OGH 1Ob362/48

OGH1Ob362/4827.10.1948

SZ 21/148

Normen

EO §7
EO §378
EO §381
EO §7
EO §378
EO §381

 

Spruch:

Einstweilige Verfügungen können nur zu dem Zwecke erlassen werden, um eine künftige Exekution gegen die Gefahr zu sichern, daß die Vollstreckung sonst vereitelt oder erheblich erschwert werden könnte (§ 381, Z. 1 EO.), nicht aber, um die Prozeßführung zu sichern oder gar erst zu ermöglichen.

Der Antrag auf Erlassung einer wegen Unbestimmtheit des Begehrens nicht vollstreckbaren einstweiligen Verfügung ist anzuweisen.

Entscheidung vom 27. Oktober 1948, 1 Ob 362/48.

I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Der Oberste Gerichtshof stellte den von der zweiten Instanz teilweise abgeänderten Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Die gefährdete Partei hat gegen ihren Gatten, den Antragsgegner, eine Klage eingebracht, in der sie begehrt, den Beklagten schuldig zu erklären:

1. der Klägerin und der Speditionsfirma E. in Wels gegenüber schriftlich zu erklären, daß die Klägerin allein und ausschließlich berechtigt ist, über die ihr gehörigen und bei E. eingelagerten Wohnungseinrichtungsgegenstände zu verfügen;

2. für den Fall, daß der Beklagte tatsächlich die der Klägerin gehörigen und bei der Firma E. eingelagert gewesenen Möbel und Einrichtungsgegenstände weggebracht haben sollte, stellte sie das zusätzliche Klagebegehren:

Der Beklagte sei ferner schuldig, die der Klägerin gehörigen und bei der Firma E. eingelagert gewesenen, vom Beklagten von dort weggebrachten Möbel und Einrichtungsgegenstände an die Klägerin herauszugeben.

Zur Sicherung dieses Klagsanspruches begehrte die gefährdete Partei die Erlassung der einstweiligen Verfügung:

1. der Firma E. zu untersagen, die der Antragstellerin gehörigen, bei E. eingelagerten Einrichtungsgegenstände und Hausratsgegenstände an den Antragsgegner oder an eine dritte Person ohne ihre Zustimmung auszufolgen;

2. dem Antragsgegner aufzutragen, der gefährdeten Partei ein Verzeichnis der eventuell von der Firma E. weggebrachten Möbel und Einrichtungsgegenstände binnen 14 Tagen auszuhändigen und ihm für die Dauer des Rechtsstreites zu untersagen, über diese Möbel und Einrichtungsgegenstände zu verfügen.

Das Erstgericht hat den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen. Das Rekursgericht hat in Punkt 1 die Abweisung bestätigt und die unter Punkt 2 erbetene einstweilige Verfügung bewilligt.

Der vom Antragsgegner gegen die Abänderung des erstrichterlichen Beschlusses erhobene Revisionsrekurs ist begrundet.

Einstweilige Verfügungen können nach § 378 EO. nur zu dem Zwecke erlassen werden, um eine künftige Exekution gegen die Gefahr zu sichern, daß die Exekution sonst vereitelt oder erheblich erschwert werden könnte. Die angeordneten Maßnahmen müssen daher geeignet sein, diesem Sicherungszweck zu dienen; dagegen können sie nicht zu dem Zwecke erlassen werden, um die "Prozeßführung zu sichern oder gar erst zu ermöglichen", wie das Prozeßgericht rechtsirrig annimmt. Es kann nicht die Aufgabe des Verfahrens betreffend Erlassung einer einstweiligen Verfügung sein, dem Antragsteller das Prozeßmaterial zu schaffen, das er braucht, um überhaupt erst ein richtiges Klagebegehren stellen zu können. Wenn die Klägerin derzeit außerstande ist, überhaupt festzustellen, was von ihrem Eigentum derzeit noch in der Gewahrsame des Antragsgegners ist, so kann ihr daher nach der oben dargelegten Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofes nicht mit Erlassung einer einstweiligen Verfügung geholfen werden, wie das Rekursgericht rechtsirrig annimmt, da eine einstweilige Verfügung nach § 381, Z. 1 EO. nur zur Vollstreckungssicherung bewilligt werden kann. Die Ausstellung des von der Klägerin begehrten Verzeichnisses sichert aber nicht die Exekution, sondern nur die Formlierung des Klagebegehrens.

Dem Antrag, den Antragsgegner zur Vorlage des beantragten Verzeichnisses zu veranlassen, hätte daher keine Folge gegeben werden dürfen. Der erstrichterliche Beschluß war daher in diesem Punkte wiederherzustellen.

Der Revisionsrekurs ist aber auch insoweit begrundet, als er sich dagegen wendet, daß dem Antragsgegner verboten wurde, über die von E. weggebrachten Möbel und Einrichtungsgegenstände während der Prozeßdauer zu verfügen.

Nach dem Klagevorbringen hat der Antragsgegner nicht nur die der gefährdeten Partei gehörige Ausstattung, sondern auch "sonstigen Hausrat" bei der Firma E. eingelagert. Daß dieser "sonstige Hausrat" Eigentum der gefährdeten Partei sei oder daß Antragsgegner aus einem anderen Rechtsgrunde zu dessen Herausgabe verpflichtet sei, hat die gefährdete Partei überhaupt nicht behauptet, geschweige denn bescheinigt.

Das Begehren, den Antragsgegner zu verhalten, jede Verfügung über alle Sachen, die er seinerzeit bei E. eingelagert und dann wegeschafft hat, zu unterlassen, geht daher über den Anspruch der Klägerin hinaus, weil sie dem Antragsgegner nicht verbieten kann, über sein Eigentum zu verfügen.

Es könnte daher höchstens dem Antragsgegner die Verfügung über diejenigen Sachen untersagt werden, die Eigentum der Antragstellerin sind. Der Oberste Gerichtshof ist aber nicht in der Lage, eine solche Einschränkung der vom Rekursgericht erlassenen einstweiligen Verfügung vorzunehmen, weil die Antragstellerin unterlassen hat, anzuführen und zu bescheinigen, welche ihr gehörigen Sachen bei E. eingelagert waren und bezüglich welcher nunmehr verlangt wird, dem Antragsgegner die Verfügung zu verbieten.

Bezüglich der Bestimmtheit des Begehrens gelten im Verfahren betreffend Erlassung einer einstweiligen Verfügung dieselben Grundsätze wie im Prozeßverfahren (SZ. X/171). Auch im Verfahren auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung muß die begehrte Leistung oder Unterlassung nach Art und Umfang so genau bezeichnet werden, daß keine Ungewißheit bestehen kann. Dies wäre aber nicht der Fall, wenn dem Antragsgegner allgemein die Verfügung über die der Antragstellerin gehörigen Sachen verboten würde, weil dann eben die Frage offen bliebe, welche Gegenstände durch dieses Verbot erfaßt sind. Auf Grund eines solchen Exekutionstitels könnte gemäß § 7 EO. gar keine Exekution bewilligt werden; daher darf auch ein so unbestimmtes Verbot gar nicht erlassen werden.

Das beantragte Verbot war daher als nicht erzwingbar abzuweisen, ohne daß auf die von der gefährdeten Partei vorgebrachten Gefährdungstatsachen überhaupt einzugehen war.

Der erstrichterliche Beschluß war infolgedessen wiederherzustellen mit Ausnahme der Kostenentscheidung, da die Entscheidung über die dem Antragsgegner durch die Äußerung zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung erwachsenen Kosten vom Ausgang des Hauptprozesses abhängt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte