als völkerrechtliche Normen das Inlandsrecht verdrängen.

Welche Personen im Inland Exterritorialität genießen, wird in Art. IX EGzJN. überhaupt nicht geregelt, da diese Gesetzesstelle nur auf die völkerrechtlichen Grundsätze verweist (Abs. 2). Art. IX besagt nur soviel, daß auch Rechtssubjekte, die von der inländischen Gerichtsbarkeit im allgemeinen eximiert sind, jedenfalls in Realangelegenheiten und im Falle freiwilliger Unterwerfung im Inland geklagt werden können. Wird also ein Völkerrechtsgrundsatz hinsichtlich der Exemtion ausländischer Staaten in Privatrechtsangelegenheiten verneint, so muß nach dem dann allein maßgeblichen Recht der ausländische Staat jedem anderen Ausländer gleichgestellt werden, weil auch das interne österreichische Recht keine über das Völkerrecht hinausgehenden Einschränkungen kennt.

Es kann auch gegen diese Auffassung nicht mit Fug eingewendet werden, daß das Völkerrecht damit vom Inlandsrecht verdrängt werde, weil dieses bestimme, welche Handlungen als Souveränitätsakte anzusehen seien und welche nicht. Die Rechtsauffassung ist rechtsirrig; denn insoweit ein Akt nach anerkanntem Völkerrecht als Souveränitätsakt gilt, muß dies auch unsere Judikatur anerkennen. Sie kann aber nach Inlandsrecht darüber hinaus auch die Akte, die nur nach interner Auffassung als Souveränitätsakte angesehen werden, von der Gerichtsbarkeit ausschließen. Diese comitas gegen andere Staaten kann aber das Völkerrecht nie verletzen, so wenig eine Völkerrechtsverletzung dann angenommen wird, wenn ein Staat, wie dies heute noch die angelsächsischen Länder tun, alle Handlungen fremder Staaten von seiner Gerichtsbarkeit ausschließt. Solange es kein allgemein gültiges Weltrecht gibt, wird eine völlige Gleichheit der Rechtsübung aller Staaten nie zu erzielen sein. Das verlangt aber das Völkerrecht nicht; es genügt, wenn die von ihm vorgeschriebenen Schranken allgemein beobachtet werden.

Aus diesen Erwägungen kommt der Oberste Gerichtshof zu dem Ergebnis, daß die inländische Gerichtsbarkeit im vorliegenden Fall zu bejahen ist.

Es war daher in die Entscheidung der Sache selbst einzugehen. Die Aktivlegitimation der gefährdeten Partei muß als bescheinigt gelten, weil die Unterinstanzen übereinstimmend als glaubhaft gemacht angesehen haben, daß die gefährdete Partei Generalvertreter und Lizenznehmer der Firma Georg D. ist und daß sie seit Jahren die für die Hamburger Firma eingetragenen Marken gebraucht. Von der überwiegenden Praxis des Obersten Gerichtshofes (E. v. 22. Dezember 1926, Rspr. 1929, Nr. 79; 16. Mai 1935, SZ. XVII/87; entgegen nur E. v. 3. Juli 1929, GRUR. 34, 1213) wird aber auch dem Lizenznehmer über den Wortlaut des Gesetzes hinaus ein Klagerecht nach § 9 UnlWG. zuerkannt. Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Judikatur abzugehen, weil sie den praktischen Bedürfnissen in weitgehendem Maße Rechnung trägt. Die Zulässigkeit der Klagsführung durch den Antragsteller kann auch nicht deshalb verneint werden, weil die Zeichenrechte, deren Schutz begehrt wird, einem reichsdeutschen Eigentümer zustehen. Die Klagsführung durch den österreichischen Lizenznehmer einer deutschen Firma könnte nur dann als Umgehungsmaßnahme nicht zugelassen werden, wenn nach österreichischem Recht deutschen Markeninhabern die Klagsberechtigung nicht zuerkannt werden könnte. Da aber kein österreichisches Gesetz deutschen Staatsangehörigen verbietet, die ihnen vor 1945 gehörigen Schutzrechte geltend zu machen, so kann auch aus diesen Erwägungen heraus die Antragslegitimation der gefährdeten Partei nicht verneint werden.

