OGH 3Ob53/49

OGH3Ob53/4916.2.1949

SZ 22/24

Normen

ABGB §784
ABGB §786
ABGB §804
AußStrG §97
AußStrG §162
AußStrG §167
ABGB §784
ABGB §786
ABGB §804
AußStrG §97
AußStrG §162
AußStrG §167

 

Spruch:

§ 97 AußstrG., §§ 784 ff. ABGB.: Bei der auf Antrag eines Pflichtteilsberechtigten vorgenommenen Inventierung und Schätzung ist der Wert des Nachlaßvermögens am Todestage des Erblassers einzusetzen.

Entscheidung vom 16. Februar 1949, 3 Ob 53/49.

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

In der Verlassenschaftssache nach Marianne K. wurde auf Antrag des auf den Pflichtteil gesetzten Enkels der Erblasserin Franz K. vom Gerichtskommissär die Inventierung und Schätzung des Nachlasses durchgeführt, wobei der Wert der der Erblasserin gehörigen Hälfte der Liegenschaft nach dem Werte am Todestage der Erblasserin unter Berücksichtigung der Preisstoppverordnung vom 29. März 1938, DRGBl.

I S. 340, in dem Inventar eingesetzt wurde.

Das Abhandlungsgericht ordnete eine neuerliche Schätzung dieser Liegenschaftshälfte ohne Berücksichtigung der Preisstoppverordnung an.

Infolge Rekurses des erbserklärten Erben Ignaz K. änderte das Rekursgericht diesen Beschluß dahin ab, daß der Abhandlung das Inventar mit dem bereits ermittelten Schätzwert der Liegenschaftshälfte zugrunde zu legen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des pflichtteilsberechtigten Enkels der Erblasserin Franz K. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Entscheidung über den Revisionsrekurs hängt von der Lösung der Frage ab, ob der Abhandlung der Schätzwert der Liegenschaftshälfte am Todestage der Erblasserin oder der Schätzwert am Tage einer neuerlich anzuordnenden Schätzung zugrunde zu legen ist. Aus den §§ 97, 103 und 167 AußstrG. ergibt sich, daß das Inventar ein Verzeichnis des Vermögens des Erblassers unter Ermittlung des Wertes des Verlassenschaftsvermögens am Todestage des Erblassers zu enthalten hat. Da am Todestage der Erblasserin Marianne K. die Preisstoppverordnung vom 29. März 1938, DRGBl. I S. 340, noch in Wirksamkeit stand, mußte sie bei der Wertermittlung der der Erblasserin gehörigen Liegenschaftshälfte berücksichtigt werden. Die Ansicht des Revisionsrekurses, daß sich diese Preisstoppverordnung nur auf den geschäftlichen Verkehr von Grundstücken, nicht aber auf Schätzungen im Abhandlungsverfahren erstreckte, kann nicht geteilt werden, da die Verordnung eine diesbezügliche Unterscheidung nicht macht.

Damit ist aber der Entscheidung über die Frage, welche Gesamtansprüche dem Noterben gegen den Nachlaß zustehen, nicht vorgegriffen. Nach § 786 ABGB. ist die Verlassenschaft bis zur wirklichen Zuteilung als ein den Haupt- und Noterben verhältnismäßig gemeinschaftliches Gut zu betrachten. Damit übereinstimmend ordnet das Hofdekret vom 27. März 1847, JGS. Nr. 1051, an, daß der Noterbe berechtigt ist, über den ihm vom Tode des Erblassers bis zur wirklichen Zuteilung des Pflichtteiles gebührenden verhältnismäßigen Anteil am Gewinn und Verlust und an den Früchten der Erbschaft Rechnung zu fordern. Demnach ist der Pflichtteil wohl nach dem Werte des Verlassenschaftsvermögens am Todestage des Erblassers zu berechnen, es gebührt aber dem Noterben darüber hinaus ein verhältnismäßiger Anteil an der Werterhöhung und an den Erträgnissen des Nachlaßvermögens bis zum Tage der wirklichen Zuteilung des Pflichtteiles. Einer Schätzung des Nachlaßvermögens zu einem früheren Zeitpunkte als dem Tage der wirklichen Zuweisung des Pflichtteiles könnte daher für die Ermittlung der Ansprüche des Noterben keine Bedeutung zukommen. Da weder der erbserklärte Erbe noch der Pflichtteilsberechtigte minderjährig oder pflegebefohlen ist, liegen auch die Voraussetzungen des § 162 AußstrG. nicht vor und ist daher das Abhandlungsgericht nicht verpflichtet, die dem Pflichtteilsberechtigten gegen den Nachlaß zustehenden Ansprüche durch eine neuerliche Schätzung des Nachlaßvermögens zu ermitteln oder zu überprüfen (SZ. IV/148).

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