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European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RO2021040013.J00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1 1. Der Erstmitbeteiligte erhob mit Eingabe an die Datenschutzbehörde (DSB) vom 22. August 2018, verbessert am 21. September 2018, eine Datenschutzbeschwerde, in der er eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung durch die Staatsanwaltschaft Wels (Zweitmitbeteiligte) durch die Weitergabe des gesamten Akteninhaltes im Zusammenhang mit einer Rufdatenerhebung (und nicht bloß der Weitergabe der Tatsache der Rufdatenerhebung) an Dritte geltend machte.
2 Mit dem (ua.) auf die §§ 1, 31, 36 und 38 Datenschutzgesetz (DSG) gestützten Bescheid vom 1. August 2019 sprach die DSB darüber wie folgt aus:
„Der Beschwerde wird stattgegeben und es wird festgestellt, dass die [Zweitmitbeteiligte] den [Erstmitbeteiligten] dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt hat, indem die [Zweitmitbeteiligte] im Zuge der Benachrichtigung von Betroffenen einer Telekommunikationsdatenerfassung diesen nicht nur die Anordnung bzw. Bewilligung dieser Erfassung, sondern auch die Begründung hiezu, welche personenbezogene Daten des [Erstmitbeteiligten] über vorgeworfene strafbare Handlungen enthält, übermittelt hat.“
Die DSB stellte fest, die Zweitmitbeteiligte habe aufgrund gerichtlicher Bewilligung die Erteilung von näher bezeichneten Auskünften (betreffend Teilnehmeranschlüsse, die Ursprung und Ziel einer Nachrichtenübermittlung waren, Zugangsdaten und Verkehrsdaten) zu zwei Rufnummern des Erstmitbeteiligten angeordnet. Nach Abschluss der Rufdatenerhebung habe die Zweitmitbeteiligte an die „Telefonkontakte“ des Erstmitbeteiligten nicht nur die Tatsache der Rufdatenerhebung, sondern die Anordnung der Erteilung der Auskunft samt einer (im Bescheid wiedergegebenen) zweiseitigen, das bisherige Ermittlungsergebnis enthaltenden Begründung übermittelt.
In ihrer rechtlichen Beurteilung bejahte die DSB zunächst mit näherer Begründung ihre Zuständigkeit. In der Sache ging die DSB davon aus, dass sich die gesetzliche Grundlage für die Verständigung der (von der Durchführung der Ermittlungsmaßnahme) Betroffenen nur auf die Mitteilung über die Tatsache der Rufdatenerhebung und deren Anordnung bzw. Bewilligung beziehe; für die Offenlegung der bisherigen Ermittlungsergebnisse bestehe hingegen keine gesetzliche Grundlage, weshalb eine Verletzung des Erstmitbeteiligten im Recht auf Geheimhaltung vorliege.
3 Gegen diesen Bescheid erhob die Zweitmitbeteiligte Beschwerde, in der sie auf die Regelung des § 138 Abs. 1 StPO verwies, der zufolge Anordnung und Bewilligung der Maßnahme unter anderen die Tat, deren der Beschuldigte verdächtig ist, sowie die Tatsachen, aus denen sich die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ergibt, anzuführen hätten. Gemäß § 138 Abs. 5 StPO seien Anordnung samt Bewilligung den von der Maßnahme Betroffenen zuzustellen. Von diesen Vorgaben sei auch die Begründung erfasst. Zudem sei die Notwendigkeit der Zustellung der gesamten Anordnung auch aus Rechtsschutzerwägungen geboten, weil der Betroffene nur dann allfällige Rechtsverletzungen effektiv geltend machen könne.
4 Die DSB erstattete im Beschwerdeverfahren eine Stellungnahme, in der sie vorbrachte, dass die Bestimmungen der StPO im Lichte des § 1 DSG auszulegen seien und etwaige Eingriffe in das Recht auf Geheimhaltung nur auf die gelindeste Art vorgenommen werden dürften. Die Übermittlung der gesamten Ausführungen zum Tathergang sei nicht verhältnismäßig gewesen. Der Erstmitbeteiligte verwies in einer Stellungnahme auf den Beschluss des OLG Linz vom 22. Oktober 2018, mit dem seiner Beschwerde gegen die Bewilligung der Anordnung der Auskunftserteilung Folge gegeben, der Antrag auf Bewilligung abgewiesen und festgestellt worden sei, dass er in seinem Recht auf Schutz des Fernmeldegeheimnisses verletzt worden sei.
