LG für ZRS Wien 40R104/08b

LG für ZRS Wien40R104/08b22.4.2008

Das Landesgericht für ZRS Wien als Berufungsgericht erkennt durch Dr. Garai als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter des Landesgerichtes Mag. Dr. Hörmann und Dr. Kodek in der Rechtssache der Klägerin G***** AG, ***** Wien, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien wider die Beklagten 1. Rudolf M*****, Angestellter, 2. Elisabeth A*****, Angestellte, beide ***** Wien und vertreten durch Mag. Knuth Bumiller, Rechtsanwalt in Wien wegen EUR 447,23 samt Anhang in Folge Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 28.1.2008, 2 C 1061/05g-26 gemäß § 501 Abs. 1 ZPO in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht:

 

Spruch:

Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahingehend abgeändert, dass es einschließlich der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens insgesamt zu lauten hat:

„1. Das Klagebegehren, die Beklagten seien schuldig, der Klägerin EUR 447,23 samt 5,97 % Zinsen aus EUR 358,99 ab 2.3.2005, aus EUR 88,24 ab 2.4.2005 sowie aus EUR 88,24 vom 2.5.2005 bis 4.7.2005 binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig den Beklagten deren mit EUR 2.170,54 bestimmten Kosten des erstgerichtlichen Verfahrens (darin EUR 209,76 USt. und EUR 912,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin ist weiters schuldig, den Beklagten deren mit EUR 268,24 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin EUR 34,07 USt. und EUR 63,80 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die Revision ist jedenfalls unzulässig (§ 502 Abs. 2 ZPO).

Entscheidungsgründe:

Text

Mit dem angefochtenen Urteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagten zur ungeteilten Hand, der Klägerin EUR 447,23 restlichen Mietzins für die Monate März und April 2005 samt 5,97 % Zinsen aus EUR 358,99 seit 3.3.2005 und aus EUR 88,24 seit 2.4.2005 - ohne Anführung einer Leistungsfrist - zu bezahlen. Ein Zinsenmehrbegehren wies es ab und verhielt die Beklagten zum Kostenersatz. Ausgehend vom unstrittigen Sachverhalt (Seite 2 der Urteilsausfertigung) stellte das Erstgericht weiters den auf Seiten 3 bis 5 der Urteilsausfertigung wiedergegebenen Sachverhalt fest. Zusammengefasst trat danach in der ebenerdigen etwa 90 m² großen und 1995 errichten Wohnung im Winter 2004/2005 Schimmel auf. In den beiden hier verfahrensgegenständlichen Monaten März und April 2005 waren den Feststellungen nach das Schlafzimmer im unteren Bereich der zwei Wandichsen zur Außenecke mit gleichzeitigem modrigem Geruch, das Kinderzimmer in der Wandichse zur Außenecke Terrasse, im Küchenbereich der Wohnküche im unteren und oberen Bereich der Wandichse rechts des Fensters und das Badezimmer im Wand- und Bodenbereich von Schimmelpilz befallen. Die genannten Schimmelbildungen waren im Schlafzimmer, Kinderzimmer und Küchenbereich auf eine zu hohe relative Luftfeuchtigkeit der Räume in Verbindung mit einer zu geringen Oberflächentemperatur der betreffenden Bauteile (gemeint Außenwände) zurückzuführen. Die betroffenen Teile waren im Schlafzimmer durch Nachtkästchen und Vorhänge, im Kinderzimmer durch das Bett, Polster, Decken und Kuscheltiere verdeckt. In der Küche lag der betroffene Teil der Mauer hinter dem Küchenzeilenverbau. Durch die so situierten Möbelstücke - so das Erstgericht - wurde ein Strömen der Warmluft erschwert, was die Schimmelbildung weiter begünstigte. Ungefähr zweimal pro Woche ließen die Beklagten ihre Wäsche auf einer Wäschespinne im Wohnzimmer - welches nicht vom Schimmel befallen war - trocknen, was zu einem weiteren Anstieg der relativen Luftfeuchtigkeit führte. Der Heizkörper im Wohnzimmer heizte mit Thermostateinstellung 3, was einer Temperatur von ca. 17,5 Grad entsprach, in der Küche war der Heizkörper nicht aufgedreht. Im Kinderzimmer wurde mit der Einstellung 3 bis 4 geheizt, im Schlafzimmer mit der Einstellung 2 bis 3. Im Badezimmer stand der Heizkörper auf Stufe 2, gelegentlich vor dem Duschen wurde dieser kurzfristig aufgedreht. Dreimal täglich führten die Beklagten Querlüftungen durch. Im Badezimmer kam es aufgrund einer fehlerhaft eingebauten Badewanne und einer aus diesem Grunde undichten Silikonfuge zu Feuchtigkeitsaustritt der zum Schimmelbefall führte.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass der Schimmelbefall in den Wohnräumen der beklagten Mieter auf ihr Fehlverhalten nämlich ein falsches Lüften in Verbindung mit einer zu geringen Innentemperatur und eingeschränkter Luftzirkulation durch Inventar zurückzuführen sei. Daher stehe ihnen der geltend gemachte Zinsenminderungsanspruch nicht zu. Dabei sei das Zusammenspiel dieser drei Faktoren ausschlaggebend, sodass der Einwurf der Beklagten, das Aufstellen von Möbeln könne ihnen nicht zum Nachteil gereichen, nicht überzeuge. Natürlich stehe es dem Mieter frei, seine Wohnung nach eigenem Ermessen einzurichten, doch wenn dadurch eine Schimmelbildung gefördert wird, so hat er durch andere Maßnahmen, eben lüften und heizen, dem entgegen zu wirken. Das hätten die Beklagten unterlassen, was ihnen als Verschulden anzulasten sei. Auch die Beeinträchtigung durch die ein halbes Monat im März 2005 laufenden geräuschvollen Trockenmaschinen im Badezimmer sei den Beklagten zuzurechnen. Zwar seien dort für den Schimmel von Haus aus defekte Badewannenanschlüsse verantwortlich gewesen doch habe die Feuchtigkeit nur durch die undichte Silikonverfugung der Wanne diesen Schaden anrichten können. Da die Beklagten diesen Schaden an der Wanne nicht gemeldet hätten, sondern der Erstbeklagte selbst die Silikonfuge mehrmals erneuert habe, müssten sich die Beklagten den mangelhaften Zustand dieser Fuge anrechnen lassen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Beklagten aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist berechtigt.