Die erste Instanz hat ausdrücklich als unbestritten festgestellt, daß die gleichen Wort- und Bildmarken, die für die Firma Georg D. in Hamburg eingetragen wurden, im Wiener Markenregister auch für die Firma Georg D. in Bodenbach eingetragen sind.

Die Entscheidung des gegenständlichen Rechtsstreites hängt daher davon ab, ob die seinerzeit für die Bodenbacher Filiale der Hamburger Firma eingetragenen österreichischen Marken auf das nationalisierte Unternehmen in der Tschechoslowakei übergegangen sind, weil dann das Benützungsrecht der Antragsgegnerin an strittigen Marken als bescheinigt anzusehen ist und daher nicht gesagt werden kann, es sei glaubhaft gemacht, daß sie zu Unrecht in Österreich Waren, die mit diesen Marken versehen sind, feilbiete und vertreibe; anders wäre die Sachlage dann, wenn der Rechtsübergang nicht bescheinigt wäre, weil dann die Benützung dieser Marken in Österreich in die älteren Markenrechte der Hamburger Firma und ihres Lizenznehmers eingreifen würde. Daß die internationale Registrierung der nationalisierten Marken daran nichts ändert, wird weiter unten dargelegt werden.

Erste Voraussetzung für die Anerkennung des Rechtsüberganges der österreichischen Marken auf das in der Tschechoslowakei nationalisierte Unternehmen ist, daß nach tschechoslowakischem Recht die Nationalisierung rechtsgültig erfolgt ist. Diese Frage ist zu bejahen.

Rechtsgrundlage für die sogenannte Nationalisierung ist das Dekret des Präsidenten der tschechoslowakischen Republik vom 25. Oktober 1945, Slg. der Gesetze und Verordnungen Nr. 108, über die Konfiskation des feindlichen Vermögens, das im Teil I, § 1, Z. 2, die entschädigungslose Konfiskation des Vermögens der physischen Personen deutscher Nationalität (osob fysickych narodnosti nemecke) zugunsten des Staates verfügt hat. Darunter ist nicht nur das Vermögen der sogenannten Sudetendeutschen, sondern auch das der Reichsdeutschen zu verstehen, ausgehend von dem Gedanken, daß sich die Tschechoslowakei mit dem Deutschen Reich im Kriege befunden hat und daher berechtigt sei, das Vermögen der deutschen Staatsangehörigen für sogenannte Reparationszwecke einzuziehen.

Es kann daher vom Standpunkt des internen tschechoslowakischen Rechtes nicht daran gezweifelt werden, daß die Konfiskation des Filialunternehmens der reichsdeutschen Firma Georg D. in Bodenbach rechtsgültig ist. Ob diese Konfiskation auch völkerrechtlich als zulässig anzusehen ist, ist für die innerstaatliche Wirksamkeit bedeutungslos. Die Frage ist völkerrechtlich bestritten (so Starke, Introduction, S. 267). Verdroß, Völkerrecht, S. 304, z. B. erklärt kriegführende Mächte nicht für berechtigt, das auf ihrem Territorium gelegene Feindvermögen zu liquidieren; entgegen Georgio Balladore Pallieri, La guerra (1935), S. 369, und die dort zitierte völkerrechtliche Literatur; im letztangeführten Sinne auch die Entscheidung des US Supreme Court vom 8. Dezember 1947 (68 Sup.Ct. 179) in Sachen Silesian American Corporation v. Clark (auszugsweise abgedruckt im Nachrichtenblatt der österreichischen Rechtsanwaltschaft 1950, S. 41). Der Oberste Gerichtshof hätte in diesem Stadium des Prozesses nur dann Veranlassung, zu diesem Problem Stellung zu nehmen, wenn er zu dem Ergebnis käme, daß völkerrechtlich zulässige Kriegsmaßnahmen auch von den nichtkriegführenden Staaten auf ihrem Territorium als wirksam anzusehen sind. Das muß aber im Sinne der herrschenden Praxis und Lehre des Völkerrechtes verneint werden.