5 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 4. Dezember 2020 gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der Beschwerde der Zweitmitbeteiligten (ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung) Folge und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass die Datenschutzbeschwerde des Erstmitbeteiligten abgewiesen werde. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für zulässig erklärt.
6 In seiner rechtlichen Beurteilung hielt das BVwG zunächst fest, dass die DSB ihre Zuständigkeit zu Recht bejaht habe.
Nach Ansicht des BVwG seien die (in § 138 Abs. 1 StPO genannten) Tatsachen, aus denen sich die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Anordnung ergebe, mit der Begründung gleichzusetzen. § 138 Abs. 5 StPO sei nicht so zu verstehen, dass nur der „Spruch“ der Anordnung zu übermitteln sei, nicht aber die Begründung. Es fänden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff der Anordnung im Sinn des § 138 Abs. 5 StPO im Vergleich zur Verwendung dieses Begriffs in § 138 Abs. 1 StPO „ein Minus darstellen“ würde und keine Begründung enthalten dürfe. Zudem würden die wesentlichen Identifizierungsmerkmale des Erstmitbeteiligten bereits aus dem „Spruch“ der Anordnung hervorgehen. Weiters hielt das BVwG fest, dass die Bestimmungen der StPO leges speciales gegenüber denjenigen des DSG seien.
In der Sache monierte das BVwG, die DSB gehe offenbar davon aus, dass nicht „die gesamten Ausführungen den Tathergang betreffend“ offengelegt werden hätten dürfen; es bleibe aber offen, welche genauen Umstände übermittelt werden hätten dürfen und welche nicht. Es sei zwar zutreffend, dass die Eingriffe (in das Recht auf Geheimhaltung) nur in der gelindesten zum Ziel führenden Art vorgenommen werden dürften, allerdings würden weder die DSB noch der Erstmitbeteiligte aufzeigen, inwiefern gegen diese Verpflichtung verstoßen worden sei. Der Bescheid setze sich nicht explizit mit der Frage auseinander, durch welche Inhalte der Anordnung der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt worden sei.
In diesem Zusammenhang verwies das BVwG darauf, dass eine Nachrichtenübermittlung im Sinn des § 135 Abs. 2 StPO in Rechte des Betroffenen eingreife und diesem daher Rechtsschutzmöglichkeiten offen stünden, wofür wiederum ein Mindestmaß an Informationen erforderlich sei. Davon seien Angaben erfasst, die einen Bezug des Betroffenen zum Ermittlungsverfahren herstellen würden, sowie Angaben zum Tatverdacht und zu dessen Begründung. Zudem räume § 139 Abs. 2 StPO dem Betroffenen weitergehende (Einsichts-)Rechte ein, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt von einer Pflicht der Zweitmitbeteiligten zur Verständigung auszugehen sei.
Die Zulässigkeit der Revision begründete das BVwG damit, dass das Verhältnis von § 138 Abs. 5 StPO zu den „allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen“ und insbesondere den §§ 5 und 74 StPO durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht geklärt sei.
7 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Amtsrevision, in deren Zulässigkeitsbegründung die DSB auf die vom BVwG dargelegte Rechtsfrage verweist.
8 Die Zweitmitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie nur auf die Ausführungen in ihrer Bescheidbeschwerde verweist.
9 Mit Schreiben vom 24. April 2021 nahm der Erstmitbeteiligte zu dieser Revisionsbeantwortung Stellung. Darin schloss er sich dem Vorbringen der Amtsrevisionswerberin an und beantragte, die Revisionsbeantwortung der Zweitrevisionswerberin zurückzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 1. Die Revision erweist sich im Hinblick auf die dargestellte Rechtsfrage als zulässig, aus nachstehenden Erwägungen allerdings nicht als berechtigt.