Durch Schimmelpilz befallene Räume sind zum Bewohnen nicht brauchbar. Ein derartiger Schimmelpilzbefall berechtigt den Mieter, wenn der Vermieter trotz Aufforderung die Behebung verweigert, vom Vertrag gemäß § 1117 ABGB abzustehen (1 Ob 24/00m). Im konkreten Fall war das Schlafzimmer (2 Erwachsene), das Kinderzimmer (2 Kinder, darunter ein Kleinkind), die Küche sowie das Bad betroffen. Schimmelfrei war der Abstellraum, die beiden Vorzimmer und der Wohnzimmerteil der Wohnküche. Da die Wohnung dennoch laufend weiter benutzt wurde, rechtfertigt dies einen Zinsminderungsanspruch von 40 % für die Beeinträchtigung der Wohnräume und zusätzlich 10 % für das Badezimmer. Während der zweiten Hälfte März 2005 liefen die geräuschvollen Trockenmaschinen und war das Waschbecken demontiert was für diesen halben Monat weitere 25 % Zinsminderung nach sich zieht. Es ist eben eine erhebliche Beeinträchtigung, neben den laufenden Trockenmaschinen auch übernachten zu müssen. Das Erstgericht verneinte diesen Zinsminderungsanspruch weil er gemäß § 1096 ABGB nur dann bestehe, wenn das Bestandstück ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft wird, dass es zum bedungenen Gebrauch nicht taugt. Worin allerdings das Erstgericht das Verschulden (= Vorwerfbarkeit rechtswidrigen Verhaltens) der Beklagten an der zu hohen relativen Luftfeuchtigkeit und einer zu niedrigen Raumtemperatur erblicken will, bleibt offen. Das Erstgericht hat selbst festgestellt, dass die Beklagten täglich dreimal querlüften und dass sie die Wohnung beheizen. Dass zweimal in der Woche im Wohnzimmer, welches keinen Schimmel aufwies, die Trockenspinne aufgestellt wurde, gehört bei einem 4-Personen-Haushalt genauso zur bedungenen Nutzung zu Wohnzwecken wie das vom Erstgericht angekreidete Aufhängen von Vorhängen, Aufstellen einer Einbauküche, von Nachtkästchen und Betten sowie das Auflegen von Pölstern, Decken und vor allem von Kuscheltieren im Kinderzimmer.