So hat das Tribunal von Monaco in der Entscheidung vom 24. Mai 1917, Clunet 1917, 1508, die Zulässigkeit der Berufung des Schuldners auf ein in seinem Heimatstaat erlassenes Verbot, Zahlungen an Angehörige eines Feindesstaates zu leisten, als exterritorial nicht verbindlich erklärt; im gleichen Sinne hat ein niederländisches Berufungsgericht (Deutsche Juristenzeitung 1917, S. 236) entschieden; entgegen die bei Solere, Condition des biens ennemis Nr. 56 (in Rep. de droit international IV S. 465) angeführten Entscheidung erster Instanz des Landesgerichtes Rotterdam, die das Zahlungsverbot als höhere Gewalt gelten ließ.

Besonders hervorzuheben ist die Entscheidung der "Cour de Chancellerie" von New-Jersey vom 3. August 1915, Revue 1918, 122, die jede exterritoriale Wirkung von Kriegsmaßnahmen mit der Begründung abgelehnt hat, daß sonst die neutralen Gerichte Hilfsinstrumente der kriegsführenden Mächte in der Kriegsführung werden würden, während eine Entscheidung des New Yorker District-Gerichtes vom Mai 1915 (Clunet 1915, 930) die Verurteilung einer Österreicherin zur Zahlung an eine englische Firma gerade unter Hinweis auf die Neutralität ablehnte, weil sonst bei den in beiden Staaten erlassenen Zahlungsverboten die neutralen Gerichte den Gläubiger unterstützen würden, was praktisch darauf hinausläuft, nur die zugunsten der jeweils Beklagten erlassenen Kriegsmaßnahmen anzuwenden.

Wiederholt haben sich die Schweizer Gerichte mit der Wirkung von Kriegsmaßnahmen ausländischer Staaten beschäftigt. Der Entscheid des Bundesgerichtes vom 17. Dezember 1914, BG. E 40, I, 486 = Revue 1917, 351, lehnt die Berücksichtigung mit einer ähnlichen Begründung wie die Entscheidung von New-Jersey ab, weil es nicht die Aufgabe des Bundesgerichtes sein könne, die Durchführung einer von einem ausländischen Staate angeordneten außerordentlichen Kriegsmaßnahme zu sichern; ähnlich Entscheidung vom 17. April 1916, BG. E II, 813 = Revue 1917, 348, daß dem Richter eines neutralen Staates nicht zuzumuten sei, solche ausländische Vorschriften anzuwenden, welche die Bekämpfung des feindlichen Staates auf wirtschaftlichem oder anderem Gebiete bezwecken. Das Urteil vom 19. April 1918, BG. E 44, II, 170, wiederholt, daß das Bundesgericht stets den Grundsatz vertreten habe, daß Kriegserlässe der streitenden Mächte von den schweizerischen Gerichten nicht berücksichtigt werden können.

An dieser Judikatur haben die schweizerischen Gerichte auch im zweiten Weltkrieg festgehalten. So hat das Obergericht Zürich in der Entscheidung vom 11. November 1942 (Schweizerische Juristenzeitung XXXIX, 367), die Einsetzung einer kommissarischen Verwaltung über eine in Danzig niedergelassene Firma nicht anerkannt und in der Entscheidung vom 15. Jänner 1940, Schweizerische Juristenzeitung XXXIX, 302, die Anwendbarkeit der deutschen Verordnung über Behandlung feindlichen Vermögens in der Schweiz verneint.

Nach der von Seidl-Hohenveldern, Österreichische Juristenzeitung 1949, S. 535, Note 28, mitgeteilten Entscheidung des schwedischen Obersten Gerichtshofes vom 25. September 1944 hat auch dieses Höchstgericht die vom britischen Feindvermögensverwalter ausgesprochene Konfiskation einer englischen Gesellschaft, deren Aktien zu 99% in deutschen Händen waren, nicht anerkannt und das schwedische Guthaben der Gesellschaft den deutschen Aktionären ausgezahlt.

