OGH 2Ob354/49

OGH2Ob354/497.9.1949

SZ 22/122

Normen

ABGB §1151
ABGB §1152
ABGB §1165
ABGB §1435
ABGB §1151
ABGB §1152
ABGB §1165
ABGB §1435

 

Spruch:

Der Lebensgefährte hat in der Regel keinen Anspruch auf Entlohnung für die während der Gemeinschaft geleisteten Dienste und Aufwendungen. Wenn jedoch eine Entlohnung in Aussicht genommen war oder die für die Unentgeltlichkeit maßgebenden Umstände später weggefallen sind, kann eine angemessene Entlohnung unter der Voraussetzung gefordert werden, daß die Aufhebung der Gemeinschaft nicht durch das Verschulden des Anspruchserhebenden eingetreten ist.

Entscheidung vom 7. September 1949, 2 Ob 354/49.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger, der mit A. W. durch viele Jahre in Gemeinschaft gelebt hatte, hat während dieser Zeit an der Erbauung einer Villa und eines Wochenendhauses mitgearbeitet. Die Lebensgemeinschaft ist noch zu Lebzeiten der A. W. aufgelöst worden. Nach ihrem Tode begehrte der Kläger von ihren Erben aus dem Titel einer von ihm behaupteten, mit A. W. getroffenen Vereinbarung die Übertragung einer Hälfte der Häuser oder die Bezahlung eines Betrages von 12.000 S als Ersatz für seine Aufwendungen anläßlich ihrer Erbauung.

Das Prozeßgericht wies beide Begehren ab, das erste insbesondere deshalb, weil die Vereinbarung aus formellen Gründen unwirksam gewesen sei.

Das Berufungsgericht hat das erstgerichtliche Urteil bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers keine Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das vom Erstgericht unrichtig als Alternativ-, vom Berufungsgericht dagegen richtig als Eventualbegehren gekennzeichnete zweite Begehren auf Zahlung von 12.000 S hat das Erstgericht abgewiesen, weil es annahm, es habe kein Werkvertrag zwischen dem Kläger und der Erblasserin bestanden, ja ein solcher sei nicht einmal vom Kläger behauptet worden. Es beurteilte den Anspruch sohin unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag, die es mangels der Absicht, den Nutzen der Geschäftsherrin zu fördern, ablehnt. Aber auch einen Bereicherungsanspruch aberkennt das Erstgericht dem Kläger, weil er außer seiner persönlichen Arbeit keine Aufwendungen von irgendeinem nennenswerten Betrag vorgenommen, sondern diese aus dem Geld seiner Lebensgefährtin bestritten habe.

Auch hier weicht die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes von jener der ersten Instanz ab, indem es die Rechtsfiguren der Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag ausschaltet, weil sie nur für den Fall anwendbar sind, daß zwischen den in Betracht kommenden Personen kein Vertragsverhältnis bestehe. Ein solches nimmt aber das Berufungsgericht zutreffend an, da die vom Kläger aufgestellte Behauptung eines ihm von der Verstorbenen erteilten Auftrages zum Hausbau (S. 23) nicht nur unwidersprochen geblieben ist, sondern durch das Beweisverfahren bestätigt wurde, wie es ja auch ganz undenkbar wäre, daß der Kläger jahrelang ohne ausdrückliche Zustimmung und ohne Wissen und Willen der Verstorbenen beide Häuser errichtet haben sollte, diese vielmehr durch Aufnahme von Darlehen und sonstige Beistellung von Geldmitteln den Bau ermöglicht und gefördert hat. Es besteht kein Bedenken, in dieser rechtlichen Tatsache einen Werkvertrag im Sinne der §§ 1151, 1165 ABGB. zu erblicken. Dieser ist im Zweifel ein entgeltliches Rechtsgeschäft, d. h. auch ohne ausdrückliche Vereinbarung gilt ein angemessenes Entgelt als bedungen, wenn nicht Unentgeltlichkeit ausdrücklich bedungen ist oder nach den Verhältnissen der Beteiligten erwartet werden kann. Dies gilt vor allem, wenn der Unternehmer ein naher Verwandter, Ehegatte oder Lebensgefährte des Bestellers war, so daß die Vermutung des § 1152 ABGB. nicht Platz greift. Die Untergerichte haben aber unangefochten festgestellt, daß der Kläger durch viele Jahre in Lebensgemeinschaft mit A. W. lebte und von ihr weitgehend erhalten wurde, wobei eine Eheschließung mindestens von Seite der W. angestrebt und erwartet wurde. Der Kläger knüpfte aber in der Folge Beziehungen zu anderen Frauen an und brach das Verhältnis zur Erblasserin ab. Es besteht darum im allgemeinen kein Anspruch auf Entlohnung der während des Bestandes der Lebensgemeinschaft vom Kläger für die Erblasserin geleisteten Dienste (SZ. XIX/302, GH. 1932 S. 190). Allerdings stehen Lehre und Rechtsprechung (ZBl. 1935, Nr. 10, GlU. 6639) auf dem Standpunkt, daß auch für solche Dienste nachträglich eine angemessene Belohnung gefordert werden könne, wenn die für die Unentgeltlichkeit maßgebenden Umstände später hinwegfallen, also z. B. die Ehe nicht geschlossen wird oder eine zugesicherte letztwillige Bedenkung unterbleibt. Darin liegt ein Rechtsgedanke, der dem in § 1435 ABGB. ausgesprochenen nahe verwandt und gewiß begrundet ist. Allein dies setzt voraus, daß die Wendung der Dinge ohne eigenes Verschulden des Unternehmers oder Angestellten eingetreten sei. Andernfalls bleibt es bei dem früher ausgesprochenen Grundsatz, so z. B., wenn die Gemeinschaft ohne Verschulden des Bestellers, vielmehr, wie im vorliegenden Fall, durch Verschulden des Unternehmers ihr Ende fand oder die beabsichtigte letztwillige Bedenkung wegen groben Undanks des zu Begünstigenden unterbleibt oder widerrufen wird. Dies trifft hier zu, wie das Berufungsgericht in richtiger Würdigung des vorgelegten Briefes und rechtlich einwandfrei festgestellt hat. Der Kläger kann daher schon aus diesem Gründe keinen Anspruch auf Werklohn geltend machen.

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