VwGH Ra 2022/20/0305

VwGHRa 2022/20/030528.3.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel, den Hofrat Mag. Eder sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann‑Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des I Z in W, vertreten durch Dr.in Julia Ecker, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Opernring 7/18, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2022, W123 2129025‑3/14E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022200305.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der aus Bangladesch stammende Revisionswerber stellte im April 2016 nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005. Dieser Antrag, den der Revisionswerber mit einer ihm im Herkunftsstaat drohenden Verfolgung wegen politischen Engagements für die BNP begründet hatte, blieb (im Instanzenzug) erfolglos. Gegen ihn wurde ‑ letztlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Oktober 2019 ‑ auch eine Rückkehrentscheidung erlassen.

2 Am 23. Dezember 2019 stellte er einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, in dem er erstmals (zusätzlich zum bereits im ersten Verfahren geltend gemachten Grund) vorbrachte, homosexuell zu sein und (auch) deswegen im Herkunftsstaat Verfolgung zu befürchten.

3 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 12. Mai 2021 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

4 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde, woraufhin das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 6. August 2021 eine Beschwerdevorentscheidung erließ, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Der Revisionswerber brachte in der Folge einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ein.

5 Das Bundesverwaltungsgericht sprach nach Durchführung einer Verhandlung mit dem hier in Revision gezogenen Erkenntnis aus, dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt werde sowie die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu treffen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision geltend, der erkennende Richter wäre verpflichtet gewesen, sich einer Entscheidung zu enthalten. Es liege aufgrund von ihm verfasster, in Printmedien und im Internet veröffentlichter Artikel der Anschein der Befangenheit vor. Für das Vorliegen einer Befangenheit genüge die begründete Befürchtung des Anscheins der Befangenheit, der Richter müsse nicht auch tatsächlich befangen sein.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 20. März 2023, Ra 2022/18/0126, mit einem gleichartigen Vorbringen betreffend den hier wie dort erkennenden Richter des Näheren befasst. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird insoweit auf die in diesem Erkenntnis enthaltenen Entscheidungsgründe verwiesen. Aus den dort genannten Gründen ist auch im vorliegenden Fall dem Vorbringen des Revisionswerbers zum Vorliegen (des Anscheins) einer Befangenheit nicht zu folgen.

11 Soweit es das übrige Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof nach der ständigen Rechtsprechung als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 29.11.2022, Ra 2022/20/0340, 0341, mwN). Der ‑ zur Rechtskontrolle berufene ‑ Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. nochmals VwGH Ra 2022/20/0340, 0341, mwN).

12 Werden ‑ wie hier ‑ Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass ‑ auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten.

13 Im Fall einer unterbliebenen Vernehmung ist ‑ um die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers darzutun ‑ in der Revision konkret darzulegen, was die betreffende Person im Fall ihrer Vernehmung hätte aussagen können und welche anderen oder zusätzlichen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären. Das gilt auch für jenen Fall, in dem nicht das gänzliche Unterbleiben der Vernehmung geltend gemacht wird, sondern die Notwendigkeit einer ergänzenden Befragung einer vernommenen Person ins Treffen geführt wird (vgl. zum Ganzen VwGH 14.12.2022, Ra 2022/20/0379, mwN).

14 Das Bundesverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Revisionswerber nach erfolgloser erster Antragstellung auf internationalen Schutz den im Folgeantrag erstmals vorgebrachten Fluchtgrund nur „konstruiert“ habe, um in Österreich bleiben zu dürfen. Seine Angaben, er sei homosexuell, entsprächen nicht der Wahrheit. Es gelingt dem Revisionswerber nicht darzutun, dass die darauf Bezug nehmenden beweiswürdigenden Überlegungen des Bundesverwaltungsgerichts mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären.

15 Es wird aber auch die Relevanz der behaupteten Verfahrensfehler nicht aufgezeigt, sodass insgesamt in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

16 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 28. März 2023

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