Die gleiche Auffassung wird auch ausnahmslos in der juristischen Literatur vertreten, so grundlegend Niboyet: De l effet en pays neutre des mesures de guerre (Revue 1920, 248 ff.) und Droits acquis Nr. 62 (in Rsp. de droit international V, S. 716); ferner Dietrich-Schindler, Besitzen konfiskatorische Gesetze außerterritoriale Wirkung? (im Schweizerischen Jahrbuch für internationales Recht 1946, S. 68 ff.), der noch weiteres schweizerisches Schrifttum, insbesondere ein dem Obersten Gerichtshof nicht zugängliches Buch von Sauser-Hall: Les traites de paix et les droits prives des neutres, das die gleiche These vertritt, anführt.

Auch der Oberste Gerichtshof schließt sich dieser, in der Lehre und der Rechtsprechung einer Reihe von Staaten, denen widersprechende Präjudikate nicht entgegenstehen, vertretenen Auffassung an, daß Kriegsmaßnahmen keine exterritoriale Wirkung haben und daß sie daher in einem nichtkriegführenden Staate auch dann nicht anerkannt werden können, wenn sie völkerrechtlich nur die Kriegführung dritter Staaten als leidendes Objekt über sich ergehen lassen mußte, so kann auch die Konfiskation des reichsdeutschen Vermögens in der Tschechoslowakei auf das in Österreich befindliche Vermögen, das einen Teil dieses Filialvermögens bildet, keine Wirkung haben.

An diesem Rechtszustand haben auch weder die Potsdamer Beschlüsse vom 2. August 1945 (abgedruckt bei Verosta, Die internationale Stellung Österreichs, Nr. 33, S. 76), noch der Pariser Akkord vom 21. Dezember 1945 (abgerdruckt in Slg. der csl. Gesetze und Verordnungen Nr. 150/47 über die deutschen Reparationen) etwa geändert. Die Potsdamer Beschlüsse beschränken sich darauf, die Reparationen in IV in großen Zügen auf die Hauptmächte zu verteilen; sie enthalten keine Bestimmung, aus der entnommen werden könnte, daß die von den Alliierten besetzten Staaten gehalten sind, den in den Staatsgebieten der einzelnen Alliierten angeordneten Konfiskationsmaßnahmen exterritoriale Wirkung über die allgemein geltende Völkerrechtsnorm hinaus zuzusprechen.

Der Pariser Akkord geht grundsätzlich davon aus, daß nur die in den Gebieten der Alliierten gelegenen deutschen Vermögenschaften zu liquidieren sind (Art. 6 A), nimmt also selbst keine exterritoriale Wirkung in Anspruch. Wohl aber wird in Art. 6 C vorgesehen, daß durch Abschluß von besonderen Verträgen mit dritten Staaten auch das in diesen Staaten gelegene deutsche Vermögen in die Liquidation einbezogen werden sollen (les Etats Unis d Amerique, la France et le Royaume Uni) negocieront avec les Pays Neutres ... Dem Pariser Akkord kommt daher nur insoweit eine exterritoriale Wirkung zu, als die Staaten, in denen dieses Vermögen gelegen ist, sich durch ein völkerrechtliches Abkommen dazu verpflichtet haben, wie dies z. B. die Schweiz im Washingtoner Finanzabkommen vom 25. Mai 1946 (Schweizer Jahrbuch IV, 148) getan hat.

