OGH 2Ob276/48

OGH2Ob276/4827.4.1949

SZ 22/62

Normen

EO §35
ZPO §502
EO §35
ZPO §502

 

Spruch:

Der Unterhaltsverpflichtete kann auch im Verfahren nach § 35 EO. geltend machen, daß für jene vergangene Zeit, für die Unterhaltsbeträge durch Zwangsvollstreckung eingetrieben werden, seine Unterhaltsverpflichtung infolge Änderung der maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse geändert worden oder erloschen ist.

Entscheidung vom 27. April 1949, 2 Ob 276/48.

I. Instanz: Bezirksgericht Klagenfurt; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Das Bezirksgericht Klagenfurt als Pflegschaftsgericht hatte im Jahre 1943 dem Verpflichteten als Vater eines außerehelichen Kindes eine Unterhaltsleistung auferlegt. Auf Grund dieses Beschlusses war im Jahre 1947 zur Hereinbringung der Unterhaltsbeträge für die Zeit vom 1. Juni 1945 bis 30. Juli 1947 Exekution beantragt und bewilligt worden. Gegen diese Exekutionsbewilligung hatte der Verpflichtete gemäß § 35 EO. Klage geführt, in der er geltend machte, daß er in der fraglichen Zeit kein Einkommen gehabt habe und daß ihm daher die Aufbringung der Unterhaltsbeträge wirtschaftlich unmöglich gewesen sei.

Das Erstgericht hatte dem Klagebegehren stattgegeben, während das Berufungsgericht in Abänderung des erstgerichtlichen Urteils das Klagebegehren abwies. Hiebei stellte sich das Berufungsgericht auf den Standpunkt, daß eine rückwirkende Herabsetzung der Unterhaltsbeträge oder der Ausspruch des gänzlichen Erlöschens für die Vergangenheit in einem Verfahren nach § 35 EO. nicht zulässig sei. Eine solche Entscheidung könne nur jenes Gericht treffen, das seinerzeit die Unterhaltsleistung festgesetzt habe.

Der Oberste Gerichtshof hat zwar die Revision gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes als unzulässig zurückgewiesen, aber in den Gründen seiner Entscheidung sich auch mit der Frage beschäftigt, ob in einer Klage nach § 35 EO. rückwirkend die Herabsetzung oder das gänzliche Erlöschen von Unterhaltsbeträgen wegen wirtschaftlicher Unmöglichkeit verlangt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, auf die das Berufungsgericht zur Stützung seiner Rechtsansicht verweist, nämlich, daß im Wege eines Verfahrens nach § 35 EO. eine Änderung der Unterhaltsverpflichtung für die Vergangenheit nicht durchgesetzt werden könne, sind überholt. Die Rechtsprechung bejaht schon seit längerer Zeit die Möglichkeit, im Verfahren nach § 35 EO. die Frage zu überprüfen, ob sich zur Zeit der Exekutionsbewilligung die für die Unterhaltsbemessung seinerzeit maßgebenden Umstände bereits geändert haben und diese Änderung eine Herabsetzung der Unterhaltsverpflichtung zur Folge hatte. Es genügt, in dieser Richtung auf die Entscheidung SZ. XVI/17 und die zahlreichen in der Manz'schen Ausgabe der EO. 1935 unter Note 2 a zu § 35 angeführten Entscheidungen zu verweisen.

Liegt ein solches rechtliches Hindernis nicht vor, dann handelt es sich im vorliegenden Rechtsstreit lediglich um die Frage der Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes. Dabei spielt es keine Rolle, daß sich dieser Bemessungsstreit in den Formen eines Rechtsstreites nach § 35 EO. abspielt. Dem Gründe nach ist die Unterhaltsverpflichtung vom Kläger nicht bestritten. Er behauptet nur, wirtschaftlich zu einer Zahlung in der fraglichen Zeit nicht in der Lage gewesen zu sein. Es wäre daher ohne weiteres möglich, daß seinem Begehren nur mit einem Teilbetrag stattgegeben wird, indem er zwar nicht zur Leistung des ganzen, aber doch eines geringeren Unterhaltsbetrages für fähig angesehen würde. Hieraus ergibt sich, daß der Streit nicht über den Anspruch selbst, sondern nur über die Bemessung seiner Höhe geführt wird.

Die Revision gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes ist daher gemäß § 502 Abs. 2 ZPO. unzulässig und war daher zurückzuweisen.

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