Normen
BAO §188
BAO §188 Abs1
EStG 1988 §24
EStG 1988 §24 Abs1
EStG 1988 §24 Abs1 Z1
EStG 1988 §24 Abs4
EStG 1988 §37
EStG 1988 §37 Abs1
EStG 1988 §37 Abs2
EStG 1988 §37 Abs5
EStG 1988 §37 Abs5 Z2
EStG 1988 §37 Abs5 Z3
EStG 1988 §4 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RO2022150006.J00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist eine GmbH & Co KG, die im September 2017 zum Stichtag 31. Jänner 2017 durch eine errichtende Umwandlung der N GmbH gemäß Art II UmgrStG entstanden ist. Einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der N GmbH war MN. Durch die errichtende Umwandlung der N GmbH auf eine Personengesellschaft wechselten bisher im Privatvermögen des MN gehaltene (und bisher an die GmbH vermietete) Grundstücke umwandlungsbedingt in das Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters MN. Am 25. Oktober 2017 veräußerte MN von seinem 100%igen Kommanditanteil 75 % an zwei Erwerber, das Sonderbetriebsvermögen wurde nicht mitveräußert. Ende Oktober 2017 legte MN seine Geschäftsführungsfunktion zurück. MN war im Zeitpunkt der Veräußerung älter als 60 Jahre.
2 Der Veräußerungsgewinn des 75%igen Kommanditanteils wurde in der Feststellungserklärung der N GmbH & Co KG für das Jahr 2018 erklärt (abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. Februar 2017 bis 31. Jänner 2018) und in der Einkommensteuererklärung 2017 des MN als Veräußerungsgewinn gemäß § 24 EStG 1988 erfasst und die Hälftesteuersatzbegünstigung gemäß § 37 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 beantragt.
3 Das Finanzamt setzte im Feststellungsbescheid vom 10. November 2020 die Einkünfte des Jahres 2018 abweichend zu den erklärten Daten fest. Es wurde keine Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gemäß § 24 EStG 1988 anerkannt, weil das Sonderbetriebsvermögen nicht anteilig mitveräußert worden war.
4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesfinanzgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte es aus, strittig sei allein, ob die Tatsache des Zurückbehaltens des Sonderbetriebsvermögens eine Veräußerung eines Mitunternehmeranteils im Sinne des § 24 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 darstelle und somit allenfalls die Berücksichtigung des Hälftesteuersatzes ermögliche. Die Grundstücke seien „betriebswesentliches Sonderbetriebsvermögen“, weil sich die Betriebsgrundstücke der Revisionswerberin darauf befänden. Aus dem Abtretungsvertrag vom 25. Oktober 2017 gehe hervor, dass 70 % und 5 % der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft veräußert worden seien, genauso wie die Tatsache, dass das Sonderbetriebsvermögen (Liegenschaft) nicht mit den Gesellschaftsanteilen veräußert worden sei. Aus der übermittelten Dauerrechnung über das Mietentgelt gehe unzweifelhaft hervor, dass der zurückbehaltene Grund und Boden weiterhin der Revisionswerberin zur Verfügung gestellt werde.
5 Durch die Bestimmung des § 24 EStG 1988 solle die abschließende Besteuerung bei Beendigung der Zurechnung eines Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteils an eine bestimmte Person durch kumulierte Erfassung und Besteuerung der angesammelten stillen Reserven sichergestellt werden. Zur Milderung dieses Effektes würden die §§ 24 und 37 EStG 1988 Begünstigungen vorsehen. Allerdings müssten die stillen Reserven als Gesamtes im Zuge der abschließenden Zurechnung aufgedeckt werden. Es sei davon auszugehen, dass zum quotenmäßigen Anteil eines Mitunternehmers am Betriebsvermögen einer Personengesellschaft auch allfälliges, im (wirtschaftlichen oder zivilrechtlichen) Eigentum stehendes, Sonderbetriebsvermögen zähle. Strittig sei, ob im Falle einer Veräußerung eines Anteils am Betriebsvermögen einer Personengesellschaft auch zwingend ein entsprechender Anteil des Sonderbetriebsvermögens veräußert/übertragen werden müsse, um von einer Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (im Sinne des § 24 EStG 1988) ausgehen zu können.