Österreich, mit dem bisher ein Staatsvertrag nicht abgeschlossen worden ist und das auch - obwohl vom Deutschen Reich gewaltsam okkupiert - weder dem Pariser Akkord noch dem besonderen Londoner Accord vom 27. Juli 1946 über die Behandlung deutscher Patente (abgedruckt im Österr. Patentblatt 1948, S. 40, und tschechoslow. Slg. von Gesetzen und Verordnungen Nr. 75/47) beigetreten ist, hat sich daher auch zur Liquidation des deutschen Vermögens nicht verpflichtet. Art. 6 C findet deshalb in Österreich keine Anwendung Auch im Verhältnis zu Österreich kann demnach nicht gesagt werden, daß den Liquidationsmaßnahmen, die in den einzelnen alliierten Staaten erlassen worden sind, eine exterritoriale Wirkung zukomme.

Auch die spezifisch markenrechtlichen Gesichtspunkte führen zu dem gleichen Ergebnis.

Ob eine im Inland für ein ausländisches Unternehmen eingetragene Marke mit den Marken des Heimatstaates zu identifizieren sei, ob also der Grundsatz der Einheit der Marke in Österreich anzuerkennen sei, richtet sich nach dem nationalen österreichischen Recht. Es ist das keine Frage des Völkerrechtes, sondern des internationalen Privatrechtes. Daher entscheidet das österreichische Kollisionsrecht darüber, wie das Markenrecht für ein ausländisches Unternehmen zu qualifizieren sei.

Die Maßgeblichkeit des österreichischen Rechtes wird auch durch den Umstand nicht berührt, daß sowohl Österreich als die Tschechoslowakei der Pariser Union angehören - zwischen Österreich und der Tschechoslowakei gilt die Haager Fassung -, weil jeder Staat den Vertrag nach seiner Auffassung auslegt, da die Bestrebungen zur Schaffung einer internationalen Markengerichtsbarkeit bisher zu keinem Erfolg geführt haben.

Wenn auch nach Art. 6 der Pariser Übereinkunft (Haager Fassung) eine ausländische Marke grundsätzlich nur dann im Inland zur Hinterlegung zugelassen wird, wenn sie im Heimatstaat registriert ist, so wird doch damit nur ein Minimalschutz gewährt. Kein Unionstaat ist gehindert, darüber hinaus ausländische Marken auch ohne Registrierung im Heimatland zu schützen. Dies ist nach dem Markenschutzgesetz BGBl. Nr. 206/47 in Österreich dann der Fall, wenn im Sinne des § 32 Abs. 4 MSchG. die Gegenseitigkeit gewährleistet ist. Es kann daher nicht gesagt werden, daß im österreichischen Recht der Grundsatz der Akzessorietät restlos verwirklicht ist, da Österreich auch ausländische Marken anerkennt, die im Heimatland nicht oder wenigstens nicht als registrierte Marken geschützt sind. Bei solchen Marken, die im Heimatland nicht geschützt sind, scheidet die Anwendbarkeit des Grundsatzes der Territorialität des Unternehmens naturgemäß aus. Nach der vom Obersten Gerichtshof abgelehnten Auffassung käme man daher zu dem Ergebnis, daß zwischen akzessorischen und nichtakzessorischen Marken unterschieden werden müßte; für die eine würde das Territorialitätsprinzip gelten, ihr Schicksal wäre ausschließlich vom Schicksal der Heimatsmarke abhängig; alle Kriegsmaßnahmen und politischen Maßnahmen im Heimatlande müßten - soweit der inländische ordre public nicht berührt wird - hier ohne Überprüfungsmöglichkeit anerkannt werden, während bei im Heimatsstaate nicht registrierten Marken Kriegsmaßnahmen usw. im Heimatland nicht berücksichtigt werden könnten.

Es kann aber auch entgegen einer weitverbreiteten Lehrmeinung bei den akzessorischen Auslandsmarken nicht zugegeben werden, daß sie wegen der Akzessorietät der Entstehung und Fortdauer des Markenrechtes nicht als im Inland, sondern als im Ausland gelegen anzusehen sind und daher gemäß dem Territorialitätsgrundsatz als "betriebsgebunden" den ausländischen Kriegsmaßnahmen unterliegen. Aus der Akzessorietät folgt noch nicht notwendig die kollisionsrechtliche Zurechnung zum Rechte des Staates, dem das primäre Recht zugehört. Auch eine Hypothek ist ein akzessorisches Recht, mit dem die gesicherte Forderung erlischt, nichtsdestoweniger richtet sich ihr Schicksal nach der Lage der Hypothek und nicht nach der Lage des Hauptrechtes. Die gleiche Auffassung gilt heute noch überwiegend im Bürgschaftsrecht, trotz der bestehenden Tendenzen, das Recht der gesicherten Hauptforderung für maßgebend anzusehen.

