OGH 2Ob26/48

OGH2Ob26/4817.4.1948

SZ 21/88

Normen

ABGB §1295
ABGB §1331
ZPO §503 Z3
ZPO §503 Z4
ABGB §1295
ABGB §1331
ZPO §503 Z3
ZPO §503 Z4

 

Spruch:

Wenn der offene Gesellschafter und Geschäftsführer einer Speditionsgesellschaft von einem Einlagerer wegen eines Schadens haftbar gemacht wird, den er grobfahrlässig durch eine nicht mit dem Speditions(Lagerhaus)betrieb im Zusammenhang stehende Handlung verursacht hat, so kann er sich auf die Haftungsbeschränkungen in den Allgemeinen Spediteurbedingungen nicht berufen.

Entscheidung vom 17. April 1948, 2 Ob 26/48.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Sämtliche Instanzen haben den Viertbeklagten im Sinne des Klagebegehrens verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei hatte der erstbeklagten Gesellschaft Lebensmittel im Gesamtwert von 40.455.66 RM. eingelagert. Aus dem Verschulden des Viertbeklagten, der damals offener Gesellschafter der erstbeklagten Partei war, ist am 17. August 1944 in dem Magazin, in dem die Lebensmittel eingelagert waren, ein Brand ausgebrochen, durch den ein Großteil dieser Lebensmittel vernichtet worden ist. Der Vierbeklagte ist deshalb mit dem Urteile des Sondergerichtes Innsbruck vom 15. November 1944, GZ. KLs 119/44, 141/44, zu einer Zuchthausstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt worden. Die klagende Partei hat durch den Brand einen Schaden von insgesamt

31.591.68 RM. erlitten, von dem nur ein Teilbetrag von 21.468 RM. durch eigene Versicherung gedeckt war. Sie hat in der am 20. Jänner 1945 eingebrachten Klage von der Speditionsfirma und ihren drei offenen Gesellschaftern den Ersatz des restlichen Schadens in der Höhe von 10.123.68 RM samt Anhang begehrt.

Während die übrigen Beklagten den Klagsanspruch dem Grund und der Höhe nach bestritten haben, hat der Viertbeklagte in der Klagebeantwortung "das Klagebegehren dem Gründe nach anerkannt, jedoch mit dem 1500 RM übersteigenden Betrag bestritten". In der Streitverhandlung am 9. Juni 1947 ist der Viertbeklagte mit einem Anerkenntnisteilurteil zur Zahlung des Betrages von 1500 S samt Anhang verpflichtet worden. Mit dem Endurteile vom 10. Juni 1947 sind sämtliche Beklagte solidarisch zur Zahlung eines weiteren Betrages von 1500 S samt Anhang, der Viertbeklagte allein außerdem zur Zahlung des restlichen Betrages von 7123.68 S samt Anhang verurteilt worden. Gegen dieses Urteil haben sämtliche Beklagte die Berufung eingebracht, der Viertbeklagte jedoch nur insoweit, als ihm über sein Anerkenntnis hinaus die Zahlung eines weiteren Betrages von 7123.68 S, richtig wohl 8623.68 S, somit Anhang aufgetragen worden ist. Das Berufungsgericht hat der Berufung des Viertbeklagten überhaupt nicht, den Berufungen der übrigen Beklagten in der Hauptsache nicht Folge gegeben. In der auf die Revisionsgrunde des § 503, Z. 3 und 4 ZPO. gestützten Revision begehrt der Viertbeklagte die Abänderung des berufungsgerichtlichen Urteiles dahin, daß das Klagebegehren in Ansehung des Betrages von 7.123.68 S, gemeint offenbar wieder 8.623.68 S, samt Anhang abgewiesen werde. Die Revision ist nicht begrundet.

Nach den Feststellungen der Vorgerichte hatte der Viertbeklagte in dem Magazin, das der Einlagerung der von der erstbeklagten Firma zur Aufbewahrung übernommenen Gegenstände diente, einen Hühnerstall aus Brettern eingebaut; da sich in dem Stall Läuse eingenistet hatten, versuchte er am 17. August 1944, diese durch Ausbrennung zu vernichten, und verschuldete dadurch einen Brand, der im Hinblick darauf, daß Löschwasser nicht bereitstand und der Brand daher nicht sofort wirksam bekämpft werden konnte, weiter um sich griff und an den eingelagerten Gütern einen bedeutenden Schaden verursachte.

Sowohl das Prozeßgericht als auch das Berufungsgericht haben der Einwendung des Viertbeklagten, daß seine Haftung im Sinn der Bestimmung des § 54, a, 2, der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp.) nur auf einen Betrag von 1500 S beschränkt sei, nicht Rechnung getragen und seine über diesen Betrag hinausgehende Haftung mit dem Hinweis auf die Vorschriften der §§ 1295 und 1331 ABGB. begrundet; das Berufungsgericht hat außerdem die Einwendung des Viertbeklagten als offensichtlich sittenwidrig beurteilt, da er durch die Zuerkennung der Haftungsbeschränkung des § 54 ADSp. für seine grobfahrlässige Handlung geradezu belohnt würde. Sofern die Revision darin, daß das Berufungsgericht die volle Verantwortlichkeit des Viertbeklagten angenommen habe, einen Widerspruch mit der Aktenlage erblickt, weil dieser Annahme die Bestimmung des § 54 ADSp. entgegenstunde, verkennt sie das Wesen des Revisionsgrundes des § 503, Z. 3 ZPO., der nur dann gegeben ist, wenn dem Urteile Tatsachen zugrunde gelegt sind, die durch den Inhalt der Akten nicht gedeckt sind, oder wenn entscheidende Tatsachen, die im Akt enthalten sind, im Urteil unberücksichtigt geblieben sind. In Wahrheit nimmt die Revision auch in dieser Richtung nur gegen die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht Stellung. Das Revisionsgericht pflichtet jedoch dieser vollinhaltlich bei und kann insbesondere auch nicht in der Bestimmung des § 63, a, ADSp. eine Unterstützung des Rechtsstandpunktes des Revisionswerbers erblicken. Denn der Vierbeklagte haftet der klagenden Partei gegenüber nicht nur aus dem Speditionsvertrag, den diese mit der Gesellschaft, der er angehört hat, geschlossen hat, sondern auch aus seiner Deliktshandlung. Seine Haftung ist nur so weit beschränkt, als er als Spediteur in Anspruch genommen wird, die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen haben lediglich auf diese Haftung Anwendung zu finden. Soweit er jedoch auf Grund einer mit dem Speditionsbetrieb in keinerlei Zusammenhang stehenden grob fahrlässigen Handlung zur Haftung herangezogen wird, wird er eben nicht als Spediteur haftbar gemacht und kann sich daher auch nicht auf die nur dem Spediteur zugebilligte Haftungsbeschränkung berufen; ebenso ist dem Geschädigten bloß dem Spediteur gegenüber nach § 63, a, ADSp. der Einwand, es liege eine unerlaubte Handlung vor, verwehrt. Wenn schließlich die Revision darauf hinweist, daß in der Lagerordnung mit Zustimmung der Verwaltungsbehörde die Haftung des Lagerhalters für Feuerschäden, u. zw. auch für die durch die Fahrlässigkeit des Lagerhalters verschuldeten, ausgeschlossen werden könne, ist damit für den Revisionswerber schon deshalb nichts gewonnen, weil im bisherigen Verfahren niemals behauptet worden ist, daß die Lagerordnung der erstbeklagten Firma eine derartige Bestimmung enthalten habe.

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