6 Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts könne die Beurteilung der Anwendbarkeit des § 24 EStG 1988 nicht losgelöst von der Bestimmung des § 37 EStG 1988 vorgenommen werden. Somit sei auch das Erfordernis der Aufdeckung allenfalls vorhandener stiller Reserven zu beachten. Aus der vergleichbaren deutschen Rechtslage und der Rechtsprechung des BFH ergebe sich, dass eine synchrone Übertragung von Gesellschaftsanteil und Sonderbetriebsvermögen vorliegen müsse. Da die Tarifbegünstigung untrennbar mit dem Vorliegen einer Veräußerung im Sinne des § 16 dEStG bzw. § 24 öEStG zusammenhänge, seien die BFH‑Urteile jedenfalls auch für die gegenständliche Beurteilung relevant, weil die Rechtslage in Deutschland und Österreich ident sei.
7 Der Mitunternehmeranteil umfasse auch allfälliges Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters. Erlöse für veräußertes Sonderbetriebsvermögen zählten zum Veräußerungsgewinn, auch wenn die Veräußerung an einen Dritten und nicht an den Anteilserwerber erfolge. Es sei im Revisionsfall nicht maßgeblich, ob eine Trennung möglich bzw. zulässig sei, sondern ob (aus der Sicht des Veräußerers) ein Mitunternehmeranteil veräußert werde. Auch wenn man einer Trennung zustimmen würde, sei die vollständige Aufdeckung der stillen Reserven des Mitunternehmeranteils ‑ also auch die Aufdeckung der stillen Reserven im Sonderbetriebsvermögen maßgeblich.
8 Der Mitunternehmeranteil umfasse aus steuerlicher Sicht den quotenmäßigen Anteil am gemeinschaftlichen Vermögen sowie allfälliges Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters. Das steuerliche Kapitalkonto setze sich dementsprechend aus dem Kapitalanteil in der Gesellschaftsbilanz und dem Kapital in Sonder‑ und Ergänzungsbilanzen zusammen. Da das hier strittige Sonderbetriebsvermögen (Grund und Boden) jedenfalls notwendiges „Betriebsvermögen“ des „Teilbetriebes des Mitunternehmers“ darstelle, gehöre es jedenfalls auch als Gesamtes zum Mitunternehmeranteil. Der Mitunternehmeranteil bestehe zwingend aus der quotalen Beteiligung am Betriebsvermögen der Personengesellschaft und dem Sonderbetriebsvermögen ‑ eine Trennung sei nicht möglich. Eine isolierte Aufgabe von einzelnen Mitunternehmeranteilen (also nur einer quotalen Beteiligung bzw. nur des Sonderbetriebsvermögens) sei daher nicht als Veräußerung des Mitunternehmeranteils im Sinne des § 24 EStG 1988 zu werten. Werde nur ein Teil des Gesellschaftsanteiles veräußert und das Sonderbetriebsvermögen mit dem restlichen Anteil zurückbehalten, bleibe die Sonderbetriebseigenschaft durchgehend erhalten, es liege keine Entnahme vor. Eine Beurteilung nach § 24 bzw. Begünstigung gemäß § 37 EStG 1988 für diese Teilanteilsveräußerung sei zu verneinen, weil nicht sämtliche stillen Reserven ‑ nämlich nicht jene des Sonderbetriebsvermögens ‑ realisiert worden seien. Genauso wenig könnte die Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen ohne Gesellschaftsanteil als begünstigte Veräußerung eines Teiles des Mitunternehmeranteils angesehen werden. Zentrales Merkmal gegenständlicher Beurteilung sei darin zu sehen, dass davon auszugehen sei, dass kein (gesamter) Mitunternehmeranteil veräußert worden sei, sondern lediglich ein Gesellschaftsanteil. Die Revision ließ das Bundesfinanzgericht mit der Begründung zu, dass klare (österreichische) Rechtsprechung zu dieser Thematik fehle und auch die Literaturmeinungen hierzu nicht übereinstimmend seien.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die zusätzlich zur Zulässigkeit ausführt, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Veräußerung eines anteiligen Mitunternehmeranteils mit der Betriebsveräußerung gleichgestellt. Zudem fehle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob der Tatbestand des § 24 EStG 1988 es erfordere, dass bei teilweiser Veräußerung eines Gesellschaftsanteils an einer Mitunternehmerschaft das zugehörige Sonderbetriebsvermögen anteilig mitveräußert oder entnommen werden müsse.
10 Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 § 24 Abs. 1 und 4 EStG 1988 lauten:
„(1) Veräußerungsgewinne sind Gewinne, die erzielt werden bei
1. der Veräußerung
- des ganzen Betriebes
- eines Teilbetriebes
- eines Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist
2. der Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes).
[...]