Überdies ist auch bei den akzessorischen ausländischen Marken das Telle-quelle-Prinzip mehrfach durchbrochen. Art. 6 Abs. 2 des Pariser Unionsvertrages führt selbst eine erhebliche Anzahl von Fragen an, die nicht nach dem Recht des Ursprungslandes beurteilt werden sollen, insbesondere z. B. die Unterscheidungskraft der Marke. Die Umschreibungspflicht nach § 9 Abs. 2 MSchG. obliegt auch dem ausländischen Markeninhaber, ohne Rücksicht darauf, ob sie nach seinem Heimatrecht besteht oder nicht usw.

Aus allen diesen Gründen lehnt der Oberste Gerichtshof den Grundsatz der Einheitlichkeit des Markenrechtes und seiner Lokalisierung im Ursprungsland ab. Übertragungsmaßnahmen im Heimatland, die im Inland nicht anerkannt werden, wie Kriegsmaßnahmen usw., können daher auch hinsichtlich der zum Unternehmen gehörigen Marken nicht bewirken, daß die Zwangsübertragung der Heimatmarke hinsichtlich der inländischen Auslandsmarke als wirksam anzusehen ist.

Das ist auch der Standpunkt der internationalen Judikatur.

Durch das Gesetz vom 2. August 1872 wurde in Frankreich das Zündholzmonopol eingeführt; die Zündholzfabriken wurden enteignet. Die Konzessionärin des Monopols, die "Compagnie generale des alumettes" begehrte Feststellung, daß auch die ausländischen Marken der enteigneten Fabriken an sie übertragen worden seien. Die Entscheidung des französischen Kassationshofes vom 8. November 1880, Revue 1907, 434, verneinte, weil eine Enteignung eines inländischen Unternehmens die kaufmännische Persönlichkeit des Enteigneten nicht berühre und daher auch keinen Einfluß auf die im Ausland bestehenden Zeichenrechte haben könne.