11 2.1. Der Verwaltungsgerichtshof stellte aus Anlass der vorliegenden Revision mit Beschluss vom 9. Mai 2023, A 2023/0007 (Ro 2021/04/0013), an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 31 Abs. 1 erster Satz, § 32 Abs. 1 Z 4 sowie § 36 Abs. 2 Z 15 DSG in näher zitierter Fassung (bzw. in eventu eine Reihe weiterer Bestimmungen des DSG) als verfassungswidrig aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof hegte in diesem Beschluss verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B‑VG sowie im Hinblick auf den Trennungsgrundsatz gemäß Art. 94 B‑VG.
12 2.2. Mit Erkenntnis vom 13. Dezember 2023, G 212/2023 ua., wies der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag (und weitere gleichlautende Anträge) ab.
13 Zur Darstellung der wesentlichen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes sowie zur sich daraus ergebenden Zuständigkeit der DSB wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Ausführungen im Erkenntnis VwGH 1.2.2024, Ro 2020/04/0016, Rn. 23 bis 30, verwiesen.
14 3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012 (§ 1), BGBl. I Nr. 120/2017 (§§ 37 und 38) bzw. BGBl. I Nr. 24/2018 (§ 36), lauten auszugsweise:
„Grundrecht auf Datenschutz
§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.
[...]
3. Hauptstück
[...]
Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen
§ 36. (1) Die Bestimmungen dieses Hauptstücks gelten für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch zuständige Behörden zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, sowie zum Zweck der nationalen Sicherheit, des Nachrichtendienstes und der militärischen Eigensicherung.
(2) Im Sinne dieses Hauptstücks bezeichnet der Ausdruck:
1. ,personenbezogene Daten‘ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden ,betroffene Person‘) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann;
2. ,Verarbeitung‘ jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung;
[...]
Grundsätze für die Datenverarbeitung, Kategorisierung und Datenqualität
§ 37. (1) Personenbezogene Daten
1. müssen auf rechtmäßige Weise und nach Treu und Glauben verarbeitet werden,
2. müssen für festgelegte, eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben und nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise verarbeitet werden,
3. müssen dem Verarbeitungszweck entsprechen und müssen maßgeblich sein und dürfen in Bezug auf die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, nicht übermäßig sein,
[...]
Rechtmäßigkeit der Verarbeitung
§ 38. Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist, soweit sie nicht zur Wahrung lebenswichtiger Interessen einer Person erforderlich ist, nur rechtmäßig, soweit sie gesetzlich oder in unmittelbar anwendbaren Rechtsvorschriften, die innerstaatlich den Rang eines Gesetzes haben, vorgesehen und für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich und verhältnismäßig ist, die von der zuständigen Behörde zu den in § 36 Abs. 1 genannten Zwecken wahrgenommen wird.
[...]“
15 3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631, in der Fassung BGBl. I Nr. 109/2007 (§ 139), BGBl. I Nr. 85/2015 (§ 106), BGBl. I Nr. 27/2018 (§§ 134, 135 und 138) bzw. BGBl. I Nr. 32/2018 (§ 74), lauten auszugsweise:
„Verarbeitung personenbezogener Daten
§ 74. (1) Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht dürfen im Rahmen ihrer Aufgaben die hierfür erforderlichen personenbezogenen Daten verarbeiten. Soweit zum Verarbeiten personenbezogener Daten nichts anderes bestimmt wird, finden die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes ‑ DSG, BGBl. I Nr. 165/1999, Anwendung.
(2) Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht haben beim Verarbeiten personenbezogener Daten den Grundsatz der Gesetz- und Verhältnismäßigkeit (§ 5) zu beachten. Jedenfalls haben sie schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen an der Geheimhaltung zu wahren und vertraulicher Behandlung personenbezogener Daten Vorrang einzuräumen. Bei der Verarbeitung besonderer Kategorien (§ 39 DSG) und strafrechtlich relevanter personenbezogener Daten haben sie angemessene Vorkehrungen zur Wahrung der Geheimhaltungsinteressen der betroffenen Personen zu treffen.
[...]
Einspruch wegen Rechtsverletzung
§ 106. (1) Einspruch an das Gericht steht jeder Person zu, die behauptet, im Ermittlungsverfahren durch Staatsanwaltschaft in einem subjektiven Recht verletzt zu sein, weil
1. ihr die Ausübung eines Rechtes nach diesem Gesetz verweigert oder
2. eine Ermittlungs- oder Zwangsmaßnahme unter Verletzung von Bestimmungen dieses Gesetzes angeordnet oder durchgeführt wurde.
