OGH 2Ob67/48 (2Ob66/48)

OGH2Ob67/48 (2Ob66/48)7.7.1948

SZ 21/112

Normen

Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §16
Außerstreitgesetz §125
Außerstreitgesetz §131
Außerstreitgesetz §145
Außerstreitgesetz §9
Außerstreitgesetz §16
Außerstreitgesetz §125
Außerstreitgesetz §131
Außerstreitgesetz §145

 

Spruch:

Wer von einem erbserklärten Erben ohne abhandlungsbehördliche Genehmigung ein zum Nachteil gehöriges Unternehmen erwirbt, ist nicht Beteiligter im Sinne des § 9 AußstrG.

Entscheidung vom 7. Juli 1948, 2 Ob 66, 67/48.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Beschlüsse des Rekursgerichtes, womit dem Rekurse des Michael P. gegen den im Abhandlungsverfahren gefaßten Beschluß keine Folge gegeben worden war.

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Der Alleineigentümer der Firma "Wiener Krankentransportunternehmen und Sanitätshaus M. T." ist am 4. August 1945 gestorben. In einem vor dem Notar R. am 22. Juli 1944 errichteten Testament hatte er seine Schwester M. L., allenfalls deren eheliche Kinder, sowie die Tochter seiner vorverstorbenen Schwester A. K. namens K. K., die damals in der Nähe von N. (Banat) wohnhaft waren, je zur Hälfte als Erben eingesetzt. Nach dem Tode des Erblassers wurde von Marianne K., bei der er zuletzt wohnhaft war, ein angeblich eigenhändiges Testament de dato 30. Juli 1945 vorgelegt, in dem der Erlasser Marianne K. (Schwester Marianne) zur Alleinerbin bestimmte, sie zur Auszahlung einiger Legate verpflichtete und gleichzeitig erklärte, daß die Verfügungen vom März 1944 ungültig seien. Über das Vermögen der Marianne K. war zur Zeit der Vorlage des Testamentes das Konkursverfahren eröffnet und der Rechtsanwalt Dr. E. zum Masseverwalter bestellt. Die beiden letztwilligen Verfügungen wurden im Verlassenschaftsverfahren kundgemacht. Auf Grund des Testamentes vom 30. Juli 1945 gab der Masseverwalter am 9. Oktober 1945 die bedingte Erbserklärung ab und verband damit den Antrag, ihm die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses zu überlassen. Mit dem Beschluß vom 25. Februar 1946 wurde die Erbserklärung des Masseverwalters angenommen und das Erbrecht (der Marianne K.) als ausgewiesen erkannt; eine Entscheidung über seinen weiteren, auf § 145 AußstrG. gestützten Antrag ist nicht ergangen. Am 7. September 1946 berichtete der Gerichtskommissär Notar Dr. X., der mit der Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung beauftragt war, daß sich Bedenken gegen die Echtheit des Testamentes vom 30. Juli 1945 ergeben hätten und schloß diesem Bericht eine gutachtliche Äußerung des Schriftsachverständigen Dr. W. vom 6. September 1946 an, die dahin ging, daß dieses Testament nicht von der Hand des Erblassers stamme. Das Abhandlungsgericht bestellte daraufhin mit dem Beschluß vom 10. September 1946 den Rechtsanwalt Dr. Z. zwecks Wahrung der Rechte der in dem Testament vom 22. Juli 1944 eingesetzten Erben, deren Aufenthalt unbekannt ist, zu ihrem Kurator und wies ihn an, unverzüglich geeignete Anträge, insbesondere hinsichtlich der Nachlassicherung, zu stellen. Dr. Z. gab am 24. Oktober 1946 in seiner Eigenschaft als Kurator dieser Erben die bedingte Erbserklärung ab. Mit dem Beschluß vom 26. Oktober 1946 wurde diese Erbserklärung ebenfalls zu Gericht angenommen und das Erbrecht der Kuranden als durch das Testament vom 22. Juli 1944 ausgewiesen angesehen. Mit Rücksicht darauf, daß der Kurator die Echtheit des Testamentes vom 30. Juli 1945 bestritten hatte, wurde gemäß § 125 AußstrG. für den 12. November 1946 eine Tagsatzung anberaumt. An dieser nahm außer der Erbin Marianne K., die infolge der am 23. September 1946 erfolgten Aufhebung des Konkurses in ihren Rechten nicht mehr beschränkt war, dem Kurator Dr. Z. und dem Gerichtskommissär Dr. X. auch Michael P. teil. Dieser hatte bereits am 4. November 1946 dem Gerichte mit geteilt, daß er, nachdem die Erbserklärung des Masseverwalters angenommen worden war, mit Kenntnis und im Einverständnis mit ihm von Marianne K. das Unternehmen des Erblassers käuflich erworben habe. Das Gericht hat trotz der von allen Beteiligten gestellten einander widersprechenden Anträge über die Klägerrolle im Erbrechtstreit bisher nicht entschieden, jedoch mit dem Beschluß vom 4. Dezember 1946 Dr. Z. auch zum Verlassenschaftskurator bestellt und sodann mit dem Beschluß vom 12. Februar 1947 eine Reihe weiterer Verfügungen getroffen; so wurde unter anderem der Beschluß vom 25. Februar 1946 insoweit aufgehoben, als das Erbrecht der Marianne K. als ausgewiesen erkannt worden war, weiters wurde der Verlassenschaftskurator sowie der Gerichtskommissär zu mehrfachen Handlungen in und außerhalb des Verlassenschaftsverfahrens ermächtigt, einem zweiten Schriftsachverständigen (Prof. Dr. G.) die Erstattung eines Gutachtens über die Echtheit des Testamentes vom 30. Juli 1945 aufgetragen und schließlich ausgesprochen, daß Michael P. im Verlassenschaftsverfahren eine Parteirolle nicht zukomme; im gleichen Beschluß ist übrigens auch die am 26. Oktober 1946 erfolgte Annahme der Erbserklärung des Kurators als den Bestimmungen des § 131 AußstrG. widersprechend aufgehoben worden. Der Sachverständige Dr. G. gelangte in seinem Gutachten vom 17. März 1947 ebenfalls zu dem Schluß, daß das Testament vom 30. Juli 1945 nicht von der Hand des Erlassers stamme.

