European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023190304.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 30. September 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, Syrien wegen des Krieges verlassen zu haben. Außerdem müsse er den Reservemilitärdienst antreten.
2 Mit Bescheid vom 29. Juni 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Zur Zulässigkeit bringt die Revision vor, dass die Annahme des BVwG, der 37‑jährige Revisionswerber sei ohne besondere militärische Kenntnisse für das syrische Militär nicht von Interesse, den Länderfeststellungen widerspreche, denen zufolge für männliche syrische Staatsangehörige im Alter von 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes gesetzlich verpflichtend sei. Unter Hinweis auf eine Passage in den Länderfeststellungen, wonach die in Rede stehende Altersgrenze eher von lokalen Entwicklungen und den Mobilisierungsbemühungen der Regierung als von allgemeinen Einberufungsregelungen abhänge, bringt der Revisionswerber überdies vor, dass das BVwG „lokale Entwicklungen“, die ihn bei einer Rückkehr vor der Zwangsrekrutierung verschonen würden, nicht dargelegt habe, obwohl der Sachverhalt vollständig zu ermitteln sei.
8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 29.6.2023, Ra 2023/19/0064, mwN).
9 Im vorliegenden Fall führte das BVwG eine mündliche Verhandlung durch, in der es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffte und ihn zu seinen Fluchtgründen befragte. Unter Heranziehung von im Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichten setzte sich das BVwG beweiswürdigend mit dem Fluchtvorbringen auseinander und verwies dabei auf sehr vage und widersprüchliche Angaben des Revisionswerbers. Unter anderem ging das BVwG nicht davon aus, dass der Revisionswerber zum Reservedienst einberufen worden sei und deswegen gesucht oder verfolgt werde. Schließlich nahm das BVwG an, dass dem Revisionswerber eine Einziehung in den syrischen Militärdienst als Reservist mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht drohe. Diesen Erwägungen des BVwG hält die Revision insgesamt nichts Stichhaltiges entgegen.
10 Soweit zudem Verfahrensmängel ‑ wie hier Ermittlungsmängel ‑ als Zulassungsgründe ins Treffen geführt werden, so muss schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 6.6.2023, Ra 2023/19/0077, mwN).
11 Eine solche Relevanzdarstellung gelingt der Revision mit dem Vorbringen, das BVwG habe „lokale Entwicklungen“, die den Revisionswerber vor einer Zwangsrekrutierung verschonen würden, nicht dargelegt, obwohl der Sachverhalt vollständig zu ermitteln sei, nicht.
12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 5. September 2023
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