[...]
Definitionen
§ 134. Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
[...]
2. ,Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung‘ die Erteilung einer Auskunft über Verkehrsdaten (§ 92 Abs. 3 Z 4 TKG), Zugangsdaten (§ 92 Abs. 3 Z 4a TKG), die nicht einer Anordnung gemäß § 76a Abs. 2 unterliegen, und Standortdaten (§ 92 Abs. 3 Z 6 TKG) eines Telekommunikationsdienstes oder eines Dienstes der Informationsgesellschaft (§ 1 Abs. 1 Z 2 des Notifikationsgesetzes),
[...]
Beschlagnahme von Briefen, Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung, Lokalisierung einer technischen Einrichtung, Anlassdatenspeicherung und Überwachung von Nachrichten
§ 135. [...]
(2) Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung ist zulässig,
[...]
3. wenn zu erwarten ist, dass dadurch die Aufklärung einer vorsätzlich begangenen Straftat, die mit Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bedroht ist, gefördert werden kann und auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dadurch Daten des Beschuldigten ermittelt werden können.
[...]
§ 138. (1) Anordnung und gerichtliche Bewilligung einer Beschlagnahme von Briefen nach § 135 Abs. 1 haben die Bezeichnung des Verfahrens, den Namen des Beschuldigten, die Tat, deren der Beschuldigte verdächtig ist, und ihre gesetzliche Bezeichnung sowie die Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass die Anordnung oder Genehmigung zur Aufklärung der Tat erforderlich und verhältnismäßig ist, anzuführen und über die Rechte des von der Anordnung oder Bewilligung Betroffenen zu informieren; Anordnung nach § 135 Abs. 2b und Anordnung und Bewilligung nach den § 135 Abs. 2, 2a und 3 und § 136 haben überdies zu enthalten:
1. die Namen oder sonstigen Identifizierungsmerkmale des Inhabers der technischen Einrichtung, die Ursprung oder Ziel einer Übertragung von Nachrichten war oder sein wird, oder der Person, deren Überwachung angeordnet wird,
2. die für die Durchführung der Ermittlungsmaßnahme in Aussicht genommenen Örtlichkeiten,
3. die Art der Nachrichtenübertragung, die technische Einrichtung oder die Art der voraussichtlich für die optische und akustische Überwachung zu verwendenden technischen Mittel,
4. den Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung der Überwachung,
5. die Räume, in die auf Grund einer Anordnung eingedrungen werden darf,
6. im Fall des § 136 Abs. 4 die Tatsachen, aus denen sich die schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit ergibt.
(2) [...] Anbieter (§ 92 Abs. 3 Z 1 TKG) und sonstige Diensteanbieter (§ 13, § 16 und § 18 Abs. 2 ECG) sind verpflichtet, unverzüglich Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung (§ 135 Abs. 2) zu erteilen und an einer Überwachung von Nachrichten (§ 135 Abs. 3) mitzuwirken; die rechtliche Zulässigkeit der Auskunftserteilung und Mitwirkung gründet auf der gerichtlichen Bewilligung. [...]
[...]
(4) Die Staatsanwaltschaft hat die Ergebnisse (§ 134 Z 5) zu prüfen und diejenigen Teile in Bild- oder Schriftform übertragen zu lassen und zu den Akten zu nehmen, die für das Verfahren von Bedeutung sind und als Beweismittel verwendet werden dürfen (§§ 140 Abs. 1, 144, 157 Abs. 2).
(5) Nach Beendigung einer Ermittlungsmaßnahme nach § 135 Abs. 2b hat die Staatsanwaltschaft ihre Anordnung, in den übrigen Fällen von Ermittlungsmaßnahmen nach den §§ 135 bis 136 samt deren gerichtlicher Bewilligung, dem Beschuldigten und den von der Durchführung der Ermittlungsmaßnahme Betroffenen unverzüglich zuzustellen. Die Zustellung kann jedoch aufgeschoben werden, solange durch sie der Zweck dieses oder eines anderen Verfahrens gefährdet wäre. Wenn die Ermittlungsmaßnahme später begonnen oder früher beendet wurde als zu den in Abs. 1 Z 4 genannten Zeitpunkten, ist auch der Zeitraum der tatsächlichen Durchführung mitzuteilen.