Es ist geradezu unverständlich, was die Berufungsbeantwortung der Klägerin - unter Hinweis auf den Verstandesgebrauch und unterdurchschnittliche Fähigkeiten eines Wohnungsmieters im letzten Absatz zu Punkt 1 - zu den Sorgfaltsmaßstäben eines Wohnungsmieters zählen will (der angeblich für eine höhere als seinen Wünschen entsprechende Beheizung zu sorgen hätte), wenn sie selbst noch im vorbereitenden Schriftsatz ON 5 den Zinsminderungsanspruch im Gegenteil deswegen verneinte, weil die Beklagten behauptetermaßen unter Erzielung einer zu hohen Raumtemperatur zuviel heizten. Welche Raumtemperatur dem Mieter in welchem Raum das Behaglichste ist, ist ihm weder vom Vermieter noch von einem Wärmetechniker vorzuschreiben. Noch dazu, wenn die Klägerin nicht einmal ein am Mietvertrag gemessenes vertragliches Fehlverhalten der beklagten Mieter behauptete. Mag das festgestellte dreimal tägliche Querlüften, die unterschiedliche Beheizung in den Räumen, das Geschlossenhalten von Küchenkästchen, das Auflegen von Kuscheltieren, das Aufhängen von Vorhängen oder das Aufstellen von Nachtkästchen im Auge des Wärmetechnikers ein Fehlverhalten darstellen, so mag dies für einen Wärmetechniker, nicht aber für einen Wohnungsmieter gelten; es sei denn, ihm wurde die Wohnung ausdrücklich als nicht zu Wohnzwecken geeignet vermietet. Nach Ansicht des Privatgutachters der Klägerin beginnt das Fehlverhalten beim Lüften bereits im September, das Lüften habe vier- bis fünfmal täglich zu erfolgen, das Wäschetrocknen ist gänzlich zu unterlassen, Türen sind geschlossen zu halten, Schlafräume müssten tagsüber beheizt werden und bei einer bestimmten Luftfeuchtigkeit über 50 % auch nachts. Die Innenjalousien sollten in der kälteren Jahreszeit nur bei Anwesenheit in der Wohnung, in der Nacht nur im Schlafzimmer herabgelassen werden. Im Badezimmer sollte das Wasser nach dem Duschen von den Fliesen und vom Boden weggewischt werden. Die nassen Handtücher sollten nicht im Bad aufgehängt werden [Anm.: und wohl auch nicht wo anders in der Wohnung ?](von der Klägerin vorgelegtes Privatgutachten des Zeugen Diemer S. 29).

Der erkennende Senat hat bereits in seiner Entscheidung 40 R 65/07s (RIS Justiz RWZ0000120) auf Folgendes hingewiesen: „Das vom Vermieter gewünschte Lüftungs- und Beheizungsverhalten ist grundsätzlich den Bedürfnissen eines Wohnungsmieters nach kühlen oder warmen Räumen hintanzustellen. Das Aufhängen gewaschener Wäsche oder die Ausstattung mit Vorhängen gehört zum üblichen Wohnverhalten. Schon das gepflogene lüftungsintensive Wohnverhalten (je 10 Minuten morgens und abends Durchzug, Bad nach Benützung, Schlafzimmer ganze Nacht) könnte von einem Wohnungsmieter nicht verlangt werden; auch nicht die tägliche Präsenz zwecks Stoßlüftens". Dem ist hier, wo nicht einmal Spannteppiche oder Tapeten vom Mieter angebracht wurden (die Zweitbeklagte hatte erklärt Teppichboden und Tapeten bereits über Anraten der Klägerin einst entfernt zu haben) nur hinzuzufügen, dass auch das Aufstellen von Kuscheltieren, Pflanzen und Einbauküchen zum üblichen Wohnverhalten zu zählen ist.

Rechtlich stellt sich daher die von der Berufung zu Recht aufgeworfene Frage der Vorwerfbarkeit eines Fehlverhaltens der Beklagten nicht einmal. Das Aufstellen von Kuscheltieren, Pflanzen oder anderer oben genannter Gegenstände ist kein Fehlverhalten des Wohnungsmieters, mag der Wärmetechniker darin nur einen vom Mieter in die Wohnung eingebrachten Feuchtigkeitsspeicher erblicken. Was nun die Silikondichtung im Badezimmer anlangt ist Ursache der Feuchtigkeit die von vornherein mangelhaft installierte Badewanne. Nun hat der Erstbeklagte ohnehin die Silikondichtung öfters ausgewechselt. In der Vorkorrespondenz hat die Klägerin auch den Standpunkt eingenommen, dass dies Sache des Mieters und nicht ihre ist. Nunmehr geht die Berufungsbeantwortung der Klägerin vom Gegenteil aus und wirft den Beklagten vor, dass sie die Unzulänglichkeit der selbst vorgenommenen "bloß provisorisch durchgeführten" Verfugung erkennen hätten müssen. Selbstverständlich gebührt auch für den Schimmel im Badezimmer und um so mehr für die einen halben Monat dauernde Beeinträchtigung durch die Trockenlegungsmaschinen und das demontierte Handwaschbecken eine Zinsminderung wie folgt:

Zeitraum Minderung geschuldet bezahlt

1.3. bis

15.3.2005 50 % EUR 110,31 EUR 88,25

16.3. bis

31.3.2005 75 % EUR 55,16

1.4. bis

30.4.2005 40 % EUR 264,74 EUR 353,--

EUR 430,21 EUR 441,25

Da also die Beklagten in den beiden verfahrensgegenständlichen Monaten ohnehin mehr zahlten als ihrer Zahlungspflicht entsprach - die Mietzinszahlungen erfolgten monatlich im Vorhinein, die Gebrauchsminderung ver-stärkte sich im März aber erst im Nachhinein - war das Klagebegehren abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 ZPO. Jene betreffend die Kosten des Berufungsverfahrens zusätzlich auf § 50 ZPO. Im Hinblick auf den Streitwert war nur ein einfacher Einheitssatz zu gewähren (§ 23 Abs. 10 RATG).

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