Ebenso wurde die exterritoriale Wirkung von Konfiskationen hinsichtlich der Markenrechte in den Entscheidungen, die im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts in den verschiedensten Staaten um die Marke "Chartreuse" gefällt wurden, verneint. Auf Grund des Gesetzes vom 1. Juli 1901 war der Orden der Karthäuser in Frankreich aufgelöst und sein Vermögen eingezogen worden; dazu gehörte auch das Kloster "La Grande Chartreuse", wo die Klosterbrüder einen Likör mit der Marke "Chartreuse" erzeugten. Der Erwerber der Erzeugungsstätte, bzw. der Liquidator des Klostervermögens führte nun mit dem Treuhänder der Karthäuser, auf dessen Namen die Marken eingetragen waren, eine Reihe von Prozessen, die in fast allen Staaten zugunsten der Karthäuser entschieden wurden, weil der Konfiskation des Ordensvermögens durch den französischen Staat keine exterritoriale Wirkung zukomme; so die, wenn auch in Einzelheiten differierenden Begründungen des Schweizer Bundesgerichts (13. Februar 1906, Strafsenat), Clunet 1907, 213; des brasilianischen Bundesgerichts (10. Mai 1907), Clunet 1907, 1172; des niederländischen Kassationshofes (5. März 1908), Revue 1908, 843; des deutschen Reichsgerichts (29. Mai 1908), RGZ. 69, 1; des House of Lords (18. März 1910), Revue1910, 914; des Appellationsgerichtes Brüssel vom 20. Mai 1910, Revue 1911, 732, u. a. m.; im gleichen Sinne neuestens die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamburg vom 19. Juli 1948, Monatsschrift für deutsches Recht 1948, 283 (Knäckebrot), die die extrazonale Wirkung der Enteignung von Markenrechten verneint. Auch die reiche Literatur, zu der die Chartreuse-Entscheidungen Anlaß gegeben haben, hat sich überwiegend im gleichen Sinne ausgesprochen, z. B. A. Weiss, Revue 1907, 425; Kohler, Die Chartreuse und die französische Regierung (Archiv für bürgerliches Recht 18, 207 = Revue 1907, 440). Pillet, La marque des Chartreux et les pretensions du liquidateur devant les tribunaux etranges (Revue 1907, 525) u. a. m.; neuestens Benkard, Trennung gewerblicher Schutzrechte (Deutsche Rechtszeitschrift 1949, 320) zur Knäckebrotentscheidung (dort auch unter Anm. 2 die neueste deutsche Literatur), entgegen nur die zugunsten des Liquidators der Chartreusebetriebe erstatteten Gutachten von Lyon-Caen (Revue 1907, 435) und Millerand (Revue 1907, 444), ferner Nußbaum, Deutsches internationales Privatrecht, 208, Anm. 1. Daß der Konfiskation von Markenrechten keinerlei extraterritoriale Wirkung zukomme, ist daher auch seit den Chartreuse- Prozessen in der Rechtsprechung unbestritten; so bemerkt z. B. die Entscheidung des deutsch-französischen gemischten Schiedsgerichtes vom 24. Oktober 1921 (Recueil des decisions des TAM I, S. 503): "Ces Chartreux avaient ete depossedes de leurs biens sans indemnite et en vertu d une loi interne de police dont les Etats etrangers n ont pas cru devoir sanctionner les effets ...".

Dieser allgemein anerkannten Praxis steht auch die eben angeführte Entscheidung des deutsch-französischen gemischten Schiedsgerichtes in der Sache "Mumm" nicht entgegen, in der ausgesprochen wurde, daß die Erwerberin des in Frankreich liquidierten Vermögens der deutschen Firma G. H. Mumm & Cie. auch alle Mumm-Marken außerhalb Frankreichs und des Deutschen Reiches erworben habe; denn in dieser Entscheidung ist ausdrücklich ausgesprochen worden, daß im Sinne des Annexes zu Art. 297 des Versailler Friedensvertrages auch die Marken zu dem liquidablen deutschen Vermögen gehören und weil die Ratio des Friedensvertrages dahin gehe, daß auch die Marken der liquidierten Firmen, wo immer sie gelegen seien, der Liquidation mitunterworfen seien:

"Attendu que cette conception est manifestement contraire audx idees qui ont inspire soit les mesures de sequestre prises pendant la guerre par les Puissances alliees et associees, soit les dispositions cdontractuelles du Traite de Versailles qui ont consacre ces mesures et les ont completees en autorisant la liquidation, au profit des dites Puissances, des biens allemands sequestres, que le but poursuivi etait (annexe a l art. 197, § 3 et 4) de saisir les biens allemands en quelque lieuque ce fut et de les constituer en gage des paiements mis a la charge de l Allemagne, que ce but ne serait qu incompletement atteint si des marques d origine enregistrees par une maison allemande etablie en France ne pouvaient etre sequestreees et liquidees ni en France, parce que istuees a l etranger ni dans les pays etrangers parce que inseparables du fonds de commerce dont seul la France peut disposer, que cela se traduierait par la disparition, sans profit pour personne, de valeurs economiques qu il importe au contraire, d affecter a l emploi prevu par le Traite ..."; im gleichen Sinne die Entscheidung des deutsch-französischen gemischten Schiedsgerichtes vom 31. Jänner 1925 (Recueil V, 144), betreffend die Marken "Parfums d Orsay".