§ 139. [...]
(2) Die von der Durchführung der Ermittlungsmaßnahme betroffenen Personen haben das Recht, die Ergebnisse insoweit einzusehen, als ihre Daten einer Nachrichtenübermittlung, für sie bestimmte oder von ihnen ausgehende Nachrichten oder von ihnen geführte Gespräche oder Bilder, auf denen sie dargestellt sind, betroffen sind. Über dieses und das ihnen nach Abs. 4 zustehende Recht sind diese Personen, sofern ihre Identität bekannt oder ohne besonderen Verfahrensaufwand feststellbar ist, von der Staatsanwaltschaft zu informieren.
[...]
(4) Auf Antrag des Beschuldigten oder von Amts wegen sind Ergebnisse der Ermittlungsmaßnahme zu vernichten, wenn diese für ein Strafverfahren nicht von Bedeutung sein können oder als Beweismittel nicht verwendet werden dürfen. Dieses Antragsrecht steht auch den von der Ermittlungsmaßnahme Betroffenen zu, insoweit für sie bestimmte oder von ihnen ausgehende Nachrichten oder Bilder, auf denen sie dargestellt sind, oder von ihnen geführte Gespräche betroffen sind.“
16 Die Erläuterungen zum Materien-Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018, BGBl. I Nr. 32, halten fest, dass die einschlägigen materienspezifischen Regelungen zu Datenverarbeitungen als leges speciales den allgemeinen Regelungen des 3. Hauptstücks des DSG vorgehen. Die Regelungen der StPO über Akteneinsicht oder Verständigungspflichten sind als derartige leges speciales anzusehen. Informationsverpflichtungen sind (ua.) in § 138 Abs. 5 und § 139 Abs. 2 StPO vorgesehen. Die Auskunft innerhalb der StPO wird typischerweise über die Regelung der Akteneinsicht präzisiert. Daneben bleibt kein Raum für das Auskunftsrecht nach der DSG (RV 65 BlgNR 26. GP 153, 164). Zudem wird in den Erläuterungen zu § 74 StPO festgehalten, dass entsprechend § 38 DSG in Ergänzung zur bestehenden Verpflichtung zur Beachtung des Grundsatzes der Gesetz- und Verhältnismäßigkeit eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die Datenverarbeitung durch (ua.) Staatsanwaltschaften geschaffen werden soll (RV 65 BlgNR 26. GP 164).
17 4. Unstrittig ist im vorliegenden Zusammenhang, dass die von der Zweitmitbeteiligten an Dritte ‑ konkret an von der gegen den Erstmitbeteiligten angeordneten Ermittlungsmaßnahme (der Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung) Betroffene ‑ übermittelte Verständigung personenbezogene Daten des Erstmitbeteiligten enthielt. Ebenso wenig ist in Abrede zu stellen, dass es sich dabei um eine Verarbeitung im Sinn der datenschutzrechtlichen Definition, und zwar um eine Verarbeitung im Sinn des ‑ die Richtlinie (EU) 2016/680 umsetzenden ‑ 3. Hauptstückes des DSG (für Zwecke der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten; vgl. insoweit auch die Ausführungen in RV 65 BlgNR 26. GP 164) gehandelt hat.
18 Ausgehend davon ist zunächst Folgendes vorauszuschicken:
19 5.1. Das BVwG führt in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses an einer Stelle ins Treffen, dass die „wesentlichen Identifikationsmerkmale“ des Beschuldigten und der von ihm verwendeten Telefonnummern bereits aus dem „Spruch“ der Anordnung hervorgingen. Dazu ist Folgendes anzumerken:
20 Der (vom BVwG so bezeichnete) „Spruch“ der (hier zugrundeliegenden, im Verwaltungsakt einliegenden) Anordnung enthält den Namen und die Rufnummern des Erstmitbeteiligten, die in Rede stehende Strafbestimmung sowie den Umstand, dass eine Auskunft über bestimmte Daten (Teilnehmeranschlüsse, Zugangs- und Verkehrsdaten) für einen bestimmten Zeitraum angeordnet wurde. Demgegenüber enthält die (im bekämpften Bescheid der belangten Behörde wiedergegebene) Begründung die nähere Beschreibung des gegen den Erstmitbeteiligten bestehenden Verdachts (Bestimmung zum Amtsmissbrauch), die wörtliche Wiedergabe von einzelnen Nachrichten des Erstmitbeteiligten an einen (2018 in Österreich zwecks Auslieferung nach Deutschland festgenommenen) Dritten, die Wiedergabe der Aussage dieses Dritten über den Inhalt von Telefonaten mit dem Erstmitbeteiligten sowie den Inhalt der Rechtfertigung des Erstmitbeteiligten in seiner Beschuldigtenvernehmung. Vor diesem Hintergrund lässt sich jedenfalls nicht sagen, dass die Begründung der Anordnung keine über ihren „Spruch“ hinausgehende personenbezogene Daten enthielt.