Michael P. erhob sowohl gegen den Beschluß vom 4. Dezember 1946 als auch gegen den Beschluß vom 12. Februar 1947, soweit er sich durch diese benachteiligt erachtete, Rekurse, denen jedoch keine Folge gegeben wurde. Er bekämpfte nunmehr mit der Rüge einer offenbaren Gesetz- und Aktenwidrigkeit die Entscheidung des Rekursgerichtes.

Der Oberste Gerichtshof hatte bei der Erledigung der Revisionsrekurse zunächst zu prüfen, ob die das Erstgericht bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes,nach der dem Beschwerdeführer eine Parteirolle in dem Abhandlungsverfahren nicht zukomme, mit den behaupteten Mängeln behaftet sei. Worin eine Aktenwidrigkeit bestehen sollte, ist überhaupt nicht ausgesprochen worden. Es ist daher lediglich zu untersuchen, ob eine offenbare Gesetzesverletzung vorliegt. Das Rekursgericht hat jedoch zutreffend hervorgehoben, daß nur dann ein Recht auf eine Beteiligung am Verfahren bestehe, wenn die Person, die ein solches in Anspruch nimmt, ein rechtliches und nicht bloß ein tatsächliches Interesse an dem Gang des Verfahrens habe. Das Bestehen eines rechtlichen Interesses ist, sofern die Mittel des außerstreitigen Verfahrens ausreichen, allerdings vom Abhandlungsgericht selbst zu prüfen, da sonst jedem Außenstehenden, der bloß behauptet, ein rechtliches Interesse zu besitzen, eine Einflußnahme auf das Verfahren zugestanden werden müßte. Selbst wenn dem Masseverwalter, wie von ihm begehrt worden war, die Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft überlassen worden wäre, hätte er zu einer Veräußerung des zum Nachlaß gehörenden Unternehmens der Genehmigung des Gerichtes bedurft. Der Beschwerdeführer hat aber nach seiner Darstellung nicht einmal vom Masseverwalter, sondern von der Kridatarin selbst - allerdings im Einverständnis mit dem Masseverwalter - das Unternehmen erworben. Daraus folgt aber, daß der Übergang eines Nachlaßvermögens auf ihn rechtlich überhaupt nicht möglich gewesen ist. Ob und inwieweit er Rechte gegenüber seiner Vertragspartnerin geltend machen kann, ist für dieses Verfahren belanglos. Hat er sich beim Vertragsabschluß über das Verlassenschaftsgericht hinweggesetzt, kann er nicht jetzt verlangen, daß ihn dieses als eine an dem Abhandlungsverfahren rechtlich interessierte Person anerkennt. Dem Rekursgericht ist daher bei der Feststellung, daß Michael P. in dem Abhandlungsverfahren eine Parteirolle nicht zukomme, eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinn des § 16 AußstrG. nicht unterlaufen. Da er aber nach den früheren Ausführungen nicht nur nicht Partei, sondern auch nicht ein sonst Beteiligter ist, fehlt ihm überhaupt die Legitimation gemäß § 9 AußstrG., gegen die ergangenen Beschlüsse des Abhandlungs- und Rekursgerichtes Rechtsmittel einzulegen; so war es ihm auch verwehrt, den gerichtlichen Auftrag an den Verlassenschaftskurator zu bekämpfen, soweit dieser angewiesen wurde, gegen ihn eine einstweilige Verfügung zu erwirken und eine Klage auf Herausgabe des Unternehmens einzubringen; nur wenn ihm selbst Aufträge erteilt worden wären, stunde ihm ein Anfechtungsrecht zu. Es sind daher alle weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers unbeachtlich, so daß sich ein Eingehen auf sie erübrigt.

Stichworte