Normen
Gesellschaften m, b. H.-Gesetz §23
Gesellschaften m, b. H.-Gesetz §34
Gesellschaften m, b. H.-Gesetz §38
Gesellschaften m, b. H.- Gesetz §41
Gesellschaften m, b. H.-Gesetz §49
Gesellschaften m, b. H.-Gesetz §50
ZPO §503 Z2
ZPO §503 Z3
ZPO §503 Z4
Gesellschaften m, b. H.-Gesetz §23
Gesellschaften m, b. H.-Gesetz §34
Gesellschaften m, b. H.-Gesetz §38
Gesellschaften m, b. H.- Gesetz §41
Gesellschaften m, b. H.-Gesetz §49
Gesellschaften m, b. H.-Gesetz §50
ZPO §503 Z2
ZPO §503 Z3
ZPO §503 Z4
Spruch:
Nichtigkeit des Beschlusses der Gesellschafter einer Ges. m. b. H. auf Genehmigung des Rechnungsabschlusses, in dem entgegen dem Gesellschaftsvertrag eine neue Rücklage geschaffen wird.
Stimmrecht des geschäftsführenden Gesellschafters, der den Rechnungsabschluß legt, über die Feststellung der Bilanz.
Entscheidung vom 30. Jänner 1948, 2 Ob 28/48.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Oberlandesgericht Graz.
Text
Das Erstgericht hat die Klage auf Nichtigerklärung des am 28. Februar 1947 gefaßten Gesellschaftsbeschlusses, durch den die Genehmigung des Rechnungsabschlusses für das Geschäftsjahr 1945, abschließend ohne Gewinn und Verlust, ausgesprochen wurde, abgewiesen, das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren Folge.
Entscheidungsgründe des Berufungsgerichtes:
Zuzugeben ist aber der Rechtsrüge der Berufung, daß der Generalversammlungsbeschluß (der Gesellschafterbeschluß: § 34, Abs. 1 GmbHG. aufGGenehmigung des Rechnungsabschlusses für das Jahr 1945 gegen § 10 des Gesellschaftsvertrages verstößt. Dieser bestimmt, daß vorbehaltlich des von Fall zu Fall zu fassenden gegenteiligen Beschlusses der Generalversammlung 10% in den Reservefond für Verluste so lange - aber auch nur so lange - zu übertragen sind, bis dieser 25% der gezeichneten Stammeinlagen erreicht hat, während der sich sonach ergebende restliche Reingewinn dem H. M. zu 64%, dem Kläger zu 24% und dem - als Gesellschafter nunmehr ausgeschiedenen - J. E. zu 12% zuzufallen hat. Da außer Streit steht, daß die in § 10 der Satzung vorgesehene Rücklage für Verluste den Höchstbetrag nicht nur erreicht hat, sondern schon übersteigt, ist der im Rechnungsabschluß für 1945, dessen Genehmigung durch Gesellschafterbeschluß der Kläger anficht, für "Verluste bei Übergang zur normalen Wirtschaft und aus verteuerten Warenrückkäufen" ausgewiesene Betrag von 11.476.22 S nichts anderes als eine weitere Rücklage für Verluste. Bei Einhaltung der Vorschrift des § 10 der Satzungen müßte dieser Betrag als Reingewinn zur Ausschüttung an die Gesellschafter gelangen. Daß im Sinn des dortigen Vorbehaltes ein Beschluß der Generalversammlung auf Bildung eines neuen Reservefond für den erwähnten Zweck und in der angeführten Höhe gefaßt worden wäre, wird von der Beklagten nicht einmal behauptet; die Tagesordnung kundigt eine dahin gehende Beschlußfassung (§ 38, Abs. 2 des bez. Ges.) nicht an, das Protokollbuch weist einen entsprechenden Beschluß nicht aus. Der Gesellschafterbeschluß auf Genehmigung der Bilanz für 1945, die in der vorliegenden Gestalt ohne Gewinn und ohne Verlust abschließt, bei Beobachtung des § 10 des Statutes aber mit einem Reingewinn von 11.476.22 S abschließen müßte, steht somit mit dem Gesellschaftsvertrag in Widerspruch, ohne daß bei der Beschlußfassung die Vorschriften über die Abänderung des Gesellschaftsvertrages eingehalten worden wären. Die Heranziehung eines Überschusses zur Bildung einer Rücklage ist hier eben nicht Sache der Erstellung des Rechnungsabschlusses, sondern der Entscheidung der Generalversammlung über den Reingewinn. Die vorstehenden Erwägungen bedingen die Nichtigerklärung des Bilanzgenehmigungsbeschlusses nach § 41, Abs. 1, Z. 2 des bezogenen Gesetzes und damit gemäß dem Berufungsantrag des Klägers die Abänderung des Ersturteils im angefochtenen Teil im Sinne des Spruches.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidung.