21 5.2. Das BVwG rügt an einzelnen Stellen, die DSB habe im bekämpften Bescheid nicht konkret dargelegt, welche genauen Umstände bzw. Inhalte die Zweitmitbeteiligte nicht hätte übermitteln dürfen.
22 Der Erstmitbeteiligte moniert in seiner ‑ diesem Bescheid zugrunde liegenden ‑ Datenschutzbeschwerde, die Zweitmitbeteiligte habe nicht bloß die Tatsache der „Rufdatenerhebung“, sondern den gesamten Akteninhalt der Erhebungen bzw. die vollinhaltliche Schilderung der Verdachtslage an Dritte weitergegeben. Die Datenschutzbeschwerde richtete sich somit erkennbar nicht gegen die Bekanntgabe der Tatsache der Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung an sich, sondern gegen die Bekanntgabe der gesamten Begründung. Der Erstmitbeteiligte hat in seiner Datenschutzbeschwerde zwar nicht ausdrücklich einzelne personenbezogene Daten (deren Übermittlung seiner Ansicht nach überschießend gewesen sei) angeführt, aber die Begründung der Anordnung als Beilage beigefügt. Die DSB ist im Bescheid vom 1. August 2019 ihrerseits (auch) nicht auf bestimmte, konkret angeführte personenbezogene Daten des Erstmitbeteiligten eingegangen, weil sie (aufgrund ihrer damaligen Rechtsauffassung) davon ausgegangen ist, dass überhaupt keine gesetzliche Grundlage für die Übermittlung der Begründung der Anordnung besteht.
23 Zur eingangs dargestellten Rüge des BVwG (betreffend die mangelhafte Begründung des bekämpften Bescheides) ist zunächst anzumerken, dass das BVwG zwar die Beschwerde der Zweitmitbeteiligten dem Erstmitbeteiligten zur Stellungnahme übermittelt hat, ihn jedoch nicht ausdrücklich aufgefordert hat, diejenigen Daten in der Begründung der Anordnung, deren Übermittlung an Dritte seiner Ansicht nach überschießend gewesen sei, ausdrücklich zu benennen oder zu konkretisieren. Der Erstmitbeteiligte hat jedoch gegen das Erkenntnis vom 4. Dezember 2020 keine Revision erhoben und auch die DSB moniert in ihrer Revision keinen allenfalls darin liegenden Verfahrensmangel.
24 Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass das BVwG einer Beschwerde nicht allein aufgrund einer unzureichenden Begründung des bei ihm bekämpften Bescheides Folge geben kann, sondern dass es im Rahmen einer Sachentscheidung die Datenschutzbeschwerde inhaltlich zu erledigen hat (vgl. dazu, dass das Verwaltungsgericht grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden und damit nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen hat, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war, etwa VwGH 28.3.2023, Ro 2019/04/0232, Rn. 17). Allerdings hat das BVwG seine Entscheidung ohnehin nicht allein auf die dargestellte Rüge gestützt, sondern die Abweisung der Datenschutzbeschwerde primär dahingehend begründet, dass die Regelungen der StPO denjenigen des DSG vorgehen und sich aus (insbesondere) § 138 StPO ergebe, dass die Verständigung des Betroffenen die Anordnung bzw. Bewilligung samt Begründung zu enthalten habe.
