VwGH Ra 2022/14/0289

VwGHRa 2022/14/028916.1.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Prendinger, in der Revisionssache des A T, vertreten durch Mag. Michael‑Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. September 2022, L502 2240835‑1/38E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §25a Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs1a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022140289.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 21. Dezember 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er die Türkei aus politischen Gründen habe verlassen müssen.

2 Mit Bescheid vom 8. März 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung (in die Türkei) zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Mit dem Erkenntnis vom 29. November 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig.

4 Mit Erkenntnis vom 23. Februar 2022, Ra 2021/14/0408, hob der Verwaltungsgerichtshof dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgrund des Unterbleibens einer Verhandlung auf.

5 Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis vom 7. September 2022 wies das Bundesverwaltungsgericht im zweiten Rechtsgang die Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung neuerlich als unbegründet ab und erklärte die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig.

6 Begründend gelangte das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass der Revisionswerber die Türkei nicht aufgrund individueller Verfolgung durch türkische Staatsorgane verlassen habe und auch bei einer Rückkehr dorthin nicht einer solchen Gefahr ausgesetzt wäre. Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wäre der Revisionswerber nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK verletzt.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht habe seinen Ausspruch, wonach eine Revision gegen das vorliegende Erkenntnis nicht zulässig sei, ausschließlich mit der sinngemäßen Wiedergabe des Wortlautes des Art. 133 Abs. 4 B‑VG begründet. Die „Erklärung eines Verwaltungsgerichtes“ dürfe zwar kurz, aber nicht inhaltsleer sein. Weiters sei das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Angaben des Revisionswerbers nur unzureichend gewürdigt. Im Besonderen seien die vorgelegten Urkunden nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt worden, weshalb dem Bundesverwaltungsgericht eine antizipierende Beweiswürdigung zur Last zu legen sei.

11 Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Ansicht hat das Bundesverwaltungsgericht dargelegt, weshalb es die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG als nicht erfüllt erachtet hat. Im Übrigen führt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes selbst das Fehlen einer näheren Begründung des Ausspruches nach § 25a Abs. 1 VwGG für sich betrachtet nicht dazu, dass die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG gegeben wären. Der Verwaltungsgerichtshof ist gemäß § 34 Abs. 1a VwGG an den nach § 25a Abs. 1 VwGG getätigten Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden, sondern überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision anhand der gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dazu gesondert vorgebrachten Gründe. An der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird, war die revisionswerbende Partei nicht gehindert (vgl. etwa VwGH 3.8.2021, Ra 2021/14/0245, mwN).

12 Weiters ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Wird ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wegen eines Verfahrensmangels geltend gemacht, ist der Verfahrensmangel zu präzisieren und dessen Relevanz für den Verfahrensausgang darzutun (vgl. auch dazu VwGH Ra 2021/14/0245, mwN).

13 Die in der Zulässigkeitsbegründung der Revision enthaltenen, oben wiedergegebenen bloß allgemein gehaltenen Behauptungen werden diesen Anforderungen nicht gerecht (vgl. nochmals VwGH Ra 2021/14/0245; auch etwa VwGH 3.9.2021, Ra 2021/14/0188, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung zu nahezu wortidentem Vorbringen für die Zulässigkeit der Revision).

14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 16. Jänner 2023

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