OGH 2Ob44/49

OGH2Ob44/4918.5.1949

SZ 22/77

Normen

ABGB §91
ABGB §92
ABGB §1325
ABGB §91
ABGB §92
ABGB §1325

 

Spruch:

Muß die durch einen Unfall körperlich beschädigte Ehegattin wegen der Unfallsfolgen zur Besorgung der häuslichen Arbeiten, die sie bisher allein verrichtet hat, eine Hausgehilfin aufnehmen, so ist sie und nicht ihr Gatte zur Geltendmachung des Ersatzes dieser Auslagen gegenüber dem Schuldtragenden legitimiert.

Entscheidung vom 18. Mai 1949, 2 Ob 44/49.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin hat gegen den Beklagten eine Reihe von Ansprüchen aus dem Gründe gestellt, weil der Beklagte als Lenker eines Lastkraftwagens einen Unfall der Klägerin verschuldet hatte. Unter diesen Ansprüchen befand sich auch das Begehren auf Leistung eines monatlichen Betrages von 150 S aus dem Gründe, weil die Klägerin, die vor dem Unfall den Haushalt als Ehegattin allein geführt hatte, dies nunmehr infolge der Unfallsverletzungen nicht mehr zu tun imstande sei. Sie habe daher eine Haushaltshilfe aufnehmen müssen, was ihr Mehraufwendungen im Betrage von 150 S monatlich verursachte.

Das Erstgericht hat der Klägerin diesen Anspruch zuerkannt und das Berufungsgericht hat diese Entscheidung bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof hat der vom Beklagten erhobenen Revision nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Beklagte hat erstmalig in der Berufung darauf hingewiesen, daß der Gatte der Klägerin die Kosten der Haushaltshilfe in Form einer entsprechenden Erhöhung des Wirtschaftsgeldes trage, es sich daher nicht um eine Aufwendung und einen Schadensanspruch handle, der unmittelbar der durch den Unfall betroffenen Klägerin zu ersetzen sei, ein solcher allfälliger Anspruch daher nur dem Gatten der Klägerin zustehen könnte. § 1327 (richtig § 1325) ABGB. regle aber nur die Ansprüche des Verletzten selbst, nicht jene dritter Personen; stand ein solcher Anspruch dem Gatten der Klägerin überhaupt zu, konnte er nicht auf Grund formloser Abtretung von der Klägerin geltend gemacht werden.

Das Berufungsgericht trat dieser Rechtsauffassung des Beklagten nicht bei. Es ging von der übernommenen Feststellung des Erstrichters aus, daß die Klägerin vor dem Unfalle ihren Haushalt allein geführt habe, sie aber seither einer Hilfe bedürfe. Es schließt sich den in den Entscheidungen SZ. V/335, GlUNF. 2655 und 1925 und bei Klang, 2. Aufl., zu § 1425 ABGB., S. 142, niedergelegten Anschauungen an, daß der Klägerin der Ersatz des Mehraufwandes zustehe, weil ihr die Haushaltsführung und die Gebarung mit dem Wirtschaftsgelde obliege und sie erst durch die Beistellung der Mittel für die Bezahlung einer Hilfskraft instand gesetzt werde, den Haushalt in derselben Weise wie früher zu besorgen und dem Gatten im Erwerbe so beizustehen wie vor dem Unfalle.

In den völlig gleichgelagerten Fällen, welche den vom Berufungsgerichte angeführten Entscheidungen zugrunde liegen, ist übereinstimmend die Rechtsansicht ausgesprochen worden, daß dann, wenn die verheiratete Frau, welche ohne sonstigen Beruf den Haushalt führt und von ihrem Gatten erhalten wird, infolge der erlittenen Verletzungen dieser ihrer im § 92 ABGB. verankerten Pflicht nicht mehr oder nur mehr in beschränktem Umfange nachzukommen in der Lage ist, diese Einbuße ihrer Erwerbsfähigkeit für sie einen Verdienstentgang bedeutet, für den ihr nach § 1325 ABGB. Ersatz gebührt, und zwar für jene Mehrauslagen, die ihr durch Vorsorge für eine Stellvertretung oder Beihilfe im Haushalt erwachsen; der Frau müßten die Mittel zur Hand gegeben werden, durch Beiziehung einer Hilfskraft den Haushalt in derselben Weise weiter zu besorgen und ihrem Gatten wie bisher im Erwerbe beizustehen; der Schade treffe beide Ehegatten zusammengenommen, wenn durch die Haltung einer Haushaltshilfe eine Minderung der Einkommensverhältnisse eintrete. In keinem dieser Fälle wurde es für nötig befunden, dazu Stellung zu nehmen, daß der Mann der Zahler des Wirtschaftsgeldes sei, obwohl dies nach Sachlage der behandelten Fälle anzunehmen war.

Der Oberste Gerichtshof verbleibt bei dieser Rechtsauffassung, weshalb der Entscheidung der Untergerichte beizutreten war.

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