25 6.1. Die DSB bringt in ihrer Revision vor, dass die StPO verfassungs- und unionsrechtskonform (und somit auch im Lichte der Bestimmungen der Datenschutzrichtlinie) auszulegen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren sei. Außerdem meint die DSB, es sei in ihrem Verfahren nicht darauf einzugehen gewesen, welche Teile der Begründung nicht zu übermitteln (oder zu schwärzen) gewesen wären.
26 6.2. Der ‑ der gegenständlichen Datenverarbeitung zugrundeliegende ‑ § 138 Abs. 5 StPO normiert (ua.), dass die Staatsanwaltschaft nach Beendigung einer Ermittlungsmaßnahme nach dem hier (angeordnet wurde eine Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung) maßgeblichen § 135 Abs. 2 StPO ihre Anordnung samt deren gerichtlicher Bewilligung den von der Durchführung der Ermittlungsmaßnahme Betroffenen unverzüglich zuzustellen hat. Gemäß § 138 Abs. 1 StPO hat eine Anordnung und Bewilligung nach § 135 Abs. 2 StPO unter anderem die Tat, deren der Beschuldigte verdächtig ist, sowie die Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass die Anordnung oder Genehmigung zur Aufklärung der Tat erforderlich und verhältnismäßig ist, anzuführen. § 139 Abs. 2 StPO normiert (über die Verständigungspflicht hinaus) ein Einsichtsrecht (in die Ermittlungsergebnisse) auch für die von der Maßnahme betroffenen Personen.
27 Diese Verständigung bzw. Ermöglichung einer Einsichtnahme kann mit der Offenlegung bzw. Übermittlung personenbezogener Daten des Beschuldigten an Dritte einhergehen.
28 Der Umstand, dass § 138 Abs. 5 bzw. § 139 Abs. 2 StPO besondere Regelungen über Verständigungspflichten bzw. Einsichtsrechte enthält, kann dazu führen, dass entsprechende Informationspflichten bzw. Auskunftsrechte nach dem DSG unangewendet zu bleiben haben. Diese speziellen Regelungen führen allerdings nicht dazu, dass die in der StPO bzw. ‑ soweit darüberhinausgehend ‑ im DSG enthaltenen generellen Vorgaben für die Zulässigkeit bzw. Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung unbeachtet bleiben können. § 74 StPO sieht in seinem Abs. 1 (ua.) vor, dass die Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Aufgaben die hierfür erforderlichen personenbezogenen Daten verarbeiten darf, und erklärt das DSG für subsidiär anwendbar. Abs. 2 leg. cit. normiert allerdings auch, dass die Staatsanwaltschaft beim Verarbeiten personenbezogener Daten den Grundsatz der Gesetz- und Verhältnismäßigkeit zu beachten, schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen an der Geheimhaltung zu wahren und der vertraulichen Behandlung personenbezogener Daten Vorrang einzuräumen hat. Die insoweit maßgeblichen Bestimmungen des 3. Hauptstücks des DSG in § 37 Abs. 1 Z 3 und § 38 DSG sehen (ua.) vor, dass Daten in Bezug auf die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, nicht übermäßig sein dürfen bzw. dass die Verarbeitung für die Aufgabenerfüllung erforderlich und verhältnismäßig sein muss (vgl. dazu, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach dem DSG auch im Anwendungsbereich der StPO maßgeblich sind, Kristoferitsch/Bugelnig in Fuchs/Ratz [Hrsg.], WK StPO § 74 Rz 50 ff).
29 6.3. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus Folgendes: Dem BVwG ist dem Grunde nach zuzustimmen, dass der Wortlaut des § 138 StPO für sich genommen keine Anhaltspunkte dafür enthält, dem Begriff der Anordnung im Abs. 5 leg. cit. einen anderen Inhalt beizumessen als dem in Abs. 1 leg. cit. verwendeten Begriff. Wenn allerdings die Übermittlung von Informationen an die Betroffenen mit der Offenlegung personenbezogener Daten des Beschuldigten einhergeht (und daher eine Datenverarbeitung darstellt), muss diese Datenverarbeitung den oben dargestellten Grundsätzen entsprechen (vgl. dazu, dass nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ein Gesetz, das eine Beschränkung des Grundrechts auf Datenschutz [dort: des Rechts auf Löschung von Daten] zulässt, in Zusammenschau mit den allgemeinen Grundsätzen über die Verwendung von Daten gemäß dem [dort noch] DSG 2000 und der sich aus dem Gesetzesvorbehalt des § 1 Abs. 2 DSG 2000 ergebenden Grenzen der Datenverwendung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes so zu verstehen ist, dass im Einzelfall eine angemessene Abwägung und Gewichtung der jeweiligen [gegenbeteiligten] Interessen vorzunehmen ist, VfGH 29.6.2012, G 7/12, Pkt. IV.2.3.2., mit Verweis ua. auf VfGH 15.6.2007, G 147/06 ua.).
