Normen
AVG §13 Abs1
AVG §37
AVG §59 Abs1
AVG §66 Abs4
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs6 Z1
NAG 2005 §28 Abs6
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024220107.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom 19. Juni 2024 wurde dem Revisionswerber der ihm erteilte Aufenthaltstitel gemäß § 28 Abs. 6 NAG entzogen.
2 Die dagegen am 26. Juni 2024 bei der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht eingebrachte Beschwerde wurde seitens des Verwaltungsgerichtes A‑R D (dem Arbeitgeber des Revisionswerbers, in der Folge: A) zugerechnet und mit dem angefochtenen Beschluss mangels Beschwerdelegitimation des A zurückgewiesen; die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG wurde für nicht zulässig erklärt. Der angefochtene Beschluss wurde u.a. dem A, nicht aber dem Revisionswerber zugestellt.
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe des Beschwerdeschriftsatzes zusammengefasst aus, der Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht sei ausdrücklich an den Revisionswerber adressiert worden. Die Beschwerde sei jedoch von A erhoben worden. Dieser habe als Arbeitgeber im Entziehungsverfahren nach § 28 Abs. 6 NAG keine Parteistellung. Im Beschwerdeschriftsatz fänden sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die Eingabe nicht dem A zuzurechnen sei oder dieser die Beschwerde in Vertretung des Revisionswerbers erhoben hätte. Mangels Beschwerdelegitimation sei die von A erhobene Beschwerde daher zurückzuweisen gewesen.
4 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B‑VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B‑VG).
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen oder denen der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Prüfung, wem eine Eingabe ‑ im Revisionsfall die am 26. Juni 2024 eingebrachte Beschwerde ‑ zuzurechnen ist, hat sich am äußeren Tatbestand zu orientieren. Maßgeblich ist, wer nach dem objektiven Erklärungswert der Eingabe unter Berücksichtigung aller Umstände als derjenige anzusehen ist, der mit dieser Eingabe die Tätigkeit der Behörde (des Verwaltungsgerichtes) für sich in Anspruch nimmt. Besteht danach kein Anlass für Zweifel, wem die Eingabe zuzurechnen ist, bedarf es weder weiterer Ermittlungen iSd § 37 AVG noch eines Verbesserungsverfahrens (vgl. zum Ganzen VwGH 27.8.2024, Ra 2021/08/0052, mwN).
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die in vertretbarer Weise vorgenommene fallbezogene Auslegung von Parteierklärungen nicht erfolgreich mit Revision bekämpft werden. Einer vertretbaren Auslegung kommt nämlich keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall ist nur dann erfolgreich mit Revision bekämpfbar, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung im Sinn einer unvertretbaren Rechtsansicht unterlaufen ist (vgl. etwa VwGH 10.7.2024, Ra 2022/19/0008, mwN).
10 Es ist ‑ entgegen dem bloß kursorischen Zulässigkeitsvorbringen in der Revision ‑ nicht ersichtlich, dass die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung, wonach der Beschwerdeschriftsatz nur dem A zuzurechnen sei, in diesem Sinne unvertretbar gewesen wäre. Selbst die Revision führt die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Zurechnung offenkundig als denkbare Auslegung des Beschwerdeschriftsatzes ins Treffen und begründet daran anknüpfend die Zulässigkeit der Revision u.a. mit fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob einem Arbeitgeber im seinen Arbeitnehmer betreffenden Entziehungsverfahren gemäß § 28 Abs. 6 NAG Parteistellung zukomme.
11 Gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B‑VG kann gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben, wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
12 Die Legitimation zur Revisionserhebung vor dem Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B‑VG wegen Verletzung in subjektiven Rechten setzt die Möglichkeit der Verletzung in subjektiv‑öffentlichen Rechten voraus. Eine Revision kann derart ‑ auf dem Boden der Rechtsprechung zur vorangehenden Bestimmung des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B‑VG in der Fassung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits‑Novelle 2012 ‑ nur unter Berufung auf eine eigene, gegen den Staat als Träger der Hoheitsgewalt gerichtete Interessensphäre der rechtsmittelwerbenden Partei erhoben werden (vgl. etwa VwGH 12.6.2023, Ra 2023/04/0051 bis 0053).
13 Eine Möglichkeit der Rechtsverletzung des Revisionswerbers besteht bei der vorliegenden Konstellation nicht, da der angefochtene Beschluss, dessen Gegenstand allein die Zurückweisung der Beschwerde eines Dritten war, weder an den Revisionswerber gerichtet worden ist, noch auch ihm gegenüber auf Grund von Rechtsvorschriften unmittelbar wirkt (vgl. zur insofern übertragbaren Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits‑Novelle 2012, VwGH 21.7.2005, 2005/05/0184, mwN).
14 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 14. November 2024
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