(4) Der Veräußerungsgewinn ist nur insoweit steuerpflichtig, als er bei der Veräußerung (Aufgabe) des ganzen Betriebes den Betrag von 7 300 Euro und bei der Veräußerung (Aufgabe) eines Teilbetriebes oder eines Anteiles am Betriebsvermögen den entsprechenden Teil von 7 300 Euro übersteigt. Der Freibetrag steht nicht zu,
- wenn von der Progressionsermäßigung nach § 37 Abs. 2 oder Abs. 3 Gebrauch gemacht wird,
- wenn die Veräußerung unter § 37 Abs. 5 fällt oder
- wenn die Progressionsermäßigung nach § 37 Abs. 7 ausgeschlossen ist.“
13 § 37 Abs. 1 und 5 EStG 1988 lauten auszugsweise:
„(1) Der Steuersatz ermäßigt sich für
- außerordentliche Einkünfte (Abs. 5),
[...]
auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.“
„(5) Außerordentliche Einkünfte sind Veräußerungs‑ und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder ‑aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:
1. Der Steuerpflichtige ist gestorben und es wird dadurch eine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe veranlasst.
2. Der Steuerpflichtige ist wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen. Das Vorliegen dieser Voraussetzung ist auf Grundlage eines vom Steuerpflichtigen beigebrachten medizinischen Gutachtens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen zu beurteilen, es sei denn, es liegt eine medizinische Beurteilung durch den für den Steuerpflichtigen zuständigen Sozialversicherungsträger vor.
3. Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.
Für Veräußerungs‑ und Übergangsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.“
14 Strittig ist im Revisionsverfahren, ob die Veräußerung einer Mitunternehmeranteilsquote unter gänzlicher Zurückbehaltung des damit verbundenen Sonderbetriebsvermögens eine Betriebsveräußerung im Sinne des § 24 EStG 1988 darstellt.
15 Der Anteil am Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft ergibt sich aus dem Anteil der Buchwerte des gesamten Betriebsvermögens der Mitunternehmerschaft, welches in der Gesellschaftsbilanz, Ergänzungs- und Sonderbilanz dargestellt ist (vgl. VwGH 8.3.1994, 91/14/0173). Der Mitunternehmeranteil umfasst daher nicht nur den Anteil am Gesellschaftsvermögen, sondern auch das Sonderbetriebsvermögen.
16 Wirtschaftsgüter im Eigentum eines Mitunternehmers, welche dieser der Mitunternehmerschaft zur betrieblichen Nutzung zur Verfügung stellt, gehören zum notwendigen Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft. Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb der Gesellschaft dienen, zählen somit auch dann, wenn sie nicht der Gesellschaft, sondern dem Gesellschafter gehören, zum Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft (vgl. VwGH 19.5.2005, 2000/15/0179).
17 Nach § 24 Abs. 1 Z 1 3. TS EStG 1988 liegt ein Veräußerungsgewinn vor, wenn ein Anteil eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, veräußert wird. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt dies nicht nur für die Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils, sondern auch, wenn nur eine quotale Veräußerung des Anteils erfolgt (vgl. VwGH 6.4.1995, 94/15/0194; 8.3.1994, 91/14/0173).
18 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Betriebsveräußerung vor, wenn ein in sich organisch geschlossener Kreis von Wirtschaftsgütern übereignet wird, der die wesentliche Grundlage des Betriebes bildet, wenn also ein lebender Betrieb veräußert wird und der Erwerber dadurch in die Lage versetzt wird, den Betrieb fortzuführen. Dabei ist der zivilrechtliche Titel, der den Erwerber zur Nutzung bestimmter Teile des Betriebsvermögens berechtigt, nicht ausschlaggebend (vgl. VwGH 28.9.2011, 2008/13/0025, mwN). Gehört eine Liegenschaft zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes und wird sie im Zuge der Veräußerung aller übrigen wesentlichen Grundlagen zurückbehalten, so reicht es aus, wenn dem Erwerber unter Mitwirkung des Veräußerers die Nutzung an der Liegenschaft verschafft wird (vgl. VwGH 24.2.2011, 2009/15/0161, mwN).
19 § 24 EStG 1988 setzt somit voraus, dass der Erwerber in die Lage versetzt wird, das Unternehmen ohne weiteres fortzuführen (vgl. näher Doralt EStG18, § 24 Tz 104).
20 Im Revisionsfall hat MN eine Quote seines Mitunternehmeranteils an der Revisionswerberin veräußert und das anteilige Sonderbetriebsvermögen, das weiterhin an die Revisionswerberin vermietet blieb und damit ununterbrochen notwendiges Betriebsvermögen darstellte, zurückbehalten. Der Revisionswerberin und damit auch den Erwerbern der Mitunternehmeranteile wurde damit die Weiterführung des Betriebes ermöglicht. Es liegt somit eine Veräußerung im Sinne des § 24 EStG 1988 vor.