Rechtliche Beurteilung
Entscheidungsgründe:
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes, das den am 28. Februar 1947 gefaßten Gesellschafterbeschluß auf Genehmigung des Rechnungsabschlusses für das Geschäftsjahr 1945, abschließend ohne Gewinn und Verlust, als nichtig erklärt, erhebt die beklagte Gesellschaft Revision aus den Revisionsgrunden des § 503, Z. 2, 3 und 4 ZPO. mit dem Antrag, das Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Die Revision wird dahin ausgeführt, daß die Bilanz 1945 keinen Reservefond für Verluste im Sinne des § 10 der Satzungen enthalte; die Rückstellung im Rechnungsabschlusse mit dem Betrage von 11.476.22 S sei eine unechte Reserve, aus Teilen des Bruttogewinnes gebildet, der aber bei der sinkenden Kaufkraft der Währung nur ein Scheingewinn ist. Es handle sich um Rücklagen für spätere Auslagen, die das Geschäftsjahr betreffen, Wertberichtigungen bezüglich bestimmter, zu hoch bewerteter Aktiven und Rücklagen zur wertmäßigen Korrektur nicht bestimmter Aktiven oder zur Ausgleichung von nicht ziffermäßig zu errechnenden Verlusten. Solche Rücklagen entsprächen der Bestimmung des § 23 GmbHG. und seien gesetzmäßig erfolgt. Der Kläger habe nur den Generalversammlungsbeschluß angefochten - gemeint ist damit wohl die Abstimmung -, nicht aber die Bilanz; wäre die Bilanz angefochten worden, dann hätten die von der Beklagten für die Richtigkeit der Bilanz nach § 23 GmbHG. angebotenen Beweise durchgeführt werden müssen.
Die Revision ist nicht begrundet.
Der Gesellschaftsvertrag bestimmt ausdrücklich, daß von dem aus der Vergleichung sämtlicher Aktiven und sämtlicher Passiven sich ergebenden Betrag alljährlich vorbehaltlich eines von Fall zu Fall zu fassenden gegenteiligen Beschlusses der Generalversammlung 10% in den Reservefond für Verluste so lange zu übertragen sind, bis er 25% der bezeichneten Stammeinlagen erreicht hat. Diese Bestimmung hat somit auch dann zu gelten, wenn der Reservefond dem von der Beklagten behaupteten Zwecke dienen soll. Von dieser Bestimmung hätte nur dann abgegangen werden können, wenn eine entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrages beschlossen worden wäre, wozu es der Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedurft hätte (§§ 49 und 50 GmbHG.), oder wenn ein Beschluß der Generaversammlung gefaßt worden wäre, von der früher angeführten Bestimmung des Gesellschaftsvertrages abzugehen und einen neuen Reservefond zu schaffen. Keine dieser Voraussetzungen lag vor. Die Verwendung eines Betrages von 11.476.22 S zu einer Rücklage für Verluste verstößt daher gegen die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages. Der Kläger hat den Beschluß auf Genehmigung des Rechnungsabschlusses nicht nur deshalb angefochten, weil die Abstimmung nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprach, sondern auch aus dem Gründe, weil der Beschluß der Generalversammlung mit dem Gesellschaftsvertrage in Widerspruch stand. Zu dem Begehren auf Nichtigerklärung eines solchen Beschlusses war er nach § 41, Abs. 1, Z. 2 GmbHG. berechtigt.
Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, die die Revision darin erblickt, daß die von ihr angebotenen Beweise für die Richtigkeit und Gesetzmäßigkeit des Rechnungsabschlusses nicht durchgeführt wurden, liegt nicht vor, weil, wie bereits dargelegt wurde, der Rechnungsabschluß mit dem Gesellschaftsvertrag in Widerspruch stand und die Genehmigung des Rechnungsabschlusses aus diesem Gründe nichtig zu erklären war. Die Revision bezeichnet die Annahme des Berufungsgerichtes, es stehe außer Streit, daß die im § 10 des Gesellschaftsvertrages vorgesehenen Rücklagen für Verluste den Höchstbetrag nicht nur erreicht haben, sondern übersteigen, als aktenwidrig. Die beklagte Partei, die im Verfahren von Anfang an rechtsfreundlich vertreten war, hat jedoch die bezügliche Behauptung des Klägers nicht nur nicht bestritten, sondern ist im Gegenteil in ihren weitwendigen Einwendungen ständig davon ausgegangen, daß die Rücklage den vorgesehenen Höchstbetrag erreicht habe. Die Annahme, es stehe außer Streit, daß die bereits bestehende Rücklage in dem im Gesellschaftsvertrage entsprechenden Höchstmaße bestehe, war daher begrundet. Dazu ist zu bemerken, daß sich die Revision darauf beschränkt zu erklären, es sei in dieser Richtung eine Außerstreitstellung nicht erfolgt, jedoch keineswegs behauptet, daß die Reserve den vereinbarten Höchstbetrag nicht erreicht habe, geschweige denn einen bestimmten Betrag nennt, den diese Reserve ausmacht.
Die Revision wirft schließlich noch die Frage auf, ob der Geschäftsführer und Gesellschafter der Beklagten, der den Rechnungsabschluß legte, bei der Beschlußfassung, wie die Beklagte behauptete, stimmberechtigt war; das Berufungsgericht habe sich mit dieser Frage nicht auseinandergesetzt; darauf ist zu erwidern, daß die Feststellung der Bilanz allein den Geschäftsführer nicht belastet und auch von einer Verbindlichkeit nicht befreit und daß der Abstimmungsvorgang selbst daher dem Gesetze entsprach. Demgemäß war der Revision nicht Folge zu geben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)