30 Das BVwG hat in seiner rechtlichen Beurteilung zwar nicht ausdrücklich auf die - die Wahrung der Verhältnismäßigkeit normierenden - Bestimmungen des § 74 StPO und des § 38 DSG Bezug genommen; es hat allerdings ausdrücklich darauf verwiesen, dass Eingriffe nur in der gelindesten Art vorgenommen werden dürfen, und ‑ ausgehend davon und unter Rückgriff auf die Zielsetzung des § 138 Abs. 5 StPO - auf die Bedeutung der Rechtsposition der von der Auskunft über die Daten einer Nachrichtenübermittlung betroffenen Personen und den mit der Auskunft verbundenen Eingriff in das Recht auf Privatsphäre dieser Personen hingewiesen. Damit hat das BVwG der Sache nach eine ‑ wenn auch in der Begründung sehr knapp ausgefallene ‑ Prüfung der Verhältnismäßigkeit vorgenommen. Die DSB moniert in ihrer Revision zwar die Beurteilung durch das BVwG, ohne allerdings ihrerseits jene Daten zu benennen, hinsichtlich derer die Übermittlung an Dritte (aus welchen Gründen) als unverhältnismäßig anzusehen gewesen wäre (der Erstmitbeteiligte seinerseits hat ‑ wie bereits dargelegt ‑ keine Revision erhoben). Die DSB macht somit der Sache nach einen Begründungsmangel geltend, ohne allerdings die Relevanz dieses Mangels aufzuzeigen (vgl. die zu diesem Erfordernis etwa VwGH 10.1.2023, Ra 2019/04/0123, Rn. 21, mwN).
31 7. Die DSB verweist in ihrer Revision schließlich noch darauf, dass der Beschwerde des Erstmitbeteiligten gegen die Bewilligung der hier zugrundeliegenden Anordnung (einer Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung) mit näher bezeichneter Rechtsmittelentscheidung des Oberlandesgerichtes Linz stattgegeben worden sei, weil die Anordnung nicht verhältnismäßig und nicht notwendig gewesen sei. Wenn aber die Anordnung selbst rechtswidrig gewesen sei und nicht hätte ergehen dürfen, dann ‑ so die DSB ‑ müssten auch alle darauf beruhenden „Folgehandlungen“ ‑ wie hier die Verständigung der Betroffenen nach § 138 Abs. 5 StPO ‑ als rechtswidrig angesehen werden.
32 Diesbezüglich genügt der Hinweis, dass ‑ abgesehen davon, dass § 138 Abs. 5 StPO keine die Argumentation der DSB stützenden Anhaltspunkte enthält ‑ die Verständigung der von der Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung betroffenen Dritten von dieser Anordnung dem Interesse dieser Personen an der Kenntnis vom erfolgten Eingriff dient (vgl. diesbezüglich zur Definition des „Betroffenen“ in der StPO die Erläuterungen in RV 25 BlgNR 22. GP 66), um darauf basierend eine Entscheidung über die Erhebung eines Rechtsmittels treffen zu können. Diese Zielsetzung besteht aber unabhängig davon, ob sich die Anordnung der Ermittlungsmaßnahme im Nachhinein (ex post) als rechtswidrig erweist.
33 8. Ausgehend davon war die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
34 Von einem Abspruch über den (im VwGG nicht vorgesehenen und daher als Anregung zu deutenden) „Antrag“ des Erstmitbeteiligten auf Zurückweisung der Revisionsbeantwortung der Zweitmitbeteiligten konnte abgesehen werden, zumal in der Revisionsbeantwortung von der Zweitmitbeteiligten auch kein Aufwandersatzbegehren gestellt wurde.
Wien, am 1. Februar 2024
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