21 Das Bundesfinanzgericht stützte seine abweichende Beurteilung wesentlich darauf, dass § 24 EStG 1988 nicht ohne Rückgriff auf § 37 EStG 1988 ausgelegt werden könne. Dies ist nicht zutreffend. Die Auslegung des § 24 EStG 1988 hat losgelöst von § 37 EStG 1988 zu erfolgen, weil das Vorliegen einer (Betriebs)Veräußerung im Sinne des § 24 EStG 1988 noch nichts über die Anwendbarkeit der Begünstigungen des § 37 EStG 1988 aussagt, da für diese weitere Voraussetzungen zu erfüllen sind.
22 Als Begünstigungen für einen Veräußerungsgewinn im Sinne des § 24 EStG 1988 kommen neben dem Freibetrag nach § 24 Abs. 4 EStG 1988 die Drei‑Jahresverteilung nach § 37 Abs. 2 EStG 1988 und der Hälftesteuersatz gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988 in Betracht.
23 Zweck der ‑ wie aus der Revision ersichtlich von MN angestrebten ‑ Steuersatzermäßigung gemäß § 37 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 ist die Begünstigung der zwangsweisen Beendigung einer betrieblichen Tätigkeit. Werden ab Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze von 60 Jahren aus einer Betriebsveräußerung Veräußerungsgewinne erzielt, unterstellt das Gesetz im Falle einer damit verbundenen Zurückziehung aus dem bisherigen Erwerbsleben typisierend eine zwangsweise Beendigung der betrieblichen Tätigkeit im Hinblick auf die zu erfolgende Neuordnung des Lebens des Veräußerers angesichts eines (nahen) Pensionsantritts (vgl. VwGH 21.4.2021, Ra 2019/15/0156).
24 § 37 Abs. 5 EStG 1988 begünstigt nicht alle Tatbestände des § 24 Abs. 1 EStG 1988, sondern nur die Betriebsveräußerung (also die Veräußerung des gesamten Betriebes) und die Betriebsaufgabe. Eine Teilbetriebsveräußerung ist von dieser Bestimmung nicht erfasst; der Steuerpflichtige muss seinen gesamten Betrieb veräußern oder aufgeben. Die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen ist insoweit einer Betriebsveräußerung gleichzuhalten (dies ergibt sich schon aus dem Verweis auf die Mitunternehmerstellung in § 37 Abs. 5 Z 2 EStG 1988, vgl. auch VwGH 25.6.2020, Ra 2019/15/0016; 21.4.2021, Ra 2019/15/0156, die jeweils die Veräußerung von Mitunternehmeranteilen betrafen). Da § 37 Abs. 5 EStG 1988 die Veräußerung des gesamten Betriebes verlangt, bedeutet dies auch für Mitunternehmeranteile, dass der gesamte Mitunternehmeranteil veräußert werden muss, um die Voraussetzungen des § 37 Abs. 5 EStG 1988 zu erfüllen. Die Veräußerung bloß einer Quote erfüllt den Tatbestand grundsätzlich nicht.
25 MN hat nicht seinen gesamten Mitunternehmeranteil veräußert, sondern nur 75 % davon. Die Veräußerung nur einer Quote eines Mitunternehmeranteils berechtigt nicht zur Hälftesteuersatzbegünstigung. Die Geltendmachung des aliquoten Freibetrags gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1988 steht aber zu.
26 Der Steuerfreibetrag nach § 24 Abs. 4 EStG 1988 mindert wie andere einkommensteuerliche Steuerbefreiungen den steuerlichen Gewinn und damit ‑ im Fall von Mitunternehmerschaften ‑ die Höhe der nach § 188 Abs. 1 BAO festzustellenden Einkünfte. Es ist daher im Verfahren nach § 188 BAO ‑ durch den Abspruch über die Höhe der Einkünfte und die Höhe der den Mitunternehmern zuzuweisenden Einkunftsteile ‑ zu entscheiden, ob dieser Freibetrag zur Anwendung kommt (vgl. VwGH 25.6.2020, Ra 2019/15/0016).
27 Da das Bundesfinanzgericht zu Unrecht das Vorliegen eines Veräußerungsgewinnes im Sinne des § 24 EStG 1988 verneint hat, hat es sein Erkenntnis mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet. Es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
28 Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 26. Jänner 2023
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