Normen
ZPO §29
ZPO §38
ZPO §134
ZPO §136
ZPO §402
ZPO §403
ZPO §527
ZPO §29
ZPO §38
ZPO §134
ZPO §136
ZPO §402
ZPO §403
ZPO §527
Spruch:
Zulässigkeit des Rekurses gegen den Beschluß des Rekursgerichtes, womit dem Erstgericht die Fällung eines Versäumungsurteiles aufgetragen wird.
Wenn im Gerichtshofverfahren der Ehegatte der Beklagten bei der ersten Tagsatzung erscheint, ist nicht nach § 38 ZPO. vorzugehen, sondern auf Antrag Versäumungsurteil zu fällen.
Entscheidung vom 22. Februar 1947, 1 Ob 80/47.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Dem Revisionsrekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes wurde nicht Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Begründung des Obersten Gerichtshofes:
Zu der ersten Tagsatzung über die vorliegende Feststellungsklage, deren Streitwert mit 7500 S angegeben wurde, ist der Gatte der Beklagten erschienen und hat dem Gerichte mitgeteilt, daß die Beklagte wegen Krankheit nicht erscheinen könne und daß sie binnen 14 Tagen ein ärztliches Zeugnis vorlegen werde. Die klagende Partei hat den Antrag auf Fällung des Versäumungsurteiles gestellt. Der Erstrichter hat sich die Entscheidung über diesen Antrag zunächst vorbehalten und hat, nachdem die beklagte Partei das Krankheitszeugnis vorgelegt hatte, den Antrag auf Fällung des Versäumungsurteiles gemäß dem § 402, Abs. 1, Z. 2 ZPO. zurückgewiesen.
Infolge Rekurses der klagenden Partei hat das Rekursgericht den Zurückweisungsbeschluß aufgehoben und dem Erstgericht die Urteilsfällung aufgetragen. In der Begründung wird im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die erste Tagsatzung versäumt, weil sie trotz der der Vorladung beigegebenen Rechtsmittelbelehrung ihren gemäß § 29, Abs. 1 ZPO. zur Vertretung unfähigen Gatten entsendet habe. § 402, Abs. 1 ZPO. findet im vorliegenden Falle nicht Anwendung, weil keiner der in dieser Bestimmung erschöpfend aufgezählten Gründe für die Zurückweisung eines Antrages auf Fällung des Versäumungurteiles gegeben gewesen sei. Insbesondere sei die Ursache, aus welcher die Beklagte am Erscheinen bei der ersten Tagsatzung verhindert gewesen sei, auf Grund der bloßen Mitteilung ihres Gatten von ihrer Erkrankung dem Gerichte nicht offenkundig gewesen.
Der von der Beklagten erhobene Revisionsrekurs ist, obwohl das Rekursgericht keinen Rechtskraftvorbehalt gemäß dem § 527, Abs. 2 ZPO. gemacht hat, zulässig. Denn das Rekursgericht hat nicht etwa eine Ergänzung des Verfahrens darüber angeordnet, ob eine Versäumung vorliege oder nicht, sondern dem Erstgerichte aufgetragen, im Sinne des § 403 ZPO. vorzugehen. Die Voraussetzung des § 527, Abs. 2 ZPO., daß über ein und dieselbe Frage nochmals von der ersten Instanz verhandelt und entschieden werden soll, trifft somit im vorliegenden Falle nicht zu. Die Entscheidung des Rekursgerichtes ist ihrem Wesen nach eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses und ist daher auch ohne Rechtskraftvorbehalt mit Revisionsrekurs anfechtbar (GlUNF. 1766).
In der Sache selbst erweist sich der Revisionsrekurs als unbegrundet. Der Oberste Gerichtshof verweist in erster Linie auf die der Sach- und Rechtslage vollkommen entsprechende Begründung des angefochtenen Beschlusses, die durch die Ausführungen des Revisionsrekurses nicht widerlegt wird. Zu dieser ist im einzelnen noch zu bemerken: Der Vorgang des Erstgerichtes ist keineswegs als Erstreckung der ersten Tagsatzung gemäß den § 134 ZPO. aufzufassen. Denn es ist schon begrifflich ausgeschlossen und außerdem durch § 136, Abs. 2 ZPO. verboten, daß sich das Gericht die Entscheidung über einen bei einer Tagsatzung gestellten Erstreckungsantrag vorbehält. Der Erstrichter hat vielmehr in analoger Anwendung des § 402, Z. 1 ZPO. die Verhandlung geschlossen und sich die Urteilsfällung vorbehalten. Die Gesetzmäßigkeit des erstrichterlichen Beschlusses kann daher - wie es das Oberlandesgericht getan hat - nur nach der Vorschrift des § 402, Abs. 1 ZPO. beurteilt werden.
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