Auch das gemischte Schiedsgericht anerkennt übereinstimmend mit der seit den Chartreuse-Entscheidungen feststehenden Praxis, daß die Auslandsmarken im Auslande gelegen seien, schließt aber aus dem Zwecke, der im Versailler Vertrag intendiert war, daß auch die Auslandsmarken in die Liquidation miteingeschlossen seien, weil die Marken am Unternehmen kleben - dieser Rechtssatz galt damals noch allgemein - und daher bei einer anderen Auslegung die Auslandsmarken für niemanden mehr von Wert wären. Die Theorie von der Einheit der In- und Auslandsmarke ist demnach auch in der Mumm- Entscheidung nicht vertreten worden.

Wenn der Oberste Gerichtshof daher die Einheitstheorie ablehnt und der in der Tschechoslowakei erfolgten Liquidierung keine Wirkung hinsichtlich der österreichischen Marken beilegt, so steht diese Rechtsprechung mit der heute herrschenden Lehre und Rechtsprechung aller Kulturstaaten hinsichtlich der exterritorialen Wirkung der Konfiskation von Markenrechten im Einklang.

Es war daher nur noch die Frage zu erörtern, ob die Tatsache, daß das nationalisierte Unternehmen in der Tschechoslowakei die D.- Marken international hat registrieren lassen, zu einer abweichenden Entscheidung führt. Da die Tschechoslowakei der Londoner Fassung des Madrider Abkommens bisher nicht beigetreten ist, so kommt auch hier die Haager Fassung zur Anwendung.

Die internationale Markenregistrierung begründet nicht ein einheitliches internationales Markenrecht, sondern bewirkt nur, daß die ausländische Marke in allen Vertragsstaaten so gilt, als ob sie auch im Inland registriert worden wäre. Da Österreich die Lehre von der Einheitsmarke für die ausländische Marke ablehnt, so gilt dies auch für die international registrierten Auslandsmarken. Der einzige Unterschied gegenüber der gewöhnlichen Auslandsmarke nach Art. 6 Pariser Union und § 32 MSchG. besteht nur darin, daß die Priorität zugunsten der Rechtsvorgängerin einer bereits vor Registrierung der internationalen Marke im Inland registrierten Auslandsmarke auch dem Rechtsnachfolger zugute komme, auch wenn die Umschreibung im inländischen Markenregister nicht durchgeführt worden ist (Art. 4 des Madrider Abkommens; E. des Handelsgerichtes Antwerpen v. 14. April 1937, Ing. Conseil 281/7). Nichtsdestoweniger können die für die nationalisierten Unternehmen angemeldeten Marken die Priorität der seinerzeit für die Bodenbacher Filiale angemeldeten Marken nicht beanspruchen, weil, wie oben dargelegt, Österreich den Rechtsübergang der Marken, da auf einer Kriegsmaßnahme beruhend, für das Inland nicht anerkennt. Der internationalen Markenanmeldung durch das nationalisierte Unternehmen kommt daher nur die Priorität von der Anmeldung (1947) zu.

Da die nationalisierten Marken demnach jünger sind als die Rechte der klagenden Partei, bzw. ihres Lizenzgebers, die seit Jahrzehnten in Österreich eingeführt sind, so ist der Tatbestand des § 9 UnlWG. als bescheinigt anzusehen. Das Rekursgericht hat also zu Unrecht die beantragte einstweilige Verfügung abgewiesen. Es war infolgedessen den Revisionsrekursen Folge zu geben und mußten die erstinstanzlichen Beschlüsse wiederhergestellt werden.

Der Kostenausspruch stützt sich auf § 393 EO.

Unter einem hat der erste Senat die Eintragung nachstehender Rechtssätze unter Nr. 28 in das Spruchrepertorium beschlossen:

1. Ausländische Staaten sind nach Völkerrecht nur insoweit von der Gerichtsbarkeit der inländischen Gerichte eximiert, als es sich um Akte handelt, die sie in Ausübung der ihnen zustehenden Hoheitsgewalt vorgenommen haben;

2. Auch nach innerstaatlichem Recht sind ausländische Staaten in allen Rechtsstreitigkeiten aus Privatrechtsverhältnissen der inländischen Gerichtsbarkeit unterworfen.

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