Normen
AVG §13
AVG §13 Abs2
AVG §13 Abs3
MRK Art6 Abs1
VwGVG 2014 §24 Abs2
VwGVG 2014 §24 Abs2 Z1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2020040012.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Eingabe vom 21. Februar 2019 wurde vom Revisionswerber die beabsichtigte Änderung einer bestehenden Betriebsanlage gemäß § 81 Abs. 2 Z 7 und Abs. 3 GewO 1994 angezeigt.
2 Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck (belangte Behörde) teilte dem Revisionswerber mit Schreiben vom 6. Mai 2019 mit, aus der vorliegenden Stellungnahme des Gewerbetechnikers ergebe sich, dass die vorgelegten Unterlagen für eine entsprechende Beurteilung nicht ausreichen würden, und trug dem Revisionswerber die Nachreichung näher bezeichneter Unterlagen binnen einer zweiwöchigen Frist auf, widrigenfalls sein Ansuchen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werde.
3 In der Folge wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. August 2019 das Anbringen des Revisionswerbers wegen fehlender Einreichunterlagen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.
4 In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Revisionswerber im Wesentlichen vor, er habe die angeforderten Unterlagen bereits mit E‑Mail vom 22. März 2019 nachgereicht gehabt.
5 2. Das Landesverwaltungsgericht Tirol (Verwaltungsgericht) wies die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
6 In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, entsprechend der nach § 13 AVG ergangenen Verfügung des Magistratsdirektors der Landeshauptstadt Innsbruck vom 21. Juni 2018 hätten rechtswirksame Eingaben nur an die Adresse mailto:post@innsbruck.gv.at erfolgen können. Die im Zuge des Verfahrens vorgelegte E-Mail vom 22. März 2019 sei jedoch nicht an die in der genannten Verfügung genannte, sondern an die persönliche, näher bezeichnete Mailadresse eines Magistratsmitarbeiters gerichtet gewesen, weshalb damit keine rechtswirksame Einbringung verbunden gewesen sei. Das Anbringen sei daher zu Recht von der belangten Behörde zurückgewiesen worden.
7 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 5. Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, dass Verfahrensfehler vorlägen, die für den Ausgang des Verfahrens relevant seien. Das Verwaltungsgericht habe trotz eines entsprechenden Antrages keine mündliche Verhandlung durchgeführt und den Revisionswerber auch nicht wie beantragt einvernommen. Dabei hätte sich entscheidungsrelevant ergeben, dass der Revisionswerber wohl über Anleitung des zuständigen Sachbearbeiters bei der belangten Behörde das E-Mail vom 22. März 2019 an dessen persönliche Mailadresse „[...]@magibk.gv.at “ gerichtet habe. Wie hätte der Revisionswerber denn sonst Kenntnis von dieser Mailadresse haben sollen?
Zudem hätte das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber Verbesserungsaufträge zur Nachreichung der fehlenden Unterlagen erteilen müssen, um eine inhaltliche Entscheidung zu ermöglichen.
10 6. Zum ersten ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen ist, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 6.2.2023, Ra 2022/06/0264 bis 0308, mwN).
Dem entspricht die vorliegende Revision nicht. Mit ihren Rechtsrügen und den behaupteten Verfahrensmängeln zeigt die Revision weder auf, von welcher Rechtsprechung noch in welchen Punkten das angefochtene Erkenntnis von dieser abweichen würde.
11 Soweit die Revision eine Verletzung der Verhandlungspflicht behauptet, ist ihr zu entgegnen, dass nach dem ersten Fall des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG 2014 die Verhandlung auch dann entfallen kann, wenn der das Verfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist. Eine zurückweisende Entscheidung, in der nur über die Zulässigkeit eines Antrags abgesprochen wird, nicht aber über die Sache selbst, ist jedenfalls im hier gegebenen Zusammenhang keine (inhaltliche) Entscheidung über „eine strafrechtliche Anklage“ oder „über zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen“, sodass die Verfahrensgarantie des „fair hearing“ im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK nicht zur Anwendung kommt (vgl. zu einer auf § 13 Abs. 3 AVG gestützten Zurückweisung eines Anbringens etwa VwGH 5.5.2020, Ra 2019/06/0023, mwN).
12 Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Verwendung einer anderen als der von einer Behörde in Entsprechung und unter ausdrücklicher Anführung des § 13 AVG im Internet kundgemachten E‑Mail-Adresse zu Lasten des Einschreiters geht (vgl. etwa VwGH 4.10.2022, Ra 2022/05/0153, mwN).
13 Zum zweiten ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach in Fällen, in denen die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen hat und dagegen Beschwerde erhoben wird, Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung ist (vgl. etwa VwGH 22.11.2022, Ra 2019/04/0003, mwN).
14 Wenn die Revision also vorbringt, das Verwaltungsgericht hätte durch Erteilung von Verbesserungsaufträgen auf die inhaltliche Erledigung des gegenständlichen Anbringens hinwirken müssen, verkennt sie, dass das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall mit einer meritorischen Entscheidung die Sache des Beschwerdeverfahrens überschreiten würde (vgl. VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145, mwN). Das Verwaltungsgericht war daher weder berechtigt noch verpflichtet, Verbesserungsaufträge in dem vom Revisionswerber begehrten Umfang zu erteilen.
15 7. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 9